Weihnachten – das Fest der Gaben

3. Dezember 2019 | |

Vom 29. November 2019 bis 31. Januar 2020 ist im Foyer des Dienstgebäudes des Evangelischen Oberkirchenrates in Stuttgart in der Gänsheide Straße 2 wieder eine neue Ausstellung zu sehen: 

Weihnachten – das Fest der Gaben

Weihnachten ist ein Fest des Schenkens und der Gaben. Jenseits des allgemein gebräuchlichen Konsums steht in der Ausstellung die eigentliche Botschaft von Weihnachten im Mittelpunkt: Gott schenkt uns seinen Sohn und damit sich selbst.

Beschenkt werden und Schenken gehören zusammen. In den bildlichen Darstellungen der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem sind es die Figuren der drei Könige, die dem „neuen König“ huldigen und ihre Gaben darbringen: Weihrauch, Myrrhe und Gold. Im Neuen Testament werden sie nicht als „Könige“ bezeichnet, auch gibt es keine Angabe über ihre Anzahl. Diese Angaben entstammen einer umfangreichen Legendenbildung, die im 3. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Seit dem 9. Jh. tragen sie die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar. In der christlichen Kunst des Mittelalters und der Renaissance entwickelten sich die drei Könige zu Repräsentanten der damals bekannten drei Erdteile Europa, Afrika und Asien. Damit soll betont werden: Die Geburt Jesus Christi ist ein Geschenk an alle Menschen, weltweit. Die Ausstellung spannt daher den Bogen weiter und zeigt Beispiele, wie Weihnachten in anderen Teilen der Welt gefeiert wird, etwa in Kamerun, in einer Schule in Südindien und in einem Flüchtlingslager in Nord-Kenia für Menschen aus dem Südsudan.

In der Mitte der Ausstellung steht eine prunkvoll geschnitzte Kiste, gefüllt mit Weihrauch –  ein Geschenk von Vertretern des Sultanats Oman an Landesbischof July, das anlässlich eines Besuchs im Jahr 2013 übereicht wurde. Wer etwas sehr Wertvolles gibt, zeigt Wertschätzung. Mittlerweile hat sich eine innige Beziehung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zum Oman entwickelt.  So wurde für Theologiestudierende aus Deutschland und dem Oman ein Austauschprogramm ins Leben gerufen. In dem islamischen Land herrscht Religionsfreiheit, Christen dürfen ungehindert Gottesdienste feiern und Kirchen bauen.

Die Weihrauchkiste ist ein Beleg für den symbolischen Gehalt von Gaben. Sie bezeugen den Wunsch nach freundschaftlichen und friedlichen Begegnungen – eine wesentliche Voraussetzung für Völkerverständigung und Ökumene.

Die Objekte stammen aus der Musealen Sammlung im Landeskirchlichen Archiv, von der Basler Mission Deutscher Zweig und vom Bischofsbüro.

Das Pfarramt und seine gesellschaftliche Funktion im Ersten Weltkrieg im Spiegel der historischen Überlieferung

26. November 2019 | |

Die Sichtung des neu ins Landeskirchliche Archiv Stuttgart eingeholten Pfarramts Lichtenwald (Hegenlohe und Thomashardt) brachte unter anderem verschiedene Unterlagen und Materialien aus der Zeit des ersten Weltkrieges zu Tage. Genuin dem Bereich der Seelsorge und Fürsorge für die Gemeindeglieder zuzuordnen sind verschiedene fortlaufend geführte Auflistungen von zum Kriegsdienst eingezogenen Männern der Gemeinde, mit den jeweiligen Feldpostadressen und ähnlichen Informationen. Zu den Gefallenen wurden besondere Erkundigungen eingeholt, die sich in manchmal eine ganze Seite füllenden, handschriftlich angefertigten Lebensläufen niedergeschlagen haben. Dazu wurden verschiedene Hefte angelegt. Dass das Pfarramt aber darüber hinaus als Schnittstelle zwischen staatlichen, nichtstaatlichen und semistaatlichen Organisationen und der lokalen Bevölkerung als Zielgruppe fungierte beweisen allerdings die zahlreichen Aufrufe, Bekanntmachungen, Handzettel, Formulare und ähnliche Unterlagen, die den größten Teil der Überlieferung ausmachen. Eigentlich fremder Provenienz schien ihre Aufbewahrung ebenfalls sinnvoll, da sie einen Querschnitt über solcherart spezifische Druckwerke von 1915 bis 1918 liefert. Es handelt sich dabei um die zahlreiche Bitten zur Zeichnung der verschiedenen Kriegsanleihen, zur Goldablieferung, zur Windelwoche, zu Spenden für die verschiedensten Soldatenhilfsstellen. Die wirtschaftliche Situation wird deutlich an den vielerlei Druckwerken und Plakaten, die Anweisungen geben, um dem Mangel entgegenzuwirken, wie etwa Anleitungen zum eigenständigen Gemüseanbau oder zum Sparen von Seife. Offenbar sah man hier nicht nur das Rathaus sondern auch das Pfarrhaus als wichtigen Partner, die Menschen vor Ort zu erreichen.

Von der Urkunde zur Datenbank – Aufbau eines digitalen Langzeitarchivs für die Diözesen und Landeskirchen in Baden-Württemberg

25. November 2019 | |

Wie alle Mitarbeitenden der kirchlichen Verwaltung stehen auch die Kirchenarchivarinnen und -archivare vor den Herausforderungen der Digitalisierung. Die Kirchenarchive müssen sich angesichts von einer Vielzahl von digitalen Daten, die in Form von Fachverfahren, Dateiablagen und der E-Akte vorliegen, die Frage stellen, wie digitale Daten übernommen, bewertet und aufbewahrt werden können. Dabei stehen sie vor der Herausforderung, die digitalen Daten trotz einer Vielzahl von technischen Veränderungen und Neuerungen für die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte lesbar und benutzbar zu erhalten. Um ihrem rechtlichen und kulturellen Auftrag auch in Zukunft gerecht werden zu können, müssen die Kirchenarchive ein digitales Langzeitarchiv betreiben.

Schnell wurde dabei deutlich, dass sich ein Projekt zum Aufbau eines digitalen Langzeitarchivs ideal für eine Kooperation zwischen dem Erzbischöflichen Archiv Freiburg, dem Landeskirchlichen Archiv Karlsruhe, dem Diözesanarchiv Rottenburg und dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart eignen würde. Die Kommunal- und Universitätsarchive hatten es bereits vorgemacht und sich im Verbund einer Kooperation mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg angeschlossen.

Auch die kirchlichen Archive kamen zur Übereinkunft, dass das Landesarchiv Baden-Württemberg ein idealer Partner für die Digitale Langzeitarchivierung darstellte. Das Landesarchiv entwickelte bereits 2006 das Archivierungssystem DIMAG (DIgitales MAGazin). Seit 2010 wird das System in einem Entwicklungsverbund, dem die Landesarchive Baden-Württemberg und Hessen, die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns und das Digitale Archiv Nord angehören, gemäß internationalen Standards kontinuierlich weiterentwickelt. Neben der Expertise des Landesarchivs und der bewiesenen Leistungsfähigkeit des Produkts, war eine starke Community und die öffentliche Trägerschaft ein entscheidendes Argument für DIMAG. Beides bürgt dafür, dass die Weiterentwicklung von DIMAG langfristig sichergestellt wird und die kirchlichen Archive einen dauerhaften Kooperationspartner gewinnen konnten.

Für die Auswahl eines Rechenzentrums zur Bereitstellung der technischen Infrastruktur bot sich mit dem Kirchlichen Rechenzentrum Südwestdeutschland in Eggenstein-Leopoldshafen bei Karlsruhe (KRZ SWD) ein idealer Partner an. Entscheidende Faktoren für das Kirchliche Rechenzentrum sind neben der kirchlichen Trägerschaft das kostengünstige und qualitätsvolle Angebot und die redundante Sicherung der Daten an zwei verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg.

Zusammen mit den kirchlichen Partnern, dem Landesarchiv Baden-Württemberg und dem Kirchlichen Rechenzentrum wurde somit eine Infrastruktur geschaffen, die die Grundlage bildet, dass elektronische Informationsobjekte nun sicher und dauerhaft aufbewahrt und genutzt werden können.

Predigten im Pfarrarchiv von Lichtenwald

18. November 2019 | | ,

Bei der Einholung des Pfarrarchivs von Lichtenwald (ehemals Hegenlohe), das inzwischen als Bestand im Landeskirchlichen Archiv lagert, befand sich unter den Unterlagen ein Umschlag, der ein zunächst schwer einzuordnendes Konvolut älterer Schriftstücke und Hefte enthielt. Wie sich bei näherer Begutachtung ergab, handelte es sich hierbei, um eine Sammlung von Beerdigungspredigten und einem kleineren Heiligenlagerbuch aus dem 17. Jahrhundert, das mit den Predigten in keinem Zusammenhang steht. Die Predigtsammlung setzt sich einerseits aus 46 Beerdigungspredigten des Dekans von Niederstetten Christoph Michael Cranz (1718-1786) zusammen, die dieser von 1778 bis 1780 in Niederstetten gehalten hat. Der zweite Teil besteht aus weit über hundert Predigten des Hegenloher Pfarrers Albert Stähle (1801-1867), die dieser während seiner gesamten Amtszeit dort (1834-1849) gehalten hat. Die Predigten beinhalten jeweils mehr oder weniger umfangreiche Lebensläufe der damaligen Ortsbewohner. Dass sich die Predigten von Dekan Cranz in Lichtenwald befanden, scheint seine Ursache darin zu haben, dass Stähle sie vermutlich als Vorlage für seine eigenen Predigtvorbereitungen nutzte. Cranz war der Großvater von Stähles Frau. Zudem war Stähle 1823/24 Pfarrverweser in Niederstetten. Die Predigten müssen über die Familie seiner Frau in seinen Besitz gekommen sein. Solche Predigtüberlieferungen sind nicht uninteressant, da sich diese Quellengattung normalerweise nicht in den amtlichen Überlieferungen von Pfarrämtern findet. Inhaltlich gesehen hat man hier auch einen breiten Querschnitt der Lebensläufe der Bewohner der beiden Orte.

Nachlass Christoph Scheytt

11. November 2019 | | ,

Als Reaktion auf unseren Aufruf zur Übernahme von historischen Unterlagen in Privatbesitz fand u.a. der Nachlass von Christoph Scheytt im Juni 2019 seinen Weg ins Landeskirchliche Archiv und wurde unter der Signatur LKAS, D 102 verzeichnet.

Johannes Christoph Scheytt wurde am 25.10.1928 in Murrhardt geboren. Von 1935 bis 1938 besuchte er die Volksschule, danach die Oberschule in Murrhardt. 1944 wurde er als Luftwaffenhelfer eingezogen und u.a. in Berlin eingesetzt. Im April 1945 desertierten er und ein Kamerad und schlugen sich nach Süddeutschland durch. – Die Geschichte dieser Flucht hat Christoph Scheytt 2013 in dem Buch „Wohin wir gehen. Geschichte einer Fahnenflucht.“ Veröffentlicht. Dieses Buch lag dem Nachlass bei und wurde an die Landeskirchliche Zentralbibliothek abgegeben. – Von September 1945 bis Juli 1946 besuchte Christoph Scheytt das evangelisch-theologische Seminar in Blaubeuren. Im Oktober 1946 begann er sein Studium am Evangelischen Stift in Tübingen. Nach bestandener erster evangelisch-theologischer Dienstprüfung im Frühjahr 1951 wurde er am 26.03.1951 in Murrhardt ordiniert. Vom 01.04.1951 bis 21.01.1952 war er Vikar in Wendlingen, vom 22.01.1952 bis 31.07.1952 Pfarrverweser in Tumlingen, vom 01.08.1952 bis 21.07.1954 Pfarrverweser in Waldstetten. Im Mai 1953 legte er die zweite evangelisch-theologische Dienstprüfung ab. Vom 22.07.1954 bis 14.11.1961 war er Pfarrer in Waldstetten, vom 15.11.1961 bis 31.10.1970 hatte er die zweite Pfarrstelle in Waiblingen inne, am 01.11.1970 übernahm er die erste Krankenhauspfarrstelle in Ulm. In den 1980ern war er außerdem Teilprojektleiter im Sonderforschungsgebiet 129 der Universität Ulm („Sozialwissenschaftliche und psychophysiologische Analysen psychotherapeutischer Prozesse“), das Seelsorgegespräche mit todkranken Patienten untersuchte. Am 01.06.1993 trat er in den Ruhestand. Er verstarb am 07.02.2019 in Esslingen am Neckar.

Er war seit 1953 verheiratet und hatte sechs Kinder.

Als Pfarrer in Waldstetten war mit verantwortlich für den Bau der Erlöserkirche, der ersten evangelischen Kirche im sonst katholisch geprägten Ort. Die Kirche wurde am 14.09.1958 eingeweiht. Das erste Kind, das in der neuen Kirche getauft wurde, war eine seiner Töchter.

Der Bestand besteht größtenteils aus Predigten, die Scheytt in seiner Pfarrei, aber auch außerhalb gehalten hat. Auch aus der Zeit seines Ruhestandes sind viele Predigten vorhanden. Die Predigten sind zum einen nach Ereignissen (Taufe, Hochzeit, Beerdigung u.a.) geordnet. Hier ist eine chronologische Ordnung vorhanden. Zum anderen sind die Predigten nach Bibelstellen und somit nicht chronologische geordnet. Eine Verzeichnungseinheit lässt überhaupt kein Ordnungssystem erkennen. Viele der eigenen Predigten hat Scheytt nur in Stenografie verfasst, was die Auswertung deutlich erschweren würde. In Verzeichnungseinheit Nr. 15 ist die Predigt am 12.03.1967 sowohl in Stenografie, als auch als Abschrift vorhanden, was den Zugang evtl. erleichtert. Die meisten Predigten sind Scheytts eigene Predigten. Er hat aber auch Predigten anderer gesammelt. So sind v.a. vom Reutlinger Prälaten Theophil Askani etliche Predigten vorhanden.

Neben den Predigten sind noch Terminkalender aus den Jahren 1955 bis 2013 vorhanden, leider auch größtenteils mit stenografischen Einträgen, sowie Sammlung zur beruflichen Biografie, persönliche Zeugnisse und vereinzelte dienstliche Unterlagen. Außerdem sind aus dem Sonderforschungsgebiet 129 ebenfalls Unterlagen vorhanden, wenn auch nur – dem ersten Eindruckt nach – fragmentarisch.

14.11.2019 – Ausstellungseröffnung “Pflegen – Fördern – Da sein: 100 Jahre Evangelischer Verein Fellbach”

4. November 2019 | |

Das StadtMuseum Fellbach feiert das 100-jährige Bestehen des Evangelischen Vereins Fellbach e. V. mit einer Sonderausstellung. In einer Zeitreise geht es zurück zu den Anfängen von Kindererziehung und Krankenpflege im Fellbach des frühen 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung ist bis 31. März 2020 zu sehen.

Veranstaltungsort:
StadtMuseum Fellbach
Hintere Straße
70734 Fellbach

Veranstalter:
StadtMuseum Fellbach in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Verein Fellbach e. V.
Hintere Straße
70734 Fellbach

Den Ausstellungsflyer finden Sie hier: Ausstellung_EVF_Flyer

Tagung: 200 Jahre Korntal – Eine pietistische Gemeindegründung und ihr Umfeld

29. Oktober 2019 | |

Ansicht von Korntal in den Jahren nach der Gründung, 1820 Stadtmuseum Ludwigsburg

Vom 14. bis 16. November findet in der Stadthalle Korntal(Martin-Luther-Straße 32, 70825 Korntal-Münchingen) eine Tagung zum Thema 200 Jahre Korntal statt. Die Tagung wendet sich nicht nur an ein wissenschaftliches Publikum, sondern auch an die interessierte Öffentlichkeit. Die Veranstaltung ist kostenlos. Veranstalter ist das Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen in Kooperation mit der Stadt Korntal-Münchingen und der Brüdergemeinde Korntal. Die Vorträge und Diskussionen gehen den historischen Voraussetzungen des pietistischen Gemeindeexperiments Korntal und den Fragen seiner konkreten Umsetzung nach. Dabei werden auch kulturgeschichtliche Aspekte in den Blick genommen und über Korntal hinaus nach vergleichbaren religiösen Niederlassungen Ausschau gehalten. Den Flyer mit ausführlichem Tagungsprogramm finden Sie hier.

