Schlagworte: Ulmer Münster
9. Februar 2022 | Andreas Butz | Lesesaal
Wir treffen im Lesesaal Dunja Kielmann. Sie arbeitet beim Landesamt für Denkmalpflege im Fachbereich Restaurierung in Esslingen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Denkmalpflege ziehen immer wieder Akten unserer Bestände heran, um Erkenntnisse über kirchliche Bauwerke zu gewinnen, beziehungsweise Rückschlüsse auf bestimmte Restaurierungsarbeiten ziehen zu können. Solche Archivrecherchen sind für die Mitarbeiter aufschlussreich, da daraus ersehen werden kann, was genau gemacht wurde, wer involviert war, was genau es kostete, welche Materialien eingesetzt wurden. Frau Kielmann recherchiert gerade zu den Nachkriegsverglasungen im Ulmer Münster.
“Es geht um die Fensterverglasungen der Nachkriegszeit, wie umgegangen wurde mit den Kriegsschäden. Also es ist sehr interessant. Zur Zeit arbeiten wir an einem Artikel in unserem Nachrichtenblatt, das vierteljährlich erscheint. Da geht es vor allem um die Nachkriegsverglasung von Yelin. Es ist sehr interessant, die Archivmaterialien dazu zu sichten, wie damals damit umgegangen wurde mit diesen Nachkriegsschäden und wie es zu dieser Neuverglasung kam. Zum Teil handelte es sich bei der Verglasung des Ulmer Münsters um mittelalterliche Verglasungen, die Chorverglasung, einige Portalfenster. Die wurden ausgebaut während des Krieges und haben den Krieg überstanden. Das neunzehnte Jahrhundert wurde leider nicht ausgebaut und ist verloren, beziehungsweise nur noch in Resten vorhanden und deshalb hat man sich entschlossen, die Nachkriegsverglasung einzusetzen und genau darum geht es bei jetzt im Speziellen.”
Für Recherchen der Landesdenkmalbehörde kommen prinzipiell viele Bestände im Landeskirchlichen Archiv in Frage. In diesem besonderen Fall ist der Bestand der Ulmer Münsterbauhütte von Interesse. Dieser Bestand befindet sich seit 2016 im Landeskirchlichen Archiv und wurde 2021 fertig erschlossen.
Münsterbauhütte Ulm – Bestandsfindbuch
Münsterbauhütte Ulm – Bestandsfindbuch mit Bildern_optimiert
23. Juni 2021 | Andrea Kittel | Jubiläum, Ulm
Am 4. Juli findet wieder der legendäre württembergische Landesposaunentag des evangelischen Jugendwerks statt – Corona bedingt leider nicht in gewohnter Form, sondern digital und dezentral.
Das ist eine gute Gelegenheit an die Geschichte dieser kirchenmusikalischen Großveranstaltung zu erinnern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, als überall Not und Schuld groß waren und viele Städte in Trümmern lagen, kamen im Jahr 1946 Bläser aus ganz Württemberg in Ulm auf dem Münsterplatz zusammen, um ein Zeichen für den Neubeginn zu setzen. Ulm selbst war bei mehreren Bombenangriffen fast völlig vernichtet worden. Das Münster war eines der wenigen größeren Gebäuden in der Innenstadt, das nahezu intakt geblieben war – obwohl noch im März 1945 eine 500-Kilo-Bombe das Chorgewölbe durchschlagen hatte, die jedoch glücklicherweise nicht explodierte.
Dieser erste Landesposaunentag nach dem Krieg muss ein bewegendes Ereignis gewesen sein. Landesbischof Theophil Wurm begann die Predigt zur Losung „Jesus Christus herrscht als König“ mit den Worten: „Seit 12 Jahren ist es mir nicht möglich gewesen, zu euch zu sprechen“. Körbe mit gespendeten Broten wurden herum gereicht, und als dann die 2000 anwesenden Bläser inmitten von Ruinen das „Gloria“ spielten, blieb Augenzeugen zufolge kaum ein Auge trocken.
