Studierendengruppe zum Besuch im Archiv

28. Juli 2025 | |

Dieser Bericht aus dem Kreis der Besuchsgruppe des kirchengeschichtlichen Proseminars, das uns dieses Jahr besuchte, wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Wir danken dafür. Hier der Bericht:

Im Rahmen eines kirchengeschichtlichen Seminars besuchte eine Delegation Tübinger Theologiestudierender am 16. Juni das Evangelische Archiv Baden und Württemberg. Ziel des Besuchs war es, einen vertieften Einblick in die archivische Arbeit, den quellenkundigen Umgang und die Bedeutung kirchlicher Überlieferung zu erhalten. Die Führung begann im Lesesaal des Archivs, wo ein Archivar dieser Institution die grundlegenden Aufgaben und Strukturen der Einrichtung erläuterte. Das Evangelische Archiv Baden und Württemberg verwahrt die zentralen Überlieferungen der Evangelischen Landeskirche aus Baden und Württemberg und erfüllt damit eine unverzichtbare Funktion für Forschung, kirchliche Erinnerungskultur und Verwaltung. Ein erster Halt unserer Führung galt dem Nachlass des ehemaligen Landesbischofs Theophil Wurm, dessen Unterlagen sich über 19 laufende Regalmeter erstrecken. Es war beeindruckend, in einem Raum voller Akten einer einzigen Person zu stehen. Derartige Nachlässe sind in doppelter Hinsicht reizvoll: Einerseits dokumentieren sie die kirchengeschichtlichen Entwicklungen und die Spuren, die die betreffende Person hinterlassen hat, andererseits auch ihre persönliche Frömmigkeit. Die Frage, wann Geschichte beginnt und was als archivwürdig gilt, wurde im Zusammenhang mit dem sogenannten Aktenplan thematisiert – einem Hilfsmittel zur systematischen Erfassung und Bewertung von Dokumenten. Eindrucksvoll war dabei die Vielfalt der im Archiv aufbewahrten Objekte. Neben schriftlichen Quellen werden in der dem Archiv angeschlossenen Abteilung Museale Sammlung nämlich auch Koffer, Möbelstücke und Bilder als aussagekräftige Gegenstände gelagert. Natürlich besitzen diese Gegenstände nicht den informativen Stellenwert schriftlicher Dokumente. Sie können jedoch als frömmigkeits- und alltagsgeschichtliches Abbild verstanden werden und ermöglichen einen weiteren Zugang zu historischer Empathie.

Die Einsicht in die württembergischen Kirchenbücher war besonders eindrucksvoll. Sie sind nicht nur für die historische Forschung, sondern auch für die individuelle Ahnenforschung von unschätzbarem Wert. Die Erkenntnis, dass sich der eigene Lebensweg über Generationen hinweg in diesen Dokumenten nachvollziehen lässt, löste ein tiefes Gefühl der Verbundenheit und Verwurzelung aus. Im Rahmen des Besuchs wurde auch auf die Herausforderungen der Digitalisierung hingewiesen. Mit dem Neubau dreier Magazine, der Auflösung des badischen Archivs und der Ausweitung des Online-Angebots steht das Archiv vor einer enormen Aufgabe, die jedoch auch neue Möglichkeiten der Zugänglichkeit eröffnet.

Beitragsbild: Gruppenbild der Exkursion. Foto: EABW