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Zum 120. Geburtstag von Rudolf Yelin d. J.

7. März 2022 | | ,

Rund 130 Kirchen hat der Stuttgarter Glasmaler Rudolf Yelin d. J. (1902-1991) in den 65 Jahren seines künstlerischen Wirkens ausgestattet. Seine eindrucksvollen leuchtend bunten Glasfenster sind in unzähligen Kirchen heute noch präsent. Zu seinem 120. Geburtstag wollen wir mit einem noch kaum beachteten Bestand an Originalskizzen für Kirchenfenster, Wandbehänge und Wandmalereien an ihn erinnern.

Rein zufällig, als verstaubter, leicht angegriffener Restbestand einer Auktion, kamen Ende der 1990er Jahre rund 160 großformatige Entwürfe von Rudolf Yelin d. J. in die Museale Sammlung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Die Zeichnungen mit biblischen Szenen, Figuren und Symbolen sind Vorarbeiten für Kirchenfenster und Wandgestaltungen in Althütte, Beilstein, Birkenfeld, Ebhausen, Ebingen, Ernsbach, Gablenberg, Göