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Begleitprogramm zur Ausstellung in Ludwigsburg

22. November 2023 | | ,

Vortrag im Staatsarchiv Ludwigsburg. Foto: Landeskirchliches Archiv Stuttgart

Gestern, am 21. November 2023, nahmen im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung „Die neue Heimat im Heiligen Land“ ca. 50 Personen an der Führung unseres Mitarbeiters Dr. Jakob Eisler teil und über 80 Personen am anschließenden Vortrag „Die Hilfe der württembergischen Templer bei der jüdischen Besiedlung Palästinas 1870-1914“. Im Anschluss an den Vortrag im Staatsarchiv Ludwigsburg bestand die Möglichkeit, Fragen zum Thema zu stellen. Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann hier angehört werden.

Seit Beginn der württembergischen Besiedlung Palästinas im Jahre 1868 waren die Templer in allen Bereichen der christlichen Tätigkeit tätig: im Schulwesen, in der Medizin, in der Landwirtschaft, in der Forschung, in der Wirtschaft, in Handel und Gewerbe, in der Diplomatie, in der Kirche, in der Technik und im Tourismus. In den Templersiedlungen gab es die besten Hotels, Pferdekutschenverbindungen nach Jerusalem und ganz Palästina, in Jaffa ein archäologisches Museum, einen botanischen Garten, einen Zoo und vieles mehr. Einen besonderen Aufschwung nahm die Entwicklung in Palästina, als zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in Haifa und Jaffa deutsche Fabriken gebaut wurden. Die beteiligten Unternehmen spielten eine wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Modernisierung des Landes. Ihr Vorbild und ihr „Know-how“ trugen nicht unwesentlich dazu bei, die Hemmschwelle für die jüdische Besiedlung des noch weitgehend desolaten Landes im großen Stil abzubauen. So trugen die Templer mit ihren fortschrittlichen Ideen und Leistungen wesentlich zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung Palästinas von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkriegs bei. Durch ihr Wirken auch in den jüdischen Dörfern und Stadtvierteln haben sie die Modernisierung ganz Palästinas nicht unwesentlich beschleunigt.

Die Ausstellung ist im Staatsarchiv Ludwigsburg zu sehen. Im Begleitprogramm werden fast wöchentlich Führungen angeboten.

Wir wollen darauf hinweisen, dass die Ausstellung noch bis zum 19. Dezember 2023 zu sehen ist.

Die Öffnungszeiten sind:

Mo-Do: 9:00-16:30 Uhr

Fr.: 9:00-15:30 Uhr

Sonderöffnung auch am Sonntag, den 10. Dezember 2023 von 14:00-17:00 Uhr.

Der Eintritt ist frei.

Im Begleitprogramm ist am 19.12.2023 auch eine Finissage um 19:00 Uhr geplant mit dem Vortragstitel:

„Templerfamilien aus dem Kreis Ludwigsburg im Heiligen Land“.

Dekanatsarchiv Ludwigsburg nun ganz erschlossen und recherchierbar

21. Juli 2023 | |

Für das Dekanatsarchiv Ludwigsburg lag bereits seit 1962 ein Inventar vor, und der Bestand wurde seit den 1990er Jahren im Landeskirchlichen Archiv aufbewahrt. Allerdings gelangten Anfang der 2000er Jahre weitere Bestandteile des Dekanatsarchivs in das Landeskirchliche Archiv. Außerdem waren in dem älteren Archivinventar nicht alle Akten des Bestands berücksichtigt, so dass es notwendig war, die Erschließung zu ergänzen.

In dem neuen Archivinventar kann hier online recherchiert werden.

Das Dekanat Ludwigsburg gehört nicht zu den älteren Dekanaten der württembergischen Landeskirche. Schließlich wurde die barocke Residenzstadt erst im Jahr 1714 gegründet. Die neue Stadt wurde 1720 Sitz eines Oberamts und eines Dekanats. Dazu wurde das frühere Dekanat Markgröningen aufgelöst. Zusätzlich wurden noch Kirchengemeinden der Nachbarbezirke Cannstatt, Marbach und Waiblingen eingegliedert.

