Einweihung des Gedenksteins für den Palästinapionier Hugo Wieland
Hugo Wieland, 1853 in Bodelshausen geboren und 1922 in Tübingen gestorben, war ein Pionier der Zementherstellung und des Bauwesens im damaligen Palästina und heutigen Israel. An ihn erinnert nun ein Gedenkstein auf dem Tübinger Stadtfriedhof, der von Wielands Nachkommen finanziert und von dem aus Nehren stammenden Steinmetz Eberhard Schmid gestaltet wurde. Der Gedenkstein wurde während der Corona-Pandemie aufgestellt. Die Universitätsstadt Tübingen und das Landeskirchliche Archiv Stuttgart haben am Mittwoch, 19. Juli 2023, die offizielle Übergabe nachgeholt.
In der Friedhofskapelle des städtischen Friedhofs im Grabfeld T, Gmelinstraße 20, hatte Bernd Walter, Leiter der Abteilung Friedhöfe bei den Kommunalen Servicebetrieben Tübingen, die Geste aus dem Ausland begrüßt und die Angehörigen willkommen geheißen. Dagmar Waizenegger, Leiterin des städtischen Fachbereichs Kunst und Kultur, sprach ein Grußwort. Dr. Jakob Eisler vom Landeskirchlichen Archiv Stuttgart stellte in einem Vortrag Leben und Werk Hugo Wielands vor. Peter Weiss umrahmte die Veranstaltung auf dem Akkordeon. Anschließend gingen vier Urenkel, die aus Deutschland, Australien und der Schweiz angereist waren, zum Gedenkstein an der ehemaligen Grabstätte von Hugo Wieland. Anschließend enthüllten die Urenkel den Stein, in den eine von Dr. Eisler aus Israel mitgebrachte Originalfliese aus der Wieland-Fabrik in Jaffa eingelassen war.
Wieland gehörte der Tempelgesellschaft an, einer religiösen Gruppierung, die sich Palästina niederließ. Er gründete 1894 eine Fabrik für Zementfußbodenplatten in Jerusalem. Damit wurde er zum Pionier der Zementproduktion im Heiligen Land. Anfang des 20. Jahrhunderts verlegte Carl Hugo Wieland seine Fabrik von Jerusalem nach Jaffa/Walhalla. Dort fertigte er Bauteile aus Zement, Fußbodenbeläge in diversen Farben und Mustern, Stufen, Balustraden, Balkonträger und Fenstereinfassungen in verschiedenen Formen. Der Rohzement kam aus Heidelberg und wurde über Rhein und Nordsee via Gibraltar ins Mittelmeer nach Jaffa verschifft. Auch die Farben für die Bodenbeläge wurden größtenteils aus Deutschland importiert.
Der Bedarf an solchen Fertigteilen war in den Kolonien Wilhelma und Sarona enorm. Der Bau neuer jüdischer Wohnviertel durch die Zuwanderung von Juden aus Osteuropa erweiterte den Absatzmarkt von Wieland zusätzlich. Vor allem den italienischen Zementplattenfabriken nahm Wieland Marktanteile ab, als er eine hochmoderne hydraulische Presse zur Herstellung von Bauplatten in Betrieb nahm.
Ab 1903 produzierte Wieland auch Dachziegel, die bis dahin von Conrad Breisch importiert worden waren, so dass er zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinen Produkten fast eine Monopolstellung einnahm. Dazu trug nicht zuletzt seine Innovationsfreude bei: Seine Firma entwickelte ein Verfahren, um Rohre aus Zement herzustellen, die wesentlich besser und billiger waren als die bisher verwendeten Eisenrohre. Sie wurden in großen Mengen für die Bewässerungsanlagen der Orangenplantagen benötigt. Diese Rohre wurden in ganz Palästina verwendet und der Umsatz der Firma stieg.
So konnte die Firma weiter expandieren und moderne Maschinen zur Zementherstellung, Dieselmotoren, Schleifmaschinen und Pressen anschaffen. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges beschäftigte die Firma Wieland über 40 Mitarbeiter.
Während des Ersten Weltkrieges wurden die Templer aus Jerusalem und Jaffa in Ägypten interniert. Nach Kriegsende kam er erkrankt nach Deutschland und wurde 1921 in die Tropenklinik Tübingen gebracht, wo er wenige Wochen später verstarb.
Carl Hugo Wieland und seine Söhne waren Pioniere der Zementherstellung und des Bauwesens in Palästina. Ihre Produkte ersetzten die teureren Importprodukte, ihre Zementröhren lieferten den Orangenplantagen in Jaffa und Umgebung eine effektive und rentable Technologie.
Fotos: Bernd Walter, Friedhofsverwaltung Tübingen
Beitragsbild: Vier Urenkel Hugo Wielands enthüllen den Gedenkstein