„Er verfügte über ein immenses Wissen und einen tiefsinnigen Humor“. Nachlassunterlagen des früh verstorbenen Pfarrers, Kirchenhistorikers und Autors Dr. Wolfgang Schöllkopf (1958-2024) sind bearbeitet

24. November 2025 | |

So hat die Neu-Ulmer Zeitung am 9. Mai 2024 ihren Nachruf auf Pfarrer Dr. habil. Wolfgang Schöllkopf überschrieben und damit seine Persönlichkeit treffend gewürdigt.

Wolfgang Schöllkopf war nur ein kurzer Ruhestand vergönnt. Er wurde 2023 emeritiert und verstarb am 5. Mai 2024 in Ulm. Sein Kalender und die vorgefundenen Veranstaltungsflyer zeugen davon, dass er noch viel vorhatte und erreichen wollte. Zeit seines Lebens interessierte sich Schöllkopf für Geschichte und arbeitete historisch. Vor allem die württembergische Kirchengeschichte und die Geschichte des Evangelischen Stifts Tübingen haben ihn gefesselt. Bereits als Seminarist arbeitete er geschichtlich. So ist im Nachlass eine Seminararbeit aus Schöntal mit dem Titel „Die Orgel und der Orgelprospekt in der Kirche zu Jagsthausen” überliefert, die er im Alter von 17 Jahren im Jahr 1975 verfasste (EABW, D 192, Nr. 48).

Er konnte seine Leidenschaft für (Kirchen)Geschichte nicht nur im Studium umsetzen, als er in Münster beim Kirchenhistoriker Martin Brecht (1932–2021) studentische Hilfskraft war, sondern auch in seinem gesamten beruflichen Lebensweg: 1985 wurde er Repetent im Stift Tübingen und konnte das 450-jährige Stiftsjubiläum maßgeblich kuratieren sowie das Stiftsarchiv auswerten. Im darauffolgenden Jahr begann er den Gemeindedienst als Pfarrverweser in Nürtingen-Enzenhart und war 1988 Studentenpfarrer an der FH. 1991 wurde er gemeinsam mit seiner Ehefrau als Pfarrer in Bitz eingeführt, 1998 belegte er das Jugendpfarramt in Ulm und 2004 wurde er Sonderpfarrer für Jugendarbeit in der Prälatur Ulm. 2006 nahm er Vertretungsdienste in den Dekanaten Ulm und Blaubeuren wahr und 2007 arbeitete er als Dienstaushilfe in Stuttgart-Weilimdorf. 2008 wurde er zum Landeskirchlichen Beauftragten für Landeskirchengeschichte ernannt, 2010 zudem zum Pfarrer und Studienleiter am Einkehrhaus Stift Urach II.
In dieser Zeit trat Schöllkopf mit wissenschaftlichen Vorträgen, Arbeiten, Führungen und Ausstellungen in Erscheinung.

Seit seinem Studium war er mit Martin Brecht freundschaftlich verbunden. Davon zeugen die zahlreich überlieferten Briefe. Auch seine Vernetzung mit Wissenschaftlern, politischen Größen und anderen Persönlichkeiten ist dem Nachlass zu entnehmen. Bei ihm hat er 1998 mit einer Arbeit über den württembergischen Pietisten Johann Reinhard Hedinger promoviert.

Darüber und weit darüber hinaus geben Schöllkopfs Nachlassunterlagen ein beredtes Zeugnis ab. Der Bestand mit der Signatur D 192 umfasst 133 Akten mit einem Umfang von einem Laufmeter und einer Laufzeit von 1860 bis 1862, 1958, 1974 bis 2024. Die Erschließungsdaten sind online recherchierbar und die Akten selbst sind nach einem Antrag auf Schutzfristenverkürzung in unserem Lesesaal einsehbar.

 

Beitragsbild: Wolfgang Schöllkopf als Tübinger Stiftsarchivar (1986) [D 192, Nr. 133]. Mit freundlicher Genehmigung des Fotografen Stephan Zenke (Reutlingen).

Literaturverzeichnis über die GND.

