Schlagworte: Namensgeschichten

Namensgeschichten 6: Der Nachname als Hinweis auf den Ablageort eines Findelkindes in Daxlanden

2. November 2022 | |

In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.

Als letzten Teil der Reihe wird ein Taufeintrag aus Daxlanden, einem katholischen Ort in Baden und heutigen Stadtteil von Karlsruhe, vorgestellt. Der Taufeintrag wurde bei privaten Forschungen des Autors gefunden. Auch wenn der Ort sowohl was die Konfession als auch die Region betrifft nicht zum Zuständigkeitsbereich des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart gehört, ist der Eintrag dennoch erwähnenswert. Der Taufeintrag ist der eines Findelkindes, das nach den Umständen seiner „Ablage“ benannt wurde. Der besagte Eintrag vom 16. Februar 1810 lautet:

„Im Jahr des Herrn Eintausend achthundertzehn, den 16ten Tag des Monats Hornung, hat der hiesige Bürger und Ackersmann Valentin Pferrer – durch ein Kindes Geschrey aufgeweckt – morgens 5 Uhr, innerhalb seiner geschloßnen Hausthüren zur lincken Seite, ein auf dem Boden liegendes, in schlechten Windlen eingefetschtes [= eingewickeltes] Kind gefunden, welches durch das neben der Hausthüre angebrachte enge Hünerloch hineingeschoben wurde. Sogleich machte der Hausbewohner v[on] Pferrer mir unterschriebenen, dem hiesigen Ortsvorstand Martin Dannemeyer, und der Hebamme Catharina Speckin, die gebührende Anzeige. Nachdem wir hierauf Augenschein genommen, und die Hebamme versicherte, daß dieses Kind – weiblichen Geschlechts – noch nicht 3 Tage gebohren seyn könnte, so wurd selbes dem nemlichen Tag, Nachmittag 12 Uhr, von mir unterschriebenen, in hiesiger Pfarrkirche getauft, und erhielt von mir den Namen Juliana Lochmännin. Die Taufpathin dieses Kindes ist, Maria Anna Bellerin, des hier verstorbenen Bürgers Martin Beller ehelig ledige Tochter. – Hierauf wurde sogleich der umständliche Bericht hierüber, dem hoch[löblichen] Oberamt abgeschickt.

Dieses bescheinen, Daxlanden den 16ten Hornung 1810

Friedrich Kappler, Parochus mpp. [= Pfarrer, eigenhändig (unterschrieben)]

Zeugen: Martin Bher [?]

Caspar Schmitt“

Quelle

Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 390, Nr. 2018 (Karlsruhe, Stadtteil Daxlanden, katholische Gemeinde: Standesbuch 1810-1830), Bild 7

Namensgeschichten 5: Der unterschiedliche Umgang mit einem wohl zu vulgär klingenden Namen.

5. Oktober 2022 | |

In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.

Hochzeit 27.01.1767 Aistaig

Im Eheregister von Aistaig ist unter dem 27. Januar 1767 die Hochzeit eines Georg Fridrich Ozeler, ehelicher lediger Sohn von Joseph Ozelers, eines verstorbenen Bürgers und Leinenwebers in der Filialgemeinde Weiden, eingetragen.[1] Der Nachname lässt aufhorchen, ist er doch ungewöhnlich, auch eine nicht-deutsche Herkunft könnte vermutet werden.

Bei der Suche nach dem Taufeintrag von Georg Fridrich wird man unter dem Namen Ozeler nicht fündig, jedoch findet man unter dem 30. Dezember 1739 den Taufeintrag eines Georg Fridrich, dessen Vater Joseph Vozeler, ein Weber in Weiden, war.[2] Ein Abgleich in den Taufregistern ergibt, dass dieser Joseph (V)Ozeler noch weitere Kinder hatte. Das nächste Kind dieser Familie wurde erst 1743 in Weiden geboren. In dem entsprechenden Taufeintrag vom 20. Februar 1743 wird der Vater mit „Joseph Ozeler, Weber“ angegeben.[3]

