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Die Ausbildung zur „vollkommenen Hausfrau“ – Das Königin Paulinenstift in Friedrichshafen

29. Juni 2022 | |

Bei strahlendem Sonnenschein im Garten direkt am Bodensee ausspannen, mit der Segeljacht über den See schippern oder in den nahegelegenen Alpen Ski fahren. Das Königin Paulinenstift in Friedrichshafen machte seinem honorigen Namen alle Ehre und bot seinen Schülerinnen neben einer gründlichen hauswirtschaftlichen Ausbildung ein ansprechendes Angebot an Freizeitaktivitäten.

1856 als höhere Töchterschule gegründet, im Laufe der Zeit den Anforderungen angepasst und daher eine Haushaltungsschule nebst Abschluss der Mittlerer Reife anbietend, legte das Paulinenstift Wert auf die Ausbildung junger Damen zu guten Hausfrauen. Geleitet von einer (ledigen) Vorsteherin verbrachten die jungen Frauen ein Jahr am schönen Bodensee, lernten hier alles zum Thema Haushaltsführung, Kochen und Säuglingspflege und genossen dazu ein kulturelles und sportliches Freizeitprogramm. Der Bestand L 14 im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart gibt einen guten Überblick über die Geschichte des Paulinenstifts und ist eine wahre Fundgrube für sozialgeschichtliche Forschungen.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg erfolgte mit dem Besuch der Frauenfachklasse die Vorbereitung auf die damals üblichen „Frauenberufe“ in der Krankenpflege oder Kinderbetreuung. An Schülerinnen mangelte es nicht. Vor allem in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg erfreute sich die Schule größter Beliebtheit – was sehr wahrscheinlich an der guten Versorgung im agrarisch geprägten Oberschwaben lag. Während der nationalsozialistischen Herrschaft musste die Schule 1937 aufgrund ihrer christlichen Prägung schließen und konnte ihre Tore erst wieder 1950 öffnen.

Mit einer Haushaltungs- und einer Frauenfachschulklasse war die Schule nun sehr erfolgreich. Die Schülerinnen kamen aus ganz Deutschland. Meist waren es Töchter aus besser gestellten Familien, die das Schulgeld von über 3000 DM in den 1950er Jahren aufbringen konnten. Eine große Zahl der Schülerinnen stammte aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die nun mittellos dastanden und genauso wie viele vaterlose Mädchen der Nachkriegsgesellschaft um eine vergünstigte Aufnahme im Paulinenstift baten. Ihre Eltern konnten sich eine gute Ausbildung zumeist nicht mehr leisten, wünschten sich für ihre Töchter jedoch eine solche.

Sogar aus dem fernen Mittel- und Südamerika kamen Schülerinnen an den Bodensee. Deren Väter waren oft als Kaufmänner oder Ingenieure noch vor dem Krieg mit ihrer Familie nach Südamerika ausgewandert und wollten nun ihren Kindern eine Ausbildung in deutscher Sprache ermöglichen. Durch persönliche Empfehlung ehemaliger Gastschülerinnen oder deren Familien, kamen über viele Jahre hinweg Mädchen von Chile und Mexiko City ins Stift nach Friedrichshafen.

Ab Mitte der 1960er Jahre ging das Interesse an einer Ausbildung in Haushaltsführung merklich zurück. Trotz mehrerer Versuche des Schulvorstands, neue Formen der Ausbildung zu schaffen, sanken die Schülerinnenzahlen rapide. 1974 schloss das Königin Paulinenstift nach über 100 Jahren seine Pforten. Nur das seit 1950 betriebene kleine Altersheim wurde von der evangelischen Heimstiftung übernommen und wird bis heute auf dem Grundstück betrieben.

Der Bestand wurde dieses Jahr verzeichnet und steht interessierten Nutzern nun für Forschungen zur Verfügung. Das Archivinventar finden Sie hier in unserer Online-Recherche.

Beitragsbild: LKAS, L 1, Nr. 5391. Ansicht Paulinenstift

EFW – Evangelische Frauen in Württemberg feiern 100 jähriges Jubiläum

31. Juli 2019 | |

Grund zum Feiern haben die Evangelischen Frauen in Württemberg, denn 1919 wurde die „Frauenabteilung“ des Evangelischen Volksbundes gegründet. Anfangs war die Frauenabteilung dafür vorgesehen, die Gottesdiensträume zu schmücken und sich karitativ in den Kirchengemeinden zu betätigen. Schnell realisierten jedoch die Mitgliedsfrauen, dass die karitative Arbeit auch politisches Engagement braucht und die Not der Nachkriegszeit nur durch die Vernetzung der vielfältigen Frauenaktivitäten gelindert werden konnte. Daher kam es zur Gründung des „Bunds evangelischer Frauen Württembergs“, der bis 2005 als „Frauenarbeit der Evang. Landeskirche“ Kirche und Gesellschaft maßgeblich mitgestaltete.

Die „Staatsbürgerlichen Tagungen“, die ab 1951 angeboten wurden, um Frauen zu informieren und zur politischen Partizipation zu mobilisieren, waren dabei ein wichtiges Aufgabengebiet. Die „Frauenabteilung“, aus der das spätere „Frauenwerk“ wurde, wirkte aktiv in den Gemeinden mit vielzähligen theologischen Angeboten für Frauen, wie z.B. die Vorbereitung und Feier des Weltgebetstages der Frau. Die Fusion der beiden Werke im Jahr 2005 verband die Schwerpunkte der Verbandsarbeit und der Gemeindearbeit miteinander. Zur Feier des 100 jährigen Jubiläums  beglückwünschen wir die Evangelischen Frauen (https://www.frauen-efw.de/).

Wer sich noch selbst auf Spurensuche zur Geschichte der Evangelischen Frauen machen möchte, findet im Landeskirchlichen Archiv  iStaatsbürgerliche Tagung in Herrenberg 1951, LKAS P 2709n den Beständen K 6, Frauenarbeit, K 17 Frauenwerk und K 38 Evangelische Frauen spannendes und umfangreiches Material.