4. Dezember 2024 | Heinrich Löber | Bestand
Christian Gottlob Mann (1820-1891) war kein Pfarrer. Der gebürtige Horrheimer begab sich nach einer Glaserlehre auf eine dreijährige Wanderschaft (1839-1842), die ihn unter anderem durch den Nordschwarzwald und nach Pforzheim führte.
Anschließend besuchte Mann sechs Jahre lang die Evangelistenschule “Zur Hoffnung” von Ernst Joseph Gustav de Valenti in Bern. Diese Zeit scheint ihn in seiner Frömmigkeit und Glaubenslehre geprägt zu haben. 1848 legte Mann schließlich die Dienstprüfung als Lehrergehilfe ab. Anschließend war er als Unterlehrer in seinem Heimatort Horrheim tätig. Danach wurde er Schulmeister in Hohenklingen (1854-1859) und schließlich für drei Jahrzehnte in Schützingen (1860-1890).
1855 heiratete er Wilhelmine Katharine Höschele aus Gerlingen. Am 3. Juli 1891 starb Christian Mann in Waiblingen.
Der kleine, aber feine Nachlass wurde im April 2012 von Anna Spiesberger (Nr. 1-5) und im September 2024 von Heinrich Löber (Nr. 6-8) nacherschlossen. Auslöser waren die vier gebundenen Autographenbände, die dem Archiv mit Schenkungserklärung vom 21. November 2021 von einem Urenkel Christian Manns übergeben wurden.
Die zu einem Nachlass formierten Dokumente enthalten vor allem Reden in Gedichtform, aber auch Korrespondenz und Liedtexte. Darüber hinaus sind die genannten vier Bände mit “Betrachtungen” zu Büchern des Neuen Testaments sowie Predigten und ‘Morgenstunden’ aus Manns Zeit an der Predigerschule Dr. de Valenti in Bern überliefert.
Ein Fragment eines Ermahnungsgedichtes (undatiert; LKAS, D 58, Nr. 1) lässt seine von der Evangelistenschule geprägte Frömmigkeit erkennen:
Gott sagt:
Glaube! Denn ich kann retten.
Rufe! Denn du sollst beten.
Hoffe! Denn darfst trauen.
Warte, denn du wirst sehen.
Lob …
Der Bestand umfasst acht Akten in 0,2 lfm mit einer Gesamtlaufzeit von 1841 bis zum Todesjahr. Die Erschließungsdaten sind online recherchierbar , die Akten selbst können in unserem Lesesaal eingesehen werden.
Das Pfarrarchiv Schützingen befindet sich ebenfalls im Landeskirchlichen Archiv.
21. August 2024 | Andreas Butz | Aktenfund
Welche Macht Bauern auch heute noch haben, wissen wir spätestens seit den landwirtschaftlichen Protesten im Winter 2023/2024. Außerdem ist dem Thema 500 Jahre Bauernkrieg die kommende Große Landesausstellung Baden-Württemberg gewidmet.
Unser Archiv verwahrt keine zeitgenössischen Quellen zum Deutschen Bauernkrieg (1524-1526), obwohl das historische Großereignis in Südwestdeutschland einen seiner Schwerpunkte hatte. Die im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart verwahrte Überlieferung beginnt erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Es wird angenommen, dass diese Revolution des gemeinen Mannes eine Verbindung zur der gleichzeitigen Verbreitung reformatorischen Gedankenguts, insbesondere der lutherischen Lehre habe. Eine solche pauschale Aussage greift sicherlich zu kurz. Martin Luther und der württembergische Reformator Johannes Brenz haben sich in deutlichen Worten gegen den Aufstand der Bauern ausgesprochen. Andererseits war es Luther, der die Autorität der Kirche und damit auch die gesellschaftliche Ordnung in Frage gestellt hatte. In den zwölf Artikeln, der Programmschrift der Bauern, wurde unter anderem auch die freie Pfarrerwahl, wie auch die “Predigt des lauteren Evangeliums” gefordert. Wir sind im Rahmen unserer archivischen Erschließung auf einen Hinweis einer solchen Verbindung zwischen Reformation und Bauernkrieg gestoßen.
