Inspirierende Schülerarbeit
Bereits etwas vergilbt, aber liebevoll per Hand gebunden, liegt die Hausarbeit einer Schülerin der Mädchenoberschule Esslingen von November 1953 vor. In feinster Handschrift ausgeführt, handelt die Arbeit vom Ulmer Münster, seiner Architektur und Geschichte. Ergänzt wird der Text, der in einer Sprachfeinheit verfasst wurde, die heutzutage universitätswürdig wäre, durch eingeklebte Postkarten und Bilder. Die formale Struktur der Arbeit hätte am Computer nicht besser erstellt werden können: die Untergliederungspunkte wurden eingerückt, ebenso wie die Anfänge eines jeden Absatz. Es scheint auch so, als hätte die Verfasserin den Text bereits vorgeschrieben und ihn dann in die vorliegende Form übertragen, denn es sind wenige Korrektur, keine Streichungen oder Ähnliches zu erkennen. Dieses Fundstück aus dem Bestand der Ulmer Münsterbauhütte inspiriert und regt zum Nachdenken an: über das Zeitalter der Digitalisierung, in der die Handschrift immer mehr an Bedeutung verliert, ein jeder aber auch froh darüber ist, seine schriftlichen Arbeiten, ob in der Schule oder der Universität, nicht mehr mühsam per Hand schreiben und übertragen zu müssen; über die Wirkung und Aura von Objekten, die zeigen, wie viel Herzblut ihr Schöpfer in ihre Kreation gesteckt hat; und zuletzt über Bildung, die heute in Deutschland für Männer wie Frauen selbstverständlich ist, 1953 für Mädchen aber noch etwas Wunderbares und nicht Alltägliches war.