Schlagworte: Jerusalem

Rückblick auf die Buchvorstellung am 26. November

29. November 2024 | | ,

Am 26. November luden die EHZ-Bibliothek und das Landeskirchliche Archiv zur Vorstellung des neuen Buches über den Baumeister Conrad Schick (1822-1901) ein, der mit seinen Bauten die Stadt Jerusalem Ende des 19. Jahrhunderts prägte. Der Autor Jakob Eisler ist Experte für die Auswanderer aus Württemberg nach Palästina. Sein Interesse an diesem Thema wurde durch Professor Alex Carmel (1931-2002) geweckt, bei dem er an der Universität Haifa studierte. An der Universität Tübingen promovierte er bei Professor Dieter Langewiesche über deutsche Einwanderer in Jaffa. Heute arbeitet Eisler am Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart. Er ist Autor zahlreicher Bücher zum Thema und hat viele Vorträge gehalten. Es war ihm eine große Freude, das Buch über die ersten Jahre Conrad Schicks in Jerusalem zu schreiben. In seinem spannenden Vortrag schilderte er, wie er vor Jahrzehnten auf dem Dachboden der Kapelle von St. Chrischona bei Basel die damals noch in Bananenkisten untergebrachten Archivalien sichtete und viele Briefe und Zeichnungen Schicks aus dessen Jerusalemer Anfangszeit in den 1840er Jahren fand. Eisler schilderte anschaulich, wie dort ein Brüderhaus entstand. Conrad Schick reparierte zunächst alte Kuckucksuhren, die er aus Deutschland geschickt bekam, und verkaufte sie an wohlhabende Araber in Jerusalem. Als Autodidakt erlernte er die Landvermessung, das Zeichnen exakter Karten und Pläne, das Anfertigen von Baumodellen, das Entwerfen von Gebäuden und die archäologische Erforschung historischer Stätten. Darüber hinaus veröffentlichte er Hunderte von Fachartikeln. Kein Wunder, dass er, der als einfacher Handwerker von der Schwäbischen Alb nach Palästina ausgewandert war, von der Universität Tübingen einen Ehrendoktortitel erhielt und vom württembergischen König zum Baurat ernannt wurde. Das Buch erschien als Band 31 in der Reihe Kleine Schriften des Vereins für Württembergische Kirchengeschichte.

Jakob Eisler: Conrad Schick – Autodidakt, Forscher, Königlich Württembergischer Baurat. Seine ersten Jahre in Palästina und Jerusalem, Stuttgart 2024 (31), ISBN 978-3-944051-10-9, 168 Seiten, Preis 20,00 Euro (15,00 Euro Vereinsmitglieder). Erhältlich im Buchhandel oder in der Geschäftsstelle des Vereins (Margarete.Gruenwald@ELK-WUE.DE).

Vorstellung des neuen Buches zu Conrad Schick (1822-1901)

14. November 2024 | |

Dr. Jakob Eisler, Mitarbeiter des Landeskirchlichen Archivs in Stuttgart, hat in der Reihe der Kleinen Schriften des Vereins für württembergische Kirchengeschichte den neuen Band 31 veröffentlicht.

Am 26. November 2024 um 17.00 Uhr präsentiert er im Lesesaal der Evangelischen Hochschul- und Zentralbibliothek und des Landeskirchlichen Archivs sein neues Werk „Conrad Schick (1822-1901) – Autodidakt, Forscher, Königlich Württembergischer Baurat. Seine ersten Jahre in Jerusalem und Palästina“. Dazu sind Sie herzlich eingeladen. Hier können Sie sich anmelden. Im Anschluss wird zu einem kleinen Imbiss eingeladen.

Conrad Schick wurde am 27. Januar 1822 in Bitz auf der Schwäbischen Alb geboren. Nach seiner mechanischen Ausbildung in Korntal fühlte er sich für den missionarischen Dienst berufen. 1844 trat er der Pilgermission St. Chrischona bei und wurde 1846 nach Jerusalem entsandt. Dort gründete er das „Brüderhaus“. Nach fünf Jahren trat er in den Dienst der englischen Judenmissionsgesellschaft ein. Im „House of Industries“ bildete Schick für viele Jahre Proselyten in Handwerksberufen aus.

Autodidaktisch hatte er sich viele Kenntnisse angeeignet, die ihn in architektonischen und archäologischen Projekten berühmt machten. Er fertigte Holzmodelle der alten und der zeitgenössischen Stadt Jerusalem an und betreute dort Ausgrabungen. Darüber hinaus plante er zahlreiche Gebäude, wie zum Beispiel das außerhalb der Stadtmauer gelegene jüdisch-orthodoxe Viertel Mea Sche‘arim. Hoch angesehen und geehrt, starb Conrad Schick am 23. Dezember 1902 in Jerusalem.

Die Evangelische Landeskirche würdigte Schick zu seinem 200. Geburtstag im Jahr 2022 mit einem Gedenktag.

Theodor Sandel – Ein fast vergessener Architekt im Heiligen Land

27. Juni 2024 | | ,

Am Sonntag, dem 23. Juni, fand anlässlich des 163. Gründungstages der Tempelgesellschaft in Stuttgart-Degerloch ein Vortrag über die Lebensgeschichte des Architekten Theodor Sandel statt, bei dem einige Stationen seines Lebens in Wort und Bild vorgestellt wurden.

Theodor Sandel (1845-1902). LKAS, Archiv der Tempelgesellschaft.

Theodor Sandel wurde 1845 in Heilbronn geboren. Sandel legte 1863 am Kirschenhardthof sein Abitur ab und studierte anschließend am Polytechnikum in Stuttgart Bauingenieurwesen. Nach Abschluss seines Studiums 1867/68 unternahm er eine Reise nach Paris.
Am 10. Juli 1870 wanderte Sandel nach Palästina (Jaffa) aus. Sein erster Auftrag dort war der Entwurf für die erste jüdische Landwirtschaftsschule „Mikwe Israel“ im Jahr 1870. Im folgenden Jahr wurde er mit der Planung und Parzellierung der neu zu gründenden Templerkolonie Sarona (heute im Zentrum von Tel Aviv) beauftragt. Ab 1875 arbeitete er in Jerusalem. In den folgenden Jahren trug er maßgeblich zur Erschließung Palästinas durch Landvermessungen, den Bau von Verkehrswegen – wie 1876 der Straße von Jaffa nach Jerusalem – und die Errichtung zahlreicher öffentlicher Gebäude bei. 1879/1880 wurde er mit der Parzellierung der ersten jüdischen Siedlung Petach Tiqua beauftragt. Es folgten in Zusammenarbeit mit Conrad Schick das Herrenhuter Leprosenhaus “Jesus-Hilfe” (1884), das alte katholische Hospiz unweit der Jaffastraße (1885-87), die deutsche Weihnachtskirche des Jerusalemsvereins zu Berlin in Bethlehem (1891-92), das Kaiserswerther Krankenhaus in Jerusalem (1894), das jüdische Gymnasium – Edel-von-Lämmel-Schule, das Londoner Missionskrankenhaus in Jerusalem (1894), das jüdische Krankenhaus “Schaare Zedek” (1902), die evangelische Kirche in Jaffa (1904), das Greisenasyl in der Templerkolonie der Borromäusschwestern (1903) und die Dormitio-Kirche (1910). Die drei letztgenannten Bauten wurden nach seinem Tod von seinen Söhnen Benjamin und Gottlob Sandel vollendet.

Zu den von ihm entworfenen Bauten gehören auch mehrere Gebäude in der Rephaim-Ebene bei Jerusalem. Neben seiner Tätigkeit als Architekt war er jahrzehntelang Bürgermeister der Tempelkolonie Rephaim bei Jerusalem. Als der deutsche Kaiser Wilhelm II. im Oktober/November 1898 Jerusalem besuchte, erhielt Sandel die ehrenvolle Aufgabe, ihn zu empfangen. Ein Jahr später wurde er zum Königlich Württembergischen Baurat ernannt.

Zu dem Vortrag kamen viele Templer, aber auch Gäste vom Kirschenhardthof, aus Korntal und sogar der Leiter des deutschen Bibeldorfes aus Nordrhein-Westfalen.

Eine Buchpublikation zu Theodor Sandel, die vom Verein für Württembergische Kirchengeschichte herausgegeben wird, ist derzeit in Arbeit und wird im Herbst 2025 erscheinen. Die Autoren sind Jakob Eisler und Ulrich Gräf. Der Band wird sehr viele Abbildungen enthalten. Die Würdigung seines Werkes war ein Desiderat. Wir dürfen auf dieses Buch gespannt sein!