Wie sich der Chronik von Schützingen in dem bei uns verwahrten Pfarrarchiv von Schützingen entnehmen lässt, war dort der lutherisch gesinnte Pfarrer auf Seiten der Aufständischen aktiv und wurde von der Obrigkeit dafür mit dem Tode bestraft. In der Chronik, die um 1934 von Pfarrer Gotthilf Gammertsfelder verfasst wurde, heißt es:
1525 wird ein Pfarrer von Schützingen von den Vaihingern gefangen genommen; der Schwäb[ische] Bund gibt am 30. Mai , den Befehl, den Pfarrer zu Schützingen, dieweilen er gleichermaßen der lutherischen Faktion anhängig, und sich unterstanden, unter dem gemeinen Volk Aufruhr und Empörung zu erwecken. Daß sie selbigen in einem Wald an einen dürren Ast binden und hängen lassen.
Die in der Chronik genannte, aber nicht exakt angegebene Quelle dieser Nachricht ist der Verhaftungs- und Hinrichtungsbefehl des Schwäbischen Bundes an die Regierung in Württemberg vom 31.5.1525, der im Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Bestand H 54, Büschel 16, Nr. 22 aufbewahrt wird. Dort finden sich folgende drei Befehle (veröffentlicht in: Der Bauernkrieg im deutschen Südwesten, Stuttgart 1975, S. 105):
1. den Pfarrer Dr. Gall von Tübingen wegen Predigten, die sich gegen die Obrigkeiten richteten, auf der Burg Hohenurach gefangen zu setzen,
2. den Franz Gigelin von Stuttgart, der in Tübingen gefangen liegt, wegen Zuneigung zur lutherischen Lehre und Anhängerschaft an Herzog Ulrich unter Folter befragen und dann richten zu lassen,
3. den Pfarrer von Schützingen, weil er gleichermaßen der lutherischen Faktion anhängig und sich unterstanden, unter dem gemeinen Volk Aufruhr und Empörung zu erwecken, in einem Wald an einen dürren Ast binden und hängen zu lassen.
Die Information, dass der Pfarrer von den Vaihingern gefangen genommen wurde, hat Pfarrer Gammertsfelder einer anderen Akte in demselben Bestand entnommen. Dort (HSTAS, H 54, Büschel 7,2) heißt es nämlich:
17) Der Schultheiß von Vaihingen berichtet über die anbefohlene Festnahme des Pfarrers zu Schützingen. Dem Schultheiß wird von der Regierung aufgegeben, den Gefangenen nach Tübingen einzuliefern, 20. Mai 1525
Wie wir gesehen haben, kann davon ausgegangen werden, dass die lutherische Lehre tatsächlich einen Einfluss auf das Entstehen der großen Aufstandsbewegung hatte. Nicht nur der Pfarrer von Schützingen, auf den wir über die Chronik im Schützinger Pfarrarchiv aufmerksam wurden, hat sich den Aufständischen angeschlossen und wurde hingerichtet. Beim Hinzuziehen der Originalquelle stellte sich heraus, dass dort auch über einen anderen Pfarrer und einen anderen Anhänger des Luthertums geurteilt wurde.
Die Chronik von Schützingen im Pfarrarchiv Schützingen finden Sie als Digitalisat hier.
