8. Juni 2020 | Anette Pelizaeus | Bestand, Digitalisierung, Fotografie
In vielen Bereichen des persönlichen und beruflichen Lebens gibt es sogenannte „Aha-Momente“, so auch im Archiv! Ein Wunder ist geschehen, sämtliche Glasplatten und Dias einer Münsterbauhütte sind digitalisiert. Nun ist es möglich, sich in verschiedener Weise den Abbildungen, die man nun in groß und im Detail ansehen kann, zu nähern und dabei den Bildbestand überhaupt erst zu ermessen und zu erschließen. Das Bildarchiv nämlich enthält etliche Risse der mittelalterlichen Baumeister, angefangen von Heinrich II. Parler 1377 bis hin zu Burkhard Engelberg 1512, zahlreiche Ansichten vor und nach der Anfügung des Strebesystems am Langschiff von 1856-1870, vor und nach der Vollendung vom Hauptturm im Westen 1892 sowie vom Bau der Seitentürme am Chor 1871-1880. Unzählige Abbildungen des Kirchenbaues, der einzelnen Ausstattungsstücke im Innenraum sowie vom Bauschmuck am Außenbau des Ulmer Münsters zeugen von der baukünstlerischen Qualität der Münsterbaumeister, der Steinmetzen, der Bau- und Werkleute und Kunstschaffenden, die unermüdlich Pläne schmiedeten, Stein auf Stein setzten, Steine bearbeiteten und formten. Allein dieses Bildmaterial, einschließlich der zahlreichen Darstellungen der Meisterzeichen der Münsterbaumeister gibt reichlich Aufschluss nicht nur über die Baugeschichte des Ulmer Münsters sondern auch über kulturhistorische, kunsthistorische, technische und werkspezifische Fragen. Dazu gehört auch die einzigartige Dokumentation der Totentafeln, aus der wertvolle Erkenntnisse zur Stadtgeschichte und zu den Stifterpersönlichkeiten des Ulmer Münsters zu ziehen sind. Doch damit nicht genug, denn nicht nur der Bau und seine Kunstobjekte sind Bildmotive, sondern auch die Bauhütte selbst. Diese, von der man seit dem spätmittelalterlichen Baustopp am Turm von 1492 und der endgültigen Einstellung aller Bauarbeiten spätestens 1550 nichts mehr hörte, wurde 1844 von dem späteren Münsterbaumeister Ferdinand Thrän (1857- 1870) wiedergegründet und das Bildarchiv zeigt Bilder von Steinmetzen mit ihrem Handwerkszeug. Gruppenbilder diverser Mannschaften aus verschiedenen Zeiten geben Aufschluss über diejenigen, die seit dem 19. Jahrhundert am Münster gewirkt haben und welchen Wandel auch die Bauhütte seit ihrer Gründung erlebt hat. Gleichwohl gilt dabei zu konstatieren, dass die Bauhütte von Beginn an von Männern dominiert war und heute auch noch ist, ein ganz und gar typisches Phänomen dieses Berufsfeldes, ein Gesellschaftsphänomen, dessen Wandel noch bevorsteht.
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D 4515: Parlerstein
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D 5150: Münsterbaumeister Ferdinand Thrän (Münsterbaumeister 1857-1870)
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D 5046: Böblingerplan, unterer Teil des Turmes 1473-1493
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D 4347: Belegschaft der Münsterbauhütte 1926
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D 4030 : Original des Turmrisses von Matthäus Böblinger 1482
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D 3013: Pultwangenbüste von Jörg Syrlin d.Ä., entstanden zwischen 1469-1474
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D 5267: Turmriss von Ulrich Ensinger 1392-1417
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D 5264: sämtliche Meisterzeichen am Ulmer Münster
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D 5260: Ansicht des Ulmer Münsters von Südwesten vor 1844
4. Juni 2020 | Uwe Heizmann | Genealogie
Eine der ersten Hürden bei der historischen Forschung – bei der akademischen, wie auch bei der Ahnenforschung – ist die Handschrift, in der die jeweilige Quelle geschrieben ist. Ist die Deutsche Kurrentschrift für Anfänger schon schwer zu lesen, so erschweren „Sauklauen“ den Zugang zu den Quellen erst recht. Da ist es umso erfreulicher, wenn es Schreiber gibt, deren Handschrift fast schon als Kalligrafie bezeichnet werden kann.
Zu diesen Schreibern gehört der Pfarrer Wilhelm Christoph Burckh (~ 25.05.1676 in Metzingen, + 08.02.1747 in Pfalzgrafenweiler), Pfarrer in Berneck (Altensteig, Lkr. Calw) ab 1701, in Grömbach (Lkr. Freudenstadt) ab 1707 und in Pfalzgrafenweiler (Lkr. Freudenstadt) ab 1716 bis zu seinem Tod.
In Berneck ist seine Handschrift im Taufregister ab 26.05.1701, im Eheregister ab 08.06.1701 und im Totenregister ab 04.05.1701 zu finden.
In Grömbach hat er Amtshandlungen ab 29.09.1707 ins Taufregister und ab 09.08.1707 ins Eheregister eingetragen, ein Totenregister ist aus dieser Zeit nicht vorhanden. In das Mischbuch, in dem sich diese Register befinden, wurden außerdem Reskripte und Kirchenkonventsprotokolle eingetragen, so dass man Burckhs Handschrift auch in diesen ab 15.12.1707 bzw. 24.08.1707 online einsehen kann.
In Pfalzgrafenweiler Taufregister findet man Burckhs ersten Eintrag am 26.01.1716. Im Eheregister ist bereits am 10.09.1715 seine Handschrift zu finden. Die besagte Hochzeit wurde zwar von seinem Vorgänger Johann Ludwig Steck (27.06.1646-23.09.1715) durchgeführt, jedoch hatte Burckh sie eingetragen – entweder weil Steck nicht mehr schreiben konnte oder aus anderen Gründen. Noch vor Burckhs offiziellen Stellenantritt im Januar 1716 hatte er zwei Beerdigungen stellvertretend vorgenommen und im Totenregister eingetragen, die seines Vorgängers am 26.09.1715 und eine weitere am 23.12.1715.
Burckh hatte seit Beginn bis zum Ende seines 46-jährigen Pfarrdienstes eine saubere, sehr gut lesbare Handschrift geführt, vorhergehende und nachfolgende Pfarrer kamen an diese Kalligrafie nicht heran – auch wenn ihrer Handschriften auch noch lesbar sind (vgl. Bilder).
Ein anderes Beispiel für gut lesbare Schriften findet sich in den Kirchenbüchern von Bad Wimpfen. Gleichzeitig findet man Belege dafür, dass die Register nicht immer und überall durch den Pfarrer geführt wurden. In der Pfarrei Wimpfen am Berg existieren drei Zweitschriften von Taufregistern für den Zeitraum 1741 bis 1807, die vom jeweiligen Mesner geführt wurden. Ab 08.11.1765 ist die Schrift sehr gut lesbar. Die Erstschriften der Ehe- und Totenregister wurden mindestens vom 19.11.1765 bis Ende 1807 durch den Mesner geführt, was anhand der markanten Schrift (hier bzw. hier) und der persönlichen Eintragung durch den Schulmeister und Mesner Gottfried Christian Albrecht Kubach auf der letzten Seite des Totenregisters 1807 belegt ist. Vor ihm wurden die Register durch den Schulmeister und Mesner Friedrich Christoph Muckh, seinem Schwiegervater, geführt (Kubach kann die Register nicht bereits ab 1765 geführt haben, vgl. Biografie). Ihre beiden Handschriften sind erstaunlicherweise nicht voneinander zu unterscheiden, möglicherweise hat Kubach das Schönschreiben bei seinem Schwiegervater gelernt.
Biografische Notizen zu Friedrich Christoph Muckh
* 14.10.1727 in Ohrnberg (Öhringen, Hohenlohekreis)
+ 20.03.1809 in Wimpfen am Berg (Bad Wimpfen, Lkr. Heilbronn)
Schulmeister in Wimpfen im Tal ab 1744, Mädchen-Schulmeister und Mesner in Wimpfen am Berg ab September 1765
Biografische Notizen zu Gottfried Christian Albrecht Kubach
* 21.03.1767 in Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis)
+ 27.12.1840 in Wimpfen am Berg (Bad Wimpfen, Lkr. Heilbronn)
Schulmeister in Wimpfen im Tal ab 15.02.1785, Mädchen-Schulmeister und Mesner in Wimpfen am Berg ab 08.02.1799
oo 05.08.1788 in Wimpfen am Berg Maria Clara Rosina Muckh
Quellen zu Burckh
KB Metzingen, Mischbuch 1648-1735, Taufregister 1648-1687, ohne Seitenzählung (25.05.1676)
KB Pfalzgrafenweiler, Totenregister 1719-1808, ohne Seitenzählung (08.02.1747)
Biografie Wilhelm Christoph Burckh im Pfarrerbuch
Biografie Johann Ludwig Steck im Pfarrerbuch
Quellen zu Kubach
KB Adelsheim, Mischbuch 1729-1802, Taufregister 1729-1788, S. 154 (21.03.1767)
KB Bad Wimpfen, Totenregister 1831-1841, S. 300 (27.12.1840)
KB Bad Wimpfen, Seelenregister H-Z, Nr. 187 (Familie Gottfried Christian Albrecht Kubach)
KB Bad Wimpfen, Seelenregister H-Z, Nr. 132 (Familie Friedrich Christoph Muckh)
KB Ohrnberg, Mischbuch 1552-1758, Taufregister 1627-1758, Bl. 164v (14.10.1727)
KB Bad Wimpfen, Totenregister 1808-1830, S. 60 (20.03.1809)
KB Bad Wimpfen, E 1590-1807, ohne Seitenzählung (05.08.1788)
Allgemeiner Literaturhinweis: Unsere Arbeitshilfe zur Forschung mit den württembergischen Kirchenbüchern kann zum Preis von 5,00 Euro bestellt werden.
