„Finissage“ zur Bibelausstellung in Kirchentellinsfurt

24. Juli 2024 | | ,


Bis Sonntag, 21. Juli 2024, war im Museum im Großen Schloss in Kirchentellinsfurt die Bibelsammlung des ortsansässigen Sammlers Walter Tiedemann zu sehen, die Bibeln aus verschiedenen Jahrhunderten mit zum Teil hochwertigen Illustrationen umfasst. Die imposante Sammlung füllte zwei Räume und der Kirchentellinsfurter Bürgermeister Bernd Haug ließ es sich nicht nehmen, die Ausstellung mit einem Vortrag zu würdigen. Dieser fand am 17. Juli statt und schloss mit einer kleinen Führung ab. Der Vortrag beschäftigte sich mit der Bibel als Buch der Bücher und beleuchtete zunächst die aufwändige Herstellung von Büchern, Farben und Tinten im Mittelalter. Auch wenn die Codices im Vergleich zu den Rotuli wesentlich besser zu lesen und aufzubewahren waren, so mussten die Pergamentblätter doch in mehreren Arbeitsschritten hergestellt, die Lagen gefaltet, die Bindung hergestellt, die Texte abgeschrieben, die Illustrationen angefertigt und schließlich die Schließen und Buckel für die Lagerung der Bücher angefertigt werden. Alle 18 vorlutherischen Bibeln wurden noch auf diese Weise hergestellt, und zwar in den verschiedenen Sprachen des deutschen Sprachraums. Es war daher ein mediales Ereignis, als Johannes Gutenberg 1455 den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfand und damit das Verfahren des Bibeldrucks erheblich beschleunigte. Darüber hinaus war es das Verdienst Martin Luthers, mit seiner Bibelübersetzung eine deutsche Sprache gefunden zu haben, die in allen Landesteilen gleichermaßen verstanden wurde, um die Bibel möglichst vielen Menschen in Nord und Süd, West und Ost zugänglich zu machen. Die erste Bibel für Württemberg schließlich wurde 1564 von Sigmund Feyerabend, Georg Rab und Weygand Hanen Erben in Frankfurt gedruckt, mit dem Brustbild des Herzogs und insgesamt 134 handkolorierten Holzschnitten, die im Original nur 11 x 15,5 cm groß waren. Besonders der Detailreichtum der Darstellungen, in denen oft mehrere Szenen einer biblischen Geschichte zum besseren Verständnis des Textes in einem Bild zusammengefasst sind, zeugt von der hohen Kunstfertigkeit der beteiligten Formschneider. Martin Luther versah seine Bibeln noch zu Lebzeiten mit Randglossen zu Vergleichsstellen oder zur Einfügung von Illustrationen, ein Verfahren, das sich nach und nach verselbständigte, so dass auch später gedruckte Bibeln noch Randglossen aufweisen, wie zwei Bibeln aus dem 18. Jahrhundert in der Ausstellung zeigten.

Tumlinger (Predigt-)Nachlass von Pfarrer Erich Roller (1902-1975) nun recherchier- und nutzbar

17. Juli 2024 | |

Fast ein Jahr nach dem Ende meines Freiwilligen Sozialen Jahres hatte ich nun die Möglichkeit, für ein zweiwöchiges Praktikum ins Landeskirchliche Archiv Stuttgart zurückzukehren. Es ist schön, wieder im Archiv zu sein, alte Kolleginnen und Kollegen wiederzusehen und neue Gesichter kennenzulernen. Es war interessant zu sehen, was sich in der kurzen Zeit alles verändert hat oder wie hoch der Erweiterungsbau inzwischen ist.

Diesmal galt es zunächst, den Nachlass von Pfarrer Erich Roller (1902-1975) zu erfassen. Dieser Nachlass mit der Bestandssignatur D 189 besteht hauptsächlich aus Predigten aus seiner Studien- und Vikarszeit sowie aus seiner ersten Station als frischgebackener Pfarrer in Tumlingen (1928-1936). So besteht der kleine Bestand hauptsächlich aus Predigten, wie z.B. die Predigt zur Einweihung der neuen Kirche in Tumlingen-Hörschweiler vom August 1929 (D 189, Nr. 1).

Außerdem ist ein Lebenslauf seines Urgroßvaters mütterlicherseits, Pfarrer Mag. Ludwig Friedrich Schmid (1798-1860; zuletzt Pfarrer in Neuffen), enthalten (D 189, Nr. 10) sowie ein Dokument über die Ausbildung künftiger Wehrmachtspfarrer (D 189, Nr. 11).

Der Bestand umfasst 19 Signaturen, eine Laufzeit von 1923 bis 1942 und einen Umfang von 0,2 lfd. m. Die Erschließungsdaten ist mittlerweile in unserer Online-Suche recherchierbar, die Akten selbst können in unserem Lesesaal eingesehen werden.