Die Ausstattung der Georgskirche in Sontheim an der Brenz

23. Oktober 2019 | | , ,

Am 9. Oktober hielt die Mitarbeiterin für die Kircheninventarisierung des Landeskirchlichen Archivs, Frau Dr. Anette Pelizaeus, einen gut besuchten Vortrag in der Georgskirche in Sontheim an der Brenz. Die Kirche wurde erst vor kurzem neu restauriert, so dass die Emporen- und Deckenmalereien nun wieder erheblich besser sichtbar sind und man Details erkennt, die vorher kaum mehr zu sehen waren.

Der Ort Sontheim an der Brenz war ursprünglich kirchliches Filial von Brenz, besaß also anfänglich keine eigene Kirche. Erst im Zuge der Reformation, und zwar, um genau zu sein, 1564 entstand eine eigene Pfarrei und im 17. Jahrhundert wurde eine erste Kirche mit quadratischem Turm errichtet. Dieser Turm wurde in den barocken Kirchenneubau von 1716 bis 1722 integriert. Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts wurden die Emporen vergrößert und der Aufgang zu diesen nach außen verlegt.

Der Vortrag der Kunsthistorikerin hatte weniger die Baugeschichte der Pfarrkirche zum Inhalt als vielmehr die Ausstattungsstücke des 18. Jahrhunderts, zu denen der Altar, das Altarkreuz, die Kanzel, die Orgel zu zählen sind, aber insbesondere die Bemalungen der Emporenbrüstungen und die Deckenmalereien, geschaffen von Gottfried Ensslin aus Heidenheim, hervortreten, da sie von hoher künstlerischer Qualität sind. Alle Malereien haben biblische Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zum Thema, die drei Medaillons der Emporenbrüstungen zeigen auf der Westseite die Verklärung Christi auf dem Berg Tabor, das Pfingstwunder und den auferstandenen Christus und auf der gegenüberliegenden Seite die Taufe Christi, das Hl. Abendmahl und die Doppelszene mit Mose auf dem Berge Sinai und Christus am Kreuz auf Golgota. Die drei Deckengemälde haben die Trinität, die Auferstehung und Himmelfahrt Christi zum Thema. Zum besseren Verständnis der Darstellungen wurden Im Vortrag jeweils die biblischen Szenen aus der Bibel vorgetragen und dann die Beschreibungen angeschlossen, so dass die Bildwerke theologisch und kunsthistorisch betrachtet und erschlossen werden konnten.

 

Heizung in der Kirche?

17. Oktober 2019 | |

Kirchen waren lange Zeit nicht beheizt. Wer es sich leisten konnte, brachte einen kleinen Kirchenbank-Ofen mit glühenden Kohlen zum Gottesdienst mit und stellte ihn unter die Bank zum Wärmen der Füße. In der Musealen Sammlung im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart befinden sich zwei Exemplare dieser tragbaren Wärmequellen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen sogenannte Mantelöfen auf, die von Metallgießereien speziell für Kirchen produziert wurden und im Ruf standen, leistungsstark und preiswert zu sein. Diese Neuerungen in der Kirchenausstattung wurden vielerorts gerne aufgegriffen. Produktkataloge und technische Zeichnungen solcher Öfen finden sich in vielen Pfarrarchiven.

Doch bis heute ist das Heizen in den Kirchen ein kritischer Punkt. Die Gottesdienstgemeinde will es behaglich, eine Überhitzung tut jedoch dem historischen Inventar nicht gut und ist zudem teuer. Mittlerweile ist man vielerorts wieder auf das Beheizen der Kirchenbänke gekommen. Schließlich muss ja nicht die ganze Kirche warm, sondern nur den Besuchern nicht kalt sein.

Schreiben des Königl. Württ. Hüttenwerks Wasseralfingen an die Ev. Kirchenpflege Spraitbach/OA Gmünd mit Produktwerbung für „Kirchen-Öfen“, 1902 (Inv. Nr. 19.047-04).

 

Produktkatalog des Königl. Württ. Hüttenwerks Wasseralfingen, 1901 (Inv. Nr. 19.047-01).

Kirchenbank-Ofen mit Kohleeinsatz, um 1850. Landeskirchliches Archiv Stuttgart, (Inv. Nr. 07.534).

Nachlass Familie Stahl

10. Oktober 2019 | | ,

In den letzten vier Wochen absolvierte der Tübinger Geschichtsstudent Elia Schilling ein Praktikum im Landeskirchlichen Archiv. In dieser Zeit verzeichnete er den Nachlass der Familie Stahl. Heinrich Stahl (1875–1954) war Missionar der Basler Mission in Kamerun, seine Söhne Heinrich (1905–1945) und Gerhard (1907–1947) wurden beide Pfarrer in Württemberg; Heinrich 1932–38 in Adelberg (Dek. Göppingen) und 1938–45 in Stammheim (Dek. Ludwigsburg), Gerhard 1936–47 in Warmbronn (Dek. Leonberg).

Im Bestand finden sich zahlreiche Predigten, Korrespondenzen, unter anderem Briefe von kamerunischen Freunden der Familie, Tagebücher, Vorlesungsmitschriften aus der Studienzeit, eine Belobungs-Urkunde aus der Schulzeit des Vaters Heinrich und vieles mehr.

Der Bestand ist unter der Signatur D104 verzeichnet. Das Archivinventar finden Sie hier.

Weitere Kirchen Stuttgarter Kirchen auf Kirchen-Online

2. Oktober 2019 | | ,

Nikodemuskirche Stuttgart-Botnang. Foto: Andreas Keller

Die Website www.kirchen-online.com wurde aktuell wieder um zehn weitere Kirchen erweitert, mit einem Schwerpunkt auf Kirchen Stuttgarter Vororte: Botnang: Auferstehungskirche, Nikodemuskirche & Schlosskapelle Solitude Degerloch · Versöhnungskirche Hedelfingen · St. Markus Möhringen · St. Hedwig. Außerdem wurde aus dem Bereich der württembergischen Landeskirche auch einBeitrag zur Martinskirche in Metzingen neu eingestellt.

Vortrag über Gächingen im 17. Jahrhundert

24. September 2019 | |

Der Mitarbeiter des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart Dr. Bertram Fink hält im Rahmen des Festwochenendes der evangelischen Kirchengemeinde Gächingen (400 Jahre St. Georgskirche Gächingen) einen Vortrag mit dem Titel “Gächingen im 17. Jahrhundert. Dreißigjähriger Krieg und Wiederaufbau”. Der Dreißigjährige Krieg war besonders für Württemberg eine Katastrophe mit gravierenden demographischen und ökonomischen Folgen. Der promovierte Historiker und Diplom-Archivar versucht das zeitgenössische Szenario in seinem Vortrag auf lokaler Ebene nachzuzeichnen. Der historische Vortrag findet um 16.00 im Rahmen des Festprogramms statt.

Das Kirchenbuchportal Archion auf dem Genealogentag in Gotha

20. September 2019 | |

Auf dem Genealogentag in Gotha wurde über die Zukunft der Genealogie diskutiert. Von dieser Entwicklung sind auch die Landeskirchlichen Archive betroffen, da diese mit den Kirchenbüchern über die wichtigste genealogische Quelle verfügen. Die evangelischen Landeskirchen haben sich, um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, zu dem Kirchenbuchportal Archion zusammengeschlossen, wo die Kirchenbücher digital im Internet einsehbar sind. Archion war mit seinem Geschäftsführer Harald Müller-Baur und seinen Mitarbeiterinnen Lena Kremp und Judith Sutter auf dem Genealogentag vertreten. Eine weitere, besonders in den USA beliebte neue Technik der Genealogie sind die DNA-Analysen, die auch auf dem Kongress vorgestellt wurden. Folgendes Zitat einer Teilnehmerin hat uns besonders gefallen: “Ahnenforschung ist wie Kartoffelchips essen. Man kann einfach irgendwann nicht mehr aufhören. Und je besser die Technik ist und je mehr unterschiedliche Werkzeuge wir haben, desto mehr Spaß macht es.”