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Taufregister Pfalzgrafenweiler 1745
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Taufregister Pfalzgrafenweiler 1757 (zum Vergleich)
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Taufregister Pfalzgrafenweiler 1775 (zum Vergleich)
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Totenregister Pfalzgrafenweiler 1715/1716
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Eheregister Wimpfen 1765
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Taufregister Wimpfen 1765
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Taufregister Wimpfen 1765/1766
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Totenregister Wimpfen 1765
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Totenregister Wimpfen 1765/1766
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Totenregister Wimpfen 1807
2. Juni 2020 | Anette Pelizaeus | Allgemein, Kirchen, Kunstgeschichte, Kurioses
Von herausragender Bedeutung des Kirchengebäudes ist das berühmte Kinderepitaph des Herzogs Heinz von Sachsen-Lauenburg auf der Nordseite des Mittelschiffes, der 1437 im Alter von nur sechs Jahren verstarb. Es ist ein hochrechteckiges Epitaph, das auf einem Sockel aus Sandstein ruht und eine Sandsteineinfassung aufweist. Das Epitaph wird auch als das Weikersheimer “Prinzle” bezeichnet und ist als eines der ältesten aus dem Mittelalter noch erhaltenen Kinderepitaphe anzusehen. Es ist aus verschiedenen gebrannten Tonplatten zusammengesetzt und weist einen umlaufenden gekehlten Rahmen mit aufgelegtem Blattwerk auf. Im Binnenfeld ist lebensgroß und im Ganzkörperportrait die aus Blei gegossene Figur des kleinen Herzogs dargestellt. Er steht unter einem vorgewölbten Baldachin auf einem hohlen Baumstumpf. Der Knabe trägt ein knielanges Hemdchen mit langen Ärmeln in Blaugrau mit vergoldeter Ornamentik, neigt seinen Kopf leicht zur Seite und legt seine Hände zum Gebet zusammen. Vor dem Baumstumpf liegt das an den beiden Querseiten eingerollte Schriftblatt mit der aufgemalten Sterbeinschrift. Beidseitig des Kindes jeweils oben und unten und nach innen geneigt befinden sich die vier Wappenschilde von Sachsen, Leiningen, Weinsberg und Braunschweig. Alle Wappenschilde ziert ein Maßwerkwimperg mit abschließendem Kielbogen, der von Krabben besetzt ist und eine krönende Kreuzblume aufweist. Die Wimperge werden von Fialen begleitet, die jedoch bei den unteren Wimpergen nicht alle erhalten geblieben sind.
Heinz war der Sohn Herzogs Erich V von Sachsen-Lauenburg aus dem Geschlecht der Askanier und seiner Frau Elisabeth von Weinsberg. Sein Vater verstarb Ende 1435, so dass er als Kind Herzog wurde, allerdings nur für ein Jahr, da er mit sechs Jahren seinem Vater in den Tod folgte. Sein Onkel wurde dann zum neuen Herzog. Sein Großvater mütterlicherseits war der Stifter der Weikersheimer Kirche.
Bald wird ein neuer Kirchenführer zur Stadtkirche St. Georg in Weikersheim erscheinen, verfasst von Anette Pelizaeus, Inventarisatorin im Landeskirchlichen Archiv, und Günter Breitenbacher. Die Neubearbeitung des schon bestehenden Kirchenführers ergab sich aus der Inventarisation des Kirchenbezirks Weikersheim im vergangenen Jahr. Der Kirchenführer liefert neue Erkenntnisse sowohl zu ihrer Baugeschichte als auch ihrer Ausstattungsstücke. Alle zur Baugeschichte des Sakralbaues heranzuziehenden Quellen wurden gesichtet, in die heutige Schriftsprache umgesetzt und ausgewertet, wodurch die vielschichtige Entwicklung von der einst einfachen romanischen Kirche bis zur heutigen Stadtkirche mit ihrem wohl gelungenen Stilpluralismus lebendig nachvollziehbar wird. Innenraum und Außenbau des Kirchengebäudes erschließen sich durch präzise Beschreibungen und anhand ausgewählter Betrachtungen, die alle historisch, kunsthistorisch oder kulturhistorisch interessierten Besucherinnen und Besucher in die jeweilige Stilepoche der jeweiligen Kunstobjekte eintauchen lassen. Zahlreiches Anschauungsmaterial dient als lebendige Begleitung des Fließtextes, der nicht zuletzt von der geistlichen Botschaft des Sakralgebäudes im christlichen Abendland zeugt.
Foto: Landeskirchliches Archiv Stuttgart
28. Mai 2020 | Uwe Heizmann | Genealogie, Interkultur
Am 24. Februar 1691, am Gedenktag für den Apostel Matthias, war in Alpirsbach ein „Türken Mägdlen getauft worden, welches der durchleuchtigste Prinz von Veldenz bei der Eroberung Belgrad bekommen und hernachmahls zu beßerer Versorgung und christlicher Anfertigung dem wohledlenvösten und hochgeachten Herrn Johann Wolffgang Diezen, damaligen Vogten zu Dornhan, jetztund aber Amptmann und Closters Verwalter hier zu Allpirspach gnädigst recommendiert und anemfohlen [und da der] hochermeldter Prinz durch eine unglückliche Begebenheit anno 1689 in der Belägerung Mainz sein Leben laßen müßen, sich als ein Vater dieses Kindes angenommen.“
Während der Türkenkriege im 17. und 18. Jahrhundert deportierten höheren Offiziere der christlichen Armeen häufig so genannte „Beutetürken“ als Kriegsgefangene ins Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Hierbei ist zu erwähnen, dass diese „Beutetürken“ oftmals keine ethnischen Türken waren, sondern Angehörige anderer Ethnien, die in der Osmanischen („türkischen“) Armee oder Verwaltung dienten bzw. Angehörige solcher Bediensteter waren. Während die „Beutetürken“ anfänglich als Prestigeobjekt oder Geschenk für eine höhergestellte Personen dienten, so wurden sie in späterer Zeit getauft, in die Gesellschaft integriert und heirateten einheimische Partner. Einige erlangten sogar wichtige Funktionen in der Verwaltung und einen hohen gesellschaftlichen Stand, vereinzelt wurden sie auch in den erblichen Adelsstand erhoben.
Das getaufte Mädchen, dem der Name Christiana Maria Elisabetha gegeben wurde, war ungefähr zehn Jahre alt. Der kurbayerische Oberst Prinz August Leopold von Pfalz-Veldenz (1663-1689), der an der Belagerung und Eroberung von Belgrad durch kaiserliche, kurbayerische und andere deutsche Armeen vom 7. August bis 6. September 1688 während des Großen Türkenkrieges (1683-1699) teilnahm, brachte es mit ins Reich. Das Mädchen kam in die Obhut von Johann Wolfgang Diez und dessen „Eheliebste“ Anna Maria, die nach dem Tod des Prinzen am 9. September 1689 in Zusammenhang mit der Belagerung und Befreiung des von französischen Truppen besetzten Mainz durch kaiserliche, kurbayerische, hessische und andere deutsche Truppen vom 1. Juni bis 8. September 1689 während des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) das Mädchen an Kindes statt annahmen.
Johann Wolfgang Diez (~ 15.12.1657 in Stuttgart, + 08.01.1734 ebenda), war vom 22. September 1682 bis 24. September 1689 Vogt und Alpirsbacher Pfleger in Dornhan, vom 10. Oktober 1689 bis 25. Juli 1706 Amtmann und Klosterverwalter in Alpirsbach und schließlich vom 18. Juli 1706 bis Februar 1709 und von Februar 1711 bis zu seinem Tod Rentkammer-Expeditionsrat. Er schloss am 27. November 1683 in Stuttgart die Ehe mit Anna Maria Belling (~ 10.09.1657 in Cannstatt, + 24.04.1724 in Stuttgart).
Auffällig im Taufeintrag der Christiana Maria Elisabetha ist die große Zahl der Paten. Diese waren der Obrist-Lieutenant Carl vom Cronsfeldischen Regiment mit seiner Ehefrau, die durch den Leutnant Valentin Dikmann und seiner Ehefrau vertreten wurden, Johann Dieterich Widerholt, Obristwachtmeister und Oberamtmann zu Hornberg, mit seiner Gemahlin, Johann Krafft, der Abt von Alpirsbach und seine Ehefrau, die beiden Bürgermeister Friderich Heß und Martin Birk „als Deputierte von Dornhan“, Cunrad Birk, Vogt zu Dornstetten, Johann Christoph Hegel, Pfarrer in Alpirsbach, mit seiner Gemahlin, Wilhelm Heinrich Bardili, Amtschreiber in Alpirsbach, mit seiner Ehefrau, Johann Armbruster, Bürgermeister in Alpirsbach, mit seiner Ehefrau, Hanß Jerg Stählein, Bürgermeister in Alpirsbach, Hanß Bihler, Vogt zu Alpirsbach, Hanß Jacob Schneider, Stabsvogt zu Rötenbach, Jacob Scherer, Vogt zu Reutin, Hanß Adrion, Vogt zu Ehlenbogen und Marx Mik, Amtspfleger in Alpirsbach, „lauter von dem Ampt deputierte“. Insgesamt sind 21 Paten (und zwei Stellvertreter) genannt, deutlich mehr als bei der Taufe eines leiblichen Kindes von Johann Wolfgang Diez am 2. April 1691. Dort sind es nur vier Paten (und zwei Stellvertreter). Warum genau einige Paten vom Amt abgeordnet worden sind, bleibt offen.
Der Apostel Matthias wurde laut biblischer Überlieferung nach dem Tod des Judas Iskariot zu den verbliebenen ersten elf Jünger Jesu hinzugefügt. Möglicherweise wurde deshalb Christiana Maria Elisabetha an seinem Gedenktag getauft, da sie genauso wie Matthias nicht von Anfang an eine Anhängerin Jesu war.
Über den weiteren Lebensweg von Christiana Maria Elisabetha ist nichts bekannt.
