Bestand des Orthodoxie-Referenten Klaus Schwarz (D 206)
Durch seinen Vorlass, der aus Dokumenten zu seiner Tätigkeit für die EKD als Orthodoxie-Referent (1985–1996) sowie als Mitglied der Kommission für den Dialog mit dem Ökumenischen Patriarchat (1985–2011) besteht, bereichert Klaus Schwarz (geb. 1949) das Evangelische Archiv Baden und Württemberg um Unterlagen, die sonst in Zentralarchiven zu finden sind. Sie bieten die Möglichkeit, Informationen über die Gestaltung der Dialoge der EKD mit den orthodoxen Kirchen zu erhalten.
Seine Dienstjahre für die EKD fielen mit epochemachenden Ereignissen wie dem Fall des Eisernen Vorhangs zusammen. Für das Bundeskanzleramt erstellte Klaus Schwarz anlässlich einer Reise Helmut Kohls in die UdSSR eine Vorlage zur Lage der Kirchen in diesem Land. Bei der Vorbereitung des Besuchs des russischen Patriarchen Alexij im Jahr 1995 spielte er eine wichtige Rolle: Er traf sich in der deutschen Botschaft in Moskau mit dem damaligen Metropoliten und heutigen Patriarchen Kyrill, um sicherzustellen, dass der Besuch einen kirchlichen Charakter behält und nicht von politischen Tönen überlagert wird.
Er verfasste außerdem für den Ratsvorsitzenden der EKD eine Vorlage für ein vertrauliches Sechs-Augen-Gespräch mit dem russischen Patriarchen Alexij II. und dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Karl Lehmann. In seinen handschriftlichen Notizen hielt er zudem das Gespräch des Patriarchen mit der Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth und dem Außenminister Klaus Kinkel fest.
Wie wichtig diplomatisches Gespür für eine solche Tätigkeit ist, erfuhr Klaus Schwarz bereits als junger Vikar, als er 1979 als Delegierter der EKD an der 8. Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) teilnahm. Kurz vor Ende der Veranstaltung verließ die griechische Delegation aus Protest den Saal, kehrte nach Verhandlungen jedoch zurück, sodass ein Eklat in letzter Sekunde vermieden wurde.
Auch in seiner Tätigkeit als Orthodoxie-Referent sah er sich mit Schwierigkeiten in den Beziehungen zu anderen Kirchen konfrontiert. Oft waren es politische Umstände, die Komplikationen verursachten, aber auch neue Chancen boten. Die radikalen gesellschaftlichen Veränderungen nach der Wende warfen die Frage nach der Auswertung und Neugestaltung der Beziehungen zu den Kirchen in Osteuropa auf. Auch in diesem Zusammenhang spielte Klaus Schwarz eine zentrale Rolle und verfasste entsprechende Texte.
Ein Teil der Fragen und Themen, mit denen sich Schwarz auseinandersetzte, hat bis heute nichts an Aktualität verloren: Der Frieden im ehemaligen Jugoslawien ist immer noch fragil, das Bestreben der Ukraine nach einer von Moskau unabhängigen Kirche besteht weiterhin und die Mahnungen des russischen Patriarchen, die NATO stelle eine Übermacht dar – geäußert im Gespräch mit Rita Süßmuth im Jahr 1995 – sind auch heute ein zentraler Bestandteil der Moskauer Narrative. Auch die Frage, wie die Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen gestaltet werden sollen, bleibt komplex. Dies liegt sowohl an den politischen Umständen (wie dem Ukraine-Krieg) als auch an den divergierenden Tendenzen innerhalb der Kirchen. Während die EKD einen liberalen Weg einschlägt, verstehen sich die orthodoxen Kirchen als Bewahrer traditioneller Werte.
Aufgrund ihrer Vielfalt können die im Archiv aufbewahrten Unterlagen nicht nur für Kirchenhistoriker, sondern auch für Osteuropahistoriker, Ostkirchenkundler sowie orthodoxe Theologen von Interesse sein.
Den Bestand verzeichnete Herr Vladislav Atanassov, Theologe, im Rahmen seines Pflichtpraktikums in unserem Archiv. Das Inventar ist online recherchierbar.
- Bischof Joan, Abt des Rilaklosters in Bulgaren in Weimar 1992. EABW, D206, 18.
- Teilnehmer des V. Theologischen Gsprächs mit der bulgarisch-orthodoxen Kirche, Reinhardsbrunn 1992. EABW, D 206, Nr. 18
- Teilnehmer des V. Theologischen Gsprächs mit der bulgarisch-orthodoxen Kirche, Reinhardsbrunn 1992. EABW, D 206, Nr. 18
- Klaus Schwarz, links im Bild, mit dem ökumenischen Patriarchen von Jerusalem, Batholomäus, 1993. EABW, D 206, Nr. 4.
- Dankesbrief des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus. EABW, D 206, Nr. 4