Screenshot aus MDR Fernsehbeitrag

Nachlass Martin Hermann

16. September 2019 | | ,

Als Reaktion auf unseren Aufruf zur Übernahme von historischen Unterlagen in Privatbesitz  fand u.a. der Nachlass von Martin Hermann im Juni 2019 seinen Weg ins Landeskirchliche Archiv und wurde unter der Signatur LKAS, D 101 verzeichnet.

Martin Hermann wurde am 6. April 1927 in Schlat als Sohn des Pfarrers Johannes Hermann geboren und verstarb am 23. Juni 2000 in Bad Cannstatt. Seine erste theologische Dienstprüfung legte er 1952, die zweite 1954 ab. Ab 1959 war er als Pfarrer an der Auferstehungskirche II, die 1965 in Kreuzkirche umbenannt wurde, tätig bis er 1992 in den Ruhestand trat.

In der 8. Landessynode (1972-1977) war er als 1. Ersatzmitglied des Wahlbezirks Ludwigsburg-Marbach aufgestellt, in der 9. Landessynode (1978-1983) als Mitglied. Ab 1978 war er stellvertretendes Mitglied des Landeskirchenausschusses. In der 11. Landessynode (1990-1995) Vorsitzender des Theologischen Ausschusses, ab 1991 1. Stellvertretendes Mitglied der EKD-Synode und ab 1992 Vorsitzender des Ad-hoc-Ausschusses „Feministische Theologie“.

Durch seine Stellung im Theologischen Ausschuss steht er in der Tradition seines Großvaters des Stuttgarter Prälaten Theodor von Hermann, der maßgeblich am Gesangbuch 1910 beteiligt war und seines Onkels Dekan Theodor Hermann jun. in Esslingen, der als Vorsitzender des Theologischen Ausschusses das Gesangbuch von 1953 in der Synode eingebracht hatte.

Der Bestand umfasst Schriftgut, das im Zusammenhang mit Hermanns Tätigkeit in der Gesangbuchkommission entstanden war. Es handelt sich hierbei um zumeist undatierte Handakten, die allerdings im Wesentlichen in der Zeit zwischen 1990 und 1995 entstanden sein dürften.

Die Sammlung von algebraischen Aufgaben von Nathanael Gottlieb Renz (um 1820)

10. September 2019 | |

„Vier Protestanten treten in eine Allianz gegen einen mächtigen Fürsten. Der erste A gibt alle seinen Truppen dazu, B gibt auch so viele, und noch 1000 drüber, C gibt so viel, als A und B und noch 3000 drüber. Der vierte D gibt 50 000, also so viel, als die 3 ersten. Wie viel hat jeder gegeben?“

Als Reaktion auf unseren Aufruf zur Übernahme von historischen Unterlagen in Privatbesitz fand u.a. die zweibändige Sammlung von algebraischen Aufgaben von Nathanael Gottlieb Renz im Juli 2019 ihren Weg ins Landeskirchliche Archiv und wurde unter der Signatur LKAS, Hs, Nr. 156 verzeichnet.

Magister Nathanael Gottlieb Renz wurde am 11.01.1758 in Meimsheim geboren. Nach seinem Studium wurde er 1794 Pfarrer in Siglingen, 1806 in Oberurbach und 1815 in Köngen, wo er auch am 22.08.1841 verstarb. Er war nicht nur Pfarrer, sondern machte sich auch einen Namen durch exakte, ideenreiche, mechanische und optische Arbeiten. So ist z.B. die Bilduhr in der Sakristei der Köngener Kirche sein Werk.

Er stellte um 1820 eine Sammlung von algebraischen Aufgaben der Mathematiker Meier Hirsch, Johann Christian Bernstorf Uflacker, Christoph Friedrich Kausler, Matthias Butschany und anderen Verfassern zusammen, einige der Aufgaben hat er sich auch selbst ausgedacht. Die Aufgaben beginnen mit der Aufgabenstellung mit mehr oder weniger realitätsnahem Inhalt (gerne werden Beispiele mit Kaufleuten genommen), danach folgt der Rechenweg mit Erklärung und die Auflösung – laut Urteil des früheren Besitzer der Bände, eines Mathematikers, hat Renz manche Aufgaben mit präzisen Rechnungen aufgelöst, wo man heutzutage nur mit Näherungswerten arbeitet.

Die Bände geben einen Einblick, womit sich Renz neben seinem Beruf als Pfarrer beschäftigt hat und bescheinigen ihm einen hohe Intelligenz. Sie könnten bei einer Forschung zu Pfarrern, die eben nicht nur Pfarrer waren, herangezogen werden.

Die beiden Bände beinhalten:

Band 1:

Aufgaben von Meier Hirsch

  1. Aufgaben für die Gleichungen vom ersten Grade mit einer unbekannten Größe
  2. Aufgaben für die Gleichungen vom ersten Grade mit mehreren unbekannten Größen
  3. Aufgaben für die Gleichungen vom zweiten Grade
  4. Aufgaben für die Gleichungen von höheren Graden
  5. Unbestimmte Aufgaben
  6. Aufgaben für die Anwendung der Progressionen
  7. Aufgaben aus der Zins- und Renten-Rechnung, oder solche, welche damit verwandt sin
  8. Vermischte Aufgaben

Band 2:

  1. Aufgaben für die Permutationen, Combinationen und Variationen, auch für Wahrscheinlichkeit-Rechnung. Aufgaben von Meier Hirsch
  2. Uflakersche Aufgaben, nach Kausler
  3. Einfache Gleichungen mit einer unbekannten Größe
  4. Einfache Gleichungen mit mehreren unbekannten Größen
  5. Reine quadratische Gleichungen
  6. Unreine quadratische Gleichungen
  7. Reine kubischen Gleichungen
  8. Vollständige kubischen Gleichungen
  9. Höhere Gleichungen
  10. Unbestimmte Gleichungen
  11. Vermischte Aufgaben
  12. Anhang

III. Aufgaben von Matthias Butschany

  1. Algebraische Gleichungen
  2. Allgemeine analytische Gleichungen
  3. Aufgaben von verschiedenen Verfassern

Nachlass Alexander Friedrich und Helene Weitbrecht

4. September 2019 | | ,

Als Reaktion auf unseren Aufruf zur Übernahme von historischen Unterlagen in Privatbesitz  fand u.a. der Nachlass von Alexander Friedrich und Helene Weitbrecht im Juni und Juli 2019 seinen Weg ins Landeskirchliche Archiv und wurde unter der Signatur LKAS, D 100 verzeichnet.

Alexander Friedrich Weitbrecht wurde am 11.04.1864 in Basel als Sohn von Theodor Friedrich Weitbrecht, dem späteren Dekan von Heilbronn, geboren. Er war vom 01.10.1888 bis 18.07.1890 Vikar in Fellbach, vom 05.11.1890 bis 17.02.1891 Pfarrverweser in Uhlbach, vom 18.02.1891 bis 02.06.1891 in Kohlberg, vom 03.06.1891 bis 08.12.1891 in Amstetten, vom 09.12.1891 bis 08.02.1892 in Obergröningen, vom 09.02.1892 bis 16.06.1898 Pfarrer in Schopfloch (Dekanat Kirchheim unter Teck), vom 17.06.1898 bis 07.04.1908 in Ochsenbach und vom 08.04.1908 bis 1926 in Erdmannshausen. Zuletzt lebte er in Stuttgart-Weilimdort. Er starb am 03.01.1939 in Stuttgart.

Er heiratete am 27.10.1892 Elisa Helene Griesinger (* 25.04.1868, + 28.01.1936), mit der er zwei Söhne (* 1895 und 1901) und vier Töchter (* 1897, 1899, 1903 und 1905) hatte.