Quellen
KB Alpirsbach, Taufregister 1663-1731, Bl. 46v (24.02.1691) = http://www.archion.de/p/0656912c2b/
KB Alpirsbach, Taufregister 1663-1731, Bl. 47v (02.04.1691) = http://www.archion.de/p/c89082aa7e/
KB Bad Cannstatt, Mischbuch 1626-1658, Ta 1626-1658, ohne Seitenzählung (10.09.1657) = http://www.archion.de/p/1564dc5c40/
KB Stuttgart Stiftskirche, Eheregister 1669-1698, S. 278 (27.11.1683) = http://www.archion.de/p/161ebe4eb3/
KB Stuttgart Stiftskirche, Taufregister 1650-1660, Bl. 245v (15.12.1657) = http://www.archion.de/p/27c3c460d9/
KB Stuttgart Stiftskirche, Totenregister 1697-1724, Bl. 243v (24.04.1724) = http://www.archion.de/p/f374f88ec3/
KB Stuttgart Stiftskirche, Totenregister 1725-1746, Bl. 130r (08.01.1734) = http://www.archion.de/p/fd2a31ba5d/
Pfeilsticker, § 1674, 2306 und 3281 (Biografie Diez)
Faber, XXVI, B, § 14 (Biografie Diez)
Wikipedia: Beutetürken
Wikipedia: Belagerung von Belgrad (1688)
Wikipedia: Belagerung von Mainz (1689)
Wikipedia: Gustav Philipp von Pfalz Veldenz (Artikel über den Bruder, in dem August Leopold von Pfalz-Veldenz erwähnt wird)
25. Mai 2020 | Sabine Tomas | Kirchen, Kurioses
Ein Gipserobermeister auf der Baustelle der Dreifalitgkeitskirche in Ulm nahm es mit der Genauigkeit und Ordnung nicht so genau – und erhielt prompt die Quittung dafür. Trotz wiederholten mündlichen und schriftlichen Hinweisen durch den Vorarbeiter, der Gipserobermeister möge seine am Turm der Dreifaltigkeitskirche in das Dachinnere hineinragenden Gerüststangen ordnungsgemäß verwahren, so das Münsterbauamt Ulm, geschah nichts. Zumindest geschah nichts seitens des Gipsers, der Regen hingegen war nicht untätig und hinterließ im Inneren der Kirche einen Wasserschaden. „Wir sind deshalb zu unserem Bedauern genötigt, Sie für alle Aufwendungen, die hierdurch und durch die nötigen dringlichen Abwehrmaßregeln entstanden sind, verantwortlich zu machen und zum Ersatz der Kosten heranzuziehen.” Eine entsprechende Rechnung liegt den Unterlagen leider nicht bei.
LKA, Ulm Münsterbauhütte, 610
21. Mai 2020 | Andreas Butz | Genealogie, Kurioses
Im Bestand des Pfarrarchivs Hemmingen, das erst seit kurzem im Landeskirchlichen Archiv verwahrt wird, befindet sich auch ein Stammbaum des Adelsgeschlechts der Freiherren Varnbüler von Hemmingen, der die Angehörigen von etwa 1400 bis 1900 aufführt. Die auf Leinen aufgezogene Zusammenstellung hat die Maße von 106 x 132 cm. Teilweise enthalten die etwa 250 Einträge auch Biogramme der Personen. Ebenfalls enthalten ist ein Übersichtsplan über die Gräber der Adeligen, sowie auch über die Anordnung der Familiengemälde in der Ahnengalerie. Die Stammtafel wurde von Pfarrer Ernst Hoffmann erstellt, der von 1883 bis 1907 in Hemmingen tätig war. Das Geschlecht derer von Varnbüler war ursprünglich ein Bürgergeschlecht. Ein wichtiger Vertreter war Johann Konrad Varnbüler (1595-1657), der württembergische Gesandte zu den Verhandlungen des Westfälischen Friedens. Er wurde in Anerkennung seiner Dienste im Jahr 1650 von Herzog Eberhard III. mit dem Ritterort Hemmingen belehnt und erhielt vom Kaiser die Adelsbestätigung. Die Familie war für die Pfarrei nicht unbedeutend, denn bis ins 20. Jahrhundert hinein kam ihr im Wechsel mit Württemberg die Ernennung des Ortspfarrers zu (halbes Patronatsrecht). Das Schloss (heute das Rathaus der Kommune), die Laurentiuskirche, das Pfarrhaus und das evangelische Gemeindezentrum liegen nebeneinander.
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Standorte der Familien-Ölgemälde in der Ahnengalerie des Schlosses Hemmingen
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Stammbaum des Geschlechtes der Varnbühler
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Erläuterungen zur Stammtafel
18. Mai 2020 | Uwe Heizmann | Genealogie, Kurioses
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Michelfeld Eheregister S. 237
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S. 239
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S. 241
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S. 242
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S. 244
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S. 245
Im Eheregister der Pfarrei Michelfeld (Kirchenbezirk Schwäbisch Hall) sind in den Jahren 1609 bis 1612 neben neun Einträgen Symbole zu finden, die einen Kranz und eine „Gehörnte Hand” (mano cornuta) darstellen. Den meisten wird die „Gehörnte Hand” als Metal-Hand („Pommesgabel”) bekannt sein, jedoch hat sie in verschiedenen Zusammenhängen andere Bedeutung. Welche sie und der Kranz im Eheregister haben, wird erkennbar, wenn man im Taufregister nach dem jeweils ersten Kind der betroffenen Ehepaare schaut.
Für die Ehepaare, die am 19.11.1609 und 14.05.1611 geheiratet hatten, ist keine Taufe eines Kindes im Taufregister eingetragen. Hierfür kann es mehrere Gründe (z.B. Totgeburt, Wegzug) geben. Da im Michelfelder Taufregister eine Lücke zwischen dem 05.01.1612 und dem 20.06.1613 ist, erübrigt sich außerdem die Suche nach Taufeinträgen von Kindern der Ehepaare, deren Ehen am 01.03.1612, 02.03.1612 und 10.05.1612 geschlossen wurden. Fündig wird man aber für die Ehepaare, die am 22.05.1610, 05.08.1610, 26.08.1610 und 15.01.1611 getraut wurden. Deren jeweils erstes Kind wurde am 22.10.1610, 23.01.1611, 07.12.1610 bzw. 19.04.1611 getauft. Die Taufe fand üblicherweise entweder am Tag der Geburt oder ein oder zwei Tage danach statt. Die Kinder kamen also ungefähr fünf Monate, fünf Monate und 18 Tage, drei Monate und elf Tage sowie drei Monate und vier Tage nach der Hochzeit zur Welt.
Für andere Ehepaare, die in dem betrachteten Zeitraum geheiratet hatten und nicht durch Symbole markiert sind, können nur zwei Taufeinträge von Kindern gefunden werden.
Das eine Ehepaar hatte am 30.01.1610 geheiratet, das andere am 22.07.1610. Ihr erstes Kind wurden am 04.06.1611 bzw. 24.10.1611 getauft, also jeweils mehr als neun Monate nach der Hochzeit.
Auch wenn die Quellenlage recht schwach ist, kann es dennoch als wahrscheinlich angenommen werden, dass mit Kranz und „Gehörnter Hand” Ehepaare gekennzeichnet wurden, die aufgrund vorehelichen Geschlechtsverkehrs bereits bei der Hochzeit ein Kind erwarteten.
Hierbei steht der Kranz für einen Strohkranz, der den Verlust der Jungfräulichkeit symbolisierte. Bräute, die gegen die damaligen Moralvorstellungen verstießen, durften bei der Hochzeit – sofern sie einen Kranz trugen – nur einen Strohkranz tragen. In manchen Regionen mussten diese Frauen und ihre angehenden Männer mit einem Strohkranz markiert an drei Sonntagen nacheinander vor der Kirchentüre stehen und so Buße für ihr Vergehen ableisten.
Die „Gehörnte Hand” ist hier als ein Schutzzeichen zu betrachten, mit dem Unglück, das man durch sein Fehlverhalten heraufbeschworen hatte, abgewehrt werden sollte. Warum in zwei Fälle (26.08.1610 und 02.03.1612) die „Gehörnte Hand” zweimal vorkommt, bleibt ungeklärt.
Paare, die gegen die Moralvorstellung verstießen, mit derlei Symbolen zu markieren, ist eher selten. An anderen Orten findet man vielmehr eine Angabe wie z.B. „geboren drei Monate nach der Hochzeit” im Taufeintrag des Kindes oder die Angabe „frühe Beischläfer” bei den Eltern. Solche Angaben fehlen bei den betroffenen Kindern in Michelfeld.
Warum der damalige Pfarrer, Josef Bäuerlin (~ 04.11.1572 in Schwäbisch Hall, + 12.03.1613 ebenda), Pfarrer in Michelfeld von 1609 bis zu seinem Tod, diese Art der Markierung gewählt hatte, bleibt offen.
Auf dem Kirchenbuchportal Archion findet man die Einträge hier (Bild 127), die anderen Seite sind auf den Bildern 128 bis 131.
Das Kirchenbuch ist KB Michelfeld, Mischbuch 1609-1649 (= Band 2), E 1609-1632.
13. Mai 2020 | Alexander Staib | Bestand
In wenigen Tagen wird die Verzeichnung des Bestandes L 6 – die Jugendhilfe der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal – abgeschlossen werden: Insgesamt umfasst der Bestand 3809 Verzeichnungseinheiten auf rund 36,5 laufenden Metern, die zwischen 1824 und 2014 entstanden. Der Großteil der Überlieferung beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg und deckt den Zeitraum 1950 bis 1990 ab. Hauptsächlich stammen die Archivalien aus dem Hoffmannhaus Korntal und dem Hoffmannhaus Wilhelmsdorf; nur vereinzelt sind Unterlagen aus dem Flattichhaus Korntal vorhanden. Den Schwerpunkt der Überlieferung bilden die Akten ehemaliger Heimkinder und Mitarbeiter. Der Bestand L 6 bietet aber auch Einblicke in die Erziehungsarbeit und die Verwaltung der Kinderheime. In ihm sind unter anderem Zeugnisse, Bauangelegenheiten, Protokolle und Inventare der Kinderheime zu finden.