 

Beitragsbild: Kolonie Jerusalem mit mehreren von Sandel geplanten und gebauten Bauten. LKAS, Archiv der Tempelgesellschaft.

Johanniter zu Gast im Archiv

8. Mai 2024 | | ,

Foto: LKAS

Am 7. Mai 2024 besuchte eine Gruppe des Johanniterordens aus Stuttgart das Landeskirchliche Archiv und die Hochschul- und Zentralbibliothek in Stuttgart-Möhringen. Zehn Vertreter des Ordens erhielten eine Führung durch die Magazinräume des Archivs mit den dort verwahrten zentralen Beständen des Oberkirchenrats und des früheren Konsistoriums, Dekanats- und Pfarrarchiven, verschiedenen christlichen und diakonischen Werken sowie einer Vielzahl von Nachlässen. Zusammen mit den frei zugänglichen Bänden im Lesesaal beeindruckten die Schätze der Zentralbibliothek mit über 300.000 gedruckten Büchern und ca. 150.000 E-Books und E-Journals. Im Magazin der Musealen Sammlungen konnte die Gruppe Gemälde, Grafiken, Kult- und Kunstgegenstände bewundern.

Es folgte ein Vortrag über die Ursprungsorte des Johanniterordens im Heiligen Land, untermalt mit Bildern aus der Fotosammlung des Archivs. Gezeigt wurden u.a. Fotos der Ruinen der Johanniterkirche „Sancta Latina Major“ aus der Zeit der Kreuzzüge sowie der Neubauten auf dem Jerusalemer Johannitergelände, z.B. die heutige „Deutsche Erlöserkirche“ in der Jerusalemer Altstadt und der Bau des Johanniterhospizes nebenan aus dem 19. Jahrhundert.

Buchvorstellung Jerusalemer Stadtpanoramen einst und heute

9. November 2023 | | , ,

Am Donnerstag, den 8. November wurde im Lesesaal des Landeskirchlichen Archivs und der Evangelischen Hochschul- und Zentralbibliothek das neu erschienene Buch von Jakob Eisler und Christoph Knoch “Über den Kuppeln von Jerusalem. Rundblick von den kaiserlichen Türmen der Erlöserkirche und der Dormitio-Abtei 1898 – 1910- 2012 – 2022” vorgestellt. Die Veranstaltung war gut besucht. Ursprünglich war auch eine Präsentation dieses Buches in Jerusalem geplant. Die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Jubiläum der Erlöserkirche wurden jedoch aufgrund aktueller Entwicklungen verschoben und können hoffentlich im Frühjahr des kommenden Jahres stattfinden.

Grußworte sprachen für das Haus die Leiterin der Evangelischen Hochschul- und Zentralbibliothek Bettina Schmidt und für die Landeskirche Frau Prälatin Gabriele Wulz. Dr. Jakob Eisler, wissenschaftlicher Mitarbeiter unseres Archivs, führte in die historischen Hintergründe ein und sein Co-Autor, der Schweizer Pfarrer Christoph Knoch erläuterte die Bilderpanoramen. Die Autoren gingen auch auf die Entstehungsgeschichte des Buches ein. Glückliche Umstände hatten hier die richtigen Personen zusammengeführt.

Der Fotograf Bruno Hentschel hatte 1898 vom Gerüst der im Bau befindlichen evangelischen Erlöserkirche aus ein Panorama der damaligen Stadt Jerusalem aufgenommen. Und 1910 schuf ein anderer Fotograf ein solches Panorama vom Gerüst der katholischen Dormitio-Abtei. Und zwar handelt es sich beide Male um 360° Panoramen, also Vollpanoramen. Beide Kirchen sind Wahrzeichen evangelisch-lutherischer und römisch-katholischer Präsenz im Heiligen Land. Christoph Knoch ergänzt im Buch die historischen Aufnahmen durch aktuelle Fotografien. Die Gegenüberstellung der Fotografien ermöglicht faszinierende Einblicke in die Entwicklung des Stadtbildes von Jerusalem. Die Publikation der Panoramen der beiden Kirchtürme ist auch ein Zeichen ökumenischer Verbundenheit. Ergänzt wird das Ganze durch fundierte Texte der beiden Jerusalem-Kenner und weitere Fotos.

Unter www.jerusalempanorama.ch hat Christoph Knoch zwei Youtube-Filme eingestellt, die einen Vorgeschmack auf die Panoramen in ihren Gegenüberstellungen bieten.