Beide sollen laut Aussage seiner jüngsten Enkelin Erika Fezer, die uns der Nachlass übergeben hat, eng mit dem Pietismus, speziell der Michael Hahn’sche Gemeinschaft verbunden gewesen sein.

Der Bestand umfasst neben Zeugnissen und Urkunden zu Alexander Weitbrecht auch einige wenige persönliche Unterlagen. Als erstes dürften die Memoranda und die „Reichsgotteskasse“ Einblick in die Persönlichkeit von Weitbrecht geben. Der Bestand ist damit eine sinnvolle Ergänzung zur Personalakte von Weitbrecht (LKAS, A 127, Nr. 2422).

Eher selten in Pfarrernachlässen und deshalb in diesem Bestand umso interessanter sind die Unterlagen von Helene Griesinger. Neben einem (lückenhaften) Tagebuch sind sechs Bände mit Bibelauslegungen zu finden, die aus der Zeit vor ihrer Hochzeit mit Weitbrecht stammen. Diese ermöglichen einen seltenen Einblick in die Persönlichkeit einer (angehenden) Pfarrersfrau.

Einblicke in die Persönlichkeit und die religiöse Haltung des Pfarrerehepaars und ihrer Verwandten können auch die Korrespondenz zwischen dem Ehepaar und dem (Schwieger-)Vater sowie einige Grabreden und Predigten bieten, die im Bestand überliefert sind.

Zur Familie Weitbrecht siehe de.wikipedia.org/wiki/Weitbrecht_(Unternehmerfamilie) und die dort angegeben Literatur.

Sommerferienlager des Syrischen Waisenhauses am Mittelmeer

29. August 2019 | | ,

Das Syrische Waisenhaus in Jerusalem war eine Bildungseinrichtung, die von 1861 bis zum zweiten Weltkrieg bestand. Sie war von dem Württemberger Johann Ludwig Schneller begründet wurden und entwickelte sich zur größten Einrichtung dieser Art im Osmanischen Reich. In der Zeit zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und dem ersten Weltkrieg wurden jeden Sommer Zeltlager für einen Teil der Zöglinge am Mittelmeer veranstaltet. Die Jugendlichen mit den Lehrkräften wanderten zunächst zur Außenstelle des Syrischen Waisenhauses Bir Salem (heute Netzer Sereni) und dann weiter an die Meeresgestade, wo man im Bereich der Mündung des Rubin das Lager aufschlug. Mit Hilfe von Kamelen wurden die Zelte an den Strand transportiert. Von Bir Salem aus wurde das Lager mit Lebensmitteln und allem was nötig war versorgt. Im Lager wurde gebadet, gekocht, gesungen. Dieses Areal befindet sich südlich der heutigen, aber damals noch nicht gegründeten Metropole Tel Aviv. Der Bestand des Syrischen Waisenhauses befindet sich im Landeskirchlichen Archiv. Neben den Akten beinhaltet dieser auch eine umfangreiche Fotosammlung mit etwa 15.000 Bildern des Nahen Ostens, der diese Bilder aus der Zeit um 1900 entnommen sind.

Das Stammbuch von Jakob Ferdinand Immanuel Ruoff von 1785

22. August 2019 | |

„Was ist des Lebens Herrlichkeit,

Wie bald ist sie verschwunden?

Was ist das Leiden dieser Zeit,

Wie bald ists überwunden?

Hofft auf den Herrn!

Er hilft euch gern;

Seyd fröhlich, ihr Gerechten!

Der Herr hilft seinen Knechten.

 

Denkmal ewiger Freundschaft von Ihrem Fr. Aug. Herweg / Tübingen, d. 26ten Jul. 1786“

 

Als Reaktion auf unseren Aufruf zur Übernahme von historischen Unterlagen in Privatbesitz fand u.a. das Stammbuch (auch Album Amicorum / Freundschaftsalbum) von Jakob Ferdinand Immanuel Ruoff im Juli 2019 seinen Weg ins Landeskirchliche Archiv und wurde unter der Signatur LKAS, Hs, Nr. 155 verzeichnet.

Stammbücher waren im 18. Jahrhundert vor allem bei Studenten verbreitet. In ihnen trugen befreundete Kommilitonen Freundschaftsbekundungen ein, häufig beim Weggang vom Studienort, so dass der Besitzer des jeweiligen Stammbuches eine lebenslange Erinnerung an seine Kommilitonen hatte. Außerdem finden sich in den Stammbüchern Eintragungen von Professoren und anderer „Respektspersonen“ (z.B. Pfarrer), die ggf. auch als ein Art Empfehlungsschreiben genutzt wurden, wenn ein Student an eine neue Universität kam.

Überlieferungen von Stammbüchern aus dem 18. Jahrhundert sind selten. Stammbücher ermöglichen nicht nur einen Überblick über soziale Netzwerke der Besitzer, sondern bieten auch Einblicke in die Mentalität der einzelnen Autoren. Außerdem sind sie eine Quelle für Sammler von Autographen prominenter Personen.

Jakob Ferdinand Immanuel Ruoff (* 13.10.1763 Seißen, + 25.01.1825 Oßweil) immatrikulierte sich am 22.10.1781 an der Universität Tübingen, wo er am 07.12.1781 den Bachelor und am 24.09.1783 den Magister erhielt. Danach hielt er sich vermutlich weiterhin an der Universität auf, in welcher Funktion ist unbekannt. 1794 wurde er Vikar in Großheppach, 1800 Pfarrer in Oßweil.

Sein Stammbuch enthält 42 Einträge, hauptsächlich aus den Jahren 1785/86, aber auch Einträge aus späteren Jahren sowie vereinzelt biografische Ergänzungen zu einigen Eintragenden, die er später einfügte. Die Einträge sind meist religiös geprägt. Neben Eintragungen von meist Tübinger Kommilitonen sind auch solche von Professoren und Pfarrern sowie von Verwandten zu finden. Der prominenteste unter ihnen ist Carl Friedrich Adolf Steinkopf, Mitgründer und auswärtiger Sekretär der British and Foreign Bible Society und Mitgründer der Privilegierten Württembergischen Bibelanstalt. Den folgenden Eintrag schrieb er kurz vor seine Abreise nach Basel, wo er als Sekretär der Christentumsgesellschaft tätig wurde.

„Seit getreu biß in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.

Offenbar. II. 10

Diß zum Andenken von deinem dem Leibe nach zwar von dir scheidenden aber dem Geiste nach innig mit dir verbunden bleibenden Freund und Bruder M. C. Fr. Steinkopf

Heppach d. 16. Oct. 1795. Kurz vor seiner Abreise aus dem Vaterland.“

Forschungsprojekt zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Paulinenpflege Winnenden

16. August 2019 | | ,

Die Paulinenpflege Winnenden, bekannt durch ihre Heime für Kinder und Jugendliche sowie den Heimen für hör- oder sprachbehinderte Schüler und Auszubildende, möchte mögliche Missbrauchsfälle in der Zeit von 1949- bis 1978 in ihrer Einrichtung aufarbeiten. Dazu hat die Paulinenpflege das Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung Stuttgart beauftragt. Seit Montag werden im Landeskirchlichen Archiv die Akten des Bestandes der Paulinenpflege durch den Historiker Sebastian Wenger gesichtet. Der Bestand der hauptsächlich aus Einzelfallakten besteht, umfasst 34 Regalmeter. Das Projektergebnis wird schon jetzt mit Spannung erwartet.

Vor 90 Jahren: Hilfe gegen Wohnungsnot

12. August 2019 | |

Werbeschild der Creditgenossenschaft des Christlichen Notbundes zur gegenseitigen Hilfe (CCN) Leonberg, um 1930 (Inv. Nr. 01.022). Bildquelle: Landeskirchliches Archiv Stuttgart

Ein historisches Email-Schild in der Musealen Sammlung im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart erinnert daran, dass es schon in früheren Zeiten Ideen und Impulse gab, wie für Geringverdienende bezahlbarer Wohnraum  geschaffen werden kann.