Pfarrer Adolf Schreiber (1894-1945), ein Mann mit zwei Gesichtern

10. Juli 2024 | |

Adolf Schreiber, LKAS

Was macht den 1894 in Urach (heute Bad Urach) geborenen und späteren Pfarrer Adolf Schreiber zu einer hochinteressanten Person? Ist es der Fakt, dass er 1933 in die NSDAP eintrat, der dass er 1943 bei der Bombardierung Mühlhausens der dortige Stadtpfarrer war oder doch der, dass er im Dezember desselben Jahres das jüdische Paar Krakauer bei sich im Pfarrhaus von Mühlhausen für einige Zeit aufnahm und versteckte?

Klasse des niederen theologischen Seminars Maulbronn, LKAS

Gustav Adolf Schreiber wurde als Sohn des Pfarrers Paul Schreiber geboren und schlug bereits vor dem Ersten Weltkrieg dieselbe Laufbahn ein, unterbrach sein Studium der Theologie aber, um seinen Dienst im ersten Weltkrieg zu leisten. Er wurde vier Mal verwundet und ausgezeichnet. Schreiber setzte nach dem Krieg sein Studium fort und wurde nach mehreren kleineren Stationen im Jahre 1931 Pfarrer in Onolzheim. Bereits hier in seiner ersten Stelle zeigte sich seine Gespaltenheit gegenüber der Hitlerbewegung, da er einerseits als pflichtbewusster Ex-Soldat Deutschland an die erste Stelle stellte und das neue Nationalbewusstsein begrüßte, andererseits aber bereits 1933 die Bewegung der Deutschen Christen als suspekt ansah. Er trat aus ihr aus, nicht zuletzt, weil für ihn die Ideen der „Glaubensbewegung“, wie z.B. die Entfernung des Alten Testaments aus der Bibel, unerträglich waren. Schreiber engagierte sich zunächst in der Partei und in der NSV (NS-Volkswohlfahrt), legte diese Ämter aber 1936 nieder. In seinem Brief an Rudolf Heß (1934) lassen sich Brüche mit der Partei erkennen, da ihm beispielsweise die bereits im Vorjahr beantragte NSDAP-Mitgliedskarte auf Gauebene verweigert wurde; Grund für diese Benachteiligung war seiner Meinung nach sein oben erwähnter Austritt aus den „Deutschen Christen“.

Max und Karoline Krakauer

Schreibers nun beginnende Auseinandersetzung mit der Partei wurde vor allem auf dem Rücken seiner Kinder ausgetragen, denn seine lokalen Gegner waren zwei Lehrer und ein SA-Mann, die z.B. seine Briefe an diese Lehrer ungeöffnet zurückgaben, was auch zu einer Anzeige gegen Schreiber wegen eines ungelesenen Schulbefreiungsgesuchs führte. 1939 wurde er von Onolzheim nach S-Mühlhausen versetzt, wo er bis zu seinem Tod blieb.

Der endgültige Bruch erfolgte 1941 mit der Beschlagnahme des Theologischen Seminars Maulbronn, an dem sein Sohn studierte, und der damit verbundenen kritischen Beobachtung und Kommentierung des Kriegsgeschehens und des Zeitgeschehens. Die endgültige Grenze der Legalität wurde, wenn nicht schon vorher, dann durch die Beteiligung der Pfarrhauskette erreicht, als sie in der Vorweihnachtszeit 1943 das jüdische Ehepaar Max und Karoline Krakauer für eine Woche bei sich aufnahmen und damit Leib und Leben riskierten. Bis zu seinem Tod 1945 blieb er kritisch und mutig.

Der Nachlass Adolf Schreibers ist heute unter der Signatur D9 verzeichnet und umfasst 70 Verzeichnungseinheiten auf 0,3 lfm. und hat eine Gesamtlaufzeit von 1936 bis 1945.

Das Inventar kann hier eingesehen werden: http://suche.archiv.elk-wue.de/actaproweb/document/Best_338b7a1f-a833-4a00-bcf6-b6a012a55de7

Ortsfamilienbuch Eglosheim erschienen

3. Juli 2024 | |

Am Freitag vergangene Woche übergaben das Ehepaar Walter und Doris Salzer Belegexemplare des von ihnen erstellten Ortsfamilienbuches von Eglosheim (1660-1875). Das Landeskirchliche Archiv hatte Kopien der Mikroverfilmungen der Kirchenbücher zu diesem Zweck leihweise zur Verfügung gestellt. Ortsfamilienbücher sind personengeschichtliche Sekundärquellen, die anhand der Einträge in den Kirchenregistern erstellt werden. Die Informationen zu den Familien werden zusammengeführt und Querverweise erstellt. Die Erstellung erfolgt rechnergestützt mit Genealogieprogrammen. Für Familienforscher und Familienforscherinnen bedeutet es eine erhebliche Erleichterung ihrer Recherchen, wenn sie auf ein solches Ortsfamilienbuch zurückgreifen können.