 

Jakob Eisler/Christoph Knoch, Über den Kuppeln von Jerusalem. Rundblick von den kaiserlichen Türmen der Erlöserkirche und der Dormitio-Abtei 1898 – 1910 – 2012 – 2022 (Kleine Schriften des Vereins für württembergische Kirchengeschichte 29), Stuttgart 2023. 80 S. 25,00 EUR (geb.), 15,00 EUR (brosch.). ISBN 978-3-944051-66-6 (geb.), ISBN 978-3-944051-67-3 (brosch.).

Bestellungen beim Verein für Württembergische Kirchengeschichte (email: margarete.gruenwald@elk-wue.de).

Fotos von der Veranstaltung: Landeskirchliches Archiv Stuttgart

Rundschau vom Turm der Dormitio, 1907, Ausschnitt Süd – Südwest

Bericht über die Tagung “Jerusalem Nabel der Welt” in Jerusalem

19. Juli 2023 | |

Letzte Woche fand in Jerusalem eine Tagung des „Yad Ben Zwi Instituts zur Erforschung der Geschichte des Landes Israel“ und der „Israeli Antiquities Authority“ vom 10. Juli bis zum 14. Juli statt.

Bei der großen und mit 400 Teilnehmern gut besuchten Tagung wurden über 70 Vorträge gehalten von Dozenten und Forschern aus der ganzen Welt zum Thema „Jerusalem – Nabel der Welt“. Vorträge wurden in englischer und hebräischer Sprache gehalten und dazu wurden auch Führungen in der Stadt am Montag und Freitag, die zur Thematik der Vorträge gehörten angeboten. Ich habe eine Führung durch die württembergische Templerkolonie angeboten und zwei Tage später einen Vortrag zur Geschichte des Deutschen Vereins zu Jerusalem 1873-1910 gehalten. Zur Führung kam die Maximale Zahl an erlaubten Teilnehmern – 30 Personen. Wir gingen vom Gemeindehaus über die Hauptstraße durch die Seitenstraßen bis zum Friedhof, wo weitere ausführliche Darstellungen der Entstehung der Kolonie und Persönlichkeiten dargestellt wurden. Bei dem Vortrag kamen an die hundert Personen die in Yad Ben Zwi an der Konferenz Teilnahmen.

Anbei einige Eindrücke aus der Führung durch die Kolonie und den Friedhof.

Dr. Jakob Eisler ist zuständig für die Forschungsstelle Palästina im Landeskirchlichen Archiv.

Mit freundlichem Dank an den Fotografen Larry Price, Jerusalem.

 

Neues Buch zu den Verbindungen zwischen Württemberg und Palästina erschienen

22. Mai 2023 | | , ,

In dem neu erschienenen Buch wird erstmals die Geschichte der Zweigstellen des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem, das im Jahr 1860 von dem Württemberger Johann Ludwig Schneller gegründet worden war, umfassend dargestellt. Außerdem erfährt der Leser auch einiges über das Syrische Waisenhaus selbst, sowie dessen ideellen Hintergrund, seine Vorgeschichte und Entwicklung. Andreas Butz zeigt in seiner Arbeit,  dass Johann Ludwig Schneller seine Tätigkeit nicht nur auf die Jerusalemer Schule  beschränkte, sondern auch auf die Idee eine moderne arabische Gesellschaft zu gründen, die von Ackerbau leben würde und da eine Landwirtschaftsschule in Bir Salem zu gründen versuchte. Das große Gut Bir Salem sollte unter die Leitung von Matthäus Spohn in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zum Vorbild in Palästina werden. Nach mancherlei Versuchen (Getreide, Viehhaltung, Weinanbau) kristallisierte sich der Orangenanbau als die geeignete Nutzung heraus. In seinem Buch skizziert der Autor die genaue Entwicklung dieser Anstalt unter Berücksichtigung und Nutzung aller möglich zu findenden Archivalien und Materialien. Mit der selben Gründlichkeit untersuchte er auch die Station in Nazareth (Galiläisches Waisenhaus) und die Station Chemet Allah. Auch in Nazareth wurde der Hübel, auf dem die Einrichtung gebaut wurde, umfassend kultiviert. Chemet Allah, das wie Bir Salem im Bereich der Küstenebene lag, wurde mit modernen Methoden Weizen angebaut.

