Schlagworte: Kirchenbücher
2. Oktober 2024 | Andreas Butz | Kurioses, Lokalgeschichte
Im ältesten Kirchenbuch von Neckarhausen (Dekanat Nürtingen) findet sich unter den Taufeinträgen des Jahres 1567 eine bildliche Darstellung des Monats Oktober. Ein rundes Gesicht bildet den ersten Buchstaben des Monatsnamens. Da der Kopf durch ein Barett, der Kopfbedeckung eines evangelischen Geistlichen, bekrönt wird, ist zu vermuten, dass es das Haupt des Neckarhausener Pfarrers darstellt, also der Person, die die Kirchenbücher führt, und somit ein Selbstporträt des Künstlers. Außerdem ist im Hintergrund ein langgestrecktes, hohes Gebäude mit einer beschlagenen, zweiflügeligen Rundbogentüre dargestellt. Es ist anzunehmen, dass es sich um eine Seitenansicht des Kirchengebäudes von Neckarhausen handelt.
Zu dieser Zeit war Magister Thomas Hess Pfarrer von Neckarhausen, insgesamt von 1563 bis 1574. Wir wissen nicht viel von ihm. Er hatte vier Kinder, die alle im Ort geboren wurden und er begann sein Studium 1551 in Tübingen, so dass angenommen werden kann, dass er sich zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Bildes in seinen dreißiger Jahren befunden hat. Laut Festschrift der Kirchengemeinde bestand eine Kapelle in Neckarhausen seit 1420. Das Gebäude wurde 1606 mehrfach stark verändert und erweitert. Andere Ansichten der ehemaligen Kapelle existieren nicht. Der alte Eingang der Kapelle scheint noch vorhanden zu sein. Es ist der Eingang von der Sakristei in die heutige Kirche.
Es stellt sich bezüglich dieser Zeichnung, die Frage, inwieweit sie realistisch ist, und ob daraus überhaupt etwas abgelesen werden kann. Vermutlich ist sie aus einer Laune heraus entstanden und offenbart nicht viel mehr als die Freude des damaligen Pfarrers an künstlerischen Skizzen, und vielleicht auch eine humoristische Ader.
Wir danken Herr Mike Pantel für den Hinweis auf diese Darstellung.
Permalink auf die Kirchenbuchseite auf Archion.
Literatur: 400 Jahre St. Bernhardskirche Neckarhausen, 500 Jahre selbständige Kirchengemeinde Neckarhausen : Festschrift. Weigel, Friedrich, Neckarhausen : Evang. Kirchengemeinde, 2007
14. August 2024 | Uwe Heizmann | Genealogie
Schriftliche Berichte von Zeitzeugen und Autobiografien aus der Zeit vor 1900 sind begehrte Quellen für die Forschung, da, je weiter die Zeit zurückliegt, die schriftliche Überlieferung immer mehr nur aus amtlicher Überlieferung besteht und die Quellen zur Alltagsgeschichte und dem Leben einzelner, nicht-prominenter Personen rar sind.
Doch wie zuverlässig sind diese Quellen? Kann man diesen Berichten, speziell den Autobiografien trauen? Liegt es nicht auf der Hand, dass in letzteren das ein oder andere vielleicht etwas beschönigend oder nicht ganz der Wahrheit entsprechend dargestellt wird?
Vieles wird man, da die gemachten Aussagen weder bestätigt noch widerlegt werden können, so übernehmen müssen. Anderes kann anhand anderer Quellen überprüft werden. Für Lebensdaten – Geburt, Hochzeit, Tod – sind die Kirchenbücher die primären Quellen.
Abb. 1: Taufeintrag 13. Juni 1769 in Ulm
Als Beispiel wird im Folgenden die Autobiografie des Oberforstmeisters der Reichsstadt Ulm und späteren Direktors des königlich-württembergischen Forstrates und Direktors der Finanzkammer des Neckarkreises Johann Georg Seutter von Lötzen behandelt, die er 1820 verfasst hatte und die in „Sylvan, ein Jahrbuch für Forstmänner, Jäger und Jagdfreunde für das Jahr 1822“ veröffentlicht wurde.[1]
Über seine Geburt und seine Hochzeit schreibt Seutter: „Ich wurde den 13ten Juni 1769 geboren und nebst meinen sechs jüngern Geschwistern, unter der fortwährenden Aufsicht meiner Eltern, auf dem Lande, wo mein Vater seines Amtes wegen wohnte, erzogen.“[2] „Im Jahr 1795 endlich wurde ich als Reichstadt Ulmischer Oberforstmeister bestellt […]“.[3] „Im Jahr 1795 mit einer anständigen Besoldung angestellt, verheirathete ich mich im Jahr 1796 mit einer Tochter des Raths-Aelter [!], Freiherrn v. Welser in meiner Vaterstadt […]“.[4]
Unter „Vaterstadt“ versteht man im Allgemeinen die Stadt, aus der jemand stammt, in der jemand geboren wurde und/oder aufgewachsen ist.[5] Seutters Aussagen können also dahingehend interpretiert werden, dass er am 13. Juni 1769 in Ulm geboren wurde und 1796 auch dort geheiratet hatte.
Was sagen nun die Quellen?
Im Taufregister von Ulm ist unter der Nummer 248/1769 die Taufe von Johann Georg Seutter von Lötzen am Dienstag, den 13. Juni 1769 eingetragen.[6] – Die Jahres- und Datumsangaben in Abbildung 1 erfordern hier eine kurze Erklärung: „17 JVNIVS 69“ steht für Juni 1769. Das auch als Symbol für „männlich“ verwendete Marssymbol steht hier für den Dienstag. „hujus“ = „huius“ ist Lateinisch für „dieser“ und meint „dieser Monat“, bezieht sich also auf den genannten Juni 1769.
Der Taufeintrag enthält keine Angaben zur Geburt, sondern dokumentiert allein die Taufe. Als Geburtsort kann Ulm angenommen werden, da der Vater Albrecht Ludwig Seutter von Lötzen Mitglied des Rats war und als solcher zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich auch in Ulm wohnte. Außerdem wäre bei Ortsfremden sicherlich eine entsprechende Bemerkung zu finden.
Auf den Wohnort von Albrecht Ludwig Seutter von Lötzen und damit den Geburtsort seiner Kinder kann auch anhand der Taufeinträge der Kinder geschlossen werden. Zwischen 1769 und 1778 gebar seine Ehefrau sieben Kinder, darunter ein Zwillingspaar. 1769 bis 1772 wird Albrecht Ludwig Seutter von Lötzen als Mitglied des Rats in Ulm bezeichnet, 1773 zusätzlich als Oberforstmeister. Die entsprechenden Taufen fanden in Ulm statt. 1778 wird das letzte Kind des Ehepaars in Altheim (Alb) getauft, der Vater als „Oberforstmeister zu Altheim“ bezeichnet.[7] Er scheint also zwischen 1773 und 1778 zum Oberforstmeister ernannt worden zu sein und in diesem Zeitraum nach Altheim (Alb), wo sich seit 1700 der Amtssitz des Ulmer Oberforstmeisters befand, umgezogen zu sein.
Über das Geburtsdatum kann nur spekuliert werden. Meistens war die Taufe ein oder zwei Tage nach der Geburt, immerhin musste die Taufe organisiert und die Taufpaten eingeladen werden. Zwar ist es nicht auszuschließen, dass eine Taufe noch am Tag der Geburt stattfand, jedoch war dies nur – logischerweise – bei Nottaufen üblich oder bei Eltern, die zeitnah weiterziehen mussten, z. B. Soldaten, nicht ungewöhnlich.
Abb. 2: Familienregistereintrag Seutters in Ludwigsburg
Wie kommt nun Johann Georg Seutter von Lötzen auf den 13. Juni 1769 als Geburtsdatum?
Es ist anzunehmen, dass er einen Taufschein des Pfarramts Ulm über seine Taufe besaß. Evtl. wurde dort mangels anderen Datums das Geburtsdatum mit dem Taufdatum gleichgesetzt. Dieses weitverbreitete Phänomen unterläuft nicht nur Ahnenforschungsneulingen, sondern eben auch Pfarrern. Vielleicht stand auf dem Taufschein kein Geburtsdatum und Seutter selbst hat Geburts- und Taufdatum gleichgesetzt. Dieser Fehler scheint auch demjenigen unterlaufen zu sein, der das Ludwigsburger Familienregister geführt hat, wo Seutter später lebte. In Abbildung 2 ist ein Ausschnitt des Familienregistereintrags Seutters – ohne Vornamen – in Ludwigsburg zu sehen, worin zur Geburt „Ulm 13. Jun. 1769“ eingetragen ist.[8]
Abb. 3: Todeseintrag 24. Dezember 1833 in Ludwigsburg
In seinem Todeseintrag vom 24. Dezember 1833 in Ludwigsburg, siehe Abbildung 3, wird der 13. Juni 1769 ebenfalls als Geburtsdatum angegeben, als Geburtsort jedoch „Altheim bei Ulm“, also Altheim (Alb).[9] Hier sind dem Schreiber also gleich mehrere Fehler unterlaufen.
Das Taufdatum als nicht belegtes Geburtsdatum und der falsche Geburtsort Altheim (Alb) haben sich bis in aktuelle Datenbanken eingeschlichen, z. B. in der Deutschen Biografie[10] oder bei LEO BW, wo zudem das falsche Altheim – Altheim/Allmendingen statt Altheim (Alb) – verknüpft ist.[11]
Um es nochmals festzustellen: nur die Taufe in Ulm ist durch die authentische, pfarramtliche Quelle des Taufeintrags dokumentiert. Der Geburtsort Ulm ist nicht belegt, kann aber guten Gewissens angenommen werden. Über das Geburtsdatum kann nur spekuliert werden.
Abb. 4: Hochzeitseintrag 12. Mai 1795 in Ulm
Auch hinsichtlich seiner Hochzeit „im Jahr 1796 mit einer Tochter des Raths-Aelter [!], Freiherrn v. Welser“ (vgl. oben) irrte sich Seutter – abgesehen davon, dass es etwas merkwürdig ist, dass er seine Frau, die ihn überlebte (vgl. Familienregistereintrag), nicht beim Namen nennt. Dem Eheregister von Ulm ist zu entnehmen, dass er am 12. Mai 1795 in Ulm Helena Magdalena, Tochter des Ratsälteren Marcus Theodosius Freiherr von Welser, heiratete, siehe Abbildung 4.[12]
Während Johann Georg Seutter von Lötzen sich beim Hochzeitsjahr „nur“ um ein Jahr irrte, schreibt er bezüglich des Todes seines Vaters Dinge, die nicht nur so nicht in den Quellen dokumentiert sind, sondern dem Todeseintrag des Vaters sogar widersprechen.