„Quellen aus dem Pfarrarchiv machen Geschichte lebendig.“ Eine Veranstaltung der Evangelischen Kirchengemeinde Amstetten und des Evangelischen Archivs Baden und Württemberg zum 750jährigen Jubiläum der Gemeinde Amstetten am 5. November 2025 in Amstetten-Dorf

20. November 2025 | | , ,

In diesem Jahr feiern viele bürgerliche Gemeinden ihre urkundliche Erstnennung vor 750 Jahren. Dieses Jubiläum verdanken sie ihren Pfarreien, die im Zehntbuch des damaligen Bistums Konstanz (Liber decimationis) namentlich aufgelistet und zur Abgabe eines Kreuzzugszehnten veranschlagt wurden. So auch die Gemeinde Amstetten auf der Ostalb am Rande des Alb-Donau-Kreises, in der die Reichsstadt Ulm im Jahr 1531 die Reformation einführte. Wie die pfarramtlichen Archivalien bezeugen, prägte die evangelische Kirche bis weit in das 20. Jahrhundert hinein das Gemeindeleben, die Identität und die Mentalität der Bürgerinnen und Bürger Amstettens wesentlich mit. Grund genug für die Kirchengemeinde, mit einem Beitrag die Bedeutung der Ortskirchengeschichte für die Geschichte der Gemeinde wieder ins allgemeine Bewusstsein zu rufen und sich mit einer eigenen Veranstaltung in die Jubiläumsfeierlichkeiten einzubringen.

Sophia Mellili bei ihrem Vortrag. Foto: EABW

Im Hinblick auf das Jubiläum hatte die Kirchengemeinde zunächst das Evangelische Archiv Baden und Württemberg mit der Archivierung ihres Archivs und der Erstellung eines Archivinventars beauftragt, denn das Pfarrarchiv ist das Gedächtnis einer Kirchengemeinde. Das von Sophia Melilli verfasste Findbuch wurde auf der Website des Landeskirchlichen Archivs veröffentlicht. Somit können sich Forschende vom heimischen PC aus einen Überblick über die pfarramtlichen Archivalien Amstettens verschaffen, die im Lesesaal des Evangelischen Archivs ausgewertet werden können oder sogar als Digitalisate im Internet verfügbar sind. Für die Jubiläumsveranstaltung sollten dann Quellen vorgestellt werden, die die Grundlage für die Rekonstruktion der Ortsgeschichte bilden und besondere Einblicke in das kirchliche und kommunale Leben Amstettens vermitteln. Unter dem Motto „Quellen aus dem Pfarrarchiv machen Geschichte lebendig” lud die Kirchengemeinde am 5. November 2025 zu einer Veranstaltung ein. Dieser Einladung folgten ca. 50 historisch interessierte Amstetterinnen und Amstetter ins Kulturhaus Amstetten-Dorf. Für die inhaltliche Ausgestaltung hatte die Kirchengemeinde das Evangelische Archiv Baden und Württemberg gebeten.

Birgitta Häberer bei ihrem Vortrag. Foto: EABW

Pfarrer Frederik Seeger eröffnete den Abend. Er hieß alle Gäste herzlich willkommen und bedankte sich für ihr Interesse an der Ortskirchengeschichte.
Im ersten Vortrag wurden wichtige Ereignisse und Strukturen der Amstettener Ortsgeschichte seit der Ersterwähnung vorgestellt. Ralf Oettle beschrieb den Ablauf der Reformation im Ulmer Land und in Amstetten. Er hob die besondere Bedeutung der Landwirtschaft für die Entstehung der dörflichen Gemeinschaft und die Gestaltung des kirchlichen Lebens hervor.
Wie allgemein bekannt, sind Kirchenbücher für die Genealogie und Familienforschung eine unersetzbare Quelle. Deshalb wurden die württembergischen und badischen Kirchenbücher digitalisiert und sind auf dem Kirchenbuchportal Archion verfügbar.. Demzufolge bildete die Gattungsgeschichte der Amstettener Kirchenregister von 1600 bis zu ihrer Formalisierung im 19. Jahrhundert einen Schwerpunkt im nächsten Vortrag von Birgitta Häberer. Dass Kirchenbücher darüber hinaus noch eine Vielzahl an anderen wertvollen Informationen für die Ortsgeschichte überliefern können, veranschaulichte ihr zweiter Schwerpunkt anhand ausgewählter Beispiele zu den Themenbereichen Krieg, Frieden, Seuchen/Krankheiten und Migration. So finden sich in den Amstettener Kirchenbüchern beispielsweise Einträge über die Bestattung ausländischer Soldaten und von Pfarrern verfasste Kurzbiografien von Dorfbewohnern.