Hier werden Pionierarbeit in der Landwirtschaftlichen Erziehung sowie Schnellers Ideen zur Entwicklung der Niederlassungen genau skizziert. Danach werden die zwei weiteren Anstalten, die erst richtig in der Mandatszeit wuchsen, dargestellt. Daran schließt sich eine ausführliche Beschäftigung mit der Beschreibung der Niederlassungen in der Reiseliteratur und diversen Reiseerfahrungen an. Des Weiteren werden Publikationen einzelner Reisenden und deren Veröffentlichungen analysiert.

Andreas Butz beschäftigt sich in diesem Buch nicht nur mit der historischen Bedeutung der Zweigniederlassungen. Es gelingt ihm Überlieferungslücken z.B. durch Recherchen in bislang ungenutzten Privatarchiven und Institutionsarchiven wie der Karlshöhe oder des Bethel-Archives Lücken zu schließen und damit bislang unbekannte Informationen und Details zu ermitteln. Dies trägt dazu bei, dass auch einzelnen Persönlichkeiten und Mitgliedern und Mitarbeitern des Waisenhauses und ihrer Bedeutung für das Unternehmen und der Entwicklung der Zweigniederlassungen zum ersten Mal dargestellt werden. Mit dem vorliegenden Werk werden die Grundlagen für die Anerkennung dieser Zweigniederlassungen, die früher kaum in der Forschung Beachtung fanden.

Die Arbeit wurde im Jahr 2020 von der Universität Stuttgart als Dissertation angenommen. Dr. Andreas Butz wurde in Stuttgart geboren, studierte in Tübingen und Stuttgart Geschichte und Anglistik und an der FH Potsdam Archivwesen (Diplom-Archivar). Er arbeitet als Archivar beim Landeskirchlichen Archiv. Das Buch ist als Band 52 in die Reihe der Abhandlungen des Deutschen Palästina Vereins (Deutscher Verein zur Erforschung Palästinas) aufgenommen worden. Es kann überall im Buchhandel bestellt werden. Rezensionsexemplare können beim Harrassowitz-Verlag erfragt werden.

 

Beitragsbild: Andreas Butz mit seiner Dissertationsschrift vor dem Regal mit der historischen Bibliothek des Syrischen Waisenhauses. Die historische Bibliothek wird heute in der Evangelischen Hochschul- und Zentralbibliothek in Stuttgart-Möhringen aufbewahrt. Es finden sich dort unter anderem die Bücher, die die Lehrkräfte des Waisenhauses zur Vorbereitung ihres Schulunterrichts verwendeten.

 

Begegnung im Archiv. Wer sind unsere Nutzerinnen und Nutzer. Teil 8

29. September 2022 | | , ,

Wir treffen Vanessa Witt. Sie ist Studentin der Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen. Derzeit schreibt sie eine Hausarbeit für ein kirchengeschichtliches Proseminar, das sich mit den deutschen Einflüssen auf Palästina beschäftigte. Die Studierenden sollen  zur Erstellung der Seminar-Hausarbeiten in den Primärquellen recherchieren. Die Hausarbeit von Frau Witt beschäftigt sich mit dem Leben und Wirken von Hermann Schneller (1893-1993), der von 1928 bis 1940 Direktor des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem war, und der dann nach dem zweiten Weltkrieg die Johann-Ludwig-Schneller-Schule in Khirbet Kanafar begründete, deren Direktor er bis 1964 war. Eine Exkursion führte die Seminarteilnehmer in unser Haus, so dass das Landeskirchliche Archiv Frau Witt bereits bekannt war. Sie recherchiert in den Akten des Bestandes K8 (Syrisches Waisenhaus).

“Es liegt hier viel vor zu der Thematik Hermann Schneller. Da das Material sehr umfangreich ist, konnte ich nicht alles durchsehen, manches konnte ich nur überfliegen. Nicht alles ist für die Arbeit verwendbar, so dass ich mich beschränken muss. Während des Durchsehens des Materials die Entscheidung zu treffen, was daraus wichtig ist, beziehungsweise wo der Schwerpunkt liegen sollte, ist nicht leicht. Interessant war etwa der Schriftverkehr Hermann Schnellers mit Hans Niemann, der in den Akten vorliegt, sowie zum Beispiel die Dankschreiben für die Spenden, die viel über die jeweilige Lage des Syrischen Waisenhauses erzählen”.