Seutter schreibt: „Den 4ten Oktober 1789 nachdem mein Vater den ganzen Tag hindurch amtlich auf dem Zimmer beschäftigt war, wollte er sich Abends noch in Begleitung zweier meiner Brüder etwas Bewegung machen, und ritt aus. Schon gegen die Abend-Dämmerung hin und auf dem Rückwege begriffen, verwickelte sich ein an sich unbedeutender Schwarzdorn-Zweig in dem Schweife seines ohnehin nicht frommen, von ihm als sehr gutem Reiter aber stets gebändigten Pferdes, dasselbe wurde toll, band mit meinem Vater ein und dieser war nach wenigen Augenblicken meinen Brüdern aus dem Gesichte verschwunden. Sie verfolgten mit Anstrengung seine Spur und nach wenigen Minuten schon sahen sie – den Vater todt auf dem Felde liegen.“[13]
Abb. 5: Todeseintrag 4. Oktober 1790 in Altheim (Alb)
Dieser dramatische Todesfall ist mit keinem Wort im Totenregister von Altheim (Alb) erwähnt. Dort steht, siehe Abbildung 5, dass Albrecht Ludwig Seutter von Lötzen am „Montag, den 4. Octobr. [1790] abends zwischen 6 und 7 […] in seinem Erlöser entschlaffen“ ist. Er wurde erst am Freitag darauf nach einer „christl. privat-Trauerrede zu Haus vor der nächsten hohen Anverwendtschaft [!] in der Kirchen zur Erden bestattet“.[14] Ein Unfall oder Unglück wird mit keinem Wort erwähnt und würde auch zu „entschlafen“ nicht passen. Wäre ein Sturz vom Pferd die Todesursache gewesen, so hätte dieses Unglück sicherlich seine Erwähnung im Todeseintrag gefunden.
Einen Grund, einen Sturz vom Pferd als Todesursache nicht zu erwähnen bzw. zu „verschleiern“, ist nicht ersichtlich. Der Grund, warum Johann Georg Seutter von Lötzen die Umstände des Todes seines Vaters derart angibt, abgesehen davon, dass er sich wiederum um ein Jahr irrt, kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Fakt ist jedoch, dass hier die zeitgenössische, pfarramtliche Quelle glaubhafter ist als eine „Lebenserinnerung“, die 30 Jahre nach dem angeblichen Unglück verfasst wurde.
Die Autobiografie von Johann Georg Seutter von Lötzen ist ein Beispiel dafür, dass solche Quellengattungen mit Vorsicht zu genießen sind und Angaben anhand zeitgenössischer Quellen überprüft werden sollten.
Quellen
[1] Sylvan, ein Jahrbuch für Forstmänner, Jäger und Jagdfreunde für das Jahr 1822 = https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11038165, S. 1 – 20 (Scan-Nr. 10 – 30).
[2] Sylvan, S. 3.
[3] Sylvan, S. 7.
[4] Sylvan, S. 19.
[5] https://www.duden.de/rechtschreibung/Vaterstadt.
[6] Kirchenbücher Ulm, Taufregister 1767-1775, Bl. 124v.
[7] Kirchenbücher Ulm, Taufregister 1767-1775, Bl. 124v, 175v, 223r, 271r und 319r sowie Kirchenbücher Altheim (Alb), Taufregister 1712-1802, Nr. 17/1778.
[8] Kirchenbücher Ludwigsburg, Familienregister VII, S. 4094.
[9] Kirchenbücher Ludwigsburg, Totenregister 1828-1836, S. 180.
[10] https://www.deutsche-biographie.de/pnd117471135.html#adbcontent, Stand: 24.07.2024.
[11] https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/wlbblb_personen/117471135/Seutter+Johann+Georg+von, Stand: 24.07.2024.
[12] Kirchenbücher Ulm, Eheregister 1767-1800, S. 763.
[13] Sylvan, S. 4 f.
[14] Kirchenbücher Altheim (Alb), Totenregister 1712-1821, Nr. 20/1790.
29. Mai 2024 | Uwe Heizmann | Genealogie
Die Kirchenbuchdatenbank (auf https://www.archiv.elk-wue.de/familienforschung/familienforschung) wurde in den letzten Monaten komplett überarbeitet.
Hauptsächlich wurden die Bände logischer sortiert: zuerst die Taufregister bzw. die Mischbücher mit den Taufregistern, dann die Eheregister, dann die Totenregister, anschließend Konfirmanden-, Kommunikanten- und Seelenregister und Bevölkerungslisten, danach die Familienregister und schließlich Sonstiges.
Daneben wurden Fehler korrigiert sowie für die Benutzung hilfreiche Hinweise ergänzt. Außerdem wurde dabei festgestellt, dass einige wenige Kirchenbücher gar nicht digital vorhanden waren, weil sie bei der Verfilmung in den 1980er Jahren entweder nicht vorlagen oder übersehen wurden, und deshalb auch nicht auf Archion zur Verfügung standen. Diese Bände wurden inzwischen ergänzt bzw. werden in den nächsten Wochen verfilmt und digitalisiert und anschließend ergänzt.
Rückmeldungen zu übersehenen Fehlern oder Ergänzungen sind willkommen.
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Beispiel vor der Überarbeitung
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Beispiel nach der Überarbeitung
22. Juni 2023 | Andreas Butz | Digitalisierung, Genealogie
Historische Kirchenbücher der evangelischen Kirchengemeinde Katharinenfeld können nun als Digitalisate eingesehen werden. Online einsehbar sind folgende Register: Taufregister (1827-1835), Konfirmandenregister (1828-1848), Eheregister (1827-1843), Totenregister (1827-1843), Totenregister (1864-1889) sowie das Personalbuch der evangelisch-lutherischen Gemeinde (1891-1914).
Konfirmandenregister von Katharinenfeld
Die Siedlung Katharinenfeld wurde im Jahr 1819 von württembergischen Auswanderern westlich von Tiflis gegründet und nach Katharina, der Gemahlin von König Wilhelm von Württemberg (eine Schwester von Zar Alexander) benannt. Der Hintergrund der Gründung von schwäbischen Ansiedlungen im Bereich des Kaukasusgebietes waren wirtschaftliche Notlagen in der Heimat und religiöse Vorstellungen. Besonders das Jahr 1816 mit seinen klimatisch bedingten Missernten sorgte für einen wirtschaftlich motivierten Auswanderungswunsch. Chiliastische Vorstellungen vom nahenden Weltende verbanden sich mit einem radikalen Pietismus (bzw. Separatismus) und dem Wunsch beim jüngsten Gericht möglichst nahe am Heiligen Land zu sein, in das eine Auswanderung damals aber noch nicht möglich war. Die Einwanderung in das südliche Kaukasusgebiet war jedoch möglich und wurde von Russland, das diese Gebiete kurz vorher erobert hatte auch durch Gewährung von Grund und Boden, Steuerfreiheit und anderen Vergünstigungen an die Siedler begünstigt. Nach anfänglichen großen Schwierigkeiten konsolidierten sich die Siedlungen ökonomisch und gesellschaftlich. In Sowjetzeiten wurde die Ortschaft in Luxemburg umbenannt (nach Rosa Luxemburg). Das kirchliche Leben wurde in Sowjetzeiten sehr eingeschränkt aber die Siedlungen bestanden noch bis zur im Jahr 1941 verordneten Deportation der Einwohner in andere Gegenden der UdSSR. 1944 erhielt Katharinenfeld seinen heutigen Namen Bolnisi. Die Nachfahren der früheren Bewohner wohnen mittlerweile zum großen Teil in Deutschland.
Die heutige evangelische Kirchengemeinde von Bolnisi gehört zur Evangelisch-Lutherische Kirche in Georgien und dem Südlichen Kaukasus.
Verwendete Literatur: Verlorene Spuren. Schwäbische Auswanderung in den Kaukasus. Dokumentation zur Ausstellung im Heimatmuseum Reutlingen (2017)
19. April 2023 | Uwe Heizmann | Genealogie
Die Konfession war bis ins 19. Jahrhundert hinein, wenn nicht sogar noch länger, ein Kriterium bei der Partnerwahl. Evangelische und Katholiken blieben jeweils unter sich. Konfessionswechsel waren äußerst selten, nicht unbedingt gerne gesehen und fanden deshalb – soweit bekannt – als Nachtrag ihren Niederschlag in den Taufregistern. In manchen Fällen geschah dies wertend, wie z.B. am 12. Oktober 1673 in Peterzell, „Er [der Täufling] wurde Abtrünniger“[1], in anderen Fällen, wie dem im Folgenden beschriebenen, als nüchterne Feststellung.
Am 22. August 1736 wurde in Alpirsbach im evangelischen Herzogtum Württemberg der einen Tag vorher ebenda geborene Johann Friedrich, Sohn des Bäckers Johannes Gigi und seiner Ehefrau Waldburga, getauft. Der Taufeintrag wurde Jahrzehnte später nachträglich um folgende Bemerkung ergänzt: „ist katholisch worden und haußt im [!] Schabbach“.[2]
https://openstreetmap.de, Unterstreichungen und fürstenbergisch-württembergische Grenze ergänzt
Johann Friedrich Gigi trat also später zur katholischen Konfession über und wohnte in Schapbach, heute ein Ortsteil von Bad Rippoldsau-Schapbach, damals ein Ort im katholischen Fürstentum Fürstenberg – das Wort „haußt“ dürfte wertneutral als „wohnt“ oder „hält sich auf“ zu interpretieren sein.
Der Karte ist die Lage von Alpirsbach und Schapbach zu entnehmen. Die rot gepunktete Linie stellt die fürstenbergisch-württembergische Grenze dar.
Johann Friedrich Gigi heiratete am 2. Februar 1767 im katholischen Schapbach Maria Agatha Echlin (Echle) – laut einer späteren Randbemerkung könnte ihr Nachname auch Bächlin (Bächle) gelautet haben. Dem Eheeintrag im Eheregister der Pfarrei Schapbach sind genauere Informationen zum Konfessionswechsel zu entnehmen. Der Eintrag lautet vollständig:
Kirchenbücher Schapbach, Eheregister 1720-1810, S. 70
„Die 2. Febr. Honestus Juvenis Joannes Fridericus Gigi ex Alpirsbach, sed anno 1763 15to Augusti hic Schappachii ad catholicam fidem conversus tribus factis proclamationibus cum pudica virgine M. Agatha Echlin copulatus est coram testibus Joanne Gigi acatholico sponsi patre, et Joanne Georgio Schuhler.“[3]
Übersetzt heißt dies: „Am Tag des 2. Februars: Der ehrenhafte Junggeselle Johannes Friedrich Gigi aus Alpirsbach, der aber 1763, am 15. August, hier in Schapbach zum katholischen Glauben konvertierte, wurde nach drei Proklamationen mit der keuschen Jungfrau Maria Agatha Echlin vereint, in Anwesenheit der Zeugen Johannes Gigi, dem nichtkatholischen Vater des Bräutigams, und Johannes Georg Schuler.“
Für die Genealogie sind solche aus dem 17. und 18. Jahrhundert in den katholischen Pfarreien im Schwarzwald häufig vorzufindenden Eheeinträge ein Graus. Durch die fehlenden Väter, die im Gegensatz zu evangelischen Einträgen nicht angegeben sind, ist ein toter Punkt erreicht, da nur bei eher seltenen Vor- und Nachnamen der richtige Taufeintrag dem Bräutigam bzw. der Braut eindeutig zugeordnet werden kann. Die in katholischen Eheeinträgen angegebenen Trauzeugen helfen nur selten weiter. In dem beschriebenen Fall war aber der Vater des Bräutigams einer der Trauzeugen und der Schapbacher Pfarrer legte Wert darauf, anzugeben, dass dieser nicht katholisch war. So ist die Forschung zumindest auf der Linie des Bräutigams problemlos möglich, wobei bei der Recherche nach dem richtigen Taufeintrag schon allein der Nachtrag im Taufeintrag des Johannes Friedrich Gigi ausreichen würde.