Die Geschichte der drei Heime führt ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Bettelende und verwaiste Kinder waren, aufgrund der Nachwirkungen der Napoleonischen Kriege und der Hungerjahre, ein weitverbreitetes Phänomen. Daher begann der Pietist Gottlieb Wilhelm Hoffmann 1823 mit dem Bau einer „Rettungs-Anstalt armer und verwahrloster Kinder zu Kornthal“. Den Entschluss hierzu fasste er im Jahr zuvor, als er ein bettelndes Kind in Korntal sah. Durch Spenden – unter anderem gab König Wilhelm I. von Württemberg 300 Gulden – wurde der Bau finanziert. Das Hoffmannhaus wurde noch im November desselben Jahres teilweise fertiggestellt und bot zehn Kindern Unterkunft. 1829 kam das Kleinkinderheim (Flattichhaus) hinzu. Im darauffolgenden Jahr wurde in Wilhelmsdorf, der Tochtergemeinde von Korntal, ein Kinderheim für 30 Jungen eröffnet. Nach und nach wurden die Anlagen erweitert und ausgebaut, sodass mehr Kinder aufgenommen werden konnten. Zwischen den Kinderheimen in Korntal und Wilhelmsdorf bestand für mehrere Jahrzehnte eine enge Verbindung.
Die Nutzung der Akten richtet sich nach den archivrechtlichen Bestimmungen: Personenbezogene Unterlagen sind in der Regel erst 120 Jahre nach der Geburt beziehungsweise 30 Jahre nach Tod allgemein zugänglich. Für die Betroffenen ist die Einsichtnahme in ihre Akte nach vorheriger Kontaktaufnahme jedoch möglich. Das Online-Findmittel des Bestandes finden Sie hier.
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Neubau Großes Kinderheim
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Kinderheime
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Kleinkinderheim
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Großes Schülerheim
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Wilhelmsdorf, Vorschlag zum Umbau 1920er Jahre
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Wilhelmsdorf Plan 1971-1972
11. Mai 2020 | Johannes Grützmacher | Bestand, Digitalisierung
Das Kriegsende war überall in Württemberg ein einschneidendes Erlebnis, eines, das nicht selten auf lokaler Ebene seine eigenen Mythen bildete.
Es verlief lokal höchst unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um zerstörte oder weniger zerstörte Orte handelte, ob die französischen oder amerikanischen Truppen kamen, wie stark die Partei in den jeweiligen Orten war; ganz viel hing davon ab, wie sich einzelne Personen in dieser Situation verhielten.
Schon direkt unter dem Eindruck der Ereignisse berichteten die Pfarrer an die Kirchenleitung, was in ihren Orten vorging. Später versuchte der Oberkirchenrat, eine flächendeckende Übersicht über das Kriegsende in Württemberg zu bekommen und ordnete an, Berichte über die NS-Zeit, das Kriegsende und die unmittelbare Nachkriegszeit zu verfassen. Daraus entstanden bis in die frühen 1950er-Jahre Hunderte von Berichten, die in einigen Fallen stattliche Chroniken wurden.
Dass diese Kriegschroniken keine objektiven Schilderungen sind, versteht sich von selbst, aber in der Dichte ihrer Überlieferung sind sie ein großartiger Schatz an Quellen. Diesen Schatz will das Landeskirchliche Archiv jetzt heben und hat die Digitalisierung der Kriegschroniken in Auftrag gegeben. Sobald diese abgeschlossen sind, wird das Landeskirchliche Archiv die Chroniken online bereitstellen.
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Rottenburg
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Hagelloch
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Grimmelfingen
7. Mai 2020 | Andreas Butz | Fotografie
Die Gewalt des Krieges machte auch vor den Gotteshäusern nicht Halt. Von den damals 30 evangelischen Kirchen Stuttgarts blieben nur zwei von dem Krieg verschont. Alle übrigen wurden zerstört oder schwer beschädigt. In der Bildersammlung des Landeskirchlichen Archivs finden sich einige Fotos von diesen Kirchen.
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Stiftskirche
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Rosenbergkirche
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Martinskirche
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Paul-Gerhardt-Kirche
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Leonhardskirche
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Matthäuskirche Heslach
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Berger Kirche
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Stiftskirche
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Johanneskirche (Feuersee)
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Berger Kirche
4. Mai 2020 | Andrea Kittel | Fotografie
Ein altes Hochzeitsbild. Freude sieht anders aus, denken Sie sicher. Und das Hochzeitskleid ist schwarz!? Das ist doch eigentlich die Farbe der Trauer! Was hat es damit auf sich?
Das Bild zeigt, wie sehr sich unsere Lebensweisen und auch unsere Sehgewohnheiten verändert haben.
Das Foto wurde um 1900 aufgenommen. In dieser Zeit war es in Württemberg üblich, im Festtagskleid zu heiraten – und das war schwarz. Diese Garnitur wurde geschont und nach Möglichkeit das ganze Leben immer wieder getragen. Sie war Kirchen-, Hochzeits-, Fest, Trauer- und oft auch Sterbekleid. Für die Hochzeit kamen bräutliche Accessoires hinzu: Myrtensträußchen, Brautkranz oder, wie auf dem Foto, eine kleine Brautkrone. Manche trugen statt dem Krönchen in dieser Zeit schon einen weißen Brautschleier. Das weiße Brautkleid kam erst in den 1920er Jahren in Mode.
Noch etwas irritiert: Warum schauen die beiden so ernst?
Dies ist auf fast allen Fotografien bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zu beobachten. In der Anfangszeit der Fotografie, im 19. Jahrhundert, lag es an der Technik. Die Fotoapparate waren schwer und umständlich zu handhaben. Fotografiert wurde nur bei wichtigen Anlässen. Wer ein Bild wollte, musste einen Fotografen kommen lassen, der mit seinem Kasten auf einem Stativ anrückte und beschichtete Glasplatten einlegte. Die Belichtungszeit dieser Apparate erstreckte sich über mehrere Sekunden, und so ist es naheliegend, dass die Gesichter vom langen Stillhalten etwas starr wurden.
Doch auch als sich um die Jahrhundertwende Handkameras mit Rollfilmen durchsetzen, und eine kürzere Belichtungszeit möglich wurde, blieb man beim ernsten Gesichtsausdruck. Lächeln war nicht üblich. Es galt die Auffassung, nur dumme Menschen grinsen und lächeln. Die Menschen früher sahen Fotos als wichtige Dokumente an, als unsterbliche Hinterlassenschaften des eigenen Selbst – und dieses Selbst sollte möglichst respektabel wirken.
Dem Habitus der Menschen war seit Anfang des 20. Jahrhunderts anzusehen, dass sie nun regelmäßig fotografiert wurden, bemerkte der Philosoph Walter Benjamin in seinem richtungsweisenden Werk zur Wirkung von Fotografie. Die Inszenierungen des Selbst konnten nunmehr festgehalten und Teil der Persönlichkeit werden. In diesem Sinne unterscheiden sich die Selfies und Instagram-Posen, die heute den vielen Social-Media-Nutzern Celebrity und Glamour verleihen sollen, vom Grundsatz her nicht von dem vorliegenden Hochzeitsfoto. Betrachtet man das Bild noch einmal genauer, meint man in den Blicken der Hochzeiter nicht nur Ernst, sondern auch eine verschmitzte Entschlossenheit wahrzunehmen: Die beiden gründen eine eigene Familie, haben eine neue Lebensstation erreicht, und der Stolz darauf soll bitteschön für die Nachwelt sichtbar festgehalten werden.
Foto: Hochzeitsbild, um 1900, Museale Sammlung im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart
30. April 2020 | Uwe Heizmann | Digitalisierung, Nachlass
In einer Zeit, in der Musik und Ton per Webstream oder auf Smartphones anhörbar und als mp3 oder in anderen Formaten speicherbar und selbst CDs fast schon veraltet sind, erscheinen Tonbänder wie Relikte aus einer vollkommen anderen Welt. Jedoch waren sie die Tonträger der 1950er bis Anfang der 1980er Jahre, bevor sie dann (schon in den 1970er Jahren beginnend) von der Kompaktkassette (Musikkassette) abgelöst wurden. Im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart sind etliche Tonbänder archiviert, die Tondokumente (z.B. Predigten, Jungmännertage) enthalten. Da die Gefahr besteht, dass sich die Tonbänder zersetzen und damit die darauf befindlichen Tondokumente unwiederbringlich verloren sind und es außerdem heutzutage schwierig ist, noch ein Tonbandgerät zum Abspielen der Tonbänder zu finden und dies auch nicht mehr zeitgemäß wäre, werden die Tondokumente digital gesichert. Dazu wird ein Tonbandgerät, das glückerweise ausgeliehen werden konnte, über eine externe Soundkarte an den Arbeits-PC angeschlossen und das Tonsignal mit einer Software aufgenommen, nachbearbeitet und als Audiodatei abgespeichert. Hierbei müssen unterschiedliche Aufnahmegeschwindigkeiten und Lautstärken sowie die Nutzung verschiedenen Tonspuren beachtet werden. Außerdem müssen die Tonköpfe des Tonbandgeräts regelmäßig gereinigt werden, damit die Tonqualität nicht leidet. Dies ist vor allem bei Tonbändern schlechter Qualität nötig, die beim Abspielen leider beginnen, sich aufzulösen und schwarzes Pulver (Eisenoxid oder Reineisenpulver) absondern. Die erstellten Audiodateien werden im digitalen Magazin archiviert und können auch durch Nutzer im Archiv oder online angehört werden.
Lesen Sie hier mehr zum Digitalen Langzeitarchiv.
27. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses
Am dritten Juni 2019 berichteten wir über Kriminalgeschichten aus dem Ulmer Münster. Dererlei Geschichten begegnen uns in unserem Archivmaterial häufig. Eine weitere Kriminalgeschichte mit Aktualitätsbezug behandelt den Diebstahl von Kupfer. Ob Kupferfallrohre an Gebäuden, Metall auf Lagerplätzen oder Baumaterial auf einer Baustelle – Kupfer ist heute ein begehrtes Diebesgut, und das war es offensichtlich auch schon früher. Ein Bericht zu einer Münsterbaukomiteesitzung am 12. September 1951 zur Sicherung und Erhaltung des Ulmer Münsters erläutert den damals an der Münsterbauhütte begangenen Kupferdiebstahl wie folgt: „In den Tagen vor Weihnachten, nachmittags zwischen 14 u. 15 Uhr, wurden durch drei schulpflichtige Knaben im Alter von 7 bis 12 Jahren, an vier Stellen (am Chor u. an der Südseite) die kupfernen Regenabfallrohre bis auf die Höhe von 2 m entwendet u. als Altkupfer veräussert. Ein Teil konnte wieder beigebracht werden. Als Ersatz sind Rohre aus verbleitem Blech angebracht u. im Kupferton gestrichen.” Es fällt schwer, die Kinder für ihre Tat zu verurteilen, betrachtet man doch die Tatzeit, wenige Jahre nach Kriegsende, als das Leben noch voller Entbehrungen für die gesamte Bevölkerung war. Ob Bubenstreich oder Verzweiflungstat, die Münsterbauhütte hatte ebenfalls mit Kriegsfolgen zu kämpfen und musste die gestohlenen Rohre durch minderwertigere Rohre, kupferfarben angestrichen, ersetzen.
LKA, A 129, 1213
23. April 2020 | Michael Bing | Aktenfund
Auch in früheren Zeiten war das gesellschaftliche und insbesondere kirchliche Leben durch Seuchen und Epidemien immer wieder kurzzeitig stark eingeschränkt, etwa während des 2. Weltkrieges oder in der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Öffentliche Versammlungen und die Abhaltung von Gottesdiensten wurden durch amtliche Anordnung kurzzeitig wegen des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche untersagt, Schulen und Kindergärten wegen des Auftretens der spinalen Kinderlähmung geschlossen, Reisen eingeschränkt, wie die ausgewählten Dokumente veranschaulichen. Auch damals gab es Diskussionen um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zum Schutz der Verbreitung der Krankheiten und mitunter der unterschiedliche Gewichtung dabei. So wurden 1941 in Leonberg wegen der Kinderlähmung Gottesdienste verboten, der Kinobetrieb wurde aber aufrecht erhalten, um wirtschaftlichen Schaden abzuhalten.
Dokumente aus Landeskirchliches Archiv, A 126.
20. April 2020 | Michael Bing | Kurioses, Quellenkunde
Auch die Konfirmation ist in diesem Frühjahr dem Corona-Virus zum Opfer gefallen und wurde auf den Herbst verlegt.
Das Landeskirchliche Archiv verwahrt die älteren Konfirmandenregister der einzelnen Kirchengemeinden, z.T. bis in die 1950er Jahre. Für die Vorbereitung von Goldenen Konfirmationen oder Beerdigungen muss immer wieder auf die älteren Register zurückgegriffen werden. Die Konfirmation wurde in Württemberg per herzoglichem Reskript vom 11.12.1722 eingeführt, die Konfirmandenregister beginnen 1723.
Bei einer Recherche für das Pfarramt Ettenhausen im Dekanatamt Blaubeuren fiel auf, dass im entsprechenden Konfirmandenregister für die Zeit von 1864 bis 1950 ab dem Jahre 1913 zu jedem Konfirmandenjahrgang ein Foto der Konfirmandengruppe eingeklebt war.
Dies ist leider nicht die Regel, eher die Ausnahme. Aber im konkreten Fall birgt das Konfirmandenregister einen regelrechten fotodokumentarischen Schatz des evangelischen Gemeindelebens.
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Reskript zur Einführung der Konfirmation 1722
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Konfirmandenregisters Ettenhausen 1864-1950
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Konfirmandenbüchlein für den Unterricht aus dem Jahre 1744
16. April 2020 | Andrea Kittel | Genealogie, Jubiläum
Heute vor 75 Jahren, am 16. April 1945, nur wenige Wochen vor Kriegsende, wurde Freudenstadt durch französische Bombenangriffe und Artilleriebeschuss großflächig zerstört. Feuer breitete sich ungehindert in der Innenstadt aus und erfasste auch die Stadtkirche mit den in der Pfarrei befindlichen historischen Tauf-, Ehe- und Sterberegistern. Durch Abschriften dieser Kirchenbücher sind die Daten weitgehend erhalten geblieben und können heute von Familienforschern beim Kirchenbuchportal Archion eingesehen werden.
Die originalen Kirchenbücher (siehe Bild) wurden damals geborgen. Später wurden die verkohlten Bücher ins Landeskirchliche Archiv verbracht, in der Hoffnung, dass es die Technik irgendwann möglich machen wird, sie zu lesen.
15. April 2020 | Norbert Haag | Jubiläum
„Der Reichsbischof ist durch das Vertrauen des Führers im Amt, trotz oder wegen des Widerspruchs dieser paar südwestdeutschen Herren. Daraus ergibt sich für mich: Jeder, der – auch im sog. rein kirchlichen Interesse – gegen den Reichsbischof kämpft, kämpft gegen den Führer und ist ein Feind des Staates. Und wenn der Reichsbischof […] vom Teufel eingesetzt wäre, so muß er Reichsbischof bleiben, solange es der Führer will“.
Diese Worte fielen am 16. April 1934 in einer privaten Unterredung eines württembergischen Geistlichen mit Reichsstatthalter Wilhelm Murr. Einen Tag zuvor, am 15. April, waren ungebetene Gäste in Stuttgart eingetroffen, Reichsbischof Ludwig Müller und der kurz vor zum Mitglied seines Geistlichen Ministeriums ernannten Jurist August Jäger. Beide versuchten nichts mehr und nichts weniger, als die vermeintliche Gunst der Stunde zu nutzen, konkret: Landesbischof Theophil Wurm wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei der Verabschiedung des kirchlichen Haushalts zu schwächen, wenn möglich durch eine kommissarische Kirchenleitung zu ersetzen. Die an Dramatik kaum zu überbietenden Sitzungen im Dienstgebäude des Oberkirchenrats am Alten Postplatz endeten damit, dass Jäger am 15 April, gegen 11 Uhr nachts, eine bereits gedruckte Verordnung zur Regelung der kirchlichen Lage innerhalb der Landeskirche in Württemberg präsentierte, der zufolge bis auf Weiteres die Einberufung des Landeskirchentages und seines Ständigen Ausschusses dem Reichsbischof zuerkannt wurde. Die bereits anberaumte Tagung des Landeskirchentages zur endgültigen Verabschiedung des Haushalts wurde vom 16. April auf den 11. Juni verschoben, zudem über das Radio die gezielte Falschmeldung verbreitet, Müller habe den württembergischen Landesbischof zur Nachgiebigkeit ermahnt und in der Landeskirche selbst Ruhe und Ordnung wiederhergestellt. Damit waren die Auseinandersetzungen um die Eingliederung der Landeskirche auch in Württemberg eröffnet.
Was der Reichsbischof und sein juristischer Berater im April 1934 erreichen sollten, war das genaue Gegenteil dessen, was sie beabsichtigt hatten. Die päpstliche Gewaltherrschaft (so die Wortwahl in einem Protestschreiben aus einer Kirchengemeinde), die ihre Hand nunmehr auch auf die württembergische Landeskirche zu legen drohe, führte zu Massenprotesten im ganzen Land. Sie zu leugnen, war auch den Gegnern Wurms nicht möglich. Es sind in den letzten Tagen eine Unmasse von Vertrauenskundgebungen für den Herrn Landesbischof Wurm bei allen möglichen Stellen des Reiches, des Staates, der Reichskirchenleitung auch bei mir eingegangen, musste ein prominentes Mitglied der Deutschen Christen Württembergs einräumen. Landesbischof Theophil Wurm wurde von Vertrauenskundgebungen geradezu überschüttet. Und wer in diesen Briefen und Telegrammen blättere, so der kurz nach den Ereignissen vom April ins Leben gerufene Informationsdienst Die Stimme der Gemeinde, der gewahrt noch etwas, das auf eine tiefe Verbundenheit zwischen Bischof und Gemeinde hinweist: es wird für ihn gebetet!“.
Wenn wir heute, mehr als 80 Jahre nach dem April 1934, auf die Zeit des sog. Kirchenkampfes zurückblicken, dann wird manchem der Ulmer Bekenntnistag (22. April 1934) in den Sinn kommen, wo erstmals die rechtmäßige evangelische Kirche Deutschlands ihre Stimme erhob. Viele werden der Barmer Theologischen Erklärung gedenken, die am 31. Mai 1934 von der ersten Bekenntnissynode von all jenen angenommen wurde, die sich im Widerstand gegen die Deutschen Christen und die Kirchenpolitik des NS-Staates geeint wussten. Ob jedoch auch noch ein Wissen darüber vorhanden ist, wie sehr die einfachen Christen in Stadt und Land dazu beitrugen, die mehrfachen Gleichschaltungsversuche der württembergischen Landeskirche zu verhindern, dürfte eher fraglich sein. Diese Widerständigkeit von unten ist es aber wert, erinnert zu werden.
Eine Überblicksdarstellung über die Württembergische Landeskirche und den Nationalsozialismus finden Sie hier auf Württembergische Kirchengeschichte Online.