Als vorteilhaft für Frau Witt erwies sich auch die Möglichkeit, bei ihren Archivbesuchen auf die Sekundärliteratur zur Thema Syrisches Waisenhaus in der Evangelischen Hochschul- und Zentralbibliothek (Standort Möhringen) zugreifen zu können.

 

Krippenfiguren aus dem Syrischen Waisenhaus

16. Dezember 2021 | | ,

Eine Krippe mit einer ganzen Kamelkarawane!

Diese Figuren waren das Abschiedsgeschenk vom Syrischen Waisenhaus für den Regierungsbaumeister Paul Ferdinand Groth (1859-1955), als er 1899 Jerusalem verließ. Groth, der hauptsächlich den Bau der Erlöserkirche in Jerusalem (1898) geleitet hatte, war auch an der Ausgestaltung der Kirche im Waisenhaus beteiligt gewesen.

Das Syrische Waisenhaus in Jerusalem war 1861 von dem Württemberger Johann Ludwig Schneller gegründet worden und hatte sich bald zur größten und wichtigsten Erziehungsanstalt des Vorderen Orients entwickelt. In den anstaltseigenen Werkstätten erhielten die „Zöglinge“ eine fundierte handwerkliche Ausbildung als Schuster, Schneider, Drechsler, Schlosser, Töpfer, Ziegler, Buchbinder, Buchdrucker oder Schreiner. In einer dieser Werkstätten entstanden die aus Olivenholz geschnitzten Krippenfiguren. Den jungen Schnitzern waren Kamele aus eigener Anschauung bestens bekannt. Vielleicht sind die Tiere deshalb so gut gelungen?

Der Bestand des Syrischen Waisenhauses befindet sich im Landeskirchlichen Archiv. Neben den Akten beinhaltet dieser auch eine umfangreiche Fotosammlung mit etwa 15.000 Bildern des Nahen Ostens.

Syrisches Waisenhaus : Württembergische Kirchengeschichte online – Blog (wkgo.de)

Zu Groth siehe auch hier einen Beitrag von Jakob Eisler im Blog.

 

Von Wittenberg nach Jerusalem. Die Schlosskirche in Wittenberg und die Kapelle des Syrischen Waisenhauses tragen die gleiche Handschrift

7. März 2019 | | , , ,

Ein neuer Fund aus dem Landeskirchlichen Archiv: Einer der Baumeister der Wittenberger Schlosskirche ging kurz nach der Einweihung nach Jerusalem und baute dort nicht nur die deutsche Erlöserkirche, sondern auch die Kirche des Waisenhauses.

Paul Ferdinand Groth mit Kind in Wittenberg 1891

Die ersten Verbindungen zwischen Wittenberg und Jerusalem gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Im Vorgängerbau der heutigen Schlosskirche legte „Friedrich der Weise“ 1515 eine umfangreiche Reliquiensammlung an, die aus dem Heiligen Land stammten und viele Wallfahrer von weither anzogen. Zwei Jahre später schlug Martin Luther aber nicht nur seine Thesen an die hölzerne Tür dieser Kirche, er geißelte auch die dortige Reliquienverehrung als Götzendienst. Weder von der Tür noch von den Reliquien ist heute noch etwas erhalten. Im Siebenjährigen Krieg brannte die Kirche 1760 vollständig aus. Anstelle der verbrannten hölzernen Thesentür stiftete der preußische König Friedrich Wilhelm IV. am 10. November 1858 anlässlich des 375. Geburtstag Luthers eine in Bronze gegossene Thesentür. Und Kaiser Wilhelm II. schließlich beauftragte ein Vierteljahrhundert später seinen Architekten Friedrich Adler mit einem neuerlichen Umbau der Kirche im neugotischen Stil. Sie sollte ein „Denkmal der Reformation“ zum 400. Luther-Geburtstag im Jahr 1883 sein.

Die Pläne Adlers für die Erlöserkirche

Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es eine neue Verbindung nach Jerusalem. Der Architekt Adler hatte 1871 die Planung der deutschen Erlöserkirche am Muristan-Gelände in Jerusalem übernommen. In Wittenberg wurde Adler beim Bau der Schlosskirche tatkräftig von seinem Assistenten Paul Groth unterstützt, der später selbst nach Jerusalem gehen sollte und gewissermaßen ein architektonisches Band zwischen der Wittenberger Schlosskirche, der Jerusalemer Erlöserkirche und der Kirche im Syrischen Waisenhaus flechten sollte.

