Schlagworte: Verschickungskinder

Studientag der Empirischen Kulturwissenschaft im Landeskirchlichen Archiv

1. März 2023 | |

Eine Studierendengruppe des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen forschte am Freitag, den 13.01.2023 im Landeskirchlichen Archiv zur Thematik „Verschickungskinder“. Das Ziel war, Studierende für die Forschungsarbeit mit Originalquellen aus Kindererholungsheimen zu begeistern. Der Studientag begann mit einer Einführung in die Recherchemöglichkeiten der Archivbestände, daran anschließend wurde ein Film von 1969/70 aus einem Allgäuer Kindererholungsheim gezeigt und darüber diskutiert. Nach der Archivführung durch die Magazinräume – mit Betrachtung des Geburts- und Sterbeeintrags Ludwig Uhlands aus den Tübinger Kirchenbüchern – folgte eine Arbeitsphase im Lesesaal. Dort lagen ausgewählte Unterlagen aus dem Bestand des Diakonischen Werkes zu verschiedenen Fragestellungen rund um das Thema „Verschickungskinder“ für die Studierenden bereit.

Die Studentin Luca Merz hat ihre Eindrücke dazu festgehalten:

„Auf der Suche nach Antworten auf Fragen nach dem Leben in Kinderkurheimen betrat die Gruppe Kulturwissenschaftsstudierender der Universität Tübingen heute Morgen das Landeskirchliche Archiv in Stuttgart. Im Gepäck hatten wir allerhand offene Fragen, erwartungsfroh Hinweise für unsere Forschung in den Tiefen des Archivs finden zu können. Das Thema unseres Seminars ist die Kinderverschickungen der Nachkriegsjahre. Gemeinsam mit unserer Dozentin Gudrun Silberzahn-Jandt sind wir auf der Suche nach Quellen, um mehr über den Alltag und die teils gewaltvollen Strukturen in sogenannten Kindererholungsheimen zu erfahren. Dabei beschäftigen wir Studierenden uns mit ganz unterschiedlichen Themenbereichen der Kinderverschickungen, wie beispielsweise dem Thema Heimweh, Bettnässen oder dem erzieherischen Ansatz der Kurheime. Im Landeskirchlichen Archiv durchforsteten wir gezielt die durch die Archivarin bereitgelegten Akten, um mehr über die Zustände der Heime zu erfahren. Dabei stießen wir immer wieder auf Überraschungen. Die verzweigten Wege, denen wir während der Führung folgten, zeigten, wie vielschichtig das Archiv ist. Es war überwältigend, die Menge an Archivalien zu sehen: die gesammelten Informationen sind fast greifbar, wenn man die schmalen Gänge zwischen den Akten entlang geht. Dazu kommt der kühle Geruch nach tonnenweisem Papier und staubiger Luft, der Ort speichert nicht nur sehr viel Wissen, er fühlt sich auch danach an. Trotz der schier unendlichen Akten in diesem Archiv braucht man jedoch auch Wissen um fündig zu werden, wenn man nach etwas bestimmtem sucht. Das Archiv beherbergt zwar unzählige Schriftstücke, Fotos und Broschüren, doch die Recherche kann sich vielleicht genau deswegen wie die redensartliche Suche nach der der Nadel im Heuhaufen anfühlen. Denn wichtig ist zuvor zu wissen, wo Akten gelagert sind. Dies ist abhängig davon, zu welchem Träger das Heim gehörte – war es ein kirchliches, und wenn ja zur Caritas oder Diakonie gehörig und zu welcher Landeskirche oder Diözese. Wenn es um Aufsichtsakten von staatlichen Behörden geht, sind diese in staatlichen Archiven, wenn es um Heime anderer Träger geht, dann dort, falls sie überhaupt ein Archiv führen. Da ist eine gründliche Recherche in Onlinedatenbanken im Vorhinein hilfreich. Aber wäre die kulturwissenschaftliche Forschung überhaupt Forschung, wenn man sich nicht auf die Suche nach den richtigen Akten machen müsste, um an neue Erkenntnisse zu kommen?“

 

Siehe auch:

Nachkriegszeit Teil 10: „Verschickungskinder“ – im Erholungsheim Bergfreude in Scheidegg im Allgäu : Württembergische Kirchengeschichte online – Blog (wkgo.de)

Serie zur Nachkriegszeit VI: Das Kindererholungsheim Laufenmühle bei Welzheim : Württembergische Kirchengeschichte online – Blog (wkgo.de)