Damit begann die große Tradition der Ulmer Posaunentage, die seither alle zwei Jahre an einem Wochenende im Mai oder Juni in der Münsterstadt stattfinden und den größten „Posaunenchor der Welt“ unter dem höchsten Kirchturm der Welt bilden.
Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts begleiten Posaunenchöre die Gottesdienste und Feiern der Evangelischen Kirche. Die württembergische Posaunenchorarbeit ist Teil der Jugendarbeit, wo die Ausbildung der Jungbläser traditionell durch ehrenamtliche Chorleiterinnen und -leiter in den Kirchengemeinden und Bezirken erfolgt.
Das Ulmer Münster wurde im Lauf der Zeit für die zunehmende Zahl der Teilnehmer der Landesposaunentage zu klein. Mittlerweile sind fünf weitere Veranstaltungsorte im Stadtgebiet mit einbezogen, um vorwiegend geistliche Werke aller Epochen und Stile zu musizieren und Gottesdienste zu feiern. Der Landesposaunentag endet traditionell mit einer liturgischen Schlussfeier auf dem Münsterplatz, bei der alle teilnehmenden Bläser gemeinsam musizieren. Als vorletztes wird der Choral „Nun danket alle Gott“ nach dem Satz von Johann Sebastian Bach geblasen: zuerst 4-stimmig, dann mit den Fanfaren und zum Abschluss mit der vom württembergischen Landesposaunenwart Hermann Mühleisen entwickelten Oberstimme. Während der dritten Strophe beginnen die Münsterglocken zu läuten. Zum Schluss wird die dritte Strophe des Chorals „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ – bei den Bläsern schlicht als „Gloria“ bekannt – gespielt.
Hinweise:
Bestand K 24 ejw
Landesposaunentag mal anders – Evangelisches Jugendwerk in Württemberg (ejw) – EJW (ejwue.de)
EJW feiert – Evangelisches Jugendwerk in Württemberg (ejw) – EJW (ejwue.de)
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Plakatsammlung Nr. 936
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Ulmer Münster und Münsterplatz: Plan für die Aufstellung der Bläser. K 24, 1824_1
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K24, 488_2
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Die Losung des Landesposaunentags 1946 „Jesus Christus herrscht als König“ sollte den Gegensatz zu dem vergangenen, gescheiterten Führerkult der Nazis zu verdeutlichen.
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Junge und erwachsene Bläser sind in Württemberg im evangelischen Jugendwerk organisiert. K 24, Bildarchiv Nr. U 973_8
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Bereits seit 1901 waren die evangelischen Bläser regelmäßig zu größeren Landestreffen zusammengekommen, oft in Stuttgart oder wie hier 1930 in Esslingen. K 24, Bildarchiv Nr. U231_1
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Landesposaunentag 1986 in Ulm K 24, Bildarchiv Nr. U 555_3
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Landesposaunenwart Hermann Mühleisen organisierte nach dem zweiten Weltkrieg das erste Bläsertreffen in Ulm. K 24, Bildarchiv Nr. U326_14
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Die Posaunenarbeit war lange eine rein männliche Angelegenheit. Heute sind Mädchen und Frauen ganz selbstverständlich dabei. Foto: ejw
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Plakatsammlung Nr. 932
14. Juni 2021 | Anette Pelizaeus | Bestand
Kisten, Bücher, Akten – als das Archiv der Ulmer Münsterbauhütte 2016 in das Landeskirchliche Archiv Stuttgart überführt wurde, war klar, dass damit viel Arbeit auf die Archivmitarbeiterinnen des Landeskirchlichen Archivs zukommen würde. Zu diesem Zeitpunkt konnte man allerdings noch nicht ahnen, welche enormen Herausforderungen die Erschließung mit sich bringen würde.