Wer war Paul Groth? Paul Ferdinand Groth wurde am 29. Juni 1859 als Sohn des Schiffskapitäns Johann Ferdinand Groth in Neu-Wintershagen (heute Grabienko, Polen) geboren. Er besuchte vom 7. bis zum 14. Lebensjahr die dortige Elementarschule. 1874 wurde er in das Realgymnasium zu Stolp (heute Słupsk, Polen) aufgenommen und blieb dort bis Ostern 1878. Er wechselte auf das Gymnasium in Danzig, wo er 1880 sein Examen ablegte. Daraufhin studierte er Hochbau an der Technischen Hochschule zu Berlin und lernte dort Friedrich Adler als Professor und Mentor kennen. Groth wurde nach erfolgreichem Studium am 6. Juli 1885 zum Regierungs-Bauführer ernannt.

Durch seine persönlichen Verbindungen zu Adler, der für die Umbaumaßnahmen der Schlosskirche in Wittenberg zuständig war, wurde Groth der Königlichen Baukreisinspektion zu Wittenberg zugeteilt. Dort machte er nach einem Jahr die Baumeisterprüfung und widmete sich nun ganz dem Umbau der Schlosskirche, in der sich Martin Luthers Grab befindet. Die Schlosskirche wurde am Reformationstag, dem 31. Oktober 1892 wieder eingeweiht.

Daraufhin wurde Groth vom Kuratorium der Jerusalem-Stiftung zu Berlin gebeten, die Bauleitung der evangelischen Erlöserkirche in Jerusalem zu übernehmen. Von September 1893 bis 1899 lebte er mit seiner Familie in Jerusalem.

Bei den Ausschachtungsarbeiten für die Fundamente der deutschen Erlöserkirche stieß er übrigens auf Gefäße und Münzen aus der Zeit des jüdischen Aufstandes im ersten und zweiten Jahrhundert, was eine historische Einordnung des Geländes überhaupt erst ermöglichte. Es handelte sich dabei um wichtige und bedeutende archäologische Funde. Groth berichtete darüber sehr detailliert an die Jerusalem-Stiftung in Berlin, die sich jedoch weniger für die Kupfermünzen und archäologischen Funde interessierte, als vielmehr für die Fertigstellung der Kirchenfundamente. Groth konnte deswegen diese Münzen im Privatbesitz behalten.

Innenansicht der Kirche des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem

Bei der Durchsicht der vertraulichen Protokolle des Syrischen Waisenhauses, dem sogenannten “Geheimbuch”, konnte Groth als Architekt eines weiteren Kirchenbaus in Jerusalem identifiziert werden. Parallel zu seiner Aufgabe am Muristan versuchte Johann Ludwig Schneller, der Leiter des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem, Paul Groth für den Bau der Kirche des Syrischen Waisenhauses zu gewinnen. Groth übernahm diese Aufgabe und war sogar für die Bemalungsarbeiten nach Fertigstellung der Kirche verantwortlich. Noch vor Einweihung der Erlöserkirche konnte der Bau der Kirche des Syrischen Waisenhauses abgeschlossen werden.

Die Erlöserkirche wurde am 31. Oktober 1898 von Kaiser Wilhelm II. und seiner Gattin Auguste Victoria eingeweiht. Zu dieser Zeit fungierte Groth auch als Vorsitzender des Zweigvereins des „Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas“ in Jerusalem.

Er kehrte im Jahre 1899 nach Deutschland zurück und wurde in Hannover Kreisbauinspektor. In seinem Engagement für das Heilige Land ließ er aber nicht nach. Auf Bitten des Jerusalemsvereins zu Berlin begann Groth mit der Planung einer Kirche für die evangelische Gemeinde von Jaffa. Er fertigte 312 detailreiche Zeichnungen an, für die er jedoch kein Honorar verlangte. Nach der Einweihung in Jaffa im Jahre 1904 sorgte er auch für die Entwürfe der Innenmalereien, die 1907 angebracht wurden. Von Hannover zog Groth nach Halberstadt und arbeitete dort bis zu seiner Pensionierung. Er blieb bis zu seinem Lebensende in Kontakt mit der deutschen Gemeinde in Jerusalem. Paul Groth starb im hohen Alter in der DDR im Jahre 1955.