Kirche von Amstetten. Foto: Evangelische Kirchengemeinde Amstetten

Wie ergiebig Pfarrberichte für die Rekonstruktion des Alltags und der Lebenswelt einer Kirchengemeinde im 19. und 20. Jahrhundert sein können, wurde in den letzten beiden Vorträgen aufgezeigt. Pfarrberichte sind von den Pfarrern zur Vorbereitung einer Visitation der Pfarrei durch den Dekan verfasst worden. Aus der Sicht des Geistlichen wurde das kommunale und kirchliche Leben seiner Gemeinde ausführlich beschrieben. Wegen ihres hohen Quellenwertes wurden die württembergischen Pfarrberichte digitalisiert und auf der Website des Evangelischen Archives Baden und Württemberg veröffentlicht. Die Amstettener Pfarrberichte sind mit großer Sorgfalt geschrieben worden:

Der Vortrag von Sophia Melilli befasste sich mit dem kirchlichen Leben an der Heimatfront während des Ersten Weltkriegs. So kam die Gemeinde beispielsweise vor der Abkommandierung der eingezogenen Soldaten zum Gottesdienst zusammen und es wurden regelmäßig Kriegsgebetstunden für die Kämpfenden an der Frontlinie gehalten. Pfarrer Hölzle pflegte den Schriftverkehr mit den Soldaten und betreute ihre Familien seelsorgerisch. Darüber hinaus organisierte er mit den Frauen in Amstetten Kleidersammlungen und Spendenaktionen und warb in patriotischer Gesinnung für die Beteiligung der Kirchengemeinde an den Kriegsanleihen. Ihm fiel auch die Aufgabe zu, den Hinterbliebenen von Gefallenen die königlichen bzw. kaiserlichen Gedenkblätter zu überbringen.

Vortrag von Dr. Bertram Fink. Foto: EABW

Hauptgegenstand des Vortrags von Bertram Fink war die unterschiedliche Entwicklung der Amstettener Ortsteile Amstetten-Dorf und Amstetten-Bahnhof bis zum Bau der Friedenskirche in Amstetten-Bahnhof im Jahr 1966.
Während Amstetten-Dorf bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts an den kirchlichen Traditionen einer bäuerlichen Gemeinde festhielt, setzte in Amstetten-Bahnhof seit dem Ende des 19. Jahrhunderts – begünstigt durch die verkehrsgünstige Lage – die Industrialisierung ein. Es entstand eine Arbeiterwohngemeinde mit einer säkularen Freizeitkultur. Trotz aller offensichtlichen Gegensätze beider Ortsteile wurde die Gesamtgemeinde durch die evangelische Kirche zusammengehalten. Diese Struktur verlieh der Kirchengemeinde Amstetten ihre individuelle Prägung in der Geschichte.

Nach den Vorträgen blieb noch etwas Zeit für Fragen an die Referentinnen und Referenten. Dabei zeigte sich, dass die Besucherinnen und Besucher den Beiträgen mit großem Interesse gefolgt waren. Daher darf zu Recht angenommen werden, dass die Bedeutung der evangelischen Kirche als Mitgestalterin der Ortsgeschichte beim Publikum angekommen ist.

