Serie zur Nachkriegszeit VI: Das Kindererholungsheim Laufenmühle bei Welzheim
Zu den vielfältigen Aktivitäten des Evangelischen Hilfswerks in Württemberg in der unmittelbaren Nachkriegszeit zählte die Ermöglichung von Erholungsaufenthalten für Kinder. Dies war umso notwendiger, als die Traumatisierung ein Massenphänomen der damaligen Jahre war. Sie hatten in engen Bunkern die Luftangriffe miterlebt. Die oft dramatischen Ereignisse auf der Flucht hatten zahlreiche betroffene Kinder, die nun in Württemberg eine neue Heimat finden mussten, erschüttert und verunsichert. Dazu kamen noch die andauernden tristen Lebensumstände in den zerbombten Städten, wo die Trümmer noch jahrelang sichtbar waren und an den vergangenen Krieg erinnerten. Ruinen gehörten zum Alltag und zur Lebenswelt der Kinder mancher größerer Städte. Eine dieser Erholungsstätten befand sich von 1946 bis 1948 in der Laufenmühle bei Welzheim im Schwäbischen Wald. Das erklärte Ziel des Hilfswerks war es, dort unterernährte und durch Bombennächte und Fluchterlebnisse traumatisierte Kindergruppen zur Erholung für einen jeweils mehrwöchigen, erholsamen und schönen Aufenthalt aufzunehmen. Eine ähnliche Einrichtung befand sich in Neufürstenhütte, ebenfalls im Schwäbisch-Fränkischen Wald.
Die Laufenmühle liegt idyllisch inmitten eines Waldgebietes im Tal der Wieslauf, die der Mühle auch ihren Namen gegeben hat. Der Fluss, wie auch der nördlich davon gelegene Ebnisee diente lange Zeit den Flößern, die auf diesem Weg Holz in Richtung Schorndorf transportierten. Erst um etwa 1900 entstand hier zunächst eine Mahlmühle, dann eine Sägemühle und schließlich ein Ausflugslokal- und Kurbetrieb. Die Wasserkraft wurde dann von der Firma G. Bauknecht genutzt, deren Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg in den Gebäuden untergebracht waren. Unmittelbar nach dem Krieg diente die Mühle auch einer Flüchtlingsunterbringung.
Ab Juli 1946 wurde ein Teil der Räume des Hauptgebäudes als Kindererholungsheim durch das Evangelische Hilfswerk angemietet. Am 22.7.1946 kam der erste Bus mit 89 erholungsbedürftigen Mädchen an. Bis 13.12.1946 kamen fünf Kindertransporte mit insgesamt 353 Kindern an. Jedes Kind konnte sich 26 Tage im Heim erholen. Die Verpflegung kam vom Hilfswerk, beziehungsweise von den im Hintergrund aktiven Spendern aus Deutschland, den USA, Schweden und der Schweiz.
Im Jahr 1948 wurde das die Knabenheimschule Kleinglattbach, die ebenfalls vom Evangelischen Hilfswerk betrieben wurde, in die Laufenmühle verlegt. Wir werden in einem späteren Blogbeitrag dieser Serie auf diese Einrichtung näher eingehen.
Unser Archiv verwahrt die historische Überlieferung des Evangelischen Hilfswerks in Württemberg in Bestand L 1. Beachten Sie auch den Einstiegsbeitrag dieser Serie.