Unter dem Eindruck der großen Inflation 1923 gründete der Missionar Christian Röckle im Jahr 1924 in Eltingen bei Leonberg den „Christlichen Notbund zur gegenseitigen Hilfe“ (CN). Der gemeinnützige Verein sollte in Zeiten der Geldknappheit Menschen in Notlagen helfen. Um die herrschende Wohnungsnot zu lindern, wurde fünf Jahre später, im Jahr 1929, die „Creditgenossenschaft des Christlichen Notbundes“ (CNN) angegliedert – eine Baugenossenschaft, die Baugeldsparverträge auf gemeinnütziger Grundlage vergab. 25 Bausparer bekamen 264.800 RM zugeteilt und das erste Bausparhaus wurde gebaut. 1930 wurde die CCN zur reinen Bausparkasse mit Sitz in Stuttgart. 1934 firmierte sie unter dem Namen „Leonberger Bausparkasse“. 2001 fusionierte sie mit der Wüstenrot Bausparkasse AG.

Christian Röckle hatte mit seiner Gründung bewirken wollen, dass auch das Geldwesen „unter die Herrschaft Jesu komme“. Im Zwiespalt zwischen Evangelisation und Unternehmertum schied der frühere Afrika-Missionar Röckle jedoch 1932 aus dem Vorstand aus und der christliche Aspekt der Bausparkasse geriet nach und nach in den Hintergrund.

Theodor Dipper und der Freudenstädter Kreis – das verborgene Herz der Bekennenden Kirche im württembergischen Kirchenkampf

5. August 2019 | | ,

In diesem Sommer jährt sich der Todestag Theodor Dippers (1903-1969) zum 50. Mal. Dies nimmt der Freudenstädter Kreis zum Anlass, seine über 90 Jahre sorgsam gesammelten und bewahrten Unterlagen an das Landeskirchliche Archiv Stuttgart zu übergeben. Dieser Bestand wird den Bestand zur Bekenntnisgemeinschaft/ Theodor Dipper (D 31) , der sich bereits im Landeskirchlichen Archiv befindet und mit einem auch online recherchierbaren Findmittel erschlossen ist, gut ergänzen.

Das Landeskirchliche Archiv Stuttgart lädt vor diesem Hintergrund zu einem Vortrag in seinem Räumlichkeiten am Freitag den 20. September um 18:30 Uhr ein. Anmeldungen bitte bis zum 16.09.2019 an E-Mail: Gudrun.Dengel@elk-wue.de oder Tel. 0711-2149 212.

Theodor Dipper (1903-1969). Landeskirchliches Archiv, Bildersammlung Nr. 5217.

Der Freudenstädter Kreis wurde 1927 von Theodor Dipper und seinen Freunden als kirchliche Bruderschaft und theologische Arbeitsgemeinschaft gegründet. Anfangs nur aus einem knappen Dutzend Pfarrern bestehend, hatte diese Gemeinschaft persönliche Weggemeinschaft und kirchlich-theologisches Arbeiten zum Ziel. Sie wurde zum Rückzugsort und Kraftzentrum für diese Männer, die ab 1934 in der Bekenntnisgemeinschaft den Widerstand gegen den Einfluss der Deutschen Christen bzw. des NS-Staates in der Württembergischen Landeskirche maßgeblich trugen.

Die Pfarrerin und Historikerin Dr. Karin Oehlmann wird einen ersten Einblick in diesen faszinierenden Aktenbestand geben und dieses bislang weitestgehend unbekannte Kapitel der Gründungsgeschichte von „Evangelium und Kirche“ erzählen.

 Nach dem Vortrag haben Sie die Möglichkeit, sich bei einem Stehempfang auszutauschen.

EFW – Evangelische Frauen in Württemberg feiern 100 jähriges Jubiläum

31. Juli 2019 | |

Grund zum Feiern haben die Evangelischen Frauen in Württemberg, denn 1919 wurde die „Frauenabteilung“ des Evangelischen Volksbundes gegründet. Anfangs war die Frauenabteilung dafür vorgesehen, die Gottesdiensträume zu schmücken und sich karitativ in den Kirchengemeinden zu betätigen. Schnell realisierten jedoch die Mitgliedsfrauen, dass die karitative Arbeit auch politisches Engagement braucht und die Not der Nachkriegszeit nur durch die Vernetzung der vielfältigen Frauenaktivitäten gelindert werden konnte. Daher kam es zur Gründung des „Bunds evangelischer Frauen Württembergs“, der bis 2005 als „Frauenarbeit der Evang. Landeskirche“ Kirche und Gesellschaft maßgeblich mitgestaltete.

Die „Staatsbürgerlichen Tagungen“, die ab 1951 angeboten wurden, um Frauen zu informieren und zur politischen Partizipation zu mobilisieren, waren dabei ein wichtiges Aufgabengebiet. Die „Frauenabteilung“, aus der das spätere „Frauenwerk“ wurde, wirkte aktiv in den Gemeinden mit vielzähligen theologischen Angeboten für Frauen, wie z.B. die Vorbereitung und Feier des Weltgebetstages der Frau. Die Fusion der beiden Werke im Jahr 2005 verband die Schwerpunkte der Verbandsarbeit und der Gemeindearbeit miteinander. Zur Feier des 100 jährigen Jubiläums  beglückwünschen wir die Evangelischen Frauen (https://www.frauen-efw.de/).

Wer sich noch selbst auf Spurensuche zur Geschichte der Evangelischen Frauen machen möchte, findet im Landeskirchlichen Archiv  iStaatsbürgerliche Tagung in Herrenberg 1951, LKAS P 2709n den Beständen K 6, Frauenarbeit, K 17 Frauenwerk und K 38 Evangelische Frauen spannendes und umfangreiches Material.

Ev. Kindergartenarbeit der Kirchengemeinde Sulz a.N.

22. Juli 2019 | |

Das Archiv unserer Landeskirche erreichen immer wieder Anfragen aus Kirchengemeinden zu ihrer Geschichte. Solche Anfragen können Impulse für wertschätzende Wahrnehmungen von Einrichtungen in der Gegenwart unserer Landeskirche auslösen. Dies war der Fall anlässlich der Anfrage einer Kirchengemeinde aus dem ländlichen Raum zur Geschichte ihrer ev. Kindergartenarbeit für ein Fest anlässlich eines Kindergartenjubiläums.

Schon bei den ersten Planungen im März 1913 für den Bau eines Gemeindehauses  war angedacht,  für eine „Kleinkinderschule“ im geplanten Gemeindehaus eine Heimat zu schaffen. Unter den Belastungen des ersten Weltkriegs ab 1914 konnte der Bau jedoch nicht zur Ausführung kommen. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts bildete sich dann in der von Initiativgeist erfüllten Kirchengemeinde Sulz a.N. ein rühriger Gemeindehausverein, der den Bau und dessen Finanzierung  auf den Weg brachte.

Mit Beschluss des Kirchengemeinderats vom 02. August 1932 verpflichtete sich die Kirchengemeinde, „in den geplanten Bau die Kinderschule einzubauen und diese der politischen Gemeinde“… „zur Verfügung zu stellen.“ Mit Erlass des „Reichs- und Preußischen Ministeriums des Inneren“ vom 21.03.1941 wurde verfügt: „Die Betreuung der der Kinder in den Kindertagesstätten liegt der NSV“ (Nationalsozialistisches Volkswohl) „im Rahmen der allgemeinen Menschenführung der Partei ob.“  Mit Schreiben vom 14. Oktober 1944 protestierte der evangelische Dekan Rapp dagegen, dass die NSV nicht nur wie bisher einen Teil des Erdgeschosses für ihre „Kinderschule“ okkupieren wollte, sondern den gesamten Gemeindesaal im Erdgeschoss. Nach Kriegsende wurde das Gemeindehaus von der französischen Militärregierung zur Unterbringung  ehemaliger polnischer „Fremdarbeiter“ vorübergehend benötigt. Rasch nach dieser Zwischennutzung hat die Kirchengemeinde dann auf Grund des Beschlusses des Kirchengemeinderats einen Tag der offenen Tür für den Kindergarten in der Trägerschaft der ev. Kirchengemeinde Sulz a.N. auf den Weg gebracht. Der Kindergarten trat dem „evang. Landesverband für Kinderpflege“ bei (heute: Evangelischer Landesverband Tageseinrichtungen für Kinder in Württemberg e.V.) und die evangelisch institutionalisierte Kindergartenarbeit konnte sich entfalten.

