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Die kriegsbedingte Biografie des Schulmeisters Hans Meckh

27. Juli 2020 | | ,

In einem Totenregister von Willmandingen (Sonnenbühl, Lkr. Reutlingen) ist unter dem 10. Dezember 1670 der Begräbniseintrag des Schulmeisters Hans Meckh (Meekh, Möck, Mäck) zu finden. Neben den üblichen Angaben sind außerdem biografische Informationen vermerkt. Aus diesem geht hervor, dass der Schulmeister wegen Krieg und Hunger seinen Heimatort verlassen und sich über zehn Jahre an anderen Orten verdingen musste:

„Den 10. 10bris ist ehrlich mit dem Gesang der Schuler zur Erden bestattet worden unser alter Schulmeister Hans Meekh, welcher 75 Jahr alt worden, vor der Nördlinger Schlacht 14 Jahr Schulmeister gewesen der Krieg und Hunger hat ihn auch hinweg gebracht, da er sich dann zu Lindau am Bodensee als ein Quardirknecht 5 Jahr brauchen laßen, und umb Memingen in der Statt und in Dörfern bey 5 Jahr gewesen. Nach dem Friedenschluß anno 1648 ist er wider gekommen und abermal 18 Jahr Schulmeister mit Lob gewesen, 5 Jahr lang wegen Alters den Dienst nit versehen können, vom Heiligen [= Kirchenvermögen] hat man ihme von den letsten Wochen im Monat Octobri 1669 an, wochentlich 6 Kreuzer auf Vogt und Specials Bewilligung durch mich, Ambtmann und Gericht gemacht und geraicht worden.“

Die Nördlinger Schlacht war eine entscheidende Schlacht während des Dreißigjährigen Krieges am 5. und 6. September 1634 bei Nördlingen im heutigen Bayern, die von protestantischer Seite, Schweden und Verbündete, verloren wurde und die weitreichende Folgen hatte. Der württembergische Herzog Eberhard III. floh nach Straßburg. Große Teile des Herzogtums wurden von katholisch-kaiserlichen Truppen besetzt, ganze Landstriche geplündert und verwüstet. Kaiser Ferdinand II. verschenkte große Gebiete Württembergs an Verwandte und Verbündete. Erst durch den Westfälischen Frieden 1648 erhielt der Herzog das Herzogtum zurück.

Als Schulmeister wurde Meckh bei den alljährigen Visitationen neben dem Pfarrer ebenfalls geprüft, so dass weitere Informationen zu ihm in den für das 17. Jahrhundert nur lückenhaft überlieferten Visitationsprotokollen zu finden sind. Im Protokoll für den 9. Mai 1654 wird über ihn und seinen Schuldienst berichtet:

„Vor dißem [Schuldienst] diese Schul versehen 14 Jahr lang, und an jetzt nachdem Willmandingen wider auß oesterreichischer Hand liberirt worden in die 7 Jahr. Ist bey fürstlicher Cantzley examinirt und confirmirt worden. Vergangenen Winter Schul gehalten, Knaben gehabt 21, Mägdtlin 6. Versihet neben der Schul auch die Mesnerey.

Testimonium Ludimoderatoris: Hat ein gut Lob seines Verhaltens halber. Sey vleissig mit den Schulkinder, lehr sie wol, wie er dan Kinder solle haben, die in die 20 und 30 Psalmen außwendig sollen können her sagen. So warte er auch vleissig der Mesnerey ab, also das niemandt uberal an ihme habe etwas zu klagen.“

Die Visitationsprotokolle für 1656 und 1658 bis 1661 äußern sich ähnlich positiv. Auch seine kriegsbedingte Abwesenheit wird mehrfach erwähnt. Aus den Protokollen geht außerdem hervor, dass er keine eigenen Kinder hatte. Das Protokoll für 1667 ist das letzte, in dem Meckh erwähnt wird. Dort heißt es:

„Hatt seinen Officio nach Vermögen abgestattet, ist hierüber erkranckhet, und würdt wegen hohen Alters die Schul nicht mehr versehen kenden.“

Hans Meckh war also von 1620 bis 1634 und von 1648 bis 1667 Schulmeister in Willmandingen. In den 14 Jahre dazwischen war er kriegsbedingt nicht in Willmandingen. In seinem Begräbniseintrag findet man Informationen darüber, wo er sich ca. zehn Jahre aufhielt, für die restliche Zeit liegen keine Informationen vor. Er wird vermutlich, wie andere durch den Krieg Vertriebene, auf der Suche nach Arbeit, Nahrung und Obdach durchs Land gezogen sein, immer auf der Hut vor marodierenden Söldner.

Aufgrund der Altersangaben in seinem Begräbniseintrag und in den Visitationsprotokollen kann seine Geburt auf das Jahr 1595 eingegrenzt werden. Da die Kirchenbücher von Willmandingen jedoch erst ab 1641 überliefert sind, kann sein genaues Geburts- oder zumindest das Taufdatum leider nicht festgestellt werden.