 

Wehrpflicht, Losverfahren und Einstandsvertrag im Großherzogtum Baden, ein Beispiel von 1814

13. November 2025 | |

Der in die Debatte um einen neuen Wehrdienst gemachte Vorschlag, zur Auswahl von Wehrdienstleistenden ein Losverfahren einzuführen, greift ein Verfahren auf, dass bereits vor über 200 Jahren angewandt wurde. So auch im Großherzogtum Baden, wo ein Ausgeloster jedoch die Möglichkeit hatte, einen Einsteher zu benennen, der für ihn den Militärdienst übernahm. So geschehen im Falle des Michel Hermanns (1791-1859)[1] und seines Einstehers Sebastian Töchterle (1786-1860)[2] in Oberwolfach im badischen Schwarzwald.

Bei meiner Recherche zu dem aus Schwaz in Tirol stammenden, ab ca. 1773 in Oberwolfach im damaligen Fürstentum Fürstenberg tätigen Bergmann Anton Töchterle [3] bin ich im Generallandesarchiv Karlsruhe auf den Einstandsvertrags seines Sohnes Sebastian Töchterle von 1814 gestoßen.[4] Laut diesem Vertrag (Transkription weiter unten) verpflichtete sich Sebastian Töchterle, anstelle des Michel Hermanns den Militärdienst anzutreten, falls dieser dafür ausgelost wurde, was auch laut Nachtrag vom 25. Februar 1814 geschah.[5]

Bildquelle: Knötel, Richard: Uniformenkunde. Band 4. Rathenow 1893, Nr. 57 (Digitalisat von: http://regiment-index.de/2_6_0101-12_proindx.html#bad).

Nach Einführung der Wehrpflicht im Großherzogtum Baden war es für durch das Los ausgewählte Wehrpflichtige möglich, nicht selbst den Militärdienst zu leisten, sondern einen Einsteher hierfür zu benennen.[6] Die Gegenleistungen, welcher dieser erhielt, wurden in einem Einstandsvertrag genau festgelegt und waren im Falle des Einstandsvertrags zwischen Töchterle und Hermann doch beträchtlich. Aus welchen Gründen war Michel Hermann bereit, diese Gegenleistungen zu entrichten und was motivierte Töchterle dazu, diese Verpflichtung einzugehen? Beides bleibt unbekannt. Möglicherweise war Töchterle in schlechter finanzieller Lage, vielleicht wollte er auch seine Mutter in besserer Versorgung wissen, weshalb er diese Verpflichtung trotz der Risiken, die das Soldatendasein zur damaligen Zeit mit sich brachte, einging. Er erhielt 550 Gulden (fl) und weitere Gegenleistungen, während seiner Mutter auf Lebenszeit gestattet wurde, auf Hermanns Feldern Korn, Gerste und Kartoffeln anzubauen. Hinsichtlich Hermann, damals 22 Jahre alt, lassen die Zeitumstände ebenfalls einen Schluss zu. Das durch Napoleons Gnaden vergrößerte und zum Großherzogtum erhobene Baden musste als Gegenleistung dem französischen Kaiser Truppen für dessen Kriege, die tausende von Opfern forderten, zur Verfügung stellen. Badische Soldaten starben in Norddeutschland, Spanien, Österreich und Russland.[7] Der Wechsel des Großherzogtums auf die Seite der Gegner Napoleons 1813 beendete das Sterben nicht. Baden musste im Zuge der Befreiungskriege sogar mehr Truppen ausheben als zuvor.[8] Im Dezember 1813 wurde in Baden die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.[9] Am 12. Februar 1814 erfolgte zwecks Bildung der Landwehr ein Edikt zur allgemeinen Volksbewaffnung, aufgrund dem alle wehrfähigen Männer im Land erfasst werden sollten. Zwar waren zu dem Zeitpunkt bereits die meisten badischen Regimenter in Richtung Frankreich abmarschiert,[10] jedoch wollte Michel Hermann wohl sicher gehen, dass er nicht zu den nächsten Männern gehörte, die potenziell in den Tod geschickt wurden. Ob Töchterle noch ausmarschieren musste oder nur den Militärdienst im Land abzuleisten hatte, kann nicht gesagt werden. 1814 galt im Großherzogtum noch eine Dienstzeit von zwölf Jahren bei der Artillerie, acht Jahre bei Infanterie und Kavallerie.[11] Mit dem Beitritt zum Deutschen Bund 1815 orientierte sich das badische Militärwesen am preußischen. Die Dienstzeit wurde auf sechs Jahre bei der Infanterie und acht Jahre bei Kavallerie und Artillerie herabgesetzt.[12] Welcher Waffengattung Töchterle angehörte und wie lange er diente, ist nicht bekannt. Bei seiner Hochzeit 1822 ging er bereits wieder seiner erlernten Tätigkeit als Schuhmacher nach.[13]