Anhand der Übereinstimmung der anderen in den Taufeinträgen genannten Personen – die Mutter, die Paten und die Patin – kann die Personengleichheit Joseph (V)Ozeler bestätigt werden. In beiden Einträgen lautet der Name der Ehefrau Anna Maria, die Paten heißen Jacob und Johannes Esslinger, die Patin Ursula. Sie war die Ehefrau von Andreas Remp bzw. von Johannes Steidinger. Andreas Remp starb am 8. März 1742,[4] seine Witwe heiratete am 25. September desselben Jahres Johannes Steidinger (das Wort „Wittib“ fehlt im Eintrag).[5]

Auch in anderen Tauf-, Ehe- und Todeseinträgen wird – mit einer Ausnahme – ab Beginn der 1740er Jahre nur noch der Name Ozeler verwendet. Warum? Vermutlich erschien der ursprüngliche Name dem ab 1740 in Aistaig tätigen Pfarrer Georg Friedrich Baur[6] zu vulgär und er änderte ihn von Pfarramtswegen. Quellen, die diese Vermutung belegen könnten, sind leider nicht vorhanden.

Die Vozeler in Weiden stammten von denen aus Bickelsberg ab, die wiederum von denen aus Tuningen abstammten. Außerdem kommt der Name Vozeler auch noch in anderen Orten vor.

In Tuningen wurde „Vozeler“ in „Voßeler“ abgeändert. Z.B. ist der Vater im Taufeintrag vom 22. Juli 1710 Hanß Jacob Vozeler, ein Zimmermann.[7] Im Taufeintrag vom 23. Dezember 1712 ist der Vater Hanß Jacob Voßeler, ein Zimmermann.[8] In beiden Einträgen heißt die Mutter Anna, der erste Pate Jacob Irion, der zweite im erstgenannten Eintrag Johann Vozeler, im zweiten Johann Voßeler. Die Patin ist in beiden Fällen die Ehefrau des Müllers Andreas Hauser, wobei dieser sich Ende November 1712 neu verheiratet hatte.[9] Pfarrer zu der Zeit war Johann Christian Maurer (Mäurer, Meurer), ein Pfarrerwechsel fand in der Zeit nicht statt.[10]

In Aldingen (Lkr. Tuttlingen) wurde aus der Namensvariante „Votseler“ ebenfalls die Variante „Voßeler“. Z.B. heißt der Vater im Taufeintrag vom 17. August 1713 Heinrich Votseler,[11] im Eintrag vom 9. Mai 1716 Heinrich Voßeler.[12] In beiden Einträgen heißt die Mutter Ursula, die Paten Jacob Raad und Hanß Limb (?), die Patin Christina Heßler(in). Pfarrer zu der Zeit war Georg Daniel Esenwein. Auch hier fand ein Pfarrerwechsel in der Zeit nicht statt.[13]

In Bickelsberg wurde der Name bereits im 17. Jahrhundert geändert, von „Vozeler“ in „Uzeler“, jedoch nur vorübergehend. Z.B. heißt der Vater im Taufeintrag vom 11. September 1674 Michäel Votzeler,[14] im Eintrag vom 1. September 1681 Michäel Uzeler[15] und im Eintrag vom 19. Oktober 1687 wieder Michäel Votzeler.[16] Die Mutter heißt Anna Maria bzw. Anna, Michael Uzeler hatte am 9. November 1686 erneut geheiratet.[17] Ein Pate heißt Johannes Traub, die Patin Maria, die Ehefrau des Hans Georg/Jerg (Georg/Jerg ist der Nachname). Die zweite Patenstelle war unterschiedlich besetzt, wahrscheinlich weil der jeweilige Pate verstorben war. Pfarrer in dem betroffenen Zeitraum war ein Johann Wolfgang Pfadler. Dieser kam Mitte 1674 nach Bickelsberg und starb dort 1687.[18]