 

Quellen

KB Willmandingen, Mischbuch 1641-1807, Totenregister 1647-1728, ohne Seitenzählung

Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 281, Bü. 1026, II, Bl. 13v (Visitationsprotokoll 1654)

Landeskirchliches Archiv Stuttgart (LKAS), A 1, Nr. 20, Bl. 284r (VP 1656)

LKAS, A 1, Nr. 22, Bl. 339v (VP 1658)

LKAS, A 1, Nr. 23, Bl. 349v (VP 1659)

LKAS, A 1, Nr. 24, Bl. 349v (VP 1660)

LKAS, A 1, Nr. 25, Bl. 363v (VP 1661)

LKAS, A 1, Nr. 27, Bl. 367r (VP 1667)

Quellen zu den württembergischen Schulmeistern

23. April 2019 | |

LKAS, A 1, Nr. 111 (1779), S. 169. Visitation Vöhringen 21.05.1779. Eintrag zum Schulmeister und zum Hilfslehrer (Provisor) in Vöhringen, Vater und Sohn, ein Beispiel für eine so genannte Schulmeisterdynastie, Visitation 21.05.1779

„Der Mann ist nicht unfein in der Schule, Ehe und Wandel.“ (Schulmeister in Rodt, Pfarrei Lombach, Visitation 21.04.1766, LKAS, A 1, Nr. 98 (1766), S. 150)

„Hat schlechte Gabe, übt die Kinder nicht lange genug im Buchstabiren, deßwegen sie nie recht lesen lernen, versteht nichts im Rechnen, sonst ist Fleiß, Wandel, Schulzucht und Ehe recht.“ (Schulmeister in Loßburg, Pfarrei Lombach, Visitation 14.04.1779, LKAS, A 1, Nr. 111 (1779), S. 138.)

Solche und andere positive und negative Zeugnisse über die Schulmeister sind in den Visitationsprotokollen des Herzogtums und später auch des Königreiches Württemberg zu finden. Die Visitationsprotokolle sind nicht nur eine interessante und umfangreiche Quelle zu den Pfarreien und Pfarrern, sondern eben auch zu den Schulmeistern – und auch zu Schulmeisterinnen. Ihnen können neben den Zeugnissen durch den Visitator auch biographische Daten wie Name, Alter oder Geburtsdatum, Herkunft und Anzahl der eigenen Kinder sowie Dienstzeit und Anzahl der Schulkinder entnommen werden.

Die Visitationsprotokolle sind im Bestand A 1 (Synodusprotokolle I – Visitationsberichte) des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart in gekürzter Form, aber mit den eben genannten Informationen zu finden. Weitere Angaben, speziell Haupt- oder Nebentätigkeiten der Schulmeister und die Beurteilung durch den Ortspfarrer sowie genauere Angaben zum zeitlichen Umfang der Winter- und Sommerschule, sind in den Visitationsprotokollen zu finden, die im Bestand A 281 (Kirchenvisitationsakten) des Hauptstaatsarchivs Stuttgart überliefert sind.

Die Überlieferung der Visitationsprotokolle im Landeskirchlichen Archiv sind für den Zeitraum 1695 bis 1822 durchgehender, wenn auch mit kleineren Lücken, als im Hauptstaatsarchiv. Auch für die Zeit zwischen 1581 und 1680 sind die Visitationsprotokolle umfangreicher, hier mit größeren Lücken, im Landeskirchlichen Archiv vorhanden, als im Hauptstaatsarchiv. Lediglich die Jahre 1681 bis 1692 sind allein durch die Überlieferung im Hauptstaatsarchiv abgedeckt, wobei auch hier nicht durchgängig für alle Pfarreien. Man kann also sagen, dass die Überlieferung im Hauptstaatsarchiv inhaltlich umfangreicher, die Überlieferung an sich jedoch im Landeskirchlichen Archiv dichter ist. Nicht unerwähnt bleiben darf hierbei, dass v.a. in den älteren Visitationsprotokollen des Landeskirchlichen Archivs und speziell aus der Zeit des 30jährigen Krieges nicht alle Pfarreien aufgeführt sind.

Ergänzend sind in den Dekanatsarchiven, von denen sich die meisten im Landeskirchlichen Archiv befinden, Visitationsakten vorhanden. Diese enthalten neben anderen Unterlagen zu den Visitationen ebenfalls Visitationsprotokolle. Ob diese Entwürfe sind oder versehentlich nicht an den Synodus eingeschickt wurden, müsste im Einzelfall noch geprüft werden.

Weitere Informationen zu den örtlichen Schulen und möglicherweise zu den Schulmeistern könnten ferner in den Akten zu „Schulsachen“, die in Dekanats- wie auch in Pfarrarchiven vorhandenen sind, zu finden sein.

Die Informationen zu den Schulmeistern halten sich in den ersten Visitationsprotokollen noch in Grenzen, werden im 17. Jahrhundert mehr, bis sie ab dem 18. Jahrhundert den oben angegeben Umfang haben. Die Visitationsprotokolle sind somit eine interessante und umfangreiche Quelle für genealogische Forschungen, aber auch für Untersuchungen zur Sozial-, Schul- und Bildungsgeschichte.

Neben den Visitationsprotokollen existieren noch verschiedene Dienerbücher, in denen u.a. die Schulmeister, teils mit Bezahlung, aufgeführt sind (z.B. im Landeskirchlichen Archiv, A 12, Nr. 1, 2, 3, 7 und 36). Jedoch stellen diese Bücher nur Momentaufnahmen zu einem bestimmten Jahr bzw. Zeitabschnitt dar, können aber zur Kontrolle oder einzelne Ergänzungen herangezogen werden.

Ergänzend sei noch erwähnt, dass in den Visitationsprotokollen im Hauptstaatsarchiv, zumindest in denen ab dem 17. Jahrhundert, auch die örtlichen Heiligenpfleger und Hebammen namentlich erwähnt werden.