Beitragsbild: Landesbischof Theophil Wurm (1868-1953), Landeskirchliches Archiv Stuttgart
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Notverordnung vom 15.4.1934, Landeskirchliches Archiv Stuttgart
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Protestschreiben des Kirchengemeinderats von Nellingen auf den Fildern vom 18.4.1934, Landeskirchliches Archiv Stuttgart
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Schreiben von Landesbischof Wurm an Reichsbischof Müller vom 20.4.1934, Landeskirchliches Archiv Stuttgart
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Seite 2 des Schreibens vom 20.4.1934
14. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses, Restaurierung
Der Beruf eines Archivars/einer Archivarin klingt im Allgemeinen eher unaufgeregt. Allenfalls die „Einholung” scheint etwas Abwechslung zu bieten, wenn Archivare unterwegs sind und Archivgut von Dachböden holen und in das Archivmagazin transportieren. Hier kann man sich vorstellen, dass die Gefahr von Schimmelsporen und Viren allgegenwärtig ist. Aber auch die „Verzeichnung” sorgt immer wieder für Überraschungen. Hier sichtet der Archivar/die Archivarin das in das Magazin oder einen gesonderten Raum verbrachte, eingeholte Archivgut, gibt ihm Namen und Nummern und verpackt es säurefrei, damit es der Nachwelt noch lange erhalten bleiben kann. Eine böse Überraschung lauerte in einer Akte des Bestands „Ulmer Münsterbauhütte”. Bei Sichtung dieser Akte wurde ein starker Teergeruch deutlich, schnell stand fest, woher dieser kam: Zwischen den Seiten des Schriftverkehrs hatten vermutlich ehemalige Mitarbeiter des Münsterbauamts sogenannte Asphaltpappe gelegt, Musterbeispiele für Dachplatten. Die Akte beschäftigt sich mit dem Neubau einer transportablen Notkirche und der Martinskirche in Ulm, für die die Musterbeispiele allem Anschein nach bestimmt waren. Der Aufregungsherd selbst konnte schnell beseitigt werden und die betroffene Archivarin wieder zu ihrer Arbeit zurückkehren.
LKA, Ulm Münsterbauhütte, 606
8. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kunstgeschichte, Kurioses
Jeder hat es schon einmal erlebt, ob in der Schule, bei Meetings oder während des Telefonierens – es stellt sich das Gefühl von Langeweile ein oder die Konzentration schwindet und man beginnt, vor sich hin zu kritzeln auf allem, was man gerade vor sich liegen hat. Solch eine wahrscheinlich langwierige und die Konzentration schwinden lassende Sitzung muss die Sitzung des Gesamtkirchengemeinderats Ulms am 30. März 1926 gewesen sein. Ein Fundstück aus der Akte Ulm Münsterbauhütte Nr. 629 zeigt kleine Skizzen und Zeichnungen auf dem Tagesordnungsprotokoll dieser Sitzung. Auch die Rückseite des Schriftstücks blieb nicht verschont. Ob es Münsterbaumeister Friederich war, der diese Zeichnungen anfertigte, bleibt Spekulation. Einen hohen zeichnerischen Wert besitzen sie dennoch und verschönern das Schriftgut ungemein.
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Vorderseite
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Rückseite
6. April 2020 | Birgitta Häberer | Aktenfund, Genealogie, Kurioses
Gelegentlich finden sich in Kirchenbüchern sogenannte Memorabilien, also Notizen erinnerungswürdiger Ereignisse. Die hier vorgestellte wurde von Pfarrer Christian Friedrich Wolff (1761-1829), der die Pfarrstelle Belsenberg im Dekanat Künzelsau von 1800 bis 1823 innehatte, verfasst. Um eine drohende Pockenepidemie in seiner Pfarrgemeinde einzudämmen, ließ er das damals noch ganz neue Impfverfahren mit Kuhpocken zunächst in seiner eigenen Familie testen. Als dies gut gelang ließen sich weitere Bewohner Belsenbergs und seiner Filialen, sowie auch in Hermutshausen gegen die lebensgefährliche, ansteckende Krankheit impfen. Vermutlich hat er mit diesem Beispiel einige Menschenleben gerettet. Ein mutiger und fortschrittlicher Mann.
Bei seinen Zwillingen handelt es sich um sein 5. und 6. Kind aus seiner Ehe mit der Pfarrerstochter Rosina Magdalena Sophia geb. Fürer. Die beiden Kinder Eleonora Dorothea Magdalena und Christian Karl waren am 21. Februar 1800 noch in Bächlingen, seiner vorherigen Pfarrstelle, geborenen und getauft worden.
An „Blattern“ (Pocken), dieser Jahrtausende alten Krankheit, starben bis zum Ende des 18. Jhdts. noch bis zu 10 % aller Kleinkinder. Ab dem 18. Jhdt. häuften sich die Pockenfälle und lösten die Pest als schlimmste Krankheit ab. Nach Schätzungen infizierten sich jedes Jahr bis zu 400.000 Menschen. Die letzte bekannte Pockenerkrankung in Deutschland ist für das Jahr 1972 belegt. Durch gezielte und konsequente Impfpolitik konnte die Welt im Jahr 1980 jedoch für pockenfrei erklärt werden.
Transkription des Eintrags:
Merkwürdigkeiten
Welche sich in der Pfarrei zugetragen.
Im Sommer 1801 fiengen die gewöhnlichen Blattern in der Pfarrei an,
um sich reisen zu wollen. Aber ihren Verheerungen wurde dadurch
bald Einhalt gethan, daß sich viele Eltern, nachdem ich ihnen bei
meinen Zwillingskindern mit meinem Beispiel vorangegangen
war, entschlosen, ihren Kindern die Kuhpocken einimpfen zu lassen.
Die Zahl der Vaccinirten [= Geimpften] war in Belsenberg, Siegel- und Rodachshof
zusammen 45 und in Hermuthausen 8. Auch bewährte sich die Heilsam-
keit dieser neuen Erfindung dadurch genug, daß kein einziges der
Vaccinirten von denen angesteckt wurde, welche die gewöhnlichen Blat-
tern hatten, ob sie gleich viel mit diesen umgiengen und sogar eines
darunter bei einem der Letzteren schlief.
Aus: Mischbuch 1788-1808 von Belsenberg (Dekanat Künzelsau). Direktlink zur Kirchenbuchseite bei Archion: hier klicken.
2. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses
Stilvolles Eichenfenster mit Butzenverglasung, diese Beschreibung liest sich wie die Darstellung in einem Möbelkatalog. Das dachte sich wohl auch ein Baurat aus Ulm über ein solches Fenster, das im südlichen Chorturm des Ulmer Münsters gegen das Innere des südlichen Seitenschiffs angebracht war, um Schäden durch Zugluft durch die eingerichtete Dampfheizung zu vermeiden. Kurzerhand ließ er es ausbauen und verwendete es für seine Wohnung als Vorfenster, nicht, ohne es zuvor in der Schreinerei der Münsterbauhütte für diesen Zweck umgestalten zu lassen. Damit war es für seinen ursprünglichen Zweck zerstört. Wann und wie die Entwendung des Fensters aufgefallen ist, wissen wir nicht. Das Vorgehen des Übeltäters wurde allerdings bei einer Sitzung des Gesamtkirchengemeinderats im Januar 1926 behandelt und es wurde beschlossen: „Das eigenmächtige und eigennützige Vorgehen aufs schärfste zu verurteilen.” Was dies konkret bedeutete, bleibt Spekulation.
LKA, Ulm Münsterbauhütte, 396
31. März 2020 | Michael Bing | Restaurierung
Das Landeskirchliche Archiv hat seine vorhandenen 40 Atemschutzmasken der Stabsstelle Bürgerliches Engagement der Stadt Stuttgart, welche diese gegenwärtig in der Corona-Krise zentral sammelt und an Arztpraxen verteilt, übergeben.
Warum verfügen Archive aber überhaupt über solche in der gegenwärtigen Zeit so wichtigen und kaum verfügbaren Schutzmasken?
Archiv und Bibliothek der Evangelischen Landeskirche in Württemberg sind als landeskirchliche Einrichtungen zuständig für Archiv- und Bibliotheksgut aller kirchlichen Dienststellen, Werke, Einrichtungen und Vereine innerhalb der Landeskirche.
Da solche Stellen, insbesondere die Pfarrämter in der Regel nicht die räumlichen, personellen und infrastrukturellen Voraussetzungen haben, ein eigenes Archiv zu unterhalten, bietet das Landeskirchliche Archiv die Möglichkeit, diese Archive zentral zu verwahren und zu verwalten. Der physische Zustand der einzuholenden Archive vor Ort ist unterschiedlich; nahezu bei jedem der Archive ist allerdings aufgrund der schlechten Lagerungsbedingungen mit mikrobiell kontaminiertem Material zu rechnen, und somit auch mit einer potenziellen Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter/innen, die mit der Aufgabe betraut sind, das Archiv- und Bibliotheksgut zu sichten und in das Landeskirchliche Archiv zu verbringen.
Eine erhebliche gesundheitliche Gefährdung kann sich durch sensibilisierende oder toxische, aber auch durch infektiöse Wirkungen der Schimmelpilze und Bakterien ergeben.
Eine gesundheitliche Gefährdung kann zudem vom Hantavirus ausgehen, der sich über Mäuse- und Rattenkot und –urin überträgt.
Daher tragen unsere Mitarbeitenden v.a. bei Außendiensten geeignete Schutzhandschuhe nach DIN EN 455, partikelfiltrierende Schutzmasken FFP 2 bzw. FFP 3, eine Schutzbrille sowie Schutzkleidung.
30. März 2020 | Andreas Butz | Digitalisierung, Genealogie
Die Entwicklung von Archion seit dem Start im März 2015 kann sich durchaus sehen lassen. Inzwischen sind 22 Landeskirchen mit dabei und etwa 100.000 Kirchenbücher online. Durch die Digitalisierung der Kirchenbücher und ihre Präsentation im Internet hat sich die Nutzung dieser relevanten und stark genutzten Quelle erheblich erleichtert. Die württembergische Landeskirche war ja auch von Anfang an am Start und hat an das Projekt geglaubt. Archion nimmt den Jubel zur halben Dekade seiner Existenz auch zum Anlass für eine Rabattaktion, für alle, die die Möglichkeiten der Kirchenbuchdatenbank kennenlernen wollen. Näheres zur Rabattaktion erfahren Sie hier.