Warum der Name nur vorübergehend geändert wurde, bleibt unklar. Nachdem man wieder zur alten Namensvariante zurückgekehrt war, blieb man dabei. Zu einer erneuten Änderung im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts, wie in anderen Orten, kam es nicht. Vielleicht weil absehbar war, dass der Name sowieso bald ausstarb. Der letzte Namensträger, ein Michael Fotzeler, nun mit F geschrieben, starb am 9. November 1723.[19]

 

Quellen

[1] Kirchenbücher Aistaig, Mischbuch 1741-1815, Eheregister 1741-1797, ohne Seitenzählung (27.01.1767)

[2] KB Aistaig, M 1648-1741, Taufregister 1698-1741, oSz (30.12.1739)

[3] KB Aistaig, M 1741-1815, Ta 1741-1795, oSz (20.02.1743)

[4] KB Aistaig, M 1741-1815, Totenregister 1741-1808, oSz (08.03.1742)

[5] KB Aistaig, M 1741-1815, E 1741-1797, oSz (25.09.1742)

[6] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB311

[7] KB Tuningen, M 1636-1752, Ta 1662-1751, oSz (22.07.1710)

[8] KB Tuningen, M 1636-1752, Ta 1662-1751, oSz (23.12.1712)

[9] KB Tuningen, M 1636-1752, E 1662-1751, oSz (Dom. 26. p. Tr.)

[10] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB5399

[11] KB Aldingen (Tuttlingen), M 1657-1759, Ta 1658-1748, oSz (17.08.1713)

[12] KB Aldingen (Tuttlingen), M 1657-1759, Ta 1658-1748, oSz (09.05.1716)

[13] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB1859

[14] KB Bickelsberg, M 1662-1721, Ta 1662-1721, Bl. 13v =

[15] KB Bickelsberg, M 1662-1721, Ta 1662-1721, Bl. 25r

[16] KB Bickelsberg, M 1662-1721, Ta 1662-1721, Bl. 36r

[17] KB Bickelsberg, M 1558-1722, E 1636-1688, Bl. 201r

[18] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB6131

[19] KB Bickelsberg, M 1721-1809, To 1721-1764, Bl. 110v

Namensgeschichten 4: Eine mysteriöse Namensergänzung bei der Familie Hetzel in Vöhringen

20. September 2022 | |

In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.

In den Kirchenbüchern von Vöhringen (Lkr. Rottweil) trifft man auf eine interessante und zuerst mysteriöse Namensergänzung. Der Name „Hetzel/Hezel“ (vereinzelt auch „Hözel“) ist in manchem Fällen um das Wort „Straub“ ergänzt, in manchen hingegen nicht.

Z.B. ist im Taufeintrag vom 27. Dezember 1802 als Vater ein „Johannes Hezel“ und unter dem 29. Dezember 1802 ein „Johann Jacob Hezel (Straub)“ eingetragen.[1] Im Taufeintrag („renat[us]“) vom 26. Dezember 1800 ist ein „Johannes Hezel, Hanß Jerg Hezels Sohn“[2] genannt, am 11. November 1798 ein „j[un]g Johannes Hezel Straub“.[3]

Hochzeiten 20.11.1787 und 21.01.1788 Vöhringen

Auch im Eheregister taucht die mysteriöse Namensergänzung bei manchen „Hezel-Einträgen“ auf, bei andern wiederum nicht. Z.B. heiratete am 20. November 1787 ein „Johann Michael Hezel, Johann Konrad Hezels, Bürgers und Ochsenwirts allhier ehlich lediger Sohn“, im nächsten Eintrag vom 22. Januar 1788 ist die Hochzeit einer „Anna, Johannes Hezels, Strauben, Bauers und Richters allhier eh[lich] ledig Tochter“ vermerkt.[4]