 

Die Bestimmungen des Einstandsvertrags lauteten wie folgt:

„Einstandsvertrag zwischen Sebastian Töchterle und dem Milizpflichtigen Michel Hermann im Gelbach Stabs Oberwolfach.

1.) Macht Sebastian Töchterle sich verbündlich, für den zum Militärdienst durch das Loos getroffenen Michel Hermann einzustehen und die bestimmte Capitulationszeit [= Dienstzeit] getreulich auszuhalten; dargegen

2.) sichert Michel Hermann dem Einsteher Töchterle eine Kapitalsumme von fünfhundert Gulden zu, welche auf das ihm anfallende Hofguth versichert und jährlich zu 5 Proc[en]t verzünset werden sollen. Nebst diesem erhält Einsteher fünfzig Gulden baar zur Hand; über dieses

3.) verspricht Hermann den Einsteher in sein Haus aufzunehmen und in Kost und Kleidung, gesund oder krank ohnentgeldlich zu unterhalten;[14] auch

4.) berechtiget Hermann des Einstehers Mutter N. N. auf ihre Lebenszeit jährlich 6 Sester Korn, 3 Sester Gersten und 4 Sester Erdäpfel [= Kartoffeln] in das Gerüstefeld und 4 Sester Erdäpfel in das Brandfeld[15] pflanzen zu dörfen.

5.) Hat Einsteher jährlich ein Hemd und ein Paar weiße Hosen, gleich beim Einstand aber ein[e] blaue und ein[e] weiße Hose, ein Paar blaue und weiße Kamaschen, ein Paar Schuh und zwei Hemden zu erhöben. Wenn nun

6.) der Einsteher unter der Zeit mit Tod abgehen würde, ohne über das ihm versicherte Einstandskapital eine leztwillige Erklärung gemacht zu haben, so solle dieses seinen nächsten Verwandten zufallen.

Damit jedoch Michel Hermann an seinem Erbtheil nicht verkürzt und ihm dießhalb kein Hinternüß gemacht werden, so sichert ihm

7.) der Stiefvatter Joseph Summ von seinem eigenen disponiblen [= verfügbaren] Vermögen zweihundert Gulden und sein begütherter Schwager Niklaus Schmider einhundert Gulden als Geschenk zu, die er mit großem Dank anzunehmen erklärt.

Im Fall jedoch

8.) Michel Hermann das Loos zum Militärdienst nicht treffen würde, so solle Döchterle [!] deßen ohnverachtet 30 fl zu beziehen haben.

Zu Bekräftigung dieses Vertrags haben sich die Betheiligten eigenhändig unterschriben.

Wolfach den 14ten Hornung [= Februar] 1814.“[16]

 

Anmerkungen und Quellen

[1] Im Einstandsvertrag wird Michel Hermanns Stiefvater „Joseph Summ“ erwähnt. Am 26. November 1817 heiratete ein Michael Hermann, „künftiger Bauer im Gelbach“, dessen Stiefvater „Joseph Sum“ hieß. Die Braut hieß Anastasia Mayer. Am 12. Januar 1859 starb ein Michael Hermann, „Leibgedinger im Gelbach“, 67 Jahre, drei Monate und 16 Tage alt, er wurde also (rechnerisch) am 27. September 1791 geboren. Seine Ehefrau hieß Anastasia Mayer. Vgl. Generallandesarchiv Karlsruhe (GLAK), Best. 61, Nr. 14823, No. 59, S. 3; Staatsarchiv Freiburg (StAF), L 10, Nr. 6172, E 1817, Bl. 21v (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-498906-241) und StAF, L 10, Nr. 6176, To 1859, S. 460 (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-498910-550). Es kann davon ausgegangen werden, dass sich diese drei Dokumente auf dieselbe Person beziehen

[2] Kirchenbücher Oberwolfach, Mischbuch 1753-1809, Taufregister 1753-1809, ohne Seitenzählung (19.01.1786) und StaF, L 10, Nr. 6176, To 1860, S. 474 (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-498910-578).