Doch die Arbeit hat sich gelohnt. Beispiele wie die Wiederherstellung des Chorgewölbes nach dem Bombeneinschlag vom 1. März 1945 oder der Restaurierung des Schmerzensmannes vom Hauptportal des Ulmer Münsters 1974 nehmen jede/n Nutzer*in in Wort und Bild anschaulich mit in das Münster und seine Bauhütte. Näheres dazu können Sie auf unserem Onlineportal „Württembergische Kirchengeschichte Online“ nachlesen.
Nun ist das Projekt abgeschlossen und das Archiv kann von allen Forscher*innen und Interessierten genutzt werden. Zusammen mit den im Stadtarchiv Ulm verwahrten Überlieferungen und der Plansammlung, die sich noch in der Münsterbauhütte befindet, lässt sich nicht allein die Baugeschichte des Gotteshauses mit dem höchsten Kirchturm der Welt in großen Teilen rekonstruieren, sondern man bekommt darüber hinaus auch einen beeindruckenden Einblick in den Baubetrieb der Münsterbauhütte mit ihren vielfältigen Aufgaben und ihren gesellschaftlichen und sozialen Strukturen. Insgesamt bietet das Archiv mit seiner herausragenden Überlieferungsdichte insbesondere in Bezug auf die Fertigstellung des Ulmer Münsters ein hohes Potenzial für zukünftige Forschung und stellt auf diese Weise eine Besonderheit dar, die in dieser Gesamtheit nur selten zu finden ist.
Münsterbauhütte Ulm – Bestandsfindbuch
Autorinnen: Anette Pelizaeus und Sabine Tomas
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Ulm Münsterbauhütte, Bildarchiv.
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Blick auf das Münster während des Turmausbaus. Ulm Münsterbahütte, Bildarchiv.
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Arbeiter auf dem Dach. Ulm Münsterbauhütte, Bildarchiv
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Außenbau von Südwesten 1879. Ulm Münsterbauhütte, Bildarchiv.
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Aufriss vom Thrän`schen Orgelgehäuse. Ulm Münsterbauhütte, Bildarchiv.
29. Juli 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kunstgeschichte
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Bauarbeiter hören? Möglicherweise denken Sie an die berühmte Fotographie „Mittagspause auf einem Wolkenkratzer“ aus dem Jahr 1932, die elf Männer zeigt, die auf einem Stahlträger sitzend, ihre Mittagspause abhalten, unter ihnen die Straßen von New York. Vielleicht kommen Ihnen aber auch Bilder von einerseits muskulösen, oberkörperfreien jungen Männern in den Kopf, die in der Sonne ihre Muskeln spielen lassen – oder im Gegenteil beleibte ältere Herren, die nichts anderes tun, als Kaffeepause zu machen, Frauen hinterher zu pfeifen und hin und wieder ihr „Bauarbeiter-Dekolleté“ sehen zu lassen. Dies alles sind Bilder, die uns unsere kulturelle Erziehung mitgegeben hat – und die nichts weiter sind als bloße Klischees unserer Gesellschaft. Wer beispielsweise als SteinmetzIn an der Restaurierung und Erhaltung eines Bauwerks wie des Ulmer Münsters beteiligt ist, braucht viel mehr als bloße Muskelkraft – er/sie braucht Fingerspitzengefühl, ein gutes Auge für Details und künstlerische Begabung. Dass nicht nur der/die BaumeisterIn, sondern auch sein/e/ihr/e WerkmeisterIn, sein/e/ihr/e VorarbeiterInnen und PolierInnen und damit alle Mitglieder einer Bauhütte, die durch diese Berufsgruppen repräsentiert werden, diese Eigenschaften besitzen, zeigen die vielen überlieferten Bautagebücher, Notizhefte und Skizzenbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert des Archivbestands der Ulmer Münsterbauhütte. Detaillierte Skizzen und Zeichnungen von Fialen, Spitzbögen und anderer architektonischer Objekte zeugen von Werktreue, Leidenschaft und hohem künstlerischen Anspruch. Diese Bücher vermitteln uns einen Eindruck von den Menschen, die ihr berufliches Leben der Erhaltung des Ulmer Münsters gewidmet haben und vermitteln ein ganz anderes Bild, als es die gängigen Klischees über im Bauwesen beschäftigte Arbeitnehmer heute tun.