Das Landeskirchliche Archiv verwahrt die Altakten des Ev. Landesverbands Tageseinrichtungen für Kinder in Württemberg e.V., die den Neubeginn der einzelnen Kindergärten nach dem 2. Weltkrieg dokumentieren. Blog Quelle für ev. Kindergarten der KG Sulz a.N.1057_001

Ein württembergischer Pfarrer als Wanderer zwischen den Konfessionen

15. Juli 2019 | |

In den Akten des Oberkirchenrats hat sich in den Ortsakten von Großglattbach ein eigentümlicher Vorgang aus dem Jahr 1664 niedergeschlagen. Die mit einem simplen Umschlag zusammengefassten Schriftstücke, die mit „Wachter, Joh. Kaspar, Convertit”, betitelt sind, haben die eigentümliche Flucht des damaligen Ortspfarrers Wachters im Januar 1664 zum Inhalt. Der aus Bamberg stammende Johann Kaspar Wachter war ursprünglich ein Mönch des Zisterzienserklosters Langheim und versah in dieser Funktion die Messdienste in einigen katholischen Pfarreien. 1656 war er nach Württemberg geflohen und konvertierte zum protestantischen Glauben. Seine Revokationspredigt und seine Tübinger Dissertation „De Praedestinatione” haben sich in der Württembergischen Landesbibliothek erhalten. Von 1660 amtierte er als evangelischer Pfarrer in Großglattbach. Den Akten ist zu entnehmen, dass er im Sommer des Jahres 1663 von seiner Schwester, in Begleitung einer Nonne, besucht wurde. Im September des Jahres erhielt er einen Brief seines ehemaligen Abtes Mauritius Knauer, der in zeitgenössischer Abschrift auf den Akten erhalten ist. Der Abt, der über Wachters Schwester genaue Kenntnisse über die Verhältnisse erhalten hatte, forderte Wachter zur Rückkehr ins Kloster auf. Seine drei Kinder könne er mitnehmen, seine Ehefrau solle er zurücklassen. Sie sei als Konkubine anzusehen. Am 25. Januar 1664 verabschiedete er sich von seiner Familie unter dem Vorwand einer Reise nach Stuttgart. In Wirklichkeit war allerdings das Kloster Langheim seine Destination. Bereits auf halber Strecke begann er seine Flucht allerdings zu bereuen. In der württembergischen Exklave Kitzingen offenbarte er dem evangelischen Pfarrer sein eingetretenes Dilemma. Den Akten ist zu entnehmen, dass Wachter unterwegs seine Abkehr vom Protestantismus und von seiner Ehefrau bereute und nun verzweifelt alle Hebel in Gang setzte, wieder zurückkehren zu können. Erst nach monatelangem Ringen und umherwandern gelang es ihm, seine Frau und seine Schwiegermutter von der Aufrichtigkeit seines erneuten Sinneswandels zu überzeugen, und schließlich auch das württembergische Konsistorium unter wortreichen Beteuerungen zur Wiederaufnahme in den Dienst der Landeskirche zu bewegen. Er wurde daraufhin in anderen Gemeinden wieder als Pfarrer eingesetzt, zunächst in Neustadt, dann in Oberbrüden. Von Oberbrüden entlief er allerdings im Jahr 1668 erneut und ließ wiederum seine Frau mit den nunmehr fünf Kindern zurück, dieses Mal endgültig.

 

Humor aus dem Glauben

8. Juli 2019 | | ,

Bei der Archivierung der Akten des Landesbischofs fiel ein Brief der Gattin eines ehemaligen Oberkirchenrats vom 05. Dezember 2012 an das Bischofsbüro auf. Es handelte sich um ein Gedicht des damaligen Prälaten Adolf Schaal aus der Kriegszeit des zweiten Weltkriegs. Er hatte das Gedicht „zum 75. Geburtstag des Herrn Landesbischofs am 7. Dezember 1943“ verfasst.  Das Bischofsbüro teilte mit Schreiben vom 18. Mai 2012 an die Einsenderin mit: „Diese Zeilen haben den Landesbischof sehr bewegt, sind sie doch ein Zeugnis, dass in einer Welt ‚in Schutt und Trümmer` Menschen auch mit Humor und ‚dennoch‘ versuchen, einen Weg in eine bessere Zeit zu finden. Das landeskirchliche Archiv wird sicher Interesse an dem Blatt haben.“ Gedicht von Prälat Schaal siebter Dezember 1944

Das zugetragene Gedicht ist ein zeitgeschichtliches Dokument für Humor in unserer Landeskirche. Der amerikanische Religionssoziologe Peter L. Berger definierte Humor als die Fähigkeit, Komik wahrzunehmen (vgl. schon „Erlösender Glaube“, 2006). In Komik liegt ein Signal des Transzendenten. Humor ist die Freude, welche die Welt überwunden hat. Humor hat viel mit Liebe und Güte zu tun. Heitere Menschen lachen deshalb nicht über andere, sondern mit anderen. Wer Humor hat, kann zumindest schmunzeln oder lächeln, wenn einem auch nicht nach Lachen zu Mute ist. Humor kann bisweilen in einer nur schwer zu ertragenden Wirklichkeit eine quasi erlösende Nebenwelt auf Erden schaffen. Glaube und Erlösung gehören zusammen. Wer das Licht Gottes in alle Abgründe seiner Seele eindringen lässt, kann Heiterkeit ausstrahlen. Und wer die Freudenbotschaft ernst nimmt, hat Grund zum Lachen. Das Osterlachen des Christentums ist ein historisches Zeugnis dafür. Aus der jüdischen Tradition des Christentums ist der Humor bekannt, der das Volk Israel in herausragender Weise auszeichnet. Solcher Humor trägt. Die Fähigkeit, Komik in der menschlichen Erfahrung zu entdecken, zeichnet auch christliches Alltagsleben aus. Das Gedicht von Prälat Schaal ist exemplarisch dafür. Humor wurde in der biblischen Forschung als Thema erst in jüngerer Zeit wieder entdeckt. Die Veröffentlichung dieses Gedichts möge dazu einen kleinen Beitrag leisten.

Vor 75 Jahren: Stuttgarter Bombennächte – Zerstörung der Leonhardskirche

3. Juli 2019 | | ,

Kinderspeisung vor der zerstörten Leonhardskirche, 1946. Fotograf: Willi Essig (Landeskirchliches Archiv, Nr. 9178)

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs war die Stuttgarter Innenstadt am 25. Und 26. Juli 1944 Ziel massiver Bombenangriffe. Über 800 Menschen kamen dabei zu Tode, fast 2000 wurden verwundet. Viele Bauten der Innenstadt wurden damals zerstört oder schwer beschädigt. So auch die Leonhardskirche.

An diese Ereignisse möchte die Leonhardsgemeinde mit einem Gedenkgottesdienst am Sonntag, 21. Juli 2019 10:00 Uhr erinnern.

In der Kirche wird eine kleine Ausstellung mit historischen Fotografien zu sehen sein, die die Zerstörungen von 1944 ebenso dokumentieren wie den schnellen Wiederaufbau der Leonhardskirche.

https://www.leonhardskirche.de/gottesdienste-veranstaltungen/

archiv aktuell – Vergangenheit hat Zukunft

25. Juni 2019 | |

In unserer Handbibliothek haben wir durch Zufall eine kleine Informationsbroschüre für das Archiv- und Bibliothekswesen aus dem Jahr 1974, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für das Archiv- und Bibliothekswesen der evang. Kirche. Dies soll keineswegs heißen, dass diese Broschüre alt und verstaubt ist; sie ist immer noch aktuell und sehr informativ für die Archivarbeit.

Folgende Darstellung bietet einen umfassenden Blick auf die Funktion und den Wert eines Archivs.