Hochzeiten November 1709 Vöhringen

Die mysteriöse Namensergänzung zieht sich durch das ganze 18. Jahrhundert und darüber hinaus und ist somit auch generationsübergreifend, wie aus dem Hochzeitseintrag vom 26. November 1709 deutlich wird. Darin ist die Hochzeit eines „Hanß Martin Hetzel, Straub, Martin Hetzels, Strauben, bürgerl[ichen] Inwohners und Gerichtsverwandten allhier ehl[icher] Sohn“ dokumentiert. Im Eintrag davor („Eodem“ für den 19. November 1709), ist die Hochzeit einer „Johanna, Hanß Martin Hetzels Müllers, bürgerl[er] Inwohners allhir eheliche Tochter“ eingetragen.[5]

Die Namensergänzung diente also der Kenntnismachung unterschiedlicher „Hetzel-Linien“. Doch was war das Unterscheidungskriterium?

Der Taufeintrag vom 26. Dezember 1682 gibt einen ersten Hinweis, dort steht als Vater: „Hanß Jacob Hözel oder Strauben Sohn“.[6] Dieser Hanß Jacob wurde am 6. Juni 1658 getauft.[7] Im entsprechenden Taufeintrag ist die Namensergänzung nicht zu finden. In diesem Taufeintrag und dem vom 22. März 1664 sind jedoch sowohl die Eltern als auch die Paten dieselben: Johannes Hetzel und Anna bzw. Conrad Geißer/Geyser, Hanß Dieterlin und Barbara, die Ehefrau von alt Hans Geißer/Geyser. Im Taufeintrag von 1658 ist ungewöhnlicherweise noch ein dritter Pate: Michael Reeß. Daraus folgt, dass die Einträge zu Kindern aus einer Familie gehören. Im Taufeintrag vom 22. März 1664 findet man schließlich die Lösung, dort steht als Ergänzung zum Vater: „Strauben Stieffsohn“.[8]

Im Hochzeitseintrag des Johannes Hetzel vom 16. Juni 1656 erfährt man noch Genaueres zu Straub. Johannes Hetzel war „Hans Hetzels Metzgers und Bürgers allhie zu Vöringen hinderlassener ehelicher anitzo Hans Strauben Stiefhsohn“.[9] Der am 6. Juni 1658 getaufte Hanß Jacob war hingegen nicht der Stiefsohn von Straub, sondern dessen Stiefenkel.

Besagter Hans Hetzels (der Metzger) ist am 11. November 1632 gestorben.[10] Wann seine Witwe Hans Straub ehelichte, ist unbekannt, da das Eheregister erst 1648 beginnt.

Ausgangspunkt der beschriebenen Namensergänzung – man könnte auch sagen: des Doppelnamens – war also der Stiefvater eines Hetzel-Kindes.

Dieser Doppelname wurde von den Pfarrern, wahrscheinlich auch von der Familie selbst, über 140 Jahre lang benutzt, so dass man ihn auch noch in den ersten Familienregistern des 19. Jahrhunderts findet.[11]

Wenn einem die Bedeutung der beschriebenen Namensergänzung bewusst ist, erleichtert dies die Unterscheidung der unterschiedlichen Hetzel-Linien und damit die Ahnenforschung bezüglich dieser Familien – wobei es sich gezeigt hat, dass das „Straub“ in Einzelfällen auch vergessen wurde. Außerdem tritt in manchen Fällen der Nachteil auf, dass statt der üblicherweise zur Unterscheidung verwendeten Berufsangabe „Straub“ verwendet wurde und man über den Beruf seins Ahns nichts erfährt.

 

Quellen

[1] Kirchenbücher Vöhringen, Taufregister 1774-1817, S. 157

[2] KB Vöhringen, Ta 1774-1817, S. 145

[3] KB Vöhringen, Ta 1774-1817, S. 130

[4] KB Vöhringen, Eheregister 1775-1842, S. 11

[5] KB Vöhringen, Mischbuch 1689-1786, E 1689-1774, ohne Seitenzählung (19.11.1709, 26.11.1709)

[6] KB Vöhringen, M 1618-1689, Ta 1618-1689, oSz (26.12.1682)

[7] KB Vöhringen, M 1618-1689, Ta 1618-1689, oSz (06.06.1658)

[8] KB Vöhringen, M 1618-1689, Ta 1618-1689, oSz (22.03.1664)

[9] KB Vöhringen, M 1618-1689, E 1648-1688, oSz (16.06.1656)

[10] KB Vöhringen, M 1618-1689, Totenregister 1621-1634, oSz (11.11.1632)

[11] KB Vöhringen, Familienregister 1808-1834, Bl. 92a bis 93b

Namensgeschichten 3: Eine pfarramtliche Namensänderung in Flözlingen – waren die Etter früher netter?