22. Juni 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses
Einschränkungen, Entbehrungen, Angst – Was die eine Generation in der Corona-Krise erst lernen muss, ist einer kriegsgezeichneten Generation nicht neu. Die Verluste, die diese Generation hinnehmen musste, sind schwer in Worte zu fassen. So traf es im zweiten Weltkrieg auch die Münsterbauhütte: Das Gebäude an sich völlig zerstört, das Münster selbst von Bomben beschädigt. Und der Münsterbaumeister? Münsterbaumeister Karl Friederich verlor am 17.09.1944 bei einem Tieffliegerangriff in einem Zug bei Offenburg, in dem er sich befand, das Leben. Während eines Münsterumgangs und einer anschließenden Münsterbaukomiteesitzung am 12. September 1951 wurde ein Gedenkstein im Übergang von der südlichen Seitenschiffvorhalle zur Hauptportalvorhalle zu seinen Ehren enthüllt. Seine Mitarbeiter wie auch sein Nachfolger hatten teilweise schwer an den Nachwirkungen des Krieges zu tragen. Steinhauer Schöck beispielsweise beantragte Ende der 40er Jahre Arbeitsschuhe, da er selbst über kein festes Schuhwerk mehr verfügte. Laut eines Schreibens des Münsterbauamts an das städtische Wirtschaftsamt vom 07. Mai 1948 kam Steinhauer Schöck erst mit schlechtem Schuhwerk, dann mit seinen leichten Sonntagsschuhen zur Arbeit, da ihm die vom Amt gestellten Holzschuhe nach einer Kriegsverletzung (Spitzfuß) Beschwerden verursachten. Daher bemühte sich das Münsterbauamt bei der zuständigen Stelle für den betroffenen Steinhauer um neues Schuhwerk.
LKA, Ulm, Münsterbauhütte, 315
LKA, Ulm, Münsterbauhütte, 493
LKA, A 129, 1213
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Bericht über Tod von Münsterbaumeister Friederich
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Schreiben bezüglich Schuhwerk
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Reliefplatte zum Andenken an Münsterbaumeister Dr. Karl Friederich
8. Juni 2020 | Anette Pelizaeus | Bestand, Digitalisierung, Fotografie
In vielen Bereichen des persönlichen und beruflichen Lebens gibt es sogenannte „Aha-Momente“, so auch im Archiv! Ein Wunder ist geschehen, sämtliche Glasplatten und Dias einer Münsterbauhütte sind digitalisiert. Nun ist es möglich, sich in verschiedener Weise den Abbildungen, die man nun in groß und im Detail ansehen kann, zu nähern und dabei den Bildbestand überhaupt erst zu ermessen und zu erschließen. Das Bildarchiv nämlich enthält etliche Risse der mittelalterlichen Baumeister, angefangen von Heinrich II. Parler 1377 bis hin zu Burkhard Engelberg 1512, zahlreiche Ansichten vor und nach der Anfügung des Strebesystems am Langschiff von 1856-1870, vor und nach der Vollendung vom Hauptturm im Westen 1892 sowie vom Bau der Seitentürme am Chor 1871-1880. Unzählige Abbildungen des Kirchenbaues, der einzelnen Ausstattungsstücke im Innenraum sowie vom Bauschmuck am Außenbau des Ulmer Münsters zeugen von der baukünstlerischen Qualität der Münsterbaumeister, der Steinmetzen, der Bau- und Werkleute und Kunstschaffenden, die unermüdlich Pläne schmiedeten, Stein auf Stein setzten, Steine bearbeiteten und formten. Allein dieses Bildmaterial, einschließlich der zahlreichen Darstellungen der Meisterzeichen der Münsterbaumeister gibt reichlich Aufschluss nicht nur über die Baugeschichte des Ulmer Münsters sondern auch über kulturhistorische, kunsthistorische, technische und werkspezifische Fragen. Dazu gehört auch die einzigartige Dokumentation der Totentafeln, aus der wertvolle