Was Johannes Friedrich Gigi nach Schapbach zog – sein Beruf, der nicht erwähnt ist, die Liebe oder etwas anderes – bleibt unbekannt. Auf jeden Fall brachte er einen neuen Nachnamen nach Schapbach, der auch in Alpirsbach selten war. Der Name stammt aus der Schweiz und kam mit Johannes Friedrichs Urgroßvater, Johannes (Hans) Gigi oder Chigi,[4] der am 17. Mai 1663 in Alpirsbach heiratet, in den Schwarzwald. Lediglich der Name seines Vaters, Melchior, ist angegeben. Ein genauerer Herkunftsort ist in entsprechendem Eheeintrag leider nicht angegeben.[5]
Sollte jemand zufällig über einen möglicherweise passenden Taufeintrag in der Schweiz stoßen, freuen wir uns über entsprechende Mitteilung.
Quellen
[1] siehe https://blog.wkgo.de/2020/10/23/
[2] Kirchenbücher Alpirsbach, Taufregister 1732-1804, S. 56
[3] Kirchenbücher Schapbach, Eheregister 1720-1810, S. 70
[4] Albrecht, Georg: Familienverzeichnis Alpirsbach, o.J. (1950er), Band III, S. 137
[5] Kirchenbücher Alpirsbach, Mischbuch 1663-1808, Eheregister 1663-1808, S. 3
5. April 2023 | Uwe Heizmann | Genealogie
Auch wenn die Kirchenbücher Amtshandlungen dokumentieren und deshalb korrekt geführt werden sollten (und sollen), stößt man hier und dort auf ungenau Angaben und Widersprüche. Speziell bei Herkunftsorten von auswärtigen und möglicherweise fremdsprachigen Personen konnten mangels Geografie- und Sprachkenntnisse der Schreiber Fehler auftreten, so dass die Angaben aus einem Kirchenbucheintrag unter Umständen nicht ausreichen, um korrekte Informationen zu erhalten, wie das folgende Beispiel zeigt.
Am 3. Januar 1715 wurde in Herrenberg das Mädchen Johanna, Tochter des Korporals Augustin Mayh de Tresiger und dessen Ehefrau Eva Maria, geboren und noch am gleichen Tag getauft.[1] Das Mädchen starb leider bereits etwas mehr als zwei Wochen später und wurde am 19. Januar in Herrenberg begraben (unterster Eintrag im Bild).[2]
Das Auffällige in diesen Einträgen ist die widersprüchliche Angabe zum Aufenthaltsort des Vaters. Während im Taufeintrag zu lesen ist, der Vater sei „abwesend auf einer Reise in Gr. Britannien ein Erbgut abzuhohlen“, steht im Begräbniseintrag „dermalen in Brettagne vereißt“.
Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären? Der Schrift nach zu urteilen, können zwei unterschiedliche Schreiber angenommen werden. Die Amtshandlungen wurden zwar alle vom Diakon Wilhelm Friedrich Lentilius durchgeführt, wie beiden Registern zu entnehmen ist (nur auf dem Bild des Taufeintrag zu sehen), das bedeutet jedoch nicht, dass er auch jeden Registereintrag selbst vorgenommen hat. Denkbar ist, dass Augustin Mayh de Tresiger als Herkunft „Bretagne“ angegeben, der Schreiber des Taufeintrags dies aber als „Grande-Bretagne“ interpretiert hatte.
Die Auflösung ist schließlich im Eheeintrag vom 5. Mai 1706 in Gültstein zu finden. Dort ist als Geburtsort des Augustinus Mays, hier im Rang bzw. mit der Aufgabe eines Führers, „Brest in Britannia“ angeben,[3] was als Brest im Département Finistère in der Bretagne identifiziert werden kann.
Dieses Beispiel zeigt, dass die Genealogie bzw. andere personenbezogene Forschung, speziell die zu Militärangehörigen, häufig auch ein Puzzlespiel ist, bei dem das Gesamtbild aus mehreren Einträgen verschiedener Pfarreien zusammengesetzt werden muss.
Weitere Details zu Augustin Mayh de Tresiger und zu den aufgeführten Einträgen sind auf https://www.uwe-heizmann.de/militaer/ma0000160.html zu finden. Evtl. können später dort weitere Einträge ergänzt werden.
Quellen
[1] Kirchenbücher Herrenberg, Mischbuch 1639-1716, Taufregister 1639-1716, S. 414
[2] Kirchenbücher Herrenberg, Totenregister 1631-1717, S. 280
[3] Kirchenbücher Gültstein, Mischbuch 1636-1783, Eheregister 1636-1783, S. 426
24. März 2023 | Uwe Heizmann | Aktenfund, Kunstgeschichte, Kurioses
Als Reaktion auf unseren Beitrag über künstlerische Illustrationen in Kirchenbüchern hat uns ein Genealoge auf das Portrait eines unbekannten Mannes im ältesten Kirchenbuch von Heumaden aufmerksam gemacht. Auf der Seite 45 ist ein Portrait eines schätzungsweise 50- bis 60-jährigen Mannes eingezeichnet.[1]
Da die Tinte der Zeichnung, des Eintrags „Anno Domini 1608“ auf derselben und des Eintrags auf der folgenden Seite dieselben zu sein scheint, kann angenommen werden, dass der Zeichner der Pfarrer Johann Mylius war, der sein Amt am 18. März 1608 antrat, aber bereits am 20. Juni 1609 an der Pest verstarb. Ein Selbstbildnis ist eher ausgeschlossen, da Mylius, der sich 1600 an der Universität Tübingen immatrikulierte,[2] 1608 eher um die 30 Jahre alt gewesen sein dürfte. Sein Alter ist in seinem Todeseintrag leider nicht angegeben.[3]
Uwe Geiger vermutet in seinem Aufsatz über die Pfarrersfrau Margaretha Maickler, bei dem dargestellten Mann könnte sich um den Heumadener Pfarrer Albert Kupferschmied handeln.[4] Kupferschmied starb am 21. Januar 1608 – nicht wie im Artikel angeben im Januar 1609 – jedoch im Alter von 32,5 Jahren,[5] so dass es eher auszuschließen ist, dass er die dargestellte Person ist.
Auf der Seite mit dem Portrait ist lediglich ein Taufeintrag zu finden, nämlich der von Catharina Weber vom 13. August 1607. Da der abgebildete Mann nicht in typischer Pfarrerkleidung dargestellt ist, könnte er auch Hans Weber, genannt Klein, der Vater der Catharina sein.[6] Auch sein Alter ist nicht bekannt, in seinem Todeseintrag vom 26. September 1614 ist jedoch angegeben, dass er Mitglied des Gerichts war.[7] Er könnte deshalb das nötige Ansehen gehabt haben, um sich in Kirchenbuch verewigen zu lassen.
Wer schlussendlich der unbekannte Mann war, bleibt im Dunkeln der Geschichte.
Quellen
[1] Kirchenbücher Heumaden, Mischbuch 1558-1806, Taufregister 1558-1780, S. 45
[2] KB Heumaden, M 1558-1806, Vorblatt , vlg. auch Eintrag im Pfarrerbuch auf wkgo.
[3] KB Heumaden, M 1558-1806, Totenregister 1593-1753, S. 604
[4] Geiger, Uwe: Margaretha Maickler geborene Kepler, verwitwete Binder. Rekonstruktion eines Frauenlebens. In: Schwäbische Heimat 2022|4, S. 51 – 56 (Online-Veröffentlichung), hier S. 52
[5] Eintrag im Pfarrerbuch auf wkgo und KB Heumaden, M 1558-1806, To 1593-1753, S. 602
[6] Hermann, Richard: Familienbuch Heumaden. Stuttgart-Heumaden jetzt 70619 Stuttgart. Die Familien von Heumaden 1558 – 1877. Stuttgart 2010, S. 229, Nr. 1267
[7] KB Heumaden, M 1558-1806, To 1593-1753, S. 611
21. März 2023 | Uwe Heizmann | Kunstgeschichte, Kurioses
Im ersten Kirchenbuch von Nellingen auf den Fildern sind im Taufregister auf mehreren Seiten verschiedene künstlerische Illustrationen zu finden, die auf ein gewisses Talent des Urhebers schließen lassen.
Die erste Seite [1] beginnt mit der Beschreibung der Einführung der Taufregister im Herzogtum Württemberg:
„Anno Domini 1558 im Monat
deß Mertzens, hatt der Durchleuchtige, Hochge-
porne Furst unnd Herr, Herr Christoph Hertzog
zu Wurtembeg, und zu Theckh, Grave zu
Mumpelgarth etc. unser gnädiger Furst und
Herr, auß vilerley Bewegen den notwendigen
Ursachen, einen gemeinen Bevelh allenthalben
im Furstenthumb außgehen laßen, nemlich
das hinfuro alle Kinder, so zu dem christenlichen
Tauff gebracht, sollen mit irem Vatter, Muter,
und Gefattern, auch der Tag, und in welchem Jar
sie getaufft, ordenlich auffgeschriben werden,
wie hernach in disem Buch volget. Der
Herr beware ihren Eingang, und Außgang,
von nun an, und in Ewigkeit.
Amen“
Im anschließenden Bild ist Mariä Verkündigung dargestellt (Lukas 1,26–38 ). Die Buchstabenreihe A.G.D.T. B.T.I.M. im Bild steht für „Ave Gratia plena, Dominus Tecum, Benedicta Tu In Mulieribus“, also für den Anfang des Angelusgebets, der auf Deutsch lautet: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen.“ oder angelehnt an Lukas 1,28: „Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen.“. Die Bedeutung des Stabes, den der Engel in der Hand hält, ist unklar.
Auf der zweiten Seite [2], dem Beginn der Taufeinträge des Jahres 1561, sind Szenen aus der Bibel dargestellt. In der obigen Tafel sind es:
- Die Erprobung Abrahams: die Opferung Isaaks (Genesis 22,10-12 = 1. Buch Mose 22,10-12).
- Simsons (Samsons) Heirat einer Philisterin und sein Rätsel: Simson zerreißt einen Löwen mit bloßen Händen (Iudicum 14,6 = Richter 14,6 ).
- Die Kreuzigung Jesu (Matthäus 27,35 ff ). Dargestellt ist auch Longinus, der römische Zenturio, der Jesus nach dessen Tod eine Lanze in die Seite gestochen haben soll. Dies ist nur im Johannesevangelium erwähnt (Johannes 19,34).
