25. Juni 2025 | Jakob Eisler | Palästina
Das Stadtmuseum Haifa eröffnete am 12. Juni 2025 im ehemaligen Templergemeindehaus die Kunstausstellung zur Tätigkeit der württembergischen Templer in Haifa im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Für die Vorbereitung der Ausstellung kam die Kuratorin Yifat Hen vor fünf Monaten ins Landeskirchlichen Archiv und wählte aus dem Bestand der Tempelgesellschaft (K44) mehrere Bilder aus und recherchierte in Archivalien. In den letzten Wochen wurden uns immer wieder Texte der Ausstellung mit der Bitte um Korrektur zugesandt.
Ich konnte die Eröffnung der Ausstellung mit der Reise des Tübinger Landrates kombinieren, der wegen einer Partnerschaft zwischen dem Landkreis Tübingen und dem Landkreis Hof Ha-Carmel dorthin fuhr. So reisten wir am 11.06.2025 auf 5 Tage nach Israel.
Am ersten Tag besuchte die vierköpfige Delegation die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und unternahm einen kurzen Ausflug in die Jerusalemer Altstadt, bei dem sie die deutsche Erlöserkirche, die Grabeskirche und das Johanniterhospiz besichtigte. Am Abend wurde die Ausstellung im Beisein von ca. 200 Gästen, darunter Vertreter der Deutschen Botschaft und des Goethe-Instituts sowie Bürger der Stadt Haifa, eröffnet. Ein Teil der historischen Aufnahmen wurde durch KI-Animation zum Leben erweckt, einige historische Schwarzweißbilder durch Farbgebung.
Am nächsten Tag hätten wir zur Landkreisverwaltung fahren sollen. In der Nacht war ein erster Alarm zu hören. Wir wussten, dass wir uns in einem Kriegsgebiet befanden. Die Raketeneinschläge ließen nicht lange auf sich warten. In Haifa und im Landeszentrum schlugen zahlreiche Raketen ein. Trotz der schweren Lage gelangten wir nach Hof HaCarmel, wo wir die Landwirtschaftsschule und das Internat Kefar Galim besuchen konnten. Die Rückreise anzutreten erwies sich jedoch als äußerst schwierig, da sowohl der Luftraum über Israel als auch der Schiffsverkehr gesperrt waren. Uns blieb nur die Ausreise über Jordanien oder Ägypten.
Schließlich ermöglichte es uns unser Scuba-Reisebüro in Stuttgart, uns anderen Gruppen anzuschließen, die am 17. Juni von Jerusalem aus aufbrachen. Von Jerusalem aus ging es zum Toten Meer, über Qumran, Ein Gedi und Massada zur Jordansenke. Von dort aus ging es weiter nach Eilat am Roten Meer. Nach mehreren Stunden konnten wir schließlich den Grenzübergang nach Taba passieren. Mit zwei Bussen kamen wir nach Mitternacht in Scharm El-Scheich an. Von dort aus nahmen wir einen Flug über Istanbul und anschließend nach Stuttgart. Insgesamt dauerte die Heimreise 34 Stunden. Es war eine gefühlt sehr lange Dienstreise …
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Ankunft am Ben Gurion Flughafen in Tel Aviv. Noch war alles ganz friedlich.
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Ausstellungseröffnung in Haifa. Leiterin des Stadtmuseums, und Künstlerin der Ausstellung in Haifa
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Grußwort des Leiters aller Städtischen Museen in Haifa, Herr Namir
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Grußworte vom Goethe-Institut
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Musikalische Umrahmung
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Yad Vashem, Jerusalem
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Yad Vashem, Halle der Namen
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Eingang zum Luftschutzbunker
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Luftschutzbunker im Hotel in Haifa
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Beratung zwischen Kreisarchivar Wolfgang Sannwald,unserem Kollegen Jakob Eisler und Landrat Joachim Walter
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Landwirtschaftliche Schule und das Internat Kefar Galim
11. Juni 2025 | Bertram Fink | Archivpädagogik
Historische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zählt heute zu den wichtigen Aufgaben eines Archivs. So bietet auch das Evangelische Archiv Baden und Württemberg oftmals zusammen mit seinem Partner, dem Verein für Württembergische Kirchengeschichte, verschiedene Angebote auf diesem weitgefächerten Terrain an: Vorträge und Ausstellungen, Publikationen auf „Württembergische Kirchengeschichte online“, quellenkundliche Seminare, die Teilnahme am „Tag der Archive“ sowie Archivführungen, um nur die wichtigsten aufzuzählen. Sie alle dienen den Zielen, die Inhalte archivischer Bestände für die Auswertung bekannt zu machen und/oder in die Nutzung von Archiv und Archivgut auf analogem und digitalem Weg einzuführen. Zwar wenden sich unsere Veranstaltungen immer an ein breites Publikum, jedoch haben die einzelnen Veranstaltungen meistens auch einen bestimmte Adressatenkreis im Blickfeld: Studentinnen und Studenten, Kirchenhistorikerinnen und –historiker, Familienforscherinnen und -forscher, Heimatforscherinnen und -forscher, kirchliche und historische Vereine und natürlich auch unsere Kirchengemeinden.