Erkenntnisse zur Stadtgeschichte und zu den Stifterpersönlichkeiten des Ulmer Münsters zu ziehen sind. Doch damit nicht genug, denn nicht nur der Bau und seine Kunstobjekte sind Bildmotive, sondern auch die Bauhütte selbst. Diese, von der man seit dem spätmittelalterlichen Baustopp am Turm von 1492 und der endgültigen Einstellung aller Bauarbeiten spätestens 1550 nichts mehr hörte, wurde 1844 von dem späteren Münsterbaumeister Ferdinand Thrän (1857- 1870) wiedergegründet und das Bildarchiv zeigt Bilder von Steinmetzen mit ihrem Handwerkszeug. Gruppenbilder diverser Mannschaften aus verschiedenen Zeiten geben Aufschluss über diejenigen, die seit dem 19. Jahrhundert am Münster gewirkt haben und welchen Wandel auch die Bauhütte seit ihrer Gründung erlebt hat. Gleichwohl gilt dabei zu konstatieren, dass die Bauhütte von Beginn an von Männern dominiert war und heute auch noch ist, ein ganz und gar typisches Phänomen dieses Berufsfeldes, ein Gesellschaftsphänomen, dessen Wandel noch bevorsteht.
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D 4515: Parlerstein
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D 5150: Münsterbaumeister Ferdinand Thrän (Münsterbaumeister 1857-1870)
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D 5046: Böblingerplan, unterer Teil des Turmes 1473-1493
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D 4347: Belegschaft der Münsterbauhütte 1926
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D 4030 : Original des Turmrisses von Matthäus Böblinger 1482
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D 3013: Pultwangenbüste von Jörg Syrlin d.Ä., entstanden zwischen 1469-1474
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D 5267: Turmriss von Ulrich Ensinger 1392-1417
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D 5264: sämtliche Meisterzeichen am Ulmer Münster
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D 5260: Ansicht des Ulmer Münsters von Südwesten vor 1844
27. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses
Am dritten Juni 2019 berichteten wir über Kriminalgeschichten aus dem Ulmer Münster. Dererlei Geschichten begegnen uns in unserem Archivmaterial häufig. Eine weitere Kriminalgeschichte mit Aktualitätsbezug behandelt den Diebstahl von Kupfer. Ob Kupferfallrohre an Gebäuden, Metall auf Lagerplätzen oder Baumaterial auf einer Baustelle – Kupfer ist heute ein begehrtes Diebesgut, und das war es offensichtlich auch schon früher. Ein Bericht zu einer Münsterbaukomiteesitzung am 12. September 1951 zur Sicherung und Erhaltung des Ulmer Münsters erläutert den damals an der Münsterbauhütte begangenen Kupferdiebstahl wie folgt: „In den Tagen vor Weihnachten, nachmittags zwischen 14 u. 15 Uhr, wurden durch drei schulpflichtige Knaben im Alter von 7 bis 12 Jahren, an vier Stellen (am Chor u. an der Südseite) die kupfernen Regenabfallrohre bis auf die Höhe von 2 m entwendet u. als Altkupfer veräussert. Ein Teil konnte wieder beigebracht werden. Als Ersatz sind Rohre aus verbleitem Blech angebracht u. im Kupferton gestrichen.” Es fällt schwer, die Kinder für ihre Tat zu verurteilen, betrachtet man doch die Tatzeit, wenige Jahre nach Kriegsende, als das Leben noch voller Entbehrungen für die gesamte Bevölkerung war. Ob Bubenstreich oder Verzweiflungstat, die Münsterbauhütte hatte ebenfalls mit Kriegsfolgen zu kämpfen und musste die gestohlenen Rohre durch minderwertigere Rohre, kupferfarben angestrichen, ersetzen.