- Die Auferstehung Jesu (Markus 16). Jesus trägt die so genannte Siegesfahne, ein Symbol für seine Auferstehung.
- Die kupferne Schlange (Serpens) (Numeri 21,4-9 = 4. Buch Mose 21,4-9).
- Jonas und der Wal – Jonas‘ Geschichte beginnt in Jona 1, der Wal (großer Fisch) taucht aber erst in Jona 2,1 auf.
In der unteren Tafel sind dargestellt:
- Auch hier passt das Bild nicht zur angegebenen Bibelstelle. Der Ziegenbock (Hircus) wird erst in Levitikus 16,22 (= 3. Buch Mose 16,22) erwähnt: „und der Bock soll alle ihre Sünden mit sich in die Einöde tragen“. Was die beiden wahrscheinlich nachträglich von einer anderen Person eingefügten Symbole auf bzw. neben dem Ziegenbock darstellen, ist unklar. In Levitikus 15 (= 3. Buch Mose 15 ) geht es um Ausflüsse aus den Genitalien, weshalb ein Phallus-Symbol nicht ausgeschlossen ist.
- Agnus Dei mit Siegesfahne, hervorgegangen aus den Pessach-Lämmer, deren Blut als Schutzzeichen vor der zehnten Plage an den Türpfosten gestrichen wurde (Exodus 12 = 2. Buch Mose 12).
Auf der dritten Seite [3] folgt auf einen Taufeintrag vom 5. Dezember 1562 und einem „Trennbild“, durch einen roten Fingerzeig, der evtl. später eingefügt wurde, noch hervorgehoben:
„Anno hoc currensus 1562 die 18 Decemb.
M. Samuel Neuhewser futurus parochus in
hoc pago Nellingen prima contionem habuit et
Profectus eo proxima die ante vigilias natiuitatis
Jesu Christi“
Übersetzt heißt dies (in etwa): „In diesem laufenden Jahr 1562, am 18. Tag des Dezembers, hatte Magister Samuel Neuheuser, der zukünftige Pfarrer in diesem Dorf Nellingen, die erste Versammlung und fuhr am nächsten Tag vor dem Vorabend der Geburt Jesus Christus fort.“
Samuel Neuhäuser kam wohl am 18. Dezember 1562 zu einem ersten Kennenlernen nach Nellingen und trat sein Amt offiziell zum 22. Dezember 1562 an.
Das Bild darunter könnte die Segnung der Kinder (Matthäus 19,13-15) darstellen.
Auf der vierten Seite [4] ist nach einen Taufeintrag vom 31. Dezember 1564 und wiederum einem „Trennbild“ der gekreuzigte Jesus dargestellt. Neben ihm ist auf einer Tafel zu lesen: „ECCE AGNUS DEI QUI TOLLIT PECCA TA MUNDI“, übersetzt: „Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“ Die Person rechts daneben auf einer Kanzel könnte Johannes Brenz, den Reformator des Herzogtums Württemberg, darstellen.
Auf der fünften Seite [5] folgt auf einen Taufeintrag vom 24. November 1568 ein Ornament. Darin steht in der Mitte IHS CHRS = Jesus Christus.
In den Ecken links oben, rechts oben, rechts unten und links unten stehen nummeriert die Namen von 1. Paulus, 2. (Simon) Petrus, 3. Judas und 4. Jakobus. Während die ersten beiden bedeutende Persönlichkeiten für das Urchristentum waren, Paulus der bedeutendste Missionar des Urchristentums, Petrus der Sprecher der Apostel und Leiter der Jerusalemer Urgemeinde, ist unklar, warum Judas und Jakobus hervorgehoben sind. Sollte mit ersterem Judas Iskariot, der Jesu verriet, gemeint sein, so war auch dieser für das Christentum in gewisser Weise bedeutend, wenn auch im negativen Sinn. Ob mit Jakobus einer der beiden Apostel (s.u.) gemeint ist oder Jakobus, der Stammvater Israels, oder Jakobus, der Bruder Jesu, bleibt unklar.
In den Spitzen oben, rechts, unten und links stehen die Namen der Evangelisten Matthäus („Math.“), Markus, Lukas und Johannes. Ersterer und letzterer waren gleichzeitig Apostel.
In den Schleifen stehen, im Uhrzeigersinn oben beginnend, die Namen der Apostel Jakobus der Ältere, Johannes, Philippus, Bartholomäus, Thomas, Matthäus, Jakobus der Jüngere („Jacobus mi[nor]“), Judas Thaddäus, Simon, Matthias (der „nachrückte“, nachdem Judas Iskariot Jesus verraten hatte), Petrus und Andreas.
Auf der sechsten Seite [6], der ersten Seite mit den Taufeinträgen von 1570, ist im gleichen Ornament wie auf der fünfen Seite die Anbetung des Jesuskindes durch die Sterndeuter aus dem Osten dargestellt (Matthäus 2,10-11). In der christlichen Kunst wird dieses Motiv mit „Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige“ oder kurz „Anbetung der Könige“ betitelt. In dem Bild sind nur zwei Sterndeuter dargestellt, wovon einer eine dunkle Hautfarbe hat. In der Bibel wird weder die Anzahl noch die Hautfarbe oder Namen der Sterndeuter genannt. Die Zahl drei, die Namen Caspar, Melchior und Balthasar, in machen Darstellungen auch die dunkle Hautfarbe des letzteren, hat sich erst über die Jahrhunderte entwickelt. Hier: Beispiele für die Darstellung
Wem wir diese Illustrationen zu verdanken haben, bleibt unbekannt. Im Zeitraum 1558 bis 1570 waren in Nellingen zwei Pfarrer tätig: Johannes Vetter von 1555 bis Ende 1562, anschließend Samuel Neuhäuser bis 1570. Ein Abgleich mit den Taufregistern anderer Tätigkeitsorte dieser Pfarrer, sofern überliefert, ergab, dass dort keine Illustrationen vorzufinden sind. Möglicherweise gestatteten die Pfarrer einer anderen, künstlerisch begabten Person, diese Illustrationen einzuzeichnen, oder beauftragten diese sogar. Da vor allem die Illustration auf der zweiten Seite „klösterlich“ wirkt und es in Nellingen zu dem Zeitpunkt noch eine aktive Propstei gab, zu der ein gutes Verhältnis bestand – der katholische Propst ist in einigen Taufeinträgen als Taufpate aufgeführt – wäre es auch denkbar, dass ein Mönch aus der Propstei der Maler war.
In welchem Umfang auch in Kirchenbüchern anderer Orte ähnliche Illustrationen vorzufinden sind, ist nicht bekannt. Es kann aber angenommen werden, dass es diese nicht nur in den Nellinger Kirchenbüchern gibt, wie folgender Zufallsfund aus Flözlingen bestätigt.
Dem 1650 beginnenden Totenregister ist das Bild einer schlafenden Person (eines Kindes?) vorangestellt. Die Person hält eine Sanduhr, ein Symbol für die Vergänglichkeit. Im oberen Bildrand steht „Bey Sonnenschein, mus dises Sein.“, im unteren „HODIE MIHI. CRAS TIBI“, also „heute mir, morgen dir“. Letzterer Spruch ist auf vielen Epitaphien u.ä. zu finden.
Diese beschriebenen einfachen Illustrationen dürften von Laien gemalt worden sein. Farbenprächtige und detailreiche Auftragsarbeiten von Berufsmalern sind in den Tübinger Totenregistern zu finden, worüber Andreas Butz im November 2022 berichtete: https://blog.wkgo.de/2022/11/18/
Quellen
[1] Kirchenbücher Nellingen, Mischbuch 1558-1729, Taufregister 1558-1729, Vorbl. 3v
[2] Ebenda, Bl. 7v
[3] Ebenda, Bl. 13r
[4] Ebenda, Bl. 17v
[5] Ebenda, Bl. 27v
[6] Ebenda, Bl. 29v
[7] KB Flözlingen, Mischbuch 1644-1717, Totenregister 1650-1717, S. 1
22. Februar 2023 | Renato de Lucca | Genealogie, Interkultur
Renato de Lucca von der Brazilian Association of History and Genealogy Researchers recherchierte vor einiger Zeit in unserem Archiv und entdeckte dort auch die bei uns verwahrten Kirchenregister ehemaliger evangelischer Kirchengemeinden im ehemaligen Jugoslawien, unter anderem im Staatsgebiets von Kroatien. Er hat darüber einen lesenswerten Beitrag verfasst, der zunächst in einer Zeitschrift in Brasilien, dann aber auch in Periodika in Paraguay und in Kroatien veröffentlicht wurde. Man vergisst leicht, dass die Nachfahren der 1945 vertriebenen Donauschwaben heute nicht nur in Deutschland leben, sondern teilweise auch in ganz andere Weltregionen, wie etwa nach Südamerika migriert sind. Auch der kroatische Fernsehsender Nova TV wurde auf Herr de Luccas Beitrag aufmerksam und hat ihn für einen TV-Bericht interviewt. Wir freuen uns immer, wenn über Quellen unseres Archivs medial berichtet wird. Herr de Lucca hat seinen Beitrag unter anderem auch in die deutsche Sprache übersetzen lassen und uns die Erlaubnis erteilt, ihn in unserem Blog zu veröffentlichen. Die Übersetzung hat Herr Garo Hairabetian erstellt.
Es folgt der Text von Herr de Lucca:
Es ist nicht lange her, da erhielt ich eine Anfrage von einem Mann mit kroatischen Wurzeln, der erzählte, dass er den Geburtsnachweis seines Großvaters, geboren in Velimirovac (Welimirowatz), Kroatien, nicht ausfindig machen konnte. Ich erfuhr, dass die Institutionen dieses Landes ihn über die Nichtexistenz dieser Aufzeichnungen und die damit verbundene Unmöglichkeit die kroatische Staatsangehörigkeit zu beantragen informierten, obwohl der kroatisch-stämmige Mann im Besitz einer gut erhaltenen, lesbaren und originalen Geburtsurkunde seines Großvaters aus den 1920er Jahren war.
Nach vergeblichen Recherchen in nationalen und regionalen Archiven, Kirchen, Notariaten und Museen in verschiedenen Regionen Kroatiens, deren Mitarbeiter ich für ihre Hilfe sehr dankbar bin, erhielt ich die Information, dass die Bücher mit den entsprechenden Aufzeichnungen sich möglicherweise in Deutschland befinden. Wie kann man etwas ausfindig machen, dass sich nicht mehr in den Händen der zuständigen Institution befindet? Es ist kein Zufall, dass sich die Antwort darauf regelmäßig in der Familiengeschichte findet.
An jenem Tag, nach Gesprächen mit Rafael Fix, dessen Großvater der kroatische Auswanderer mit deutschen Wurzeln war, der in Banovci, Kroatien, geboren wurde und Lutheraner war, fand ich das fehlende Teil zur Lösung des Rätsels. Sein Großvater, der in diesen verschollenen Büchern registriert ist, kehrte Jahre später nach Deutschland zurück, nachdem er aus Kroatien nach Brasilien ausgewandert war. Er beantragte seine Geburtsurkunde, die vom Kirchlichen Landesarchiv in Stuttgart ausgestellt wurde, wo heute diverse Kirchenbücher – nicht nur aus Kroatien, auch aus Serbien, Rumänien und der Slowakei – archiviert sind.
