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„ist katholisch worden und haußt im Schabbach“ – Eine grenz- und konfessionsüberschreitende Forschung

19. April 2023 | |

Die Konfession war bis ins 19. Jahrhundert hinein, wenn nicht sogar noch länger, ein Kriterium bei der Partnerwahl. Evangelische und Katholiken blieben jeweils unter sich. Konfessionswechsel waren äußerst selten, nicht unbedingt gerne gesehen und fanden deshalb – soweit bekannt – als Nachtrag ihren Niederschlag in den Taufregistern. In manchen Fällen geschah dies wertend, wie z.B. am 12. Oktober 1673 in Peterzell, „Er [der Täufling] wurde Abtrünniger“[1], in anderen Fällen, wie dem im Folgenden beschriebenen, als nüchterne Feststellung.

Am 22. August 1736 wurde in Alpirsbach im evangelischen Herzogtum Württemberg der einen Tag vorher ebenda geborene Johann Friedrich, Sohn des Bäckers Johannes Gigi und seiner Ehefrau Waldburga, getauft. Der Taufeintrag wurde Jahrzehnte später nachträglich um folgende Bemerkung ergänzt: „ist katholisch worden und haußt im [!] Schabbach“.[2]

https://openstreetmap.de, Unterstreichungen und fürstenbergisch-württembergische Grenze ergänzt

Johann Friedrich Gigi trat also später zur katholischen Konfession über und wohnte in Schapbach, heute ein Ortsteil von Bad Rippoldsau-Schapbach, damals ein Ort im katholischen Fürstentum Fürstenberg – das Wort „haußt“ dürfte wertneutral als „wohnt“ oder „hält sich auf“ zu interpretieren sein.

Der Karte ist die Lage von Alpirsbach und Schapbach zu entnehmen. Die rot gepunktete Linie stellt die fürstenbergisch-württembergische Grenze dar.

Johann Friedrich Gigi heiratete am 2. Februar 1767 im katholischen Schapbach Maria Agatha Echlin (Echle) – laut einer späteren Randbemerkung könnte ihr Nachname auch Bächlin (Bächle) gelautet haben. Dem Eheeintrag im Eheregister der Pfarrei Schapbach sind genauere Informationen zum Konfessionswechsel zu entnehmen. Der Eintrag lautet vollständig:

Kirchenbücher Schapbach, Eheregister 1720-1810, S. 70

„Die 2. Febr. Honestus Juvenis Joannes Fridericus Gigi ex Alpirsbach, sed anno 1763 15to Augusti hic Schappachii ad catholicam fidem conversus tribus factis proclamationibus cum pudica virgine M. Agatha Echlin copulatus est coram testibus Joanne Gigi acatholico sponsi patre, et Joanne Georgio Schuhler.“[3]

Übersetzt heißt dies: „Am Tag des 2. Februars: Der ehrenhafte Junggeselle Johannes Friedrich Gigi aus Alpirsbach, der aber 1763, am 15. August, hier in Schapbach zum katholischen Glauben konvertierte, wurde nach drei Proklamationen mit der keuschen Jungfrau Maria Agatha Echlin vereint, in Anwesenheit der Zeugen Johannes Gigi, dem nichtkatholischen Vater des Bräutigams, und Johannes Georg Schuler.“

Für die Genealogie sind solche aus dem 17. und 18. Jahrhundert in den katholischen Pfarreien im Schwarzwald häufig vorzufindenden Eheeinträge ein Graus. Durch die fehlenden Väter, die im Gegensatz zu evangelischen Einträgen nicht angegeben sind, ist ein toter Punkt erreicht, da nur bei eher seltenen Vor- und Nachnamen der richtige Taufeintrag dem Bräutigam bzw. der Braut eindeutig zugeordnet werden kann. Die in katholischen Eheeinträgen angegebenen Trauzeugen helfen nur selten weiter. In dem beschriebenen Fall war aber der Vater des Bräutigams einer der Trauzeugen und der Schapbacher Pfarrer legte Wert darauf, anzugeben, dass dieser nicht katholisch war. So ist die Forschung zumindest auf der Linie des Bräutigams problemlos möglich, wobei bei der Recherche nach dem richtigen Taufeintrag schon allein der Nachtrag im Taufeintrag des Johannes Friedrich Gigi ausreichen würde.

Was Johannes Friedrich Gigi nach Schapbach zog – sein Beruf, der nicht erwähnt ist, die Liebe oder etwas anderes – bleibt unbekannt. Auf jeden Fall brachte er einen neuen Nachnamen nach Schapbach, der auch in Alpirsbach selten war. Der Name stammt aus der Schweiz und kam mit Johannes Friedrichs Urgroßvater, Johannes (Hans) Gigi oder Chigi,[4] der am 17. Mai 1663 in Alpirsbach heiratet, in den Schwarzwald. Lediglich der Name seines Vaters, Melchior, ist angegeben. Ein genauerer Herkunftsort ist in entsprechendem Eheeintrag leider nicht angegeben.[5]

Sollte jemand zufällig über einen möglicherweise passenden Taufeintrag in der Schweiz stoßen, freuen wir uns über entsprechende Mitteilung.

 

Quellen

[1] siehe https://blog.wkgo.de/2020/10/23/

[2] Kirchenbücher Alpirsbach, Taufregister 1732-1804, S. 56

[3] Kirchenbücher Schapbach, Eheregister 1720-1810, S. 70

[4] Albrecht, Georg: Familienverzeichnis Alpirsbach, o.J. (1950er), Band III, S. 137

[5] Kirchenbücher Alpirsbach, Mischbuch 1663-1808, Eheregister 1663-1808, S. 3