14. September 2022 | |

In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.

Taufregister 1681 Flözlingen

In Flözlingen kam es 1681 zu einer Namensänderung. Personen mit dem Nachnamen Netter hießen fortan Etter (teils in der Variante Ötter). Auffällig ist, dass sich der Schnitt zwischen dem alten und dem neuen Namen, der sowohl im Tauf- als auch im Ehe- und im Totenregister belegt ist, mit dem Wechsel des Pfarrers deckt. Johann Daniel Schäffer (ca. 1640 bis 1703)[1] übernahm die Pfarrstelle nach Pfingsten (25. Mai) 1681 und hatte sie bis zum 11. April 1699 inne.[2]

Das Bild rechts zeigt den Schnitt im Taufregister. Am 10. Mai 1681 („renatus“) heißt der erste Paten Frantz Netter, in derselben Tabellenzeile hat Pfarrer Schäffer den Pfarrerwechsel eingetragen. Am 18. September 1681 ist dann die Taufe eines Kindes eines Frantz Etters eingetragen.[3]

Die Vermutung liegt nahe, dass der neue Pfarrer für die Namensänderung verantwortlich ist. Was waren die Gründe? Ein schlechtes Gehör? Dies wäre nur bei Martin (N)Etter denkbar. Möglicherweise eine pauschale negative Bewertung des Charakters der (N)Etter? Der Grund bleibt unklar. Auch die Kirchenkonventsprotokolle liefern keine Erklärung. Dort sind sowohl ein Martin als auch ein Frantz Etter Konventsrichter, aber immer Etter mit Nachnamen. Nur Frantz Etter – „ein heimlicher Censor“ (was auch immer das war) – wird einmal, in dem Protokoll vom 26. März 1682, Netter genannt. Da die entsprechende Textstelle eine Wortmeldung des Konventsrichters Bartli Beer wiedergibt, könnte dieser noch den alten Namen verwendet haben, gegen Ende des Protokolls heißt Frantz wieder Etter.[4]

Anhand der folgenden Beispiele zu Hanß, Frantz und Martin (N)Etter ist ersichtlich, wie die Personengleichheit anhand der Übereinstimmung der anderen in den Taufeinträgen genannten Personen – die Mutter, die Paten und die Patin – bestätigt werden kann. Dies ist sinnvoll, wenn man bei der genealogischen Recherche auf solche oder ähnlich gelagerte Fälle trifft, wenn man also – da bekanntlich chronologisch rückwärts recherchiert wird – nach einer jüngeren Namensvariante sucht, aber nur noch eine andere, ältere Namensvariante findet.

In den Taufeinträgen zu den am 28. Februar 1676 und am 20. Dezember 1681 getauften Kinder von Hanß (N)Etter lautet der Name der Mutter Anna. Die Paten waren Christian Löhrer (Vogt), Michel Geiger und Catharina, Christian Beeren Ehefrau.[5]

In den Taufeinträgen zu den am 8. Juni 1679 und am 18. September 1681 getauften Kinder von Frantz (N)Etter lautet der Name der Mutter Ursula. Die Paten waren Jacob Löhrer, Christian, Bartle Beeren Sohn bzw. coelebs (Junggeselle), und Catharina, Christian Löhrers (Vogt) Ehefrau.[6]