Auslandsgemeinden im Save – Donau – Drau – Gebiet Kroatiens
Nur um beispielhaft darzustellen, warum die Bücher sich außerhalb ihrer Ursprungsländer befinden, erläutere ich kurz, was sich in Velimirovac, Kroatien vor nicht allzu langer Zeit ereignet hat und dessen Aufarbeitung bis in die Gegenwart reicht.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs1, war Velimirovac mehrheitlich von Deutschen bewohnt. Laut Volkszählung2 von 1910, hatte das Dorf 797 Einwohner, von denen 764 Deutsche und zum Großteil Protestanten waren. Die Mehrheit der Deutschen kam in den 1880er Jahren von Backa in Vojvodina, gegenwärtig serbisches Gebiet, auf Einladung eines Grafen, um die Wälder abzuholzen und sie in Ackerflächen umzuwandeln.
Zwischen den beiden Weltkriegen verließen zahllose Bewohner, unter Verfolgung und Anfeindungen leidend, das Dorf vor Ankunft der Soldaten. Konfrontiert mit der harten Realität, siedelten einige der Familien auch nach Brasilien über.
Nach der Schließung der evangelischen Gemeinde von Velimirovac im Jahre 1944, nahmen ihre Vertreter die Kirchenbücher mit zu den Archiven der Kirche in Stuttgart, wo sie sich heute befinden und eingesehen werden können.
Die Bewohner, die im Dorf geblieben sind, wurden 1945 in ein Arbeitslager bei Valpovo gebracht, als die Behörden kollektiv allen Deutschen die Schuld für die Verbrechen der Nazis zusprachen. Nach dem Krieg wurden viele Bewohner auch ihrer Besitztümer beraubt und nach Österreich und Deutschland geschickt.
Die Kirchenbücher der Gemeinden sind ursprüngliche, kostenlose Quellen für genealogische Nachforschungen und im Falle ihrer Verfügbarkeit erleichtern sie den Menschen die Rekonstruktion der Familiengeschichte und dienen Wissenschaftlern zudem als Grundlage für Forschungen verschiedener Wissensgebiete.
Obwohl im Verhältnis zu Praktizierenden anderer Religionen ihre Zahl relativ gering ist, ist anzumerken, dass die Bekanntmachung dieser evangelischen Quellen für die Nachkommen einen bemerkenswerten Unterschied gemacht hat, sowohl beim Zugang zu Informationen zur Rekonstruktion der Familiengeschichte als auch bei der Wahrnehmung ihrer Bürgerrechte in Brasilien, Kroatien oder anderen Teilen der Welt.
In einem der im Kirchenarchiv von Stuttgart aufbewahrten und bereitgestellten Bücher1 finden sich Dutzende Einträge von Familien, die derzeit in Österreich, Deutschland, Frankreich, Vereinigte Staaten von Amerika, Kanada, Mexiko, Australien und Kroatien leben.
Das Buch nennt viele Nachnahmen, darunter Becker, Buchler, Benz, Kolb, Medel, Neumann, Hoffmann, Krebs, Stock, Werner, Schenkenberger, Toth, Hassmann, Heil und Szabo.
Im Folgenden eine Auflistung des Katalogs, der sich nur auf Kroatien bezieht und online verfügbar ist. Er kann über die Seite Archion (Württemberg /Auslandsgemeinde) oder direkt über das Landeskirchliche Archiv eingesehen werden kann.
Ein Taufregister aus Szeliste
Reformierte Evangelische Kirche von Szeliste-Velimirovac
Gemischtes Buch 1886-1905 (Band 1)
Taufregister 1899-1924 (Band 2)
Taufregister 1924-1936 (Band 3)
Taufregister 1936-1954 (Band 4)
Heiratsregister 1887-1905 (Band 5)
Heiratsregister 1906-1938 (Band 6)
Heiratsregister 1939-1954 (Band 7)
Sterberegister 1887-1905 (Band 8)
Sterberegister 1906-1924 (Band 9)
Sterberegister 1924-1933 (Band 10)
Sterberegister 1934-1948 (Band 11)
Lutherische Evangelische Kirche von Szeliste-Velimirovac (Szeliste oder Selište war der Name von Velimirovac bis 1914)
Gemischtes Buch 1886-1907 (Band 1)
Gemischtes Buch 1904-1926 (Band 2)
Gemischtes Buch 1927-1944 (Band 3)
Gemischtes Buch 1940-1943 (Band 4)
Gemischtes Buch 1902-1926 (Band 5)
Sterberegister 1939-1944 (Band 6)
Reformierte Evangelische Kirche von Vinkvacko Novo Selo , Kroatien
Neudorf (Vinkovačko Novo Selo), Kroatien
Gemischtes Buch 1831-1860 (Band 1)
Gemischtes Buch 1860-1897 (Band 2)
Taufregister 1881-1903 (Band 3)
Einige evangelische Kirchenbücher von Novo Selo (Neudorf) in Kroatien
Taufregister 1904-1926 (Band 4)
Taufregister 1926-1944 (Band 5)
Taufregister 1897-1922 (Band 6)
Heiratsregister 1923-1944 (Band 7)
Sterberegister 1881-1910 (Band 8)
Sterberegister 1911-1944 (Band 9)
Sterberegister 1914-1918 (Band 10)
Konfirmationsregister 1927-1944 (Band 11)
Verschiedenes 1902-1942 (Band 12)
Reformierte Evangelische Kirche von Banovci (alter Name war Šidski Banovci), Kroatien
Sidske Banovce (Banovci, Novi Banovci, Sidski Banovci, Schider Banovci, Sidske Banovce, Banowce, Banowzi), Serbien, Reformierte Gemeinde
Gemischtes Buch 1862-1905 (Band 1)
Taufregister 1899-1935 (Band 2)
Taufregister 1936-1944 (Band 3)
Heiratsregister 1904-1943 (Band 4)
Sterberegister 1905-1944 (Band 5)
Quellen
Landeskirchliches Archiv Stuttgart
Archion (Internetkatalog und digitalisiertes Kirchenregister), verfügbar über www.archion.de
Nationalarchiv in Osijek, Zagreb und verschiedene Notariate (Osijek, Slatina, Zagreb, usw.)
Bibliothek der Stadt Osijek (Gradska i Sveučilišna knjižnica u Osijeku).
Siedlungen und Population der Republik Kroatien 1857-2001, Statistisches Büro von Kroatien, Volkszählung von 2011,
ASBRAP – Associação Brasileira de Pesquisadores de História e Genealogia
Genealogia Croata (Kroatische Genealogie in Brasilien), auf Facebook verfügbar.
Literatur
BARWICH, Leopold Karl. Heimatbuch Welimirowatz: Menschen zwischen Welten, zur Erinnerung an unser deutsches Dorf in Slawonien. Reutlingen, Deutschland: Heimatausschuss Welimirowatz, 1985. Verfügbar in digitalem Format nach Antrag an Landeskirchenarchiv Stuttgart.
Kirchenbücher aus Jugoslawien für die Gemeinden, Katalog der Bücher der Jugoslawischen Kirche für die Gemeinden von Becmen, Nemci, Szeliste- Velimirovac, Sidske Banovce, 1987, Landeskirchenarchiv Stuttgart. Verfügbar in digitaler Form auf Antrag.
BEER, Josef. Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien Band I Ortsberichte. München: Donauschwäbische Kulturstiftung – Stiftung des privaten Rechts, 1997.
SCHERER, Anton. Kratka povijest podunavskih Nijemaca. Osijek, Zagreb, Split: Pan Liber, 1999.
LUCCA, Renato de. Registros Paroquiais Croatas localizados na Alemanha. São Paulo: Associação Brasileira de Pesquisadores de História e Genealogia, 2021, Zeitschrift ASBRAP Nummer 28
2. November 2022 | Uwe Heizmann | Genealogie
In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.
Als letzten Teil der Reihe wird ein Taufeintrag aus Daxlanden, einem katholischen Ort in Baden und heutigen Stadtteil von Karlsruhe, vorgestellt. Der Taufeintrag wurde bei privaten Forschungen des Autors gefunden. Auch wenn der Ort sowohl was die Konfession als auch die Region betrifft nicht zum Zuständigkeitsbereich des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart gehört, ist der Eintrag dennoch erwähnenswert. Der Taufeintrag ist der eines Findelkindes, das nach den Umständen seiner „Ablage“ benannt wurde. Der besagte Eintrag vom 16. Februar 1810 lautet:
„Im Jahr des Herrn Eintausend achthundertzehn, den 16ten Tag des Monats Hornung, hat der hiesige Bürger und Ackersmann Valentin Pferrer – durch ein Kindes Geschrey aufgeweckt – morgens 5 Uhr, innerhalb seiner geschloßnen Hausthüren zur lincken Seite, ein auf dem Boden liegendes, in schlechten Windlen eingefetschtes [= eingewickeltes] Kind gefunden, welches durch das neben der Hausthüre angebrachte enge Hünerloch hineingeschoben wurde. Sogleich machte der Hausbewohner v[on] Pferrer mir unterschriebenen, dem hiesigen Ortsvorstand Martin Dannemeyer, und der Hebamme Catharina Speckin, die gebührende Anzeige. Nachdem wir hierauf Augenschein genommen, und die Hebamme versicherte, daß dieses Kind – weiblichen Geschlechts – noch nicht 3 Tage gebohren seyn könnte, so wurd selbes dem nemlichen Tag, Nachmittag 12 Uhr, von mir unterschriebenen, in hiesiger Pfarrkirche getauft, und erhielt von mir den Namen Juliana Lochmännin. Die Taufpathin dieses Kindes ist, Maria Anna Bellerin, des hier verstorbenen Bürgers Martin Beller ehelig ledige Tochter. – Hierauf wurde sogleich der umständliche Bericht hierüber, dem hoch[löblichen] Oberamt abgeschickt.
Dieses bescheinen, Daxlanden den 16ten Hornung 1810
Friedrich Kappler, Parochus mpp. [= Pfarrer, eigenhändig (unterschrieben)]
Zeugen: Martin Bher [?]
Caspar Schmitt“
Quelle
Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 390, Nr. 2018 (Karlsruhe, Stadtteil Daxlanden, katholische Gemeinde: Standesbuch 1810-1830), Bild 7
5. Oktober 2022 | Uwe Heizmann | Genealogie
In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.
Hochzeit 27.01.1767 Aistaig
Im Eheregister von Aistaig ist unter dem 27. Januar 1767 die Hochzeit eines Georg Fridrich Ozeler, ehelicher lediger Sohn von Joseph Ozelers, eines verstorbenen Bürgers und Leinenwebers in der Filialgemeinde Weiden, eingetragen.[1] Der Nachname lässt aufhorchen, ist er doch ungewöhnlich, auch eine nicht-deutsche Herkunft könnte vermutet werden.
