80 Jahre Kriegsende: Kriegschroniken der evangelischen Kirchengemeinden Württembergs sind online zugänglich

Im April 1947 beauftragte die Kirchenleitung alle württembergischen Gemeinden, die Zeit des Nationalsozialismus, des Kriegs und der unmittelbaren Nachkriegszeit in einer Kriegschronik zu dokumentieren. Sie gab dafür ein Schema vor, an dem sich die Gemeinden orientieren sollten. Viele Pfarrer kamen der Anweisung nicht nach: Teils hatten sie schlicht keine Zeit, teils schreckten sie aber auch davor zurück, Gemeindeglieder bloßzustellen. Es kamen aber bis zum Abschluss der Aktion im Jahre 1957 immerhin ungefähr 270 Kriegschroniken zusammen. Ihr Umfang reicht von einer Seite bis über fünfzig Seiten, und ihre Qualität schwankt enorm. Insgesamt bilden sie aber eine einzigartige Quelle für die Zeit des Nationalsozialismus, des Krieges und des Kriegsendes auf lokaler, kirchlicher Ebene. Wir haben den gesamten Bestand der überlieferten Kriegschroniken digitalisieren lassen und ihn nun anlässlich der 80 Jahre Kriegsende online zugänglich gemacht. Entdecken Sie die Vergangenheit mittels dieser faszinierenden Quellen!
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Einen Beitrag zu den Kriegschroniken mit einem Beispiel aus Waldenbuch finden Sie hier.
Das Beitragsbild zeigt einen Ausschnitt eines Kriegsberichtes betreffs Schlichten bei Schorndorf. Der Pfarrer von Baiereck hat zur Illustration in die rechte obere Ecke des Schreibens von 1944 eine Skizze der aufgrund eines Luftangriffs abgebrannten Gebäude des Dorfes eingezeichnet. Der erste Absatz lautet in Transkription:
In der für Stuttgart verhängnisvollen Nacht vom 12. auf 13. September d.J. ist zwischen 22 u. 23 Uhr in dem zur Pfarrei gehörigen, gegen 300 Einwohner zählenden u. 5 km von Schorndorf entfernt auf dem Schurwald gelegenen Dorf Schlichten durch feindlichen Bombenwurf ein Großfeuer entstanden, durch welches 12 Wohn- und Ökonomiegebäude u. eine für sich stehende Scheuer vollständig, 1 Gebäude zur Hälfte eingeäschert worden sind (etwa ein Fünftel der Gebäude des Dorfes); auch die kleine Kirche hat beträchtlichen Schaden erlitten. 12 Familien sind obdachlos geworden und haben fast ihr gesamtes bewegliches Eigentum u. ihre Vorräte an Heu, Stroh u. Frucht verloren. Menschen sind (gottlob!) nicht umgekommen, auch kein Großvieh, dagegen einige Kälber, Schweine u. einiges Geflügel. An den meisten Häusern des Dorfes sind die Dächer durch Bruch u. Verschiebung der Dachziegel beschädigt u. viele Fensterscheiben zertrümmert worden.
Der Bericht zu Schlichten ist hier: A 126 (Evangelischer Oberkirchenrat – Sachakten ca. 1775-2000), Nr. 2715 zu finden, und zwar unter der Quadrangel 235.
Die Meldung der württembergischen Landeskirche zur Veröffentlichung der Kriegschroniken finden Sie hier.