[3] Heizmann, Uwe: Eine andere Sicht auf die Geschichte des Bergbaus: Die Biografie des aus Schwaz stammenden und in Einbach (Hausach) und Oberwolfach tätigen Bergmanns Anton Töchterle (1740-1812) als Beispiel sozialhistorischer Auswertungsmöglichkeiten. In: Der Erzgräber 39 (2024), H. 1, S. 55 – 60; Ders.: Die Biografie des aus Schwaz stammenden und in Einbach (Hausach) und Oberwolfach tätigen Bergmanns Anton Töchterle (1740-1812) und seine Familie (18./19. Jahrhundert). In: Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde 42 (2024), S. 193 – 212.

[4] Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 61, Nr. 14823, No. 59.

[5] GLAK, Best. 61, Nr. 14823, No. 59, S. 1.

[6] Fiedler, Siegfried: Das Militärwesen Badens in der Zeit Napoleons. In: Württembergisches Landesmuseum (Hrsg.): Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons. Aufsatzband. Stuttgart 1987, S. 255 – 273, hier S. 262.

[7] Fiedler (wie Anm. 6), S. 259 – 267; Harder, Hans Joachim: Militärgeschichtliches Handbuch Baden-Württemberg. Stuttgart u.a. 1987, S. 84 – 91.

[8] Fiedler (wie Anm. 6), S. 268.

[9] Harder (wie in Anm. 7), S. 91.

[10] Fiedler (wie Anm. 6), S. 268 f.

[11] Fiedler (wie Anm. 6), S. 258.

[12] Harder (wie in Anm. 7), S. 94.

[13] StAF, L 10, Nr. 6173, E 1822, Bl. 22r (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-498907-21).

[14] Die Dienstzeit umfasste zwar mehrere Jahre, jedoch waren auch großzügige Freistellungen und Urlaub vorgesehen, so dass Töchterle wahrscheinlich auch einige Zeit seiner Dienstzeit in Oberwolfach verbrachte. Vgl. Fiedler (wie Anm. 6), S. 258.

[15] Gerüstefeld und Brandfeld: vermutlich lokale Flurnamen. 1 Sester: altes Hohlmaß für Getreide und Flüssigkeiten, entspricht 15 Liter.

[16] GLAK, Best. 61, Nr. 14823, No. 59.

Bestand des Orthodoxie-Referenten Klaus Schwarz (D 206)

10. November 2025 | |

Durch seinen Vorlass, der aus Dokumenten zu seiner Tätigkeit für die EKD als Orthodoxie-Referent (1985–1996) sowie als Mitglied der Kommission für den Dialog mit dem Ökumenischen Patriarchat (1985–2011) besteht, bereichert Klaus Schwarz (geb. 1949) das Evangelische Archiv Baden und Württemberg um Unterlagen, die sonst in Zentralarchiven zu finden sind. Sie bieten die Möglichkeit, Informationen über die Gestaltung der Dialoge der EKD mit den orthodoxen Kirchen zu erhalten.

Seine Dienstjahre für die EKD fielen mit epochemachenden Ereignissen wie dem Fall des Eisernen Vorhangs zusammen. Für das Bundeskanzleramt erstellte Klaus Schwarz anlässlich einer Reise Helmut Kohls in die UdSSR eine Vorlage zur Lage der Kirchen in diesem Land. Bei der Vorbereitung des Besuchs des russischen Patriarchen Alexij im Jahr 1995 spielte er eine wichtige Rolle: Er traf sich in der deutschen Botschaft in Moskau mit dem damaligen Metropoliten und heutigen Patriarchen Kyrill, um sicherzustellen, dass der Besuch einen kirchlichen Charakter behält und nicht von politischen Tönen überlagert wird.

