Schlagworte: Esslingen

Was zwei Postkarten erzählen können

14. Dezember 2022 | | , ,

Diese beiden originellen Postkarten tauchten unter vielen anderen in einem privaten Nachlass auf, der an die Museale Sammlung im Landeskirchlichen Archiv abgegeben wurde. Was zunächst nach lustigen Urlaubsgrüßen aus Hamburg aussieht, täuscht. Beim näheren Hinschauen wird deutlich: die Absender, ein Ehepaar aus Esslingen, sind dabei, auszuwandern. Sie schreiben aus Baracke 6 der Auswanderer-Hallen im Stadtteil Veddel: „Wir werden am Donnerstag um 11 Uhr von einem kleinen Dampfer hier abgeholt und fahren Nachmittag 4 Uhr hier weg.“ Die Reise sollte wohl in die USA gehen, denn sie erwähnen noch Mitreisende, deren Ziel Philadelphia ist.

Ein Hinweis auf die Datierung findet sich auf der Vorderseite einer der beiden Karten. Dort ist handschriftlich notiert: „Über die Karten haben wir sehr gelacht. Eine kostet 300 000“. In Deutschland war also Inflation, was auf die Jahre 1922/23 hinweist.

Zwischen 1919 und 1932 wanderten insgesamt rund 600.000 Deutsche in überseeische Länder aus. Der Höhepunkt lag Anfang der 1920er Jahre. Im Ersten Weltkrieg und in der unmittelbaren Nachkriegszeit waren viele Menschen gezwungen, ihren Entschluss zur Auswanderung zunächst aufzuschieben. Anfang der 1920er Jahre mussten sie ihre Auswanderungspläne rasch umsetzen, weil die Inflation in Deutschland ihre Geldreserven zusammenschmelzen ließ. Weitere schlossen sich an und versuchten, in der Hoffnung auf eine bessere Existenz aus der Krise zu flüchten.

Schon im 19. Jahrhundert war Hamburg zum bedeutenden Auswandererhafen geworden. Das Geschäft mit den Auswanderern war lukrativ. Die großen Reedereien warben in ganz Deutschland und Osteuropa für den Transport ins „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Bis die Auswanderer auf ihr Schiff kamen, brauchten sie darüber hinaus eine Unterkunft und Lebensmittel sowie Proviant für die Reise. Immer mehr Flüchtlinge strömten nach Hamburg, so dass die städtischen Auswandererbaracken bald nicht mehr ausreichten. Im Stadtteil Veddel, südlich des Müggenburger Zollhafens entstanden auf Initiative des Reeders Albert Ballin ab 1900 die Auswandererhallen der Hamburg-Amerika Linie. Auf gut 55.000 Quadratmetern fanden zunächst 1200, später sogar 5000 Menschen Platz. Die Ausreisewilligen mussten dort bis zu 14 Tagen in Quarantäne bleiben. Neben Schlaf- und Speisesälen, medizinischer Betreuung und Waschsälen gab es auch eine Kirche und eine Synagoge.

Wie sich der Aufenthalt der beiden Esslinger weiter gestaltete, entzieht sich unserer Kenntnis. Nicht einmal ihre Namen sind bekannt, da die Karten, wohl in einem Briefumschlag versandt, nicht unterschrieben waren. Zu hoffen bleibt, dass die Verfasser und ihr Gepäck in Übersee gut angekommen sind und sie nicht in ähnlicher Weise strauchelten, wie die humorigen Gestalten auf den Postkarten.

 

Die denkmalgeschützte Kirchenbibliothek der Esslinger Stadtkirche St. Dyonis

9. August 2021 | |

Ein Denkmal im Denkmal : gut versteckt, im Raum über der Sakristei der Stadtkirche St. Dionys in Esslingen steht die denkmalgeschützte Kirchenbibliothek. In diesem Film nimmt Herr Albrecht Braun Sie mit auf eine Entdeckungsreise zur Bibliothek und ihrer Geschichte.  Möchten Sie noch mehr wissen? Die Bestände sind katalogisiert und können über den Zentralkatalog der Landeskirchlichen Zentralbibliothek recherchiert werden. Außerdem stellt Herr Braun regelmäßig außergewöhnliche Bücher in der Rubrik „Das besondere Buch“ vor.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Buchvorstellung zur Biografie von Gotthilf Schenkel

18. März 2021 | |

Wir möchten auf eine Buchvorstellung am 19. März als Veranstaltung der Kirchengemeinde Oberesslingen hinweisen. Für das vorzustellende Buch ist auch in unserem Archiv recherchiert worden. Es geht um folgendes, im vergangenen Jahr erschienene Werk: Dr. Jörg Thierfelder, Hans Norbert Janowski, Günter Wagner: Gotthilf Schenkel. Pfarrer in Oberesslingen und SPD Mitglied. Vom religiösen Sozialisten zum Kultusminister.

Dass ein Pfarrer in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts SPD-Mitglied wurde, war nicht selbstverständlich. Nach ständigen Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus und seinem Pfarrdienst am Rand der Landeskirche kam Gotthilf Schenkel 1947 als Pfarrer nach Oberesslingen. Von 1951 bis 1953 war er Kultusminister und blieb bis zu seinem Tod der direkt gewählte Abgeordnete Esslingens im Landtag. 2020 ist Schenkels Biographie erschienen. Ihr Titel „Kirche – Sozialismus – Demokratie“ nennt, wofür Gotthilf Schenkel eingetreten ist. Die Verfasser Dr. Jörg Thierfelder, Hans Norbert Janowski und Günter Wagner werden vor allem Einblicke in Schenkels Konflikte mit dem Nationalsozialismus und in sein Engagement in Esslingen bieten.

Freitag, 19. März 2021 19.30 bis 21.30 Uhr
Evangelische Martinskirche Oberesslingen
Online-Teilnahme: https://youtu.be/AKeXqsR4sl8