Sieht man einmal von den Themenvorschlägen des Landeskirchlichen Archivs für den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten ab, so traten bisher Schülerinnen und Schüler als eigene Zielgruppe historischer Bildungsarbeit nicht in Erscheinung. Folglich betrat das Landeskirchliche Archiv auch ein Stück Neuland, als am 8. Mai 2025 dreizehn Schülerinnen und Schüler einer 9. Klasse des Werner-Heisenberg-Gymnasiums Göppingen zusammen mit ihrem Lehrer und ihrer Lehrerin das Landeskirchliche Archiv besuchten. Die Schulklasse hatte sich zuvor im Religionsunterricht mit dem Kirchenkampf der württembergischen Landeskirche beschäftigt. Dabei ist der Wunsch entstanden, ein Archiv und seine Aufgaben kennenzulernen, in dem auch die historischen Unterlagen zum Kirchenkampf aufbewahrt werden. Ihr Religionslehrer, Herr Michael Hermann, hatte dann die Verbindung zum Evangelischen Archiv Baden und Württemberg hergestellt und seine Schülerinnen und Schüler inhaltlich auf den bevorstehenden Besuch gut vorbereitet. Sie sollten die Kernaufgaben eines Archivs kennenlernen und erste Erfahrungen im Umgang mit historischen Originalquellen sammeln. Dementsprechend ist auch ein traditioneller analoger Einstieg im Lesesaal im Unterschied zum digitalen Einstieg auf der Website des Landeskirchlichen Archivs gewählt worden.
Am Beginn des Besuchs stand ein einleitender Vortrag über die deutsche Archivlandschaft, den Zuständigkeitsbereich des Landeskirchlichen Archivs und seiner Bestände auf dem Programm. Der weitere Verlauf war vorgegeben durch den Prozess der Archivierung von der Sicherung des Schriftgutes bis zu seiner Bereitstellung für die Benützung im Lesesaal: Unsere Restauratorin, Frau Anna Eifler, erklärte am anschaulichen Beispiel eines beschädigten Kirchenbuches die Notwendigkeit zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen. Ob bei einer Abgabe an das Archiv das gesamte Schriftgut übernommen werden sollte oder aber eine Auswahl nach bestimmten Kriterien zu treffen sei, die Frage also nach der Archivwürdigkeit von Schriftgut, wurde als nächstes mit den Schülerinnen und Schülern besprochen. Dem schloss sich die Erstellung von Findmitteln als der Kernaufgabe von Archiven an. Den pfarramtlichen Archivinventaren konnten die Schülerinnen und Schüler entnehmen, welche Daten bei der Erschließung der Archivalien erfasst werden müssen, damit die Quellen bei einer Recherche auch gefunden werden können. Zur Veranschaulichung und Einsichtnahme lagen Amtsbücher, Akten und Rechnungsunterlagen aus den Pfarrarchiven bereit, die zugleich auch die archivalischen Hauptgattungen darstellten.
Der Präsentation der Archivalien folgte die Führung durch ein Magazin, in dem auch die Pfarr- und Dekanatsarchive und der Nachlass des Landesbischofs Theophil Wurm, der für die Erforschung des Kirchenkampfes in Württemberg von zentraler Bedeutung ist, aufbewahrt werden. Hier konnte den Schülerinnen und Schülern vor Augen geführt werden, welche Anforderungen an die Verpackung der Archivalien, an Raumklima, -beschaffenheit und -ausstattung eines Magazins gestellt werden, damit die Überlieferung für die Nachwelt erhalten bleibt. Besonders beeindruckt waren die Schüler im Magazin von unseren Fahrregalanlagen.
Zurück im Lesesaal lagen nun aus dem Bestand D1 Theophil Wurm maschinenschriftliche Archivalien zum Kirchenkampf mit folgenden Themenkreisen bereit: Evangelische Bekenntnisgemeinschaft, Deutsche Christen, Eingliederung der evangelischen Jugendarbeit in Hitlerjugend und Bund Deutscher Mädel. Michael Hermann erläuterte seiner Klasse nun die anstehende Aufgabe: in Zweier- oder Dreiergruppen sollten die Schülerinnen und Schüler die Dokumente lesen und sich für eines davon entscheiden, dessen Inhalt sie besonders anspricht. Nach einer dreißigminütigen Arbeitszeit stellten dann die Kleingruppen ihren Mitschülerinnen und -schülern ihre Auswahl vor und beantworteten Rückfragen.