LKA, A 129, 1213
14. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses, Restaurierung
Der Beruf eines Archivars/einer Archivarin klingt im Allgemeinen eher unaufgeregt. Allenfalls die „Einholung” scheint etwas Abwechslung zu bieten, wenn Archivare unterwegs sind und Archivgut von Dachböden holen und in das Archivmagazin transportieren. Hier kann man sich vorstellen, dass die Gefahr von Schimmelsporen und Viren allgegenwärtig ist. Aber auch die „Verzeichnung” sorgt immer wieder für Überraschungen. Hier sichtet der Archivar/die Archivarin das in das Magazin oder einen gesonderten Raum verbrachte, eingeholte Archivgut, gibt ihm Namen und Nummern und verpackt es säurefrei, damit es der Nachwelt noch lange erhalten bleiben kann. Eine böse Überraschung lauerte in einer Akte des Bestands „Ulmer Münsterbauhütte”. Bei Sichtung dieser Akte wurde ein starker Teergeruch deutlich, schnell stand fest, woher dieser kam: Zwischen den Seiten des Schriftverkehrs hatten vermutlich ehemalige Mitarbeiter des Münsterbauamts sogenannte Asphaltpappe gelegt, Musterbeispiele für Dachplatten. Die Akte beschäftigt sich mit dem Neubau einer transportablen Notkirche und der Martinskirche in Ulm, für die die Musterbeispiele allem Anschein nach bestimmt waren. Der Aufregungsherd selbst konnte schnell beseitigt werden und die betroffene Archivarin wieder zu ihrer Arbeit zurückkehren.
LKA, Ulm Münsterbauhütte, 606
8. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kunstgeschichte, Kurioses
Jeder hat es schon einmal erlebt, ob in der Schule, bei Meetings oder während des Telefonierens – es stellt sich das Gefühl von Langeweile ein oder die Konzentration schwindet und man beginnt, vor sich hin zu kritzeln auf allem, was man gerade vor sich liegen hat. Solch eine wahrscheinlich langwierige und die Konzentration schwinden lassende Sitzung muss die Sitzung des Gesamtkirchengemeinderats Ulms am 30. März 1926 gewesen sein. Ein Fundstück aus der Akte Ulm Münsterbauhütte Nr. 629 zeigt kleine Skizzen und Zeichnungen auf dem Tagesordnungsprotokoll dieser Sitzung. Auch die Rückseite des Schriftstücks blieb nicht verschont. Ob es Münsterbaumeister Friederich war, der diese Zeichnungen anfertigte, bleibt Spekulation. Einen hohen zeichnerischen Wert besitzen sie dennoch und verschönern das Schriftgut ungemein.
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Vorderseite
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Rückseite
2. April 2020 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kurioses
Stilvolles Eichenfenster mit Butzenverglasung, diese Beschreibung liest sich wie die Darstellung in einem Möbelkatalog. Das dachte sich wohl auch ein Baurat aus Ulm über ein solches Fenster, das im südlichen Chorturm des Ulmer Münsters gegen das Innere des südlichen Seitenschiffs angebracht war, um Schäden durch Zugluft durch die eingerichtete Dampfheizung zu vermeiden. Kurzerhand ließ er es ausbauen und verwendete es für seine Wohnung als Vorfenster, nicht, ohne es zuvor in der Schreinerei der Münsterbauhütte für diesen Zweck umgestalten zu lassen. Damit war es für seinen ursprünglichen Zweck zerstört. Wann und wie die Entwendung des Fensters aufgefallen ist, wissen wir nicht. Das Vorgehen des Übeltäters wurde allerdings bei einer Sitzung des Gesamtkirchengemeinderats im Januar 1926 behandelt und es wurde beschlossen: „Das eigenmächtige und eigennützige Vorgehen aufs schärfste zu verurteilen.” Was dies konkret bedeutete, bleibt Spekulation.