Bei der Suche nach dem Taufeintrag von Georg Fridrich wird man unter dem Namen Ozeler nicht fündig, jedoch findet man unter dem 30. Dezember 1739 den Taufeintrag eines Georg Fridrich, dessen Vater Joseph Vozeler, ein Weber in Weiden, war.[2] Ein Abgleich in den Taufregistern ergibt, dass dieser Joseph (V)Ozeler noch weitere Kinder hatte. Das nächste Kind dieser Familie wurde erst 1743 in Weiden geboren. In dem entsprechenden Taufeintrag vom 20. Februar 1743 wird der Vater mit „Joseph Ozeler, Weber“ angegeben.[3]
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Taufe 30.12.1739 Aistaig
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Taufe 20.02.1743 Aistaig
Anhand der Übereinstimmung der anderen in den Taufeinträgen genannten Personen – die Mutter, die Paten und die Patin – kann die Personengleichheit Joseph (V)Ozeler bestätigt werden. In beiden Einträgen lautet der Name der Ehefrau Anna Maria, die Paten heißen Jacob und Johannes Esslinger, die Patin Ursula. Sie war die Ehefrau von Andreas Remp bzw. von Johannes Steidinger. Andreas Remp starb am 8. März 1742,[4] seine Witwe heiratete am 25. September desselben Jahres Johannes Steidinger (das Wort „Wittib“ fehlt im Eintrag).[5]
Auch in anderen Tauf-, Ehe- und Todeseinträgen wird – mit einer Ausnahme – ab Beginn der 1740er Jahre nur noch der Name Ozeler verwendet. Warum? Vermutlich erschien der ursprüngliche Name dem ab 1740 in Aistaig tätigen Pfarrer Georg Friedrich Baur[6] zu vulgär und er änderte ihn von Pfarramtswegen. Quellen, die diese Vermutung belegen könnten, sind leider nicht vorhanden.
Die Vozeler in Weiden stammten von denen aus Bickelsberg ab, die wiederum von denen aus Tuningen abstammten. Außerdem kommt der Name Vozeler auch noch in anderen Orten vor.
In Tuningen wurde „Vozeler“ in „Voßeler“ abgeändert. Z.B. ist der Vater im Taufeintrag vom 22. Juli 1710 Hanß Jacob Vozeler, ein Zimmermann.[7] Im Taufeintrag vom 23. Dezember 1712 ist der Vater Hanß Jacob Voßeler, ein Zimmermann.[8] In beiden Einträgen heißt die Mutter Anna, der erste Pate Jacob Irion, der zweite im erstgenannten Eintrag Johann Vozeler, im zweiten Johann Voßeler. Die Patin ist in beiden Fällen die Ehefrau des Müllers Andreas Hauser, wobei dieser sich Ende November 1712 neu verheiratet hatte.[9] Pfarrer zu der Zeit war Johann Christian Maurer (Mäurer, Meurer), ein Pfarrerwechsel fand in der Zeit nicht statt.[10]
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Taufe 22.07.1710 Tuningen
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Taufe 23.12.1712 Tuningen
In Aldingen (Lkr. Tuttlingen) wurde aus der Namensvariante „Votseler“ ebenfalls die Variante „Voßeler“. Z.B. heißt der Vater im Taufeintrag vom 17. August 1713 Heinrich Votseler,[11] im Eintrag vom 9. Mai 1716 Heinrich Voßeler.[12] In beiden Einträgen heißt die Mutter Ursula, die Paten Jacob Raad und Hanß Limb (?), die Patin Christina Heßler(in). Pfarrer zu der Zeit war Georg Daniel Esenwein. Auch hier fand ein Pfarrerwechsel in der Zeit nicht statt.[13]
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Taufe 09.05.1716 Aldingen
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Taufe 17.08.1713 Aldingen
In Bickelsberg wurde der Name bereits im 17. Jahrhundert geändert, von „Vozeler“ in „Uzeler“, jedoch nur vorübergehend. Z.B. heißt der Vater im Taufeintrag vom 11. September 1674 Michäel Votzeler,[14] im Eintrag vom 1. September 1681 Michäel Uzeler[15] und im Eintrag vom 19. Oktober 1687 wieder Michäel Votzeler.[16] Die Mutter heißt Anna Maria bzw. Anna, Michael Uzeler hatte am 9. November 1686 erneut geheiratet.[17] Ein Pate heißt Johannes Traub, die Patin Maria, die Ehefrau des Hans Georg/Jerg (Georg/Jerg ist der Nachname). Die zweite Patenstelle war unterschiedlich besetzt, wahrscheinlich weil der jeweilige Pate verstorben war. Pfarrer in dem betroffenen Zeitraum war ein Johann Wolfgang Pfadler. Dieser kam Mitte 1674 nach Bickelsberg und starb dort 1687.[18]
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Taufe 11.09.1674 Bickelsberg
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Taufe 01.09.1681 Bickelsberg
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Taufe 19.10.1687 Bickelsberg
Warum der Name nur vorübergehend geändert wurde, bleibt unklar. Nachdem man wieder zur alten Namensvariante zurückgekehrt war, blieb man dabei. Zu einer erneuten Änderung im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts, wie in anderen Orten, kam es nicht. Vielleicht weil absehbar war, dass der Name sowieso bald ausstarb. Der letzte Namensträger, ein Michael Fotzeler, nun mit F geschrieben, starb am 9. November 1723.[19]
Quellen
[1] Kirchenbücher Aistaig, Mischbuch 1741-1815, Eheregister 1741-1797, ohne Seitenzählung (27.01.1767)
[2] KB Aistaig, M 1648-1741, Taufregister 1698-1741, oSz (30.12.1739)
[3] KB Aistaig, M 1741-1815, Ta 1741-1795, oSz (20.02.1743)
[4] KB Aistaig, M 1741-1815, Totenregister 1741-1808, oSz (08.03.1742)
[5] KB Aistaig, M 1741-1815, E 1741-1797, oSz (25.09.1742)
[6] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB311
[7] KB Tuningen, M 1636-1752, Ta 1662-1751, oSz (22.07.1710)
[8] KB Tuningen, M 1636-1752, Ta 1662-1751, oSz (23.12.1712)
[9] KB Tuningen, M 1636-1752, E 1662-1751, oSz (Dom. 26. p. Tr.)
[10] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB5399
[11] KB Aldingen (Tuttlingen), M 1657-1759, Ta 1658-1748, oSz (17.08.1713)
[12] KB Aldingen (Tuttlingen), M 1657-1759, Ta 1658-1748, oSz (09.05.1716)
[13] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB1859
[14] KB Bickelsberg, M 1662-1721, Ta 1662-1721, Bl. 13v =
[15] KB Bickelsberg, M 1662-1721, Ta 1662-1721, Bl. 25r
[16] KB Bickelsberg, M 1662-1721, Ta 1662-1721, Bl. 36r
[17] KB Bickelsberg, M 1558-1722, E 1636-1688, Bl. 201r
[18] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB6131
[19] KB Bickelsberg, M 1721-1809, To 1721-1764, Bl. 110v
20. September 2022 | Uwe Heizmann | Genealogie
In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.
In den Kirchenbüchern von Vöhringen (Lkr. Rottweil) trifft man auf eine interessante und zuerst mysteriöse Namensergänzung. Der Name „Hetzel/Hezel“ (vereinzelt auch „Hözel“) ist in manchem Fällen um das Wort „Straub“ ergänzt, in manchen hingegen nicht.
Z.B. ist im Taufeintrag vom 27. Dezember 1802 als Vater ein „Johannes Hezel“ und unter dem 29. Dezember 1802 ein „Johann Jacob Hezel (Straub)“ eingetragen.[1] Im Taufeintrag („renat[us]“) vom 26. Dezember 1800 ist ein „Johannes Hezel, Hanß Jerg Hezels Sohn“[2] genannt, am 11. November 1798 ein „j[un]g Johannes Hezel Straub“.[3]
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Taufen Dezember.1802 Vöhringen
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Taufe 26.12.1800 Vöhringen
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Taufe 11.11.1798 Vöhringen
Hochzeiten 20.11.1787 und 21.01.1788 Vöhringen
Auch im Eheregister taucht die mysteriöse Namensergänzung bei manchen „Hezel-Einträgen“ auf, bei andern wiederum nicht. Z.B. heiratete am 20. November 1787 ein „Johann Michael Hezel, Johann Konrad Hezels, Bürgers und Ochsenwirts allhier ehlich lediger Sohn“, im nächsten Eintrag vom 22. Januar 1788 ist die Hochzeit einer „Anna, Johannes Hezels, Strauben, Bauers und Richters allhier eh[lich] ledig Tochter“ vermerkt.[4]
Hochzeiten November 1709 Vöhringen
Die mysteriöse Namensergänzung zieht sich durch das ganze 18. Jahrhundert und darüber hinaus und ist somit auch generationsübergreifend, wie aus dem Hochzeitseintrag vom 26. November 1709 deutlich wird. Darin ist die Hochzeit eines „Hanß Martin Hetzel, Straub, Martin Hetzels, Strauben, bürgerl[ichen] Inwohners und Gerichtsverwandten allhier ehl[icher] Sohn“ dokumentiert. Im Eintrag davor („Eodem“ für den 19. November 1709), ist die Hochzeit einer „Johanna, Hanß Martin Hetzels Müllers, bürgerl[er] Inwohners allhir eheliche Tochter“ eingetragen.[5]
Die Namensergänzung diente also der Kenntnismachung unterschiedlicher „Hetzel-Linien“. Doch was war das Unterscheidungskriterium?
Der Taufeintrag vom 26. Dezember 1682 gibt einen ersten Hinweis, dort steht als Vater: „Hanß Jacob Hözel oder Strauben Sohn“.[6] Dieser Hanß Jacob wurde am 6. Juni 1658 getauft.[7] Im entsprechenden Taufeintrag ist die Namensergänzung nicht zu finden. In diesem Taufeintrag und dem vom 22. März 1664 sind jedoch sowohl die Eltern als auch die Paten dieselben: Johannes Hetzel und Anna bzw. Conrad Geißer/Geyser, Hanß Dieterlin und Barbara, die Ehefrau von alt Hans Geißer/Geyser. Im Taufeintrag von 1658 ist ungewöhnlicherweise noch ein dritter Pate: Michael Reeß. Daraus folgt, dass die Einträge zu Kindern aus einer Familie gehören. Im Taufeintrag vom 22. März 1664 findet man schließlich die Lösung, dort steht als Ergänzung zum Vater: „Strauben Stieffsohn“.[8]
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Taufe 26.12.1682 Vöhringen
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Taufe 22.03.1664 Vöhringen
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Hochzeit 16.06.1656 Vöhringen
Im Hochzeitseintrag des Johannes Hetzel vom 16. Juni 1656 erfährt man noch Genaueres zu Straub. Johannes Hetzel war „Hans Hetzels Metzgers und Bürgers allhie zu Vöringen hinderlassener ehelicher anitzo Hans Strauben Stiefhsohn“.[9] Der am 6. Juni 1658 getaufte Hanß Jacob war hingegen nicht der Stiefsohn von Straub, sondern dessen Stiefenkel.