Die Dekanatsarchive beinhalten jeweils die Überlieferung des Stadtpfarramts. Da der Stadtpfarrer in Personalunion auch der Dekan des Kirchenbezirks ist, laufen bei ihm die Fäden zusammen. Auf dem Dekanatamt werden pfarramtliche Akten und dekanatsamtliche Akten gebildet. Ein wichtiger Bestandteil der dekanatsamtlichen Akten sind die Ortsakten zu den einzelnen Kirchengemeinden. Bei Ludwigsburg sind dies folgende Gemeinden: Aldingen, Asperg, Beihingen, Benningen, Bissingen (Enz), Eglosheim, Geisingen, Heutingsheim, Hochberg, Hochdorf, Hoheneck, Kornwestheim, Ludwigsburg, Markgröningen, Neckargröningen, Neckarrems, Neckarweihingen, Ossweil, Pflugfelden, Poppenweiler, Schwieberdingen und Tamm.

 

Zwist um eine Friedenskirche

5. Juli 2023 | | , , ,

Historische Aufnahme der Friedenskirche (Garnisonskirche) in Ludwigsburg. LKAS, Bildersammlung, U 662

Derzeit wird der bislang noch unverzeichnete Teil des Dekanatsarchivs Ludwigsburg erschlossen. Naturgemäß stößt man beim Verzeichnen auf den ein oder anderen interessanten Vorgang. Dass ausgerechnet ein Aktenbund, der den Titel “Friedenskirche” (jetzt LKAS, DA Ludwigsburg, Nr. 709) trug, umfangreiches Material über einen konfessionellen Zwist enthielt, fanden wir bemerkenswert. Aus heutiger Sicht und aus der zeitlichen Distanz kann man freilich leicht mit einer gewissen Gelassenheit auf Probleme blicken, die damals die Gemüter erhitzten.

Friedenskirche Ludwigsburg. Von Ecelan – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3614898

Auf der B 27 von Stuttgart kommend erblickt man kurz vor der Abbiegung zur Ludwigsburger Innenstadt auf linker Seite eine imposante Kirche. Dieser Kirchenbau ist nicht nur schön, sondern hat auch eine besondere Geschichte. Die heutige Friedenskirche war ursprünglich die evangelische Garnisonskirche für den ehedem wichtigen württembergischen Militärstandort. Entworfen von dem Architekten Friedrich von Thiersch, wurde sie 1903 im Beisein des Königspaars eingeweiht. 1920 wurde die Garnisonsgemeinde aufgelöst. Das Gebäude wurde dennoch bis 1945 für Militärgottesdienste genutzt. Die Württembergische Kirchenleitung hatte sich 1924 beim Militärpfarramt V ein Mitbenutzungsrecht an der Garnisonskirche gesichert. Infolge des Zusammenbruchs der deutschen Wehrmacht haben die evangelischen Militärgemeinden aufgehört zu bestehen. 1945 wurde beschlossen, aus dem ehemaligen Südstadtbezirk der Stadtkirche eine neue Kirchengemeinde zu bilden. Im Mai 1947 wurde aus der Südstadtgemeinde eine eigene Teilkirchengemeinde mit neuen, erweiterten Grenzen gebildet. 1948 erfolgte die Umbenennung zur Friedenskirche. Aufgrund des großen Zustroms von katholischen Heimatvertriebenen wurde der katholischen Kirchengemeinde eingeräumt, die Kirche mitzubenützen, was ein Jahrzehnt lang auch ein funktionierendes Arrangement war. Man wechselte sich bei der Benutzung der Räumlichkeiten ab. Der Eigentümer war aber der Bund, und als dieser ab 1958 über den Verkauf der Kirche an die evangelische Kirchengemeinde verhandelte, kam eine gewisse Unruhe auf, da die katholische Kirchengemeinde sich nun hintangesetzt  fühlte. Von dem her standen sich nun bis 1966 zwei Interessen entgegen: Auf der einen Seite, das Interesse an einem Weiterbestehen des Status Quo, auf der anderen Seite das Interesse am Zustandekommen des Kaufvertrages zwischen der evangelischen Friedenskirchengemeinde und dem Bund. Die Entwicklung führte zu einem umfangreichen Schriftverkehr, zu etlichen Stellungsnahmen, zu Kontaktaufnahmen bis in höchste politische Kreise (etwa zu Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier, Minister Hans Wilhelmi, Minister Franz-Josef Strauß, verschiedene Bundestagsabgeordnete). Erst als der Kauf vollzogen wurde, ebbten die Wellen wieder ab. Das Problem war letztlich nicht so groß wie man dachte, da die katholische Kirchengemeinde noch bis in die 70er Jahre die Kirche mitbenutzten konnte. Auch wenn sich die Benennung der Friedenskirche auf einen Neuanfang nach ihrer militärischen Vergangenheit bezog, so erwies es sich auch hier, dass man, wenn ein Streit vorbei ist, wieder Frieden schließen und im Frieden gut zusammenleben kann.