LKA, Ulm Münsterbauhütte, 396
3. Juni 2019 | Sabine Tomas | Kurioses, Ulm
„Denen ist wohl nichts heilig!“, mag sich der ein oder andere Leser der Südwestpresse am Freitag den 14. Juni 1985 gedacht haben, als er beim Durchstöbern der Zeitung auf folgenden Artikel stieß: „Mit Schrauben und Blei gegen die Bibel-Diebe“. Der Autor dieses Artikels empörte sich über die anhaltende Entwendung einer Bibel, die in der Bessererkapelle des Ulmer Münsters den Altar schmücken und die Besucher zum Lesen anregen sollte. Allein drei Mal sollen laut Redakteur Spaßvögel im Jahr 1985 zugeschlagen und die Bibel aus Scherz, Übermut oder vielleicht dem Nervenkitzel einer Straftat entwendet haben. Eine dieser entwendeten Bibeln sei später wieder aufgetaucht und vom damaligen Münsterbaumeister Lorenz in mühsamer Handarbeit aufbereitet worden. Als das derzeitige Bibelexemplar aus der Bessererkapelle entwendet wurde, kam das aufgearbeitete Objekt wieder an seinen angestammten Platz – und wurde prompt erneut gestohlen. Eine neue Bibel musste her, und dieses Mal sollte die Bibel auch dort bleiben, wo sie hingehörte. Daher verschraubte man dieses Exemplar an seiner Unterlage, einem kleinen Lesepult auf dem Altar. Zusätzlich lies Gerhard Lorenz das hölzerne Pult mit Blei füllen.
Während man im Fall der Bibel von einer Lappalie sprechen kann, hatten andere im Archiv der Ulmer Münsterbauhütte dokumentierten Diebstähle im Münster größere Auswirkungen. Pfarrbildnisse schienen Verbrecher ebenso angezogen zu haben, wie die Bibel aus der Bessererkapelle. 1971 entwendeten Diebe ein Pfarrbildnis J.G. Sappers aus dem Jahr 1737. Das Bildnis war mittels Plastikdübel am Rahmen mit der Wand verschraubt worden. Das half aber nichts, das Bild samt Rahmen und Dübel waren verschwunden. Ein weiterer aus den Unterlagen hervorgegangener Fall betrifft das Bildnis Sebastian Besserers, Bürgermeister der Stadt Ulm im 16. Jahrhundert, und ereignete sich 1968. Tatort war erneut die Bessererkapelle. Besonders an diesem Fall ist, dass der Diebstahl wohl erst mehrere Wochen nach der Tat entdeckt worden war. Das Bildnis wurde aus seinem Rahmen herausgeschnitten. Dieser leere Rahmen wurde zwar bemerkt, sei aber über längere Zeit nicht hinterfragt worden, da es sich dabei auch um eine Restaurierungsmaßnahme der Bauhütte hätte gehandelt haben können, bis ein Zimmermann der Münsterbauhütte den leeren Rahmen meldete.