In den Taufeinträgen zu den am 13. August 1679 und an Pfingsten (6. Juni) 1683 getauften Kinder von Martin (N)Etter lautet der Name der Mutter Maria. Die Paten waren Jacob Schmaltz, Gallus Beer (Schmied) und Rosina, (Andreas Jäschlins) Schulmeisters Weib. [7] Hier helfen auch die zusätzlichen, von zweiter Hand eingetragenen Angaben „6tes Kind“ bzw. „8tes Kind, II. Ehe“ und die Ergänzungen zur Mutter „geb. Geiger“ bzw. „geb. Geiger [durchgestrichen und korrigiert zu:] Maier“ weiter, wenn auch die Frage nach dem siebten Kind und die Korrektur des Nachnamens weitere Recherchen erfordern. Hierüber kann die Personengleichheit ebenfalls bestätigt werden.

Am 30. Oktober 1670 hatten Martin Netter, Sohn des verstorbenen Christian Netters, des Gerichts und Bürgers in Flözlingen, und Maria, Tochter des Hanß Geiger, Vogt in Flözlingen, in Flözlingen geheiratet.[8]

Maria Geiger starb am 10. Oktober 1681. Ihre Todeseintrag lautet: „Den 12. 8bris wirdt begraben, Maria, Marttin Etters Baurenpflegers allhier liebe Hausfrau, welche am Montag vorher über die Geburth gestorben, also Mutter und Kind beyeinander geblieben. [Ihres Alters] 38“.[9] Damit ist zum einen die Frage nach dem siebten Kind geklärt, zum anderen die Personengleichheit von Martin (N)Etter bestätigt.

Martin Etter, Bauernpfleger (Vogt) und Witwer, heiratet am 14. Februar 1682 in Flözlingen Maria, die Tochter von Hanß Geörg Mayer, Weber in Mönchweiler.[10] Dass Martin Etters zweite Ehefrau den gleichen Vornamen trug, wie seine erste, erklärt den im Taufeintrag von 1683 und in fünf weiteren [11] zuerst falsch eingetragenen und anschließend korrigierten Nachnamen.

 

Quellen

[1] https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB6996

[2] Kirchenbücher Flözlingen, Mischbuch 1644-1717, Pfarrerliste (am Anfang des Buches)

[3] KB Flözlingen, M 1644-1717, Taufregister 1644-1717, S. 27

[4] KB Flözlingen, M 1644-1717, Kirchenkonventsprotokolle 1681-1709, ohne Seitenzählung (26.03.1682)

[5] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 21 und 27

[6] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 25 und 27

[7] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 25 und 27

[8] KB Flözlingen, M 1644-1717, Eheregister 1648-1717, S. 7

[9] KB Flözlingen, M 1644-1717, Totenregister 1650-1717, S. 15

[10] KB Flözlingen, M 1644-1717, E 1648-1717, S. 10

[11] KB Flözlingen, M 1644-1717, Ta 1644-1717, S. 28, 31, 33, 34 und 35

Namensgeschichten 2: Ein mysteriöser Nachname – woher stammt der Name „Kohlmann“ in Oberhaugstett?

24. August 2022 | |

In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.

Wurde früher ein Kind unehelich geboren, bekam es nur mit Einverständnis des leiblichen Vaters dessen Nachnamen. War der Vater unbekannt (oder gestattete die Namensführung nicht), erhielt das Kind den Nachnamen der Mutter. Es war auch nicht selten, dass ein uneheliches Kind über mehrere Jahre den Nachnamen der Mutter trug, seine leiblichen Eltern einige Jahre später doch heirateten und das Kind mit der Hochzeit der Eltern den Namen des Vaters erhielt.

In Oberhaugstett (damals nur als „Haugstätt“ bezeichnet), das zur Pfarrei Neubulach gehört, ist ein anders gelagerter, rätselhafter Fall zu finden.