Danach war dringend eine Pause angesagt. Die Schülerinnen und Schüler hatten schließlich bis dahin eine Menge an Informationen über das Archivwesen erhalten, aufmerksam und interessiert zugehört, Fragen gestellt und ihr erstes Quellenstudium in einem Archiv absolviert.
Am Ende blieb noch ein wenig Zeit, um auf die Website des Landeskirchlichen Archivs, die Online-Findbücher und unsere digitalisierten Quellen im Internet hinzuweisen, dabei besonders auf den Nachlass Theophil Wurm und auf die Kriegschroniken des Zweiten Weltkrieges, denn schließlich fand ja der Archivbesuch an einem 8. Mai statt. So konnten die Schülerinnen und Schüler bei weiterem Interesse von ihrem heimischen PC aus den Archivbesuch fortsetzen und abschließen.
Der Besuch der Schülergruppe war ein erster Schritt des Landeskirchlichen Archivs auf dem Weg zu einem archivpädagogischen Konzept für Schülerinnen und Schüler. Er verdeutlichte, welche Aspekte ein Archiv als außerschulischer Lernort bei seiner Konzeptualisierung einbeziehen muss: Archiverfahrungen, paläografische Kenntnisse, und die Jahrgangsstufe der Schülerinnen und Schüler; die Abstimmung von Lehrplan und Quellenstudium. Gerade in Anbetracht einer analogen und/oder digitalen Einstiegsmöglichkeit in die Archivnutzung ist über eine Aufgabenteilung zwischen Schule und Archiv im Vorfeld eines Archivbesuchs weiter nachzudenken, denn eine Archivpädagogik kann nur gemeinsam von Schule und Archiv entwickelt werden. Deshalb am Ende nochmals herzlichen Dank an Herrn Hermann und seine Klasse vom Werner-Heisenberg-Gymnasium für die gute Kooperation.
Beitragsbild: EABW
5. Juni 2025 | Gregor Hofmann | Allgemein

Claudius Kienzle und Gregor Hofmann auf dem 84. Südwestdeutschen Archivtag. Foto: EABW
Zum 84. Südwestdeutschen Archivtag versammelten sich etwa 300 Archivarinnen und Archivare – vor Ort in Weinheim an der Bergstraße oder online. Im Mittelpunkt standen Fragen des Archivrechts.
Das Thema der Tagung lautete „Alles Recht – und gut?“ Anlass für den archivrechtlichen Schwerpunkt war das neue Archivgesetz für Baden-Württemberg. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Landesarchivrechts wurde nur wenige Tage vor der Veranstaltung zur Beschlussfassung an den Landtag übergeben.
Aus dem Evangelischen Archiv Baden und Württemberg nahmen Referatsleiter Claudius Kienzle und Gregor Hofmann teil. Für sie standen am ersten Veranstaltungstag Workshops und Foren auf dem Programm, die eine Vielzahl juristischer Fragen des archivischen Alltags berührten. Hinter den historischen Fassaden der Weinheimer Altstadt diskutierten die Teilnehmenden über das Urheberrecht an Fotos und Tonaufnahmen, Schutzfristen, Datenschutzrecht oder gestohlenes Archivgut.

Impression des reizvollen Tagungsortes Weinheim an der Bergstraße. Foto: EABW
Am zweiten Tag in der Weinheimer Stadthalle hörten die Archivarinnen und Archivare nicht weniger als acht Fachvorträge. Die ersten beleuchteten gleich den Entwurf für ein neues Archivgesetz aus verschiedenen Perspektiven und lieferten damit wertvolle Anregungen für die Archivare des EABW. Schließlich arbeitet auch die Evangelische Landeskirche in Württemberg an einer neuen Archivordnung.
Die Vortragenden rückten dabei unter anderem die Online-Stellung von Archivgut, den Aufbau von Zwischenarchiven oder die Entwicklungen im luxemburgischen Archivrecht in den Fokus. An Stoff für Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus staatlichen, kommunalen, kirchlichen und privaten Archiven mangelte es nicht. Angesichts des vollen Programms war es zwar kaum möglich, Weinheim oder die Umgebung zu erkunden. Für den fachlichen Austausch hat sich die Reise aber gelohnt!