Besagter Hans Hetzels (der Metzger) ist am 11. November 1632 gestorben.[10] Wann seine Witwe Hans Straub ehelichte, ist unbekannt, da das Eheregister erst 1648 beginnt.
Ausgangspunkt der beschriebenen Namensergänzung – man könnte auch sagen: des Doppelnamens – war also der Stiefvater eines Hetzel-Kindes.
Dieser Doppelname wurde von den Pfarrern, wahrscheinlich auch von der Familie selbst, über 140 Jahre lang benutzt, so dass man ihn auch noch in den ersten Familienregistern des 19. Jahrhunderts findet.[11]
Wenn einem die Bedeutung der beschriebenen Namensergänzung bewusst ist, erleichtert dies die Unterscheidung der unterschiedlichen Hetzel-Linien und damit die Ahnenforschung bezüglich dieser Familien – wobei es sich gezeigt hat, dass das „Straub“ in Einzelfällen auch vergessen wurde. Außerdem tritt in manchen Fällen der Nachteil auf, dass statt der üblicherweise zur Unterscheidung verwendeten Berufsangabe „Straub“ verwendet wurde und man über den Beruf seins Ahns nichts erfährt.
Quellen
[1] Kirchenbücher Vöhringen, Taufregister 1774-1817, S. 157
[2] KB Vöhringen, Ta 1774-1817, S. 145
[3] KB Vöhringen, Ta 1774-1817, S. 130
[4] KB Vöhringen, Eheregister 1775-1842, S. 11
[5] KB Vöhringen, Mischbuch 1689-1786, E 1689-1774, ohne Seitenzählung (19.11.1709, 26.11.1709)
[6] KB Vöhringen, M 1618-1689, Ta 1618-1689, oSz (26.12.1682)
[7] KB Vöhringen, M 1618-1689, Ta 1618-1689, oSz (06.06.1658)
[8] KB Vöhringen, M 1618-1689, Ta 1618-1689, oSz (22.03.1664)
[9] KB Vöhringen, M 1618-1689, E 1648-1688, oSz (16.06.1656)
[10] KB Vöhringen, M 1618-1689, Totenregister 1621-1634, oSz (11.11.1632)
[11] KB Vöhringen, Familienregister 1808-1834, Bl. 92a bis 93b
14. September 2022 | Uwe Heizmann | Genealogie
In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.
Taufregister 1681 Flözlingen
In Flözlingen kam es 1681 zu einer Namensänderung. Personen mit dem Nachnamen Netter hießen fortan Etter (teils in der Variante Ötter). Auffällig ist, dass sich der Schnitt zwischen dem alten und dem neuen Namen, der sowohl im Tauf- als auch im Ehe- und im Totenregister belegt ist, mit dem Wechsel des Pfarrers deckt. Johann Daniel Schäffer (ca. 1640 bis 1703)[1] übernahm die Pfarrstelle nach Pfingsten (25. Mai) 1681 und hatte sie bis zum 11. April 1699 inne.[2]
Das Bild rechts zeigt den Schnitt im Taufregister. Am 10. Mai 1681 („renatus“) heißt der erste Paten Frantz Netter, in derselben Tabellenzeile hat Pfarrer Schäffer den Pfarrerwechsel eingetragen. Am 18. September 1681 ist dann die Taufe eines Kindes eines Frantz Etters eingetragen.[3]
Die Vermutung liegt nahe, dass der neue Pfarrer für die Namensänderung verantwortlich ist. Was waren die Gründe? Ein schlechtes Gehör? Dies wäre nur bei Martin (N)Etter denkbar. Möglicherweise eine pauschale negative Bewertung des Charakters der (N)Etter? Der Grund bleibt unklar. Auch die Kirchenkonventsprotokolle liefern keine Erklärung. Dort sind sowohl ein Martin als auch ein Frantz Etter Konventsrichter, aber immer Etter mit Nachnamen. Nur Frantz Etter – „ein heimlicher Censor“ (was auch immer das war) – wird einmal, in dem Protokoll vom 26. März 1682, Netter genannt. Da die entsprechende Textstelle eine Wortmeldung des Konventsrichters Bartli Beer wiedergibt, könnte dieser noch den alten Namen verwendet haben, gegen Ende des Protokolls heißt Frantz wieder Etter.[4]
Anhand der folgenden Beispiele zu Hanß, Frantz und Martin (N)Etter ist ersichtlich, wie die Personengleichheit anhand der Übereinstimmung der anderen in den Taufeinträgen genannten Personen – die Mutter, die Paten und die Patin – bestätigt werden kann. Dies ist sinnvoll, wenn man bei der genealogischen Recherche auf solche oder ähnlich gelagerte Fälle trifft, wenn man also – da bekanntlich chronologisch rückwärts recherchiert wird – nach einer jüngeren Namensvariante sucht, aber nur noch eine andere, ältere Namensvariante findet.
In den Taufeinträgen zu den am 28. Februar 1676 und am 20. Dezember 1681 getauften Kinder von Hanß (N)Etter lautet der Name der Mutter Anna. Die Paten waren Christian Löhrer (Vogt), Michel Geiger und Catharina, Christian Beeren Ehefrau.[5]
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Taufe 28.02.1676 Flözlingen
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Taufe 20.12.1681 Flözlingen
In den Taufeinträgen zu den am 8. Juni 1679 und am 18. September 1681 getauften Kinder von Frantz (N)Etter lautet der Name der Mutter Ursula. Die Paten waren Jacob Löhrer, Christian, Bartle Beeren Sohn bzw. coelebs (Junggeselle), und Catharina, Christian Löhrers (Vogt) Ehefrau.[6]
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Taufe 08.06.1679 Flözlingen
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Taufe 18.09.1681 Flözlingen
In den Taufeinträgen zu den am 13. August 1679 und an Pfingsten (6. Juni) 1683 getauften Kinder von Martin (N)Etter lautet der Name der Mutter Maria. Die Paten waren Jacob Schmaltz, Gallus Beer (Schmied) und Rosina, (Andreas Jäschlins) Schulmeisters Weib. [7] Hier helfen auch die zusätzlichen, von zweiter Hand eingetragenen Angaben „6tes Kind“ bzw. „8tes Kind, II. Ehe“ und die Ergänzungen zur Mutter „geb. Geiger“ bzw. „geb. Geiger [durchgestrichen und korrigiert zu:] Maier“ weiter, wenn auch die Frage nach dem siebten Kind und die Korrektur des Nachnamens weitere Recherchen erfordern. Hierüber kann die Personengleichheit ebenfalls bestätigt werden.
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Taufe 13.08.1679 Flözlingen
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Taufe Pfingsten 1683 Flözlingen
Am 30. Oktober 1670 hatten Martin Netter, Sohn des verstorbenen Christian Netters, des Gerichts und Bürgers in Flözlingen, und Maria, Tochter des Hanß Geiger, Vogt in Flözlingen, in Flözlingen geheiratet.[8]
Maria Geiger starb am 10. Oktober 1681. Ihre Todeseintrag lautet: „Den 12. 8bris wirdt begraben, Maria, Marttin Etters Baurenpflegers allhier liebe Hausfrau, welche am Montag vorher über die Geburth gestorben, also Mutter und Kind beyeinander geblieben. [Ihres Alters] 38“.[9] Damit ist zum einen die Frage nach dem siebten Kind geklärt, zum anderen die Personengleichheit von Martin (N)Etter bestätigt.
Martin Etter, Bauernpfleger (Vogt) und Witwer, heiratet am 14. Februar 1682 in Flözlingen Maria, die Tochter von Hanß Geörg Mayer, Weber in Mönchweiler.[10] Dass Martin Etters zweite Ehefrau den gleichen Vornamen trug, wie seine erste, erklärt den im Taufeintrag von 1683 und in fünf weiteren [11] zuerst falsch eingetragenen und anschließend korrigierten Nachnamen.
Quellen
[1] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB6996
[2] Kirchenbücher Flözlingen, Mischbuch 1644-1717, Pfarrerliste (am Anfang des Buches)
[3] KB Flözlingen, M 1644-1717, Taufregister 1644-1717, S. 27
[4] KB Flözlingen, M 1644-1717, Kirchenkonventsprotokolle 1681-1709, ohne Seitenzählung (26.03.1682)
[5] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 21 und 27
[6] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 25 und 27
[7] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 25 und 27
[8] KB Flözlingen, M 1644-1717, Eheregister 1648-1717, S. 7
[9] KB Flözlingen, M 1644-1717, Totenregister 1650-1717, S. 15
[10] KB Flözlingen, M 1644-1717, E 1648-1717, S. 10
[11] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 28, 31, 33, 34 und 35
24. August 2022 | Uwe Heizmann | Genealogie
In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.
Wurde früher ein Kind unehelich geboren, bekam es nur mit Einverständnis des leiblichen Vaters dessen Nachnamen. War der Vater unbekannt (oder gestattete die Namensführung nicht), erhielt das Kind den Nachnamen der Mutter. Es war auch nicht selten, dass ein uneheliches Kind über mehrere Jahre den Nachnamen der Mutter trug, seine leiblichen Eltern einige Jahre später doch heirateten und das Kind mit der Hochzeit der Eltern den Namen des Vaters erhielt.
In Oberhaugstett (damals nur als „Haugstätt“ bezeichnet), das zur Pfarrei Neubulach gehört, ist ein anders gelagerter, rätselhafter Fall zu finden.
Taufe 06.01.1777 Oberhaugstett
Am 6. Januar 1777 wurde ein Johann Jakob in Haugstätt geboren und noch am gleichen Tag getauft. Seine Mutter war eine Christina, die Tochter des damals bereits verstorbenen Johann Jakob Holzäpfel und Stieftochter („privigna“) des Johann Georg Essich. Der Vater des Kindes ist nicht genannt.[1]
Hochzeit 27.01.1802 Neubulach
Am 27. Januar 1802 heiratet der uneheliche Sohn der eben genannten Christina Holzäpfel in Neubulach. In dem entsprechenden Eheeintrag lautet der Name des Bräutigams mysteriöserweise Johann Jakob Kohlmann.[2] Im Seelenregistereintrag und dem Familienregister zu diesem Johann Jakob Kohlmann ist dieser als „Spur[ius]“, also uneheliches Kind bezeichnet. In beiden Einträgen ist außerdem sein obiges Geburtsdatum und seine Mutter Christina Holzäpfel angeben, so dass die Identifizierung eindeutig ist. In beiden Einträgen ist außerdem eingetragen, dass sein Vater nicht im Taufbuch angegeben ist.[3] Auch in seinem Todesdatum ist nur seine Mutter angegeben.[4]
Familienregister Kohlmann Oberhaugstett
Woher nun der Nachname Kohlmann kommt, bleib ungeklärt. Die Schreiber, die diese Einträge jeweils vorgenommen hatten, hatten es wohl als selbstverständlich gesehen, dass dieser Johann Jakob nun Kohlmann heißt, so dass sie es nicht als nötig erachtet hatten, Angaben zur Herkunft des Nachnamens zu machen. Auffällig ist, dass es im gesamten Kirchspiel der Pfarrei Neubulach keinen Kohlmann gab. War der Nachname ein erfundener? Und wenn ja, warum und wer hat Johann Jakob diesen Nachnamen gegeben?
