
Friedenstransparente aus der Zeit des Kalten Krieges
In den Städten gehen aktuell viele Menschen auf die Straße, um gegen den Krieg in der Ukraine zu demonstrieren und ein Zeichen für den Frieden zu setzen.
In der Musealen Sammlung befinden sich einige Objekte, die einem 40 Jahre zurückliegenden Ost-West-Konflikt entstammen, aus der Zeit des Kalten Krieges. Auch wenn die Rahmenbedingung heute andere sind als damals, lohnt sich ein Blick in die Geschichte:
Die Angst vor einem Atomkrieg führte Anfang der 80er Jahre in vielen westlichen Staaten zur Entstehung einer breiten friedenspolitische Protestbewegung.
Als Antwort auf die Stationierung der neuen sowjetischen SS 20-Atomraketen, sah der NATO-Doppelbeschluss im Dezember 1979 die Stationierung von amerikanischen atomar bestückten Mittelstreckenraketen in Westeuropa vor. Viele sahen darin einen Rüstungswettlauf der Supermächte, der jedes vernünftige Maß überschritten habe.
Überall taten sich Menschen zusammen, um das Wettrüsten zu stoppen und für atomare Abrüstung einzutreten. Kirchliche Gruppen waren von Anfang an dabei: Eine der ersten großen Friedensdemonstrationen fand anlässlich des Deutschen Evangelischen Kirchentages im Juni 1981 in Hamburg statt. Auch bei den „Ostermärschen“ wurden in dieser Zeit hunderttausende Friedensbewegte in zahlreichen Städten und Regionen Westdeutschlands mobilisiert. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 1983 in Hannover waren es wieder Hunderttausende. Auf dem Höhepunkt der Friedensbewegung demonstrierten am 22. Oktober 1983 in Bonn, Berlin, Hamburg insgesamt 1,3 Millionen Menschen, einschließlich der zwischen Stuttgart und Ulm aufgestellten durchgehenden Menschenkette.
Die Mittel des Protestes waren gewaltfreie Aktionen, wie „Fasten für den Frieden“ oder Sitzblockaden vor Atomstandorten und Raketenabwehrstellungen. Bis heute legendär sind die Proteste und Blockaden des Pershing-II-Depots auf der Mutlanger Heide. In der kleinen Ortschaft auf der Schwäbischen Alb gab es jahrelang Friedensaktionen – eine Gruppe von Aktivisten wollte Mutlangen erst wieder verlassen, wenn die Atomwaffen entfernt seien.
Ungeachtet dieser Massenbewegung, billigte im November 1983 der Bundestag die Aufstellung von 108 Pershing II und 96 Cruise-Missiles.
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Friedenstransparent 1980er Jahre
Das Transparent wurde dem Ephorus des Evangelischen Stifts in Tübingen zu seinem Ruhestand von Theologiestudenten überreicht. In Erinnerung an die Proteste in den frühen 1980er Jahren, als „Stiftler gegen Atomwaffen“ ein ähnliches Transparent über dem Eingang des Stifts aufgehängt und das Haus damit zur Atomwaffenfreien Zone erklärt hatten. Obwohl Ephorus Hertel damals nicht begeistert war, er andere Protestformen besser gefunden hätte, und vom Evangelischen Oberkirchenrat massiv Kritik kam, ließ er das Transparent hängen. Zum Abschied 1987 bedankten sich die Studenten mit einer dem Original ähnlichen Nachfertigung des Transparents. Das Original von 1983 war nicht mehr vorhanden. Ein Foto davon befindet sich im Stiftsarchiv unter der Signatur: AEvST C1, Nr. 20.
Literatur: Johannes Grützmacher, Das Archiv des Evangelischen Stifts in Tübingen. Das Erschließungsprojekt „Stiftsarchiv“. In: BWKG 112. Jahrgang, 2012, S. 347-378, S. 375ff.
Friedensdemonstrationen und -aktionen
Folgende Objekte stammen von Friedensgruppen verschiedener evangelischer Kirchengemeinden.
- 15.113 Halstuch, Deutscher Evangelischer Kirchentag 1983 Auch mit Halstüchern setzten Friedensbewegte ein Statement: „Umkehr zum Leben. Die Zeit ist da: für ein Nein ohne jedes Ja zu Massenvernichtungswaffen“. Das Kirchentags-Motto „Umkehr zum Leben“ war dem Alten Testament entnommen (Ez 18,21-23).
- 15.114; 01-04 Buttons der Friedensbewegung, 1980er Jahre
- 15.112 Demonstrations-Transparent aus einem Betttuch des „AK Frieden“ der Evangelischen Paulusgemeinde in Stuttgart-Zuffenhausen, 1980er Jahre.
- 13.025 Stoffband „Entrüstet euch“, 1983 Das Band wurde hergestellt aus Anlass der Menschenkette zwischen Stuttgart und Neu-Ulm am 22. Oktober 1983. Es war eine Großdemonstration der süddeutschen Friedensbewegung im Rahmen einer bundesweiten Friedenswoche mit abschließenden „Volksversammlungen“. Die Menschenkette war 108 km lang und wurde nach Schätzungen der Veranstalter von 300.000 bis 400.000 Menschen gebildet. Ziel der Aktionen dieses Tages, an denen bundesweit 1,3 Million Menschen teilnahmen, war es, die Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen vom Typ Pershing II und von neuartigen atomaren Marschflugkörpern (Cruise Missiles) in Deutschland und Mitteleuropa im Zuge des sogenannten NATO-Doppelbeschlusses zu verhindern.
- 15.115 Lehrmaterial Friedensarbeit, 1980er Jahre Die zwei Darstellungen zeigen die jeweilige Bewaffnung des westlichen und des östlichen Teils der Welt. Beim Zusammenfügen entsteht das Wort „Frieden“. Solches Didaktik-Material wurde in der Friedensarbeit eingesetzt, um das Wettrüsten von Ost und West zu kritisieren.