Beitragsbild: LKAS, G 433, Evangelisches Pfarramt Schützingen, Nr. 73 (Chronik der Gemeinde Schützingen)
24. April 2023 | Andreas Butz | Veranstaltung
Am 21. April lud die Evangelische Kirchengemeinde Schützingen zu einem Findbuchabend in die Ulrichskirche ein. Auf Anregung der Kirchengemeinde war das Pfarrarchiv verzeichnet worden. Für die Erschließung konnte die Doktorandin Regina Fürsich, Mitarbeiterin am Historischen Institut, Abteilung Landesgeschichte der Universität Stuttgart gewonnen werden. Mitglieder der Kirchengemeinde unterstützten die Finanzierung des Projektes. Die Erschließung des Pfarrarchivs sollte ein bleibender Beitrag für das Ortsjubiläum sein, feiert Schützingen doch im Jahr 2023 das 1000-Jahrfest seiner urkundlichen Ersterwähnung (1023) mit einem vielfältigen Programm. Der Findbuchabend in der mit wunderschönen, farbigen mittelalterlichen Fresken bemalten Ulrichskirche fand im Rahmen dieses Festprogrammes statt. Die einzelnen Programmpunkte des Abends wurden von stimmungsvoller Orgelmusik eingerahmt. Bürgermeister Armin Piocha würdigte in seiner Ansprache das Findbuchprojekt der Kirchengemeinde. Vom Landeskirchlichen Archiv stellte der Sprengelarchivar Dr. Andreas Butz, der die Verzeichnung redaktionell begleitet hatte, die Arbeit des Landeskirchen Archivs mit einem Kurzvortrag vor. Bei der danach erfolgten Überreichung des Findbuches an die Kirchengemeinde wurde der Kirchengemeinde für ihr Engagement gedankt und der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass das Inventar von Interessierten eifrig genutzt werde. Regina Fürsich stellte dann in ihrem spannenden Vortrag “Die Pfarrer der Kirchengemeinde Schützingen. Anekdoten und Schlaglichter aus 1000 Jahren Geschichte” die Aufgaben der Pfarrer im Lauf der Jahrhunderte anhand von Beispielen vor. Bei einem Stehempfang im Anschluss bot sich Gelegenheit zum anregenden Gespräch bei leckerer Bewirtung vom Frauenfrühstückkreis und mit dem Jubiläumswein, den das Weingut Zaiss für das runde Jahrtausend urkundlicher Ersterwähnung kreiert hatte.
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Dr. Andreas Butz überrreicht Pfarrerin Sigrid Telian und Mitgliedern des Kirchengemeinderats das Findbuch des Pfarrarchivs
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Pfarrerin Telian bedankt sich bei Regina Fürsich für den Abendvortrag
11. Januar 2022 | Andreas Butz | Bestand
In den Pfarrarchiven findet sich oft eine serielle Quelle, die den Zeitraum ab dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der Laufzeit der pfarramtlichen Überlieferung abdeckt: die Amtskalender. Dort trugen die Pfarrer der Kirchengemeinden stichpunktartig und mehr oder weniger durchgehend bestimmte Termine ein, die sich aus ihrem Aufgabenbereich ergaben. Eine große inhaltliche Ausführlichkeit bietet die Quelle nicht. Sie bietet die Möglichkeit entweder punktuell auf bestimmte Tage oder Wochen zuzugreifen oder längere Zeiträume zu vergleichen.
Die Amtskalender haben sich im Laufe der letzten anderthalb Jahrhunderte rein äußerlich verändert. Den Anfang machte man mit staatlichen württembergischen Kalendern in handlichem Oktav-Format, die in ihrem vorgedrucktem Inhalt im Wesentlichen mit Hinweisen zum agrarischen Jahreszyklus durch die jeweiligen Jahre führten. Dazu gab es noch Anekdoten und nützliche Information, wie etwa Termine der Märkte, die im jeweiligen Monat im Königreich Württemberg stattfanden. Ab 1871 druckte die Landeskirche selber Amtskalender. Damit war die Möglichkeit gegeben, die Pfarrer gezielt durch das Jahr zu führen. Dies geschah durch Hinweise auf den kirchlichen Jahreslauf mit Feiertagen und Gedenktagen. Auch war nun mehr Platz für die Eintragungen geboten, da das Format des Kalenders vergrößert wurde. Im großen und ganzen blieb man bei dieser Gestaltung bis heute, auch wenn der Einband heute nicht mehr schwarz sondern blau ist.
Die abgebildeten Kalender wurden dem Pfarrarchiv Schützingen entnommen, das derzeit verzeichnet wird.
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Königlich württembergischer Kalender 1826
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Amtskalender 1893
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Amtskalender 1962
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