25. März 2020 | Dorothea Besch | Allgemein
Einen Überblick über die Geschichte des Diakonischen Werks Württemberg befindet sich nun auf Württembergische Kirchengeschichte Online. Das Diakonische Werk Württemberg besteht unter diesem Namen seit 1970 und ist aus den beiden Säulen „Landesverband der Inneren Mission in Württemberg“ und „Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Württemberg“ hervorgegangen. Der Landesverband der Inneren Mission wurde vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 gegründet, das Hilfswerk entstand nach dem Zweiten Weltkrieg im August 1945 als unmittelbare Folge von Krieg und Vertreibung. Beide Werke hatten es sich zur Aufgabe gemacht, aus christlicher Überzeugung für Notleidende zu sorgen. Unter dem Dach der Inneren Mission versammelten sich neben Vereinen und Verbänden wie z.B. der „Evangelische Verband für die weibliche Jugend“, verschiedene Einrichtungen, die aus der Kinderrettungshaus-Bewegung, der Krankenpflege oder Gefährdetenfürsorge kamen. Das Hilfswerk kümmerte sich um Flüchtlinge und Vertriebene, baute Kinder-, Jugend- und Altenheime, und versuchte Kriegsversehrten eine Perspektive durch arbeitstherapeutische Maßnahmen in speziell erbauten Versehrtenheimen zu ermöglichen. Da beide Werke in ähnlichen Arbeitsfeldern tätig waren, wurde 1950 die „Arbeitsgemeinschaft der diakonischen Werke in der Evangelischen Landeskirche Württemberg“ gegründet und somit die Weichen für eine spätere Fusion gestellt. Das Hilfswerk engagierte sich in einer Patenschaft mit der Thüringer Landeskirche, baute in Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Siedlungswerk zahlreiche Wohnungen und Häuser für Flüchtlinge und Vertriebene. Zudem kamen für die in den 1960er Jahren angeworbenen Gastarbeiter Sprachkurse hinzu, die eine Integration in die westdeutsche Gesellschaft erleichtern sollten. Mit der Fusion zum Diakonischen Werk zum Jahresbeginn 1970 wurden die traditionsreichen Arbeitsgebiete der Gemeindekrankenpflege, Erziehungs-, und Altenhilfe weiter ausgebaut. Hinzu kamen die Bereiche der Betreuung von Zivildienstleistenden und Initiierung von Fortbildungsmaßnahmen für Mitarbeitende.
Im Dachverband des Diakonischen Werks Württemberg sind heute, im Jahr 2020, 1400 Einrichtungen angeschlossen. Dabei werden 270 000 Menschen in Beratungsstellen und Heimen betreut. Für die Hilfe bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die Pflege von alten und behinderten Menschen, die Betreuung von Wohnungslosen und Suchtkranken ist das Diakonische Werk Württemberg heute genauso wichtig wie damals ihre Vorgängerinstitution, die Inneren Mission, vor mehr als 100 Jahren.
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Evangelisches Erziehungsheim Stammheim bei Calw (Schwarzwald), ca. 1930 Aus: Bildertasche der Graph. Kunstanstalt Kettling und Krüger. LKAS, Bildersammlung, U 909,2
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Hilfswerksiedlung Kleinglattbach bei Vaihingen/ Enz. Häuser im Rohbau, 1957 Landeskirchliches Archiv Stuttgart, Bildersammlung, Nr. 9645
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Paketesammlung des Hilfswerks für die SBZ, 1953 Landeskirchliches Archiv Stuttgart, Bildersammlung, U 943,1
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Knabenheimschule Kleinglattbach, Orchesterspiel im Freien Landeskirchliches Archiv Stuttgart, Bildersammlung, U 901,5
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Die Wanderausstellung “Wer wir sind”. Blick auf eines der Ausstellungsmodule. Sommer 1948 Landeskirchliches Archiv Stuttgart, Bildersammlung, U 954,10
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Taubstummenanstalt Höchsten, Wilhelmsdorf, ca. 1940 LKAS, Bildersammlung Zieglersche Anstalten
20. März 2020 | Michael Bing | Aktenfund
Vor 25o Jahren wurde am 20. März 1770 der Dichter Friedrich Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Mitunter vielleicht nicht mehr so in Erinnerung ist, dass Hölderlin auf Wunsch seiner Mutter, der Pfarrerstochter Johanna Christiana Heyn, Pfarrer hätte werden sollen. Und so besuchte Hölderlin von 1784 bis 1788 die Klosterschulen in Denkendorf und Maulbronn, um anschließend als Stipendiat im Stift in Tübingen Theologie zu studieren. Hölderlin sah sich jedoch mehr als Dichter, blieb aber trotz seiner starken Abneigung gegen den Theologenberuf bis 1793 am Stift, wo er Freundschaft schloss mit den späteren Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling.
Im Landeskirchlichen Archiv verwahren wir aus der Zeit mehrere Zeugnisbücher mit den Examenszeugnissen der württembergischen Kirchendiener.
Die Promotion schloss Hölderlin 1793 mit einem insgesamt guten Zeugnis als 6. Bester, zwei Plätze hinter Hegel ab. Es wird ihm unter anderem eine gute Gesundheit, ein ausgeprägtes Urteilsvermögen, eine zuverlässige Erinnerungskraft und eine leicht leserliche Schrift bescheinigt.
Die theologischen Studien hat er mit großem Erfolg betrieben, seine Predigten hält er in dezenter Vortragsweise. Bezeichnend für Hölderlins weiteren Lebensweg ist aber folgende in lateinischer Sprache gefasste Einschätzung im Zeugniseintrag: „Er pflegt beständig die Philologie, im besonderen das Griechische, die Philosophie, im besonderen Kant und die schöngeistige Literatur.“
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Schattenriss von Friedrich Hölderlin als Magister 1790, LKAS, Bildersammlung, Nr. 3211
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LKAS, A 13, Nr. 1.
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16. März 2020 | Sabine Tomas | Kurioses
Minimax-Feuerlöschgerät. Foto: Andreas Praefcke
Foto: Andreas Praefcke
Man stelle sich vor, ein Brand bricht aus, im eigenen Haus. Man greift zum Feuerlöscher und kann den Brand löschen. Erleichterung macht sich breit. Und was folgt als nächstes? Man schreibt der Herstellerfirma des Feuerlöschers einen Brief. „Wer macht denn sowas?”, mag sich nun der ein oder andere Leser denken. Ein Mitglied der Geschäftsführung der Armen-Heilanstalt Paulinenhilfe hat 1920 genau das getan. Nachdem eine seiner angestellten Schwestern mit dem sogenannten „Minimax” einen anschwellenden Torfbrand im Heizungsraum gelöscht hatte, war einer ihrer Vorgesetzten so erfreut über den Ausgang der Situation und das gute Funktionieren des Geräts gewesen, dass er der Herstellerfirma gleich einen Brief schrieb. Darin schildert er die Situation wie folgt: „Im Erdgeschoss hatte sich Torf, der im Heizungsraum zum Trocknen aufgeschichtet worden war, entzündet und einen ganz kolosalen [sic] Rauch entwickelt. Die leitende Schwester griff sofort nach dem Minimaxapparat und hatte in der denkbar kürzesten Zeit den Rauch vertilgt und das Feuer bemeistert. Ich beehre mich daher, Ihnen im Namen des Verwaltungsrates unsere vollste Anerkennung über die Leistungsfähigkeit auszusprechen, deren glänzenden Erfolg wir nun im eigenen Haus erfahren haben.”
Während Hersteller heutzutage peinlichst darauf bedacht sind, einer Anklage wegen des Defekts oder einer vom Herstellerversprechen abweichenden Funktion eines Gerätes zu entgehen, waren die Produktnutzer früher offensichtlich sehr viel einfacher zufrieden zu stellen. Da musste das Gerät nur die versprochene Leistung erbringen und die Dankbarkeit der Nutzer war dem Hersteller gewiss. Natürlich schrieb das betreffende Verwaltungsratsmitglied die Herstellerfirma nicht ganz ohne Eigennutz an. Das nun leere Feuerlöschgerät musste wieder befüllt werden, daher erinnerte er die Produktionsfirma an ihr Versprechen einer gratis Nachfüllung. Bei so einer netten Lobeshymne können wir uns kaum vorstellen, dass der Hersteller dieser Bitte nicht nachgekommen ist.
Quelle: Ulm, Münsterbauhütte, 543
9. März 2020 | Andrea Kittel | Veranstaltung
Archiv und Zentralbibliothek der Evangelischen Landeskirche in Württemberg haben am vergangenen Samstag 7. März den bundesweiten Tag der Archive zum Anlass genommen, um ihre Pforten für ein breites Publikum zu öffnen und über Ihre Angebote zu informieren.
Das Interesse an dem dargebotenen Programm war groß. Mehr als 100 Besucherinnen und Besucher kamen – teils aus Neugier, teils mit konkreten Fragen zu den Buch- und Archivbeständen oder zur Familienforschung.
Entsprechenden Andrang gab es bei den Führungen durch Archiv und Bibliothek sowie am Stand des Kirchenbuchportals Archion. Eine Ausstellung präsentierte Quellen und Objekte zum Thema „Kommunikationsmedien in Zeiten von Krieg und Neubeginn“ und bei einer Lesung aus Feldpostbriefen konnte das Schicksal eines Diakons im zweiten Weltrieg nachverfolgt werden. Darüber hinaus wurden die digitalen Sammlungen der Bibliothek und das Internetportal „Württembergische Kirchengeschichte Online“ vorgestellt.
Auch die recht zahlreich erschienenen Kinder kamen auf ihre Kosten: Sie durften Papier marmorieren, in alter Schrift schreiben lernen oder den Stammbaum ihrer Familie zusammenstellen.
Allen Beteiligten hat dieser Tag Spaß gemacht.