Dies alles bleibt wohl ungeklärt. Andere historische Unterlagen des Pfarramts Neubulach, wie z.B. die Protokolle des Kirchenkonvents, vor dem sich Frauen, die unehelich schwanger waren, zu verantworten haben, geben diesbezüglich keine Auskunft. Eine Paternitätsliste, in denen durch den Kirchenkonvent oder das Oberamt ermittelte Väter eingetragen wurden, sind nicht überliefert. Auch im Stadtarchiv von Neubulach (Bestände Neubulach und Oberhaugstett) und wahrscheinlich auch im Landesarchiv, sind keine Akten, die Licht ins Dunkle bringen könnten, vorhanden.
Quellen
[1] Kirchenbücher Neubulach, Mischbuch 1685-1819, Taufregister 1685-1807, S. 324
[2] KB Neubulach, Eheregister 1801-1829, S. 2
[3] KB Neubulach, Seelenregister 1783-1820, Spalte 203 (Johann Jakob Kohlmann) und KB Neubulach, Familienregister Oberhaugstett, S. 87 (Johann Jakob Kohlmann)
[4] KB Neubulach, Totenregister 1847-1864, S. 46
17. August 2022 | Uwe Heizmann | Genealogie
In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.
Taufeintrag 24.9.1716
Am 24. September 1716 wurde in Kuppingen ein Kind namens Georg Heinrich geboren.[1] Sein Vater soll ein Johann Paulus Wurmser gewesen sein, der zum besagten Zeitpunkt Soldat in der Kompanie unter dem Obristen von Vorstner war, die sich – vermutlich im Zusammenhang mit dem Venezianisch-Österreichischer Türkenkrieg (1714-1718) – im Königreich Ungarn aufhielt. Die Kompanie hatte vermutlich ihr Winterquartier 1715/16 in Kuppingen. Die Mutter des Kindes war eine Margaretha Schmid (1684-1757), Tochter des Michael Schmid. Der Pfarrer hatte nicht wie bei unverheirateten Frauen üblich den Namen ihres Vaters angegeben, sondern nur „schon 2 mahlige s.v. Hure“ ergänzt. Sie kann aber anhand dieses Hinweises, für den sich der Pfarrer sogleich auch entschuldigt (s.v. = salva venia = mit Verlaub), unter Abgleich der Angaben im Ortssippenbuch von Kuppingen und der Paten dieses und ihres ersten, am 14. Oktober 1710 geborenen Kindes identifiziert werden.[2]
Spätere Pfarrer haben den Taufeintrag von Georg Heinrich ergänzt. Die eine Ergänzung, sein Todestag am 6. Januar 1790, hilft bei der Zuordnung seines Todeseintrages. Die andere Ergänzung ist die interessantere: „Ist zu Entringen seßhaft und verheurathet; hat aber einen andern Nahmen angenommen. Vid. Ehe-Buch den 8. Nov. 1763“.
Georg Heinrich hatte am 8. November 1763 in Entringen eine Maria Barbara, Tochter des verstorbenen Bauern Hanß/Johann Adam Schuhmacher, geheiratet. Der Pfarrer in Kuppingen hatte nicht nur die örtlichen Eheschließungen, sondern auch die Proklamationen
Eheregistereintrag 8.11.1763
(öffentliche Bekanntmachungen beabsichtigter Eheschließungen) auswärts zu schließender Ehen ins Kuppinger Eheregister eingetragen. Im Eintrag für die besagte Eheschließung ist zum Bräutigam angegeben: „Johann Cunrad Weiß, Baurenknecht, N.B. [= nota bene = merke wohl] welcher seinen Vor- und Zunahmen geändert, und eigentlich Georg Heinrich Wurmser heißt“.[3]
In Entringen hingegen hatte sich der neue Name noch nicht durchgesetzt. Im Eheeintrag im Entringer Eheregister ist sein Name als Georg Heinrich Wurmser angegeben.[4] Auch in den Taufeinträgen seiner ersten beiden Kinder, dem 8. Dezember 1764 und dem 19. Februar 1768, lautet sein Name noch Georg Heinrich Wurmser.[5] Erst im Taufeintrag des dritten Kindes, dem 31. Oktober 1772, wird sein Name mit Cunrad Weiß angegeben.[6] Im 1758 angelegten Seelenregister von Entringen ist er folgerichtig auch unter seinem ursprünglichen Namen zu finden, der nachträglich gestrichen und durch Cunrad Weiß ersetzt wurde. Dem Eintrag ist noch eine Information zu seinem Vater zu entnehmen, die in keinem anderen Eintrag erwähnt wird. Dieser war „miles bavarus“, also bayrischer Soldat.[7] In seinem Todeseintrag in Entringen vom 6. Januar 1790 ist sein Name ebenfalls mit Cunrad Weiß angegeben.[8]
Warum Georg Heinrich Wurmser seinen Namen in Johann Cunrad Weiß änderte, bleibt unbekannt. Möglicherweise finden sich dazu Informationen in den Kirchenkonventsprotokollen von Kuppingen, die sich noch auf dem Pfarramt befinden.
Quellen
[1] Kirchenbücher Kuppingen, Mischbuch 1558-1719, Taufregister 1560-1718, S. 351
[2] KB Kuppingen, M 1558-1719, Ta 1560-1718, S. 325a sowie Ortssippenbuch Kuppingen, S. 611, #S374 und S. 733, #W502
[3] KB Kuppingen, M 1719-1799, E 1719-1791, S. 87
[4] KB Entringen, M 1627-1765, Eheregister 1634-1765, ohne Seitenzählung (08.11.1763)
[5] KB Entringen, M 1747-1822, Ta 1747-1809, S. 57 und KB Entringen, M 1747-1822, Ta 1747-1809, S. 72
[6] KB Entringen, M 1747-1822, Ta 1747-1809, S. 96
[7] KB Entringen, Seelenregister 1758, S. 326
[8] KB Entringen, M 1747-1822, Totenregister 1747-1822, S. 170
16. Februar 2022 | Andreas Butz | Bestand, Quellenkunde
Während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lassen sich in der württembergischen Landeskirche zwei wesentliche Entwicklungen erkennen. Obwohl der Pietismus in Württemberg noch am Ende des 17. Jahrhunderts Eingang gefunden hatte, entstanden in vielen Dörfern erst um 1750 die Privatversammlungen, welche bis heute als typisch für den württembergischen Pietismus gelten. Gegen das Jahrhundertende kam dann eine starke separatistische Richtung auf, mit der sich Staat und Kirche konfrontiert sahen. Viele Menschen wandten sich dieser Richtung zu, um ihren Glauben außerhalb der Kirche zu leben.
Einer der bedeutendsten Separatistenführer war der Leinenweber Johann Georg Rapp aus Iptingen. Er entwickelte eine so starke Anziehungskraft, dass die Zahl seiner Anhänger im Herzogtum Württemberg selbst von Außenstehenden auf 10.000 bis 12.000 Personen geschätzt wurde. Seit etwa 1785 bildete sich eine zunehmend größere Separatistengruppe um den Leinenweber, der dann 1803 nach den Vereinigten Staaten auswanderte, um dort seine religiösen Vorstellungen zu verwirklichen. Seine drei Siedlungen Harmony in Pennsylvania, New Harmony in Indiana und Economy, wiederum im Staat Pennsylvania, entwickelten sich zu vielbesuchten Musterwirtschaften.
Mit diesen Sätzen wird ein Beitrag von Dr. Eberhard Fritz eingeleitet, den Sie auf Württembergische Kirchengeschichte Online lesen können. Die Quellen zu der außergewöhnlichen Geschichte dieser religiösen Sonderbewegung finden sich in verschiedenen Archiven, unter anderem aber auch im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart. Eine kleine Auswahl wollen wirr hier vorstellen. Den Taufeintrag des Separatistenanführers Johann Georg Rapp findet man im zweiten Band der Kirchenbücher von Iptingen unter dem Datum 1. November 1757 (auf dem Kirchenbuchportal Archion hier). Naturgemäß hatte die Kirchenleitung ein großes Interesse an Informationen über die separatistischen Bewegungen, die die Amtskirche in Frage stellten, und ließ Berichte, Befragungen und Protokolle anfertigen. Bereits 1787 wurde der damals 29-jährige Johann Georg Rapp nach seinen Ansichten, religiösen Ideen und Verhältnissen befragt, was in einem umfangreichen, 62-seitigen Protokoll festgehalten wurde. Ebenfalls wurden über Jahre hinweg in allen relevanten Ortschaften Listen mit den Namen und Informationen zu Einwohnern gesammelt, die der separatistschen Bewegung angehörten. Letztendlich wurde in diversen Listen nach 1803 festgehalten, welche Separatisten nach Amerika ausgewandert waren und welche noch in der Heimat verblieben waren. Die Beschäftigung mit solchen Bewegungen durch staatliche und kirchliche Behörden bietet heutigen Historikern und Historikerinnen eine gute Quellengrundlage für Forschungen.
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Eintrag im Taufregister von Iptingen für den 1.11.1757 für Johann Georg Rapp LKAS, Kirchenbucharchiv, Iptingen, Band 2, Mischbuch 1700-1788
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Seite 1 eines 62-seitigen Befragungsprotokolls Rapps vom 18.5.1787 in Iptingen LKAS, A 26, Nr. 473,2 (Bericht über Johann Georg Rapp von Iptingen
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Auszug der Iptinger Separatisten nach Amerika LKAS, A 26, Nr. 473,1. Beilage A zur Relation 1804 des Iptinger Pfarrers bezüglich der ausgezogenen Separatisten, Seite 1 von 4.
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Noch von der Auswanderung übrige Separatisten in Iptingen. Beilage zur Pfarr-Relation vom 6.6.1805. LKAS, A 26, Nr. 477.
16. April 2020 | Andrea Kittel | Genealogie, Jubiläum
Heute vor 75 Jahren, am 16. April 1945, nur wenige Wochen vor Kriegsende, wurde Freudenstadt durch französische Bombenangriffe und Artilleriebeschuss großflächig zerstört. Feuer breitete sich ungehindert in der Innenstadt aus und erfasste auch die Stadtkirche mit den in der Pfarrei befindlichen historischen Tauf-, Ehe- und Sterberegistern. Durch Abschriften dieser Kirchenbücher sind die Daten weitgehend erhalten geblieben und können heute von Familienforschern beim Kirchenbuchportal Archion eingesehen werden.
Die originalen Kirchenbücher (siehe Bild) wurden damals geborgen. Später wurden die verkohlten Bücher ins Landeskirchliche Archiv verbracht, in der Hoffnung, dass es die Technik irgendwann möglich machen wird, sie zu lesen.