Er verfasste außerdem für den Ratsvorsitzenden der EKD eine Vorlage für ein vertrauliches Sechs-Augen-Gespräch mit dem russischen Patriarchen Alexij II. und dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Karl Lehmann. In seinen handschriftlichen Notizen hielt er zudem das Gespräch des Patriarchen mit der Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth und dem Außenminister Klaus Kinkel fest.

Wie wichtig diplomatisches Gespür für eine solche Tätigkeit ist, erfuhr Klaus Schwarz bereits als junger Vikar, als er 1979 als Delegierter der EKD an der 8. Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) teilnahm. Kurz vor Ende der Veranstaltung verließ die griechische Delegation aus Protest den Saal, kehrte nach Verhandlungen jedoch zurück, sodass ein Eklat in letzter Sekunde vermieden wurde.

Auch in seiner Tätigkeit als Orthodoxie-Referent sah er sich mit Schwierigkeiten in den Beziehungen zu anderen Kirchen konfrontiert. Oft waren es politische Umstände, die Komplikationen verursachten, aber auch neue Chancen boten. Die radikalen gesellschaftlichen Veränderungen nach der Wende warfen die Frage nach der Auswertung und Neugestaltung der Beziehungen zu den Kirchen in Osteuropa auf. Auch in diesem Zusammenhang spielte Klaus Schwarz eine zentrale Rolle und verfasste entsprechende Texte.

Ein Teil der Fragen und Themen, mit denen sich Schwarz auseinandersetzte, hat bis heute nichts an Aktualität verloren: Der Frieden im ehemaligen Jugoslawien ist immer noch fragil, das Bestreben der Ukraine nach einer von Moskau unabhängigen Kirche besteht weiterhin und die Mahnungen des russischen Patriarchen, die NATO stelle eine Übermacht dar – geäußert im Gespräch mit Rita Süßmuth im Jahr 1995 – sind auch heute ein zentraler Bestandteil der Moskauer Narrative. Auch die Frage, wie die Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen gestaltet werden sollen, bleibt komplex. Dies liegt sowohl an den politischen Umständen (wie dem Ukraine-Krieg) als auch an den divergierenden Tendenzen innerhalb der Kirchen. Während die EKD einen liberalen Weg einschlägt, verstehen sich die orthodoxen Kirchen als Bewahrer traditioneller Werte.

Aufgrund ihrer Vielfalt können die im Archiv aufbewahrten Unterlagen nicht nur für Kirchenhistoriker, sondern auch für Osteuropahistoriker, Ostkirchenkundler sowie orthodoxe Theologen von Interesse sein.

Den Bestand verzeichnete Herr Vladislav Atanassov, Theologe, im Rahmen seines Pflichtpraktikums in unserem Archiv. Das Inventar ist online recherchierbar.

 

Noch ein neues Gesicht im Archiv

3. November 2025 | |

Jan Seyb hat am 1. Oktober seine Stelle im Evangelischen Archiv Baden und Württemberg angetreten. Er ist dort für die Archivpflege in der badischen Landeskirche zuständig. Das bedeutet, dass er die badischen Pfarr- und Dekanatämter in archivfachlichen Fragen berät und die Archivbestände dieser Stellen archivisch erschließt. Derzeit ist er damit beschäftigt, den Archivbestand des Dekanatamtes Schopfheim zu verzeichnen. Im Rahmen seines Geschichtsstudiums an der Universität Mannheim absolvierte er ein Pflichtpraktikum beim Bundesarchiv in Koblenz. Dieses Praktikum hat ihm so viel Spaß gemacht, dass er sich für den Beruf des Archivars entschied. Seine Ausbildung absolvierte er beim Landesarchiv in Koblenz. Erste berufliche Erfahrungen konnte er anschließend im Niedersächsischen Staatsarchiv, Abteilung Stade, sammeln. Herzlich willkommen in unserem Haus!