Taufe 06.01.1777 Oberhaugstett

Am 6. Januar 1777 wurde ein Johann Jakob in Haugstätt geboren und noch am gleichen Tag getauft. Seine Mutter war eine Christina, die Tochter des damals bereits verstorbenen Johann Jakob Holzäpfel und Stieftochter („privigna“) des Johann Georg Essich. Der Vater des Kindes ist nicht genannt.[1]

Hochzeit 27.01.1802 Neubulach

Am 27. Januar 1802 heiratet der uneheliche Sohn der eben genannten Christina Holzäpfel in Neubulach. In dem entsprechenden Eheeintrag lautet der Name des Bräutigams mysteriöserweise Johann Jakob Kohlmann.[2] Im Seelenregistereintrag und dem Familienregister zu diesem Johann Jakob Kohlmann ist dieser als „Spur[ius]“, also uneheliches Kind bezeichnet. In beiden Einträgen ist außerdem sein obiges Geburtsdatum und seine Mutter Christina Holzäpfel angeben, so dass die Identifizierung eindeutig ist. In beiden Einträgen ist außerdem eingetragen, dass sein Vater nicht im Taufbuch angegeben ist.[3] Auch in seinem Todesdatum ist nur seine Mutter angegeben.[4]

Familienregister Kohlmann Oberhaugstett

Woher nun der Nachname Kohlmann kommt, bleib ungeklärt. Die Schreiber, die diese Einträge jeweils vorgenommen hatten, hatten es wohl als selbstverständlich gesehen, dass dieser Johann Jakob nun Kohlmann heißt, so dass sie es nicht als nötig erachtet hatten, Angaben zur Herkunft des Nachnamens zu machen. Auffällig ist, dass es im gesamten Kirchspiel der Pfarrei Neubulach keinen Kohlmann gab. War der Nachname ein erfundener? Und wenn ja, warum und wer hat Johann Jakob diesen Nachnamen gegeben?

Dies alles bleibt wohl ungeklärt. Andere historische Unterlagen des Pfarramts Neubulach, wie z.B. die Protokolle des Kirchenkonvents, vor dem sich Frauen, die unehelich schwanger waren, zu verantworten haben, geben diesbezüglich keine Auskunft. Eine Paternitätsliste, in denen durch den Kirchenkonvent oder das Oberamt ermittelte Väter eingetragen wurden, sind nicht überliefert. Auch im Stadtarchiv von Neubulach (Bestände Neubulach und Oberhaugstett) und wahrscheinlich auch im Landesarchiv, sind keine Akten, die Licht ins Dunkle bringen könnten, vorhanden.

 

Quellen

[1] Kirchenbücher Neubulach, Mischbuch 1685-1819, Taufregister 1685-1807, S. 324

[2] KB Neubulach, Eheregister 1801-1829, S. 2

[3] KB Neubulach, Seelenregister 1783-1820, Spalte 203 (Johann Jakob Kohlmann) und KB Neubulach, Familienregister Oberhaugstett, S. 87 (Johann Jakob Kohlmann)

[4] KB Neubulach, Totenregister 1847-1864, S. 46

Namensgeschichten 1: Eine Namensänderung in Kuppingen und ihre verzögerte Akzeptanz

17. August 2022 | |

In der Reihe „Namensgeschichten“ werden Fälle vorgestellt, in denen der Umgang mit Namen eine bemerkenswerte Rolle spielt.

Taufeintrag 24.9.1716

Am 24. September 1716 wurde in Kuppingen ein Kind namens Georg Heinrich geboren.[1] Sein Vater soll ein Johann Paulus Wurmser gewesen sein, der zum besagten Zeitpunkt Soldat in der Kompanie unter dem Obristen von Vorstner war, die sich – vermutlich im Zusammenhang mit dem Venezianisch-Österreichischer Türkenkrieg (1714-1718) – im Königreich Ungarn aufhielt. Die Kompanie hatte vermutlich ihr Winterquartier 1715/16 in Kuppingen. Die Mutter des Kindes war eine Margaretha Schmid (1684-1757), Tochter des Michael Schmid. Der Pfarrer hatte nicht wie bei unverheirateten Frauen üblich den Namen ihres Vaters angegeben, sondern nur „schon 2 mahlige s.v. Hure“ ergänzt. Sie kann aber anhand dieses Hinweises, für den sich der Pfarrer sogleich auch entschuldigt (s.v. = salva venia = mit Verlaub), unter Abgleich der Angaben im Ortssippenbuch von Kuppingen und der Paten dieses und ihres ersten, am 14. Oktober 1710 geborenen Kindes identifiziert werden.[2]

