6. November 2024 | Lorenz Walch | Bestand
Nach mehreren Wochen Bearbeitungszeit ist das Pfarrarchiv Birkenfeld (Württ.) nun erschlossen. Der Bestand ist online hier zu finden und kann im Lesesaal des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart eingesehen werden.
Das Pfarrarchiv der im Kirchenbezirk Neuenbürg gelegenen Kirchengemeinde Birkenfeld enthält über 400 Signaturen, darunter auch alte Dokumente aus dem 16. Jahrhundert und Akten der bürgerlichen Gemeinde (v.a. Bürgermeisterrechnungen, Inventarien und Gerichtsprotokolle).
Gemeindechronik (Auswahlseite). LKAS, Pfarrarchiv Birkenfeld, Nr. 130.
Neben vielen Rechnungen sind auch einige dezidiert ortsgeschichtlichen Unterlagen vorhanden. Zum Beispiel eine Ortschronik, die vermutlich in den 1920er Jahren von Pfr. Wilhelm Kunz begonnen wurde und in den 50er und 60er Jahren weitergeführt wurde. Sie enthält Fotografien aus dem Gemeindeleben der Nachkriegszeit, z.B. von der Einweihung der Kirchenglocken, vom Bau des Martin-Luther-Gemeindehauses oder vom Besuch des Kirchentages in Stuttgart 1952. Diese Ortschronik wurde digitalisiert und ist hier einsehbar.
Des Weiteren könnten auf Interesse stoßen: die Chronik des Mädchenkreises 1899-1959 (Nr. 186) mit vielen Fotographien, Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus (z.B. Fahrnisverzeichnis 1934, Nr. 69 und Pfarrberichte 1933-1961, Nr. 410) oder die vielen Bausachen (z.B. Kirchbau 1876, Nr. 317).
Das Lied „Mein Birkenfeld, wie bist du schön“, stammt von Pfarrer Wilhelm Göhner und wurde in Handschrift von Pfarrer Kunz im Pfarrarchiv (Nr. 192) gefunden.
Die Birkenfelder „Nationalhymne“ „Mein Birkenfeld, wie bist du schön“ von Wilhelm Göhner, aufgeschrieben in Kurrentschrift vermutlich von Pfarrer Wilhelm Kunz (Nr. 192).
Mein Birkenfeld, wie bist du schön,
Du bist mein Paradies auf Erden!
Umkränzt von lieblicher Natur,
hier kann ich froh und glücklich werden.
Die sanften Höhen, das stille Tal,
der blasse Himmel überall –
Mein Birkenfeld, wie bist du schön
du bist mein Paradies auf Erden!
Mein Birkenfeld, wie bist du schön,
du bist mein Paradies auf Erden!
Begrüßt von Flüssen und von Au‘n,
kann ich getrost zur Arbeit treten.
Die Lerche jauchzt, der Buchfink singt,
das Häslein mir entgegenspringt.
Mein Birkenfeld, wie bist du schön,
du bist mein Paradies auf Erden!
Mein Birkenfeld, wie bist du schön,
du bist mein Paradies auf Erden!
Hier labt mich deine Himmelsluft,
die mutig macht in Kampf und Nöten.
Ich bau das Feld, ich form das Gold,
bis mich mein Gott von dannen holt.
Mein Birkenfeld, wie bist du schön,
du bist mein Paradies auf Erden!
5. November 2024 | Andreas Butz | Veranstaltung
Der Johannes-Brenz-Preis wird alle zwei Jahre vom Verein für württembergische Kirchengeschichte für herausragende Arbeiten zur Kirchengeschichte Württembergs verliehen. Der diesjährige Preisträger ist Dr. des. Jonathan Schilling für seine Dissertation über Ottilie Wildermuth (1817–1877) – eine der meistgelesenen deutschsprachigen Schriftstellerinnen ihrer Zeit!
In seiner Studie widmet sich der jüngste Träger des Johannes-Brenz-Preises einer Bestsellerautorin des 19. Jahrhunderts und Persönlichkeit der südwestdeutschen Literaturgeschichte: Ottilie Wildermuth. Heute kaum noch bekannt, wurden die Texte der über viele Jahre in Tübingen wirkenden Schriftstellerin bis weit ins 20. Jahrhundert von Generationen von Leserinnen und Lesern, quer durch die Alters- und Gesellschaftsschichten, geschätzt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Wildermuths christlicher Glaube bildete die Grundlage ihres Schaffens als Autorin, das zahlreiche Erzählungen, darunter der Zyklus „Schwäbische Pfarrhäuser” (1851), aber auch Novellen, Gedichte oder Lebensbilder umfasst.
Bemerkenswert ist, dass Jonathan Schilling in seiner Dissertation nicht nur das literarische Werk, sondern auch die bislang wenig beachteten Tagebucheinträge und Briefe Wildermuths umfassend analysiert hat. Zusammen bieten diese Quellen wertvolle Einblicke in die Gedanken- und Lebenswelt einer gebildeten protestantischen Frau des 19. Jahrhunderts. Schilling zeigt dabei Zusammenhänge auf, die Wildermuths Leben und Schaffen erstmalig anhand ihres christlichen Glaubens, ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung, ihrer sozialen Kontakte, politischen Einstellungen oder ihres Geschlechts verständlich werden lassen.
Detailliert ordnet er Wildermuths Leben und Werk auch in übergeordnete Forschungskontexte ein, vor allem die Bürgertumsforschung. Schilling gelingt es dabei anschaulich, sowohl Grundprinzipien der Lebensweise in der damaligen Kleinstadt Tübingen als auch wesentliche Bedingungen einer Schriftstellerinnenexistenz im 19. Jahrhundert zu bestimmen. Am Beispiel Wildermuths überzeugend das Denken, Wahrnehmen und Handeln einer beruflich erfolgreichen, zugleich aber im Sozial- und Eheleben biedermeierlich braven Bildungsbürgerin ihrer Zeit dargelegt zu haben, ist daher die besondere Leistung von Jonathan Schillings Arbeit.
Der Verein für Württembergische Kirchengeschichte lädt ein zur Preisverleihung mit anschließendem Stehempfang am Donnerstag, 14. November 2024, um 17.00 Uhr im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart, Balinger Straße 33/1, 70567 Stuttgart.
Die Laudatio hält Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl. Das Programm finden Sie hier.
Erwartet werden informative Einblicken, romantische Kammermusik und spannende Exponaten aus Jonathan Schillings Privatsammlung: Handschriftliche Originalbriefe Wildermuths und seltene Erstausgaben ihrer Werke warten vor Ort darauf, von Ihnen entdeckt zu werden.
Die Anmeldung erfolgt bis zum 11. November 2024 über den Link https://forms.office.com/e/xFdZkCVvuw
Über Jonathan Schilling:
Der 1993 geborene Jonathan Schilling studierte in Tübingen und Marburg Geschichte und Musikwissenschaft und nahm anschließend in Münster bei Prof. Dr. Olaf Blaschke die Arbeit an seiner Dissertation auf, die er 2023 dort abschloss.