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Archiv Münsterbauamt Ulm, Nr. 51, Mappe II, Südwestpresse 24.6.1985
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Archiv der Münsterbauhütte, Nr. 38, Mappe II
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Archiv der Münsterbauhütte, Nr. 38, Mappe II, Fotografie des Porträts J.G. Sapper
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Archiv der Münsterbauhütte, Nr. 36, Mappe II, Fotografie des Porträts Sebastian Besserer
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Archiv der Münstebauhütte, Nr. 36, Mappe II
22. Mai 2019 | Sabine Tomas | Aktenfund, Kirchen
Bereits etwas vergilbt, aber liebevoll per Hand gebunden, liegt die Hausarbeit einer Schülerin der Mädchenoberschule Esslingen von November 1953 vor. In feinster Handschrift ausgeführt, handelt die Arbeit vom Ulmer Münster, seiner Architektur und Geschichte. Ergänzt wird der Text, der in einer Sprachfeinheit verfasst wurde, die heutzutage universitätswürdig wäre, durch eingeklebte Postkarten und Bilder. Die formale Struktur der Arbeit hätte am Computer nicht besser erstellt werden können: die Untergliederungspunkte wurden eingerückt, ebenso wie die Anfänge eines jeden Absatz. Es scheint auch so, als hätte die Verfasserin den Text bereits vorgeschrieben und ihn dann in die vorliegende Form übertragen, denn es sind wenige Korrektur, keine Streichungen oder Ähnliches zu erkennen. Dieses Fundstück aus dem Bestand der Ulmer Münsterbauhütte inspiriert und regt zum Nachdenken an: über das Zeitalter der Digitalisierung, in der die Handschrift immer mehr an Bedeutung verliert, ein jeder aber auch froh darüber ist, seine schriftlichen Arbeiten, ob in der Schule oder der Universität, nicht mehr mühsam per Hand schreiben und übertragen zu müssen; über die Wirkung und Aura von Objekten, die zeigen, wie viel Herzblut ihr Schöpfer in ihre Kreation gesteckt hat; und zuletzt über Bildung, die heute in Deutschland für Männer wie Frauen selbstverständlich ist, 1953 für Mädchen aber noch etwas Wunderbares und nicht Alltägliches war.
18. März 2019 | Anette Pelizaeus | Bestand, Kirchen
Ulmer Münster, Gesamtansicht von Südosten. Aus: Zehn Deutsche Dome, Berlin 1939, S. 193.
Das Verzeichnungsprojekt der Ulmer Münsterbauhütte ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart und der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Paderborn unter der Leitung von Prof. Dr. Norbert Haag und Prof. Dr. Eva-Maria Seng, ausgeführt von Dr. Anette Pelizaeus und Sabine Tomas.
Im September 2016 wurde das Archiv der Ulmer Münsterbauhütte zur Verzeichnung im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart eingeholt.
Das Archiv enthält erstens eine umfassende Quellensammlung, bestehend aus Amtsbüchern, Bauakten, Akten zum Münsterbauverein, Korrespondenzen, Tagebüchern der Münsterbaumeister, Hüttenmeister und Turmwärter, Bautagebüchern, Baufortgangsberichten, Steinhauer- und Arbeiterlisten, Zahltaglisten und Stammlisten der Mitglieder der Münsterbauhütte. Zweitens beinhaltet das Archiv auch ein umfangreiches Bildarchiv mit Fotos, Dias und ca. 4.000 Glasplatten.
Zunächst musste ein Profil für die Datenbank mit allen notwendigen Informationen zur Verzeichnung des Bildmaterials mit Lokalisation, Titulatur, Objektbeschreibung, ikonografischen und personenbezogenen Angaben, Datierung und einer detaillierten Indizierung erstellt werden, und zwar angelehnt an die allgemeinen Erschließung von Quellen und Bildmaterial im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart.
Die Dokumentation des Bildbestandes ist bereits abgeschlossen. Es wurden ca. 2500 Glasplatten und 3612 Positive, jeweils ausschließlich der Duplikate, in der Datenbank erfasst. Die verzeichneten Glasplatten werden nun in einem zweiten Schritt digitalisiert.
Die Erfassung des Quellenmaterials wird voraussichtlich noch bis Mai 2020 andauern.
Am 24. Mai 2019, 17.00 Uhr, ist ein Vortrag von Frau Dr. Pelizaeus und Frau Tomas zum Thema Münsterbauhütte geplant. Ort ist der Lesesaal des Landeskirchlichen Archivs.