Wer den Begriff „Archiv” von Spinnweben und vom Hauch des Moders befreit, der kommt schnell zu dem Resultat: ein Archiv ist keine Rumpelkammer, es ist vielmehr eine Schatzkammer, eine Fundgrube, ein Arsenal wertvollen Schriftguts, wichtiger Urkunden und Dokumente, die nur ein einziges Mal vorhanden und daher unersetzlich sind.

Vergangenheit hat Zukunft – „ein Archiv ist auch ein Informationsspeicher für Menschen von heute, die kulturelle Werte von gestern auf ihre Verwendbarkeit für Vorhaben der Zukunft untersuchen”.

Was kann also ein Archiv tun, um aktuell zu bleiben?

Veranstaltungen im Gedenkjahr zum 100. Todestag von Christoph Blumhardt

19. Juni 2019 | |

Christoph Blumhardt. Landeskirchliches Archiv, Bildnissammlung.

Christoph Blumhardt, der engagierte Prediger, Politiker und Pazifist aus Bad Boll, verstarb vor 100 Jahren, am 2. August 1919. Die Blumhardt Sozietät lädt aus Anlass des Gedenkjahres zu einer Veranstaltungsreihe zum 100. Todestag ein. Informationen zu den Veranstaltungen, Ortsangaben sowie Anmeldemöglichkeiten finden Sie hier. Das Programm, welches am 20. Juni 2019 beginnt, beinhaltet Vorträge, Lesungen, Konzerte, ein Symposium im Stuttgarter Landtag und anderes mehr.

Veranstaltungs-Flyer zum Download:

Blumhardt-Sozietät_Veranstaltungen_2019(1)

Die Geisterhistorie der Dorothea Schönhaar – Unfug, Betrügerei oder doch ein Fünkchen Wahrheit?

11. Juni 2019 | | ,

Die Plüderhausener Kirchenkonventsprotokolle aus dem Jahr 1804 berichten von angeblichen Geistererscheinungen in der Schlafkammer der 35 Jahre alten, ledigen und unehelich geborenen Dorothea Schönhaar (getauft am 7. April 1769 in Plüderhausen), deren Mutter Benigna Sauterin – dies ist ausdrücklich im Kirchenkonventsprotokoll erwähnt – zudem im Ehebruch erzeugt wurde.

Eine „Mannspersohn”, ein Ritter, der im Schwedenkrieg erstochen worden sein soll, und „2 Weibspersohnen” sollen sie des Nachts besuchen und von einem „Kübele” mit 19.000 Gulden und weiteren Schätzen erzählen. Diese sollen für die Armen und für die Kirche verwendet werden und die Geister dadurch erlösen. Da die Schönhaar dies nicht erfüllen konnte, hatte sie bereits auf verschiedenen Wegen versucht, die Geister loszuwerden. Am 24. September 1804 bat sie schließlich darum, einen katholischen Geistlichen nach Plüderhausen kommen zu lassen, damit dieser die Geister austreibt.

Dem Protokoll vom 24. September ist zu entnehmen, dass das Gemeinschaftliche Amt, wie der Kirchenkonvent in Plüderhausen 1804 genannt wurde, der Schönhaar anfänglich keinen Glauben schenken wollte, sondern die „Erscheinungen” auf ihren schlechten Lebenswandel („schlechtes Praedicat”), Aberglaubens und ihr schlechtes Gewissen schob. Dennoch wurde sie nach den Geistern und ihr Verhalten eingehend befragt. Außerdem wurden „2 beherzte Männer” für eine Nacht in das Haus der Schönhaar „abgeordnet und beauftragt […], genau acht zu geben, ob und was für Betrügerey hier vorgehen möchte.” Nachdem beide anschließend einen Betrug ausgeschlossen hatten, wurde die Schönhaar am 2. Oktober erneut befragt. Dieses Mal interessierten sich Pfarrer und Amtmann genauer für die Personen, bei denen die Schönhaar um Rat nachgesucht hatte, für die bisher angewandten Versuche der Geisterabwehr und speziell ob, wie viel bzw. was die Schönhaar für die Ratschläge bezahlen oder als Gegenleistung erbringen musste.

Ob die Geister schließlich vertrieben werden konnten und ob der ein oder andere Ratgeber, der sich als Betrüger entpuppte, bestraft wurde, darüber schweigen die Quellen.

Das weitere Schicksal der Schönhaar ist bekannt. Sie wurde durch die Eheschließung vom 4. Oktober 1807 in Plüderhausen die dritte Ehefrau des Christian Frey und starb schließlich am 15. Oktober 1836 am selben Ort.

Die Geisterhistorie der Dorothea Schönhaar ist ein Beispiel der Kuriosa, die in den württembergischen Kirchenkonventsprotokollen zu finden sind. Außerdem ist sie in Beispiel dafür, dass früher oft der Stand in der Gesellschaft und das Ansehen über die Glaubwürdigkeit der eigenen Aussagen entschieden. Diese Kirchenkonventsprotokolle, wie auch andere, geben zudem einen größeren Einblick in die Verhältnisse der damaligen Gesellschaft und zeigen damit, dass die Kirchenkonventsprotokolle für diesbezügliche und andere sozialgeschichtlichen Forschung lohnenswerte Quellen sind.

Link zur Transkription der Kirchenkonventsprotokolle: Geisterhistorie_1804_Transkription

 

Kriminalgeschichten aus dem Ulmer Münster

3. Juni 2019 | | ,

„Denen ist wohl nichts heilig!“, mag sich der ein oder andere Leser der Südwestpresse am Freitag den 14. Juni 1985 gedacht haben, als er beim Durchstöbern der Zeitung auf folgenden Artikel stieß: „Mit Schrauben und Blei gegen die Bibel-Diebe“. Der Autor dieses Artikels empörte sich über die anhaltende Entwendung einer Bibel, die in der Bessererkapelle des Ulmer Münsters den Altar schmücken und die Besucher zum Lesen anregen sollte. Allein drei Mal sollen laut Redakteur Spaßvögel im Jahr 1985 zugeschlagen und die Bibel aus Scherz, Übermut oder vielleicht dem Nervenkitzel einer Straftat entwendet haben. Eine dieser entwendeten Bibeln sei später wieder aufgetaucht und vom damaligen Münsterbaumeister Lorenz in mühsamer Handarbeit aufbereitet worden. Als das derzeitige Bibelexemplar aus der Bessererkapelle entwendet wurde, kam das aufgearbeitete Objekt wieder an seinen angestammten Platz – und wurde prompt erneut gestohlen. Eine neue Bibel musste her, und dieses Mal sollte die Bibel auch dort bleiben, wo sie hingehörte. Daher verschraubte man dieses Exemplar an seiner Unterlage, einem kleinen Lesepult auf dem Altar. Zusätzlich lies Gerhard Lorenz das hölzerne Pult mit Blei füllen.

Während man im Fall der Bibel von einer Lappalie sprechen kann, hatten andere im Archiv der Ulmer Münsterbauhütte dokumentierten Diebstähle im Münster größere Auswirkungen. Pfarrbildnisse schienen Verbrecher ebenso angezogen zu haben, wie die Bibel aus der Bessererkapelle. 1971 entwendeten Diebe ein Pfarrbildnis J.G. Sappers aus dem Jahr 1737. Das Bildnis war mittels Plastikdübel am Rahmen mit der Wand verschraubt worden. Das half aber nichts, das Bild samt Rahmen und Dübel waren verschwunden. Ein weiterer aus den Unterlagen hervorgegangener Fall betrifft das Bildnis Sebastian Besserers, Bürgermeister der Stadt Ulm im 16. Jahrhundert, und ereignete sich 1968. Tatort war erneut die Bessererkapelle. Besonders an diesem Fall ist, dass der Diebstahl wohl erst mehrere Wochen nach der Tat entdeckt worden war. Das Bildnis wurde aus seinem Rahmen herausgeschnitten. Dieser leere Rahmen wurde zwar bemerkt, sei aber über längere Zeit nicht hinterfragt worden, da es sich dabei auch um eine Restaurierungsmaßnahme der Bauhütte hätte gehandelt haben können, bis ein Zimmermann der Münsterbauhütte den leeren Rahmen meldete.