Ausstellung 160 Jahre Tempelgesellschaft

11. Oktober 2021 | |

Vom 14. Oktober bis 31. Dezember 2021 wird in Ludwigsburg eine Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs und des Stadtarchivs Ludwigsburg gezeigt.

Gründer der Tempelgesellschaft, die im weitesten Sinne den pietistischen Strömungen Württembergs zuzurechnen ist, war der 1815 in Leonberg geborene Christoph G. J. Hoffmann, Sohn des Gründers der württembergischen Brüdergemeinde Korntal. Hoffmanns religiöse Erziehung in der Brüdergemeinde in Korntal und sein Theologiestudium an der Tübinger Universität prägten nachhaltig seine Vorstellungen von Glauben, Gesellschaft und Kirche. Zusammen mit dem ehemaligen Kaufmann Georg David Hardegg (1812–1879) aus Ludwigsburg, einem ausgewiesenen Demokraten, griff er die als Babel diskreditierte Amtskirche scharf an und warb für den Gedanken, neben der bestehenden Kirche ein neues Volk Gottes zu formen. Bald formierte sich um Hoffmann und Hardegg eine Gruppe namens Jerusalemsfreunde. 1856 gründeten sie eine Knaben- und Mädchenschule im Kirschenhardthof (einem Gehöft bei Marbach). Hier sollte die Jugend im Geiste des Tempels erzogen und aus ihrem Kreis sollten die künftigen Sendlinge für das Heilige Land rekrutiert werden.

1861 wurde der Deutsche Tempel zu einer selbständigen religiösen Gemeinschaft mit Hoffmann als Bischof und Hardegg als Vorsitzendem. Die evangelische Kirche versuchte in den folgenden Jahren mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, die Anhänger der Templer zu bekämpfen. Der entscheidende Erfolg blieb ihr aber versagt. 1868 beschlossen die Templer, nach Palästina auszuwandern. 1869 wurde die Kolonie Haifa gegründet. Bis 1906 entstanden fünf weitere Siedlungen der württembergischen Templer: Jaffa (1869), Sarona (1871), Jerusalem (1873), Wilhelma (1902) und Bethlehem-Galiläa (1906). Die Blütezeit all dieser Kolonien lag im ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam auch das Ende der Kolonien: Alle noch im Land verbliebenen Palästinadeutsche, Siedler wie Missionare, wurden von den britischen Mandatsbehörden interniert, ein Teil nach Australien verbracht, ein Teil gegen Juden aus dem deutschen Machtbereich ausgetauscht.

 

Bild: Der Salon bei Ludwigsburg circa 1850. Landeskirchliches Archiv Stuttgart, Bildersammlung.