Spätere Pfarrer haben den Taufeintrag von Georg Heinrich ergänzt. Die eine Ergänzung, sein Todestag am 6. Januar 1790, hilft bei der Zuordnung seines Todeseintrages. Die andere Ergänzung ist die interessantere: „Ist zu Entringen seßhaft und verheurathet; hat aber einen andern Nahmen angenommen. Vid. Ehe-Buch den 8. Nov. 1763“.

Georg Heinrich hatte am 8. November 1763 in Entringen eine Maria Barbara, Tochter des verstorbenen Bauern Hanß/Johann Adam Schuhmacher, geheiratet. Der Pfarrer in Kuppingen hatte nicht nur die örtlichen Eheschließungen, sondern auch die Proklamationen

Eheregistereintrag 8.11.1763

(öffentliche Bekanntmachungen beabsichtigter Eheschließungen) auswärts zu schließender Ehen ins Kuppinger Eheregister eingetragen. Im Eintrag für die besagte Eheschließung ist zum Bräutigam angegeben: „Johann Cunrad Weiß, Baurenknecht, N.B. [= nota bene = merke wohl] welcher seinen Vor- und Zunahmen geändert, und eigentlich Georg Heinrich Wurmser heißt“.[3]

In Entringen hingegen hatte sich der neue Name noch nicht durchgesetzt. Im Eheeintrag im Entringer Eheregister ist sein Name als Georg Heinrich Wurmser angegeben.[4] Auch in den Taufeinträgen seiner ersten beiden Kinder, dem 8. Dezember 1764 und dem 19. Februar 1768, lautet sein Name noch Georg Heinrich Wurmser.[5] Erst im Taufeintrag des dritten Kindes, dem 31. Oktober 1772, wird sein Name mit Cunrad Weiß angegeben.[6] Im 1758 angelegten Seelenregister von Entringen ist er folgerichtig auch unter seinem ursprünglichen Namen zu finden, der nachträglich gestrichen und durch Cunrad Weiß ersetzt wurde. Dem Eintrag ist noch eine Information zu seinem Vater zu entnehmen, die in keinem anderen Eintrag erwähnt wird. Dieser war „miles bavarus“, also bayrischer Soldat.[7] In seinem Todeseintrag in Entringen vom 6. Januar 1790 ist sein Name ebenfalls mit Cunrad Weiß angegeben.[8]

Warum Georg Heinrich Wurmser seinen Namen in Johann Cunrad Weiß änderte, bleibt unbekannt. Möglicherweise finden sich dazu Informationen in den Kirchenkonventsprotokollen von Kuppingen, die sich noch auf dem Pfarramt befinden.

 

Quellen

 

[1] Kirchenbücher Kuppingen, Mischbuch 1558-1719, Taufregister 1560-1718, S. 351

[2] KB Kuppingen, M 1558-1719, Ta 1560-1718, S. 325a sowie Ortssippenbuch Kuppingen, S. 611, #S374 und S. 733, #W502

[3] KB Kuppingen, M 1719-1799, E 1719-1791, S. 87

[4] KB Entringen, M 1627-1765, Eheregister 1634-1765, ohne Seitenzählung (08.11.1763)

[5] KB Entringen, M 1747-1822, Ta 1747-1809, S. 57  und KB Entringen, M 1747-1822, Ta 1747-1809, S. 72

[6] KB Entringen, M 1747-1822, Ta 1747-1809, S. 96

[7] KB Entringen, Seelenregister 1758, S. 326

[8] KB Entringen, M 1747-1822, Totenregister 1747-1822, S. 170