Teil II der quellenkundlichen Serie über die Kirchenkonventsprotokolle: Üble Nachrede und verdächtiger Umgang

10. August 2020 | |

Wenn die gesetzte Ordnung prinzipiell in Frage gestellt wurde bzw. das Thema der Ehre ins Spiel kam, war mit den Richtern nicht zu spaßen. Fluchen/Schwören waren damals Gottes- und Obrigkeitslästerung. Klagen wegen angeblicher Hexerei, Diebstahl, Schimpfwörtern und falschen Gerüchten betrafen die Ehre. Da wurde der Kirchenkonvent als Instanz zur Wiederherstellung der Ehre genutzt.
In der Frühen Neuzeit wurde die Ehre einer Person und seine Stellung innerhalb der Gesellschaft durch Herkunft, Vermögen und Leumund festgelegt. So entstand eine Form des sozialen Kapitals, das gerade für Frauen eine spezifische Bedeutung im Bereich der Sexualität bekam. Durch die familiäre Einbindung jeder Frau waren auch die übrigen Familienmitglieder, also auch die Ehemänner, betroffen. Wie aus der Sichtung der Protokolle erkennbar ist, kam es nicht selten vor, dass Frauen von Angehörigen ihres eigenen Geschlechts der Hexerei, des schlechten Umgangs, der Liederlichkeit bezichtigt und mit Schimpfwörtern wie Hure belegt. Dahinter steckte wohl oft Neid: ein Mechanismus, der bis in die Gegenwart anhält.
Die Kirchenkonvente gingen solchen Anschuldigungen nach und befragten Zeugen, um ein genaues Bild der jeweiligen Angelegenheit zu gewinnen. Sie versuchten vor allem im Fall des Vorwurfs der Hexerei, den Vorwurf zu entkräften und als böses Geschwätz zu enttarnen. Es ging darum, deutlich zu machen, dass es keine Hexerei gibt und damit auch keine Hexen. Ziel der Bestrafung war immer die Versöhnung der Parteien, um den Frieden wiederherzustellen. Bestraft wurde mit öffentlichen Widerrufen und Entschuldigungen, Geld- und Gefängnisstrafen und im Fall von übler Nachrede mit „auf das eigene Maul schlagen“.
Am 14. März 1731 wurde Anna Maria Hiller wegen der Untersuchung einer Verleumdungsangelegenheit vor den Konvent gerufen. Sie hatte angegeben, dass Appolonia Clauß überall behauptete, dass die Katze des Ehepaars Hiller ihnen von Laichingen bis über Ulm hinaus gefolgt sei. Daher wurde Anna Maria Hiller vor den Kirchenkonvent in Laichingen zitiert. Anna Maria Hillers Zeuge, Walter Franck, belastete jedoch Appolonia Clauß und ihre Schwester Margaretha Koch schwer. Am Ende gestand Margaretha Koch, die Geschichte erfunden zu haben. Margaretha Koch bekam folgende Strafe: sie soll 3-mal um den „Trill“ (Drehkreuz am Dorfeingang) geführt werden, eine viertel Stunde dabei stehen bleiben, und als dann bis auf den Abend in das Zuchthäußle (Dorfarrest) gelegt werden. Sie musste Anna Maria Hiller die Hand geben, sich selbst auf den Mund schlagen, und Anna Maria Hiller vor dem ganzen Kirchenkonvent für ehrlich bezeugen (Kirchenkonventsprotokolle Laichingen 1726-1730, 14.3.1731).

Beitragsbild: Verhandlung über Anna Maria Hiller vor dem Kirchenkonvent in Laichingen am 14.3.1731.

Siehe hier die Einführung in die Serie über die Kirchenkonventsprotokolle.

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