Impressionen vom Tag der offenen Tür von Archiv und Zentralbibliothek der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Fotos: Landeskirchliches Archiv
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Archivführung durch das Magazin des Archivs
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Archivführung
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Bibliotheksführung
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Lesung aus den Briefen eines Diakons der Karlshöhe
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Lesung
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Blick in den Lesesaal mit Austellungsvitrinen
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Ausstellung zu Kommunikationsmedien
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Stand von Archion
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Kinder beim Lernen alter Handschriften
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Schreiben mit Hilfe der Schrifttafel Deutsche Schrift
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Junge Besucher beim Marmorieren
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Marmorier-Kunstwerke
2. März 2020 | Uwe Heizmann | Nachlass
„Ich mußte mich sehr an die Hakenkreuzfahne gewöhnen, sie tat meinem Auge fast körperlich weh, und das Unnatürliche des Hitlergrußes konnte ich nur schwer auch nur einigermaßen überwinden. […] Ich habe mich oft gefragt, schon während der Kampfzeit, warum ich mich nicht zum Nationalsozialismus bekennen kann, trotzdem er so viel Gutes will und tapfere Menschen in seinen Reihen hat und viel äußeren Erfolg und gewaltige Leistungen aufweisen kann. […] Während des Jubels in Potsdam, am 21. März 1933, sah ich schmerzhaft deutlich die kommende Enttäuschung und neues Blutvergießen und mußte es in etlichen Versen niederschreiben.“
Dieser Eintrag vom September 1935 aus dem Tagebuch des Herrenberger Dekans Theodor Haug ist in einer Veröffentlichung von 2007 zu finden.[*] Inzwischen ist das Tagebuch des Dekans jedoch nicht mehr auffindbar. Dieses Beispiel spiegelt den Wert, aber auch die Problematik von privaten Nachlässen wider.
Private Nachlässe können u.a. Tagebücher und andere handschriftliche Bücher, Vortrag- und Predigtmanuskripte, Lebenserinnerungen, Zeugnisse, Korrespondenz oder Materialsammlungen zu bestimmten Themen enthalten. In Nachlässen aus jüngerer Zeit findet man auch Tonbänder, Kassetten und Dateien auf verschiedenen Datenträgern. Diese privaten Unterlagen wurden von der jeweiligen Person meist nur für persönlichen Zwecke angelegt. Vielfach können sie deshalb Informationen enthalten, die z.B. in Schreiben an offizielle Stellen nicht vorhanden sind. In privaten Unterlagen ist das Geschehen aus der Sicht der beteiligten Personen darstellt, wodurch diese Nachlässe eine wertvolle Ergänzung zur amtlichen Überlieferung sind. Unabhängig davon sind Nachlässe eine zentrale Quelle über Leben und Umfeld der jeweiligen Person und können Informationen bieten, die in amtlichen Unterlagen nicht vorliegen. Wegen ihres vielfältigen und unterschiedlichen Materials bieten Nachlässe umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten und Informationen, die die Angaben anderer Quellen ergänzen.
Bei Unterlangen in Privatbesitz besteht jedoch die Gefahr, dass sie nach Ableben der jeweiligen Person verloren gehen. Dies kann aufgrund Unkenntnis über ihren Wert geschehen, aber auch aus Unwissenheit darüber, wer diese Unterlagen übernehmen kann. Das Landeskirchliche Archiv Stuttgart übernimmt zur dauerhaften Aufbewahrung (Archivierung) Unterlagen von Privatpersonen des kirchlichen Lebens, d.h. von Personen, die für die Evangelische Landeskirche in Württemberg tätig sind bzw. waren oder mit der Landeskirche auf andere Weise verbunden sind bzw. waren. Das Landeskirchliche Archiv archiviert in erster Linie amtliche Unterlagen der Landessynode, des Oberkirchenrats und anderer landeskirchlicher Stellen, wie z.B. Dekanate oder Pfarrämter, sowie anderer kirchlicher Körperschaften und Einrichtungen. Mit der Archivierung von Nachlässen kann das Landeskirchliche Archiv die amtliche Überlieferung auf sinnvolle und wertvolle Weise ergänzen. Das Landeskirchliche Archiv übernimmt auch private Unterlagen bereits zu Lebzeiten der betroffenen Person (hier spricht man dann von „Vorlass“).
Das Landeskirchliche Archiv hat bereits im Mai 2019 einen Aufruf veröffentlicht, um Nachlässe und historische interessante Unterlagen zu erwerben und sie für die Forschung dauerhaft zu sichern. Aufgrund dieses Aufrufes konnten einige interessante Nachlässe bzw. Unterlagen übernommen werden. Unter den übernommenen Unterlagen befindet sich mit dem Stammbuch des späteren Pfarrers Jakob Ferdinand Immanuel Ruoff von ca. 1785 eine nicht nur für die personenbezogene, sondern auch für die Sozialgeschichtsforschung wertvolles Archivgut aus dem 18. Jahrhundert. Etwas jünger, nämlich aus der Zeit um 1820, aber nicht weniger interessant, ist eine zweibändige, handschriftliche Sammlung von Mathematikaufgaben samt Lösung des Pfarrers Nathanael Gottlieb Renz, der sich auch mit mechanischen Arbeiten beschäftige. Ebenfalls im 19. Jahrhundert beginnend, aber auch ins 20. Jahrhundert hineinreichend, ist der Nachlass von Alexander Friedrich und Helene Weitbrecht, der nicht nur Dokumente eines Pfarrers, sondern auch Unterlagen der Ehefrau enthält. Ein Nachlass allein aus dem 20. Jahrhundert ist der von Martin Hermann, der v.a. Schriftgut im Zusammenhang mit Hermanns Tätigkeit in der Gesangbuchkommission beinhaltet. Mit dem Nachlass von Christoph Scheytt ist eine umfangreiche Sammlung von Predigten aus dem vergangenen und vom Beginn des aktuellen Jahrhunderts überliefert. Weitere Predigten verschiedener Pfarrer aus den 1970er und 1980er Jahren wurden dem Archiv auf zahlreichen Tonbändern und Audiokassetten übergeben. Außerdem erhielt das Archiv eine umfangreiche Sammlung von Fotografien aus dem Heiligen Land aus den 1950er und 1960er Jahren.
Das Landeskirchliche Archiv ist weiterhin an Nachlässen interessiert und möchte mit diesem Aufruf darauf aufmerksam machen. Dieser Aufruf richtet sich jedoch nicht nur an Pfarrer*innen und andere, für die Landeskirche tätige oder mit ihr verbundene Personen bzw. deren Angehörige, sondern auch an andere Personen, die im Besitz solcher Nachlässe bzw. auch einzelner Teile davon sind oder andere, möglicherweise interessante historische Unterlagen mit kirchlichem Bezug besitzen.
Unterlagen, die nicht eindeutig zugeordnet werden können, wie auch handschriftliche, vom Laien nicht lesbare Bücher, können Mitarbeitenden des Archivs gerne in Augenschein nehmen und eine Empfehlung abgeben, was damit getan werden sollte.
Gedruckte Bücher, auch solche aus dem 19. und vom Anfang des 20. Jahrhunderts, sind nicht Ziel des Aufrufes.
Kontakt: Uwe Heizmann, M.A., uwe.heizmann@elk-wue.de, 0711 2149 662, Landeskirchliches Archiv Stuttgart, Balinger Straße 33/1, 70567 Stuttgart
[*] Haag, Norbert: Protestantisches Milieu in der Provinz. Das württembergische Dekanat Herrenberg 1918 bis 1945. Epfendorf 2007, S. 143f.
24. Februar 2020 | Andreas Butz | Veranstaltung
Archiv und Zentralbibliothek der Evangelischen Landeskirche in Württemberg laden am Samstag, 7. März 2020 zu einem Tag der offenen Tür ein.
Anlass ist der an diesem Wochenende bundesweit stattfindende Tag der Archive.
Das Programm steht unter dem Motto „Papierknappheit und Strahlenbrief. Kommunikation und Medien in Zeiten von Krieg und Neubeginn“.
Da sich in diesem Jahr das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal jährt, werden Medien zwischen 1939 und 1959 in einer Ausstellung mit dem Titel „Briefe, Plakate, Rundfunksendungen in Zeiten von Krieg und Neubeginn.“ genauer in den Blick genommen.
Desweiteren gibt es Führungen durch Archiv und Bibliothek und Informationen für Familienforscher durch das Kirchenbuchportal Archion. Vorgestellt werden darüber hinaus die digitalen Sammlungen der Bibliothek und das Internetportal „Württembergische Kirchengeschichte Online“.
Auch für Kinder ist ein Programm vorbereitet: Sie können selbst Papier marmorieren, in alter Schrift schreiben lernen oder den Stammbaum ihrer Familie zusammenstellen.
Wann: Samstag, 7. März 2020
13 – 17 Uhr
Wo: Archiv und Zentralbibliothek der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Balinger Str. 33/1
70567 Stuttgart-Möhringen
Infos: www.archiv.elk-wue.de
0711/2149-373
0711/2149-442
Kontakt: Andrea.Kittel@elk-wue.de
Titelbild: Letzter Tag der offenen Tür.
17. Februar 2020 | Andrea Kittel | Ausstellung, Museale Sammlung
Unter diesem Titel ist zurzeit in den Vitrinen im Foyer des Evangelischen Oberkirchenrates in Stuttgart eine Ausstellung zu sehen.
Dinge sind vieldeutig. Optisch stehen sie für sich selbst, doch ihre Bedeutung kann meist erst durch zusätzliche Informationen und mit ihnen verknüpfte Geschichten verstanden werden. So verhält es sich auch mit den in der Ausstellung gezeigten Objekten, die im Landeskirchlichen Archiv aufbewahrt werden: Diakonissenhaube, Brautschleier, chinesisches Kindermützchen, Soldatenkappe, Strohhut, Granatkette, Wanderabzeichen…
Weshalb und wie sind sie in die Musealen Sammlung gekommen? Wo ist die Verbindung zum Profil einer kirchlichen Sammlung? Was können sie als Zeugen einer religiösen Kultur vermitteln?
Viele der präsentierten Objekte waren bereits als Exponate in Ausstellungen zu sehen: in landeskirchlichen Projekten, aber auch in Museen im ganzen Land – von Biberach bis Berlin.
Die Schau kann noch bis 30. April 2020 besichtigt werden.
Adresse: Evangelischer Oberkirchenrat Stuttgart. Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart, Montags bis Donnerstags 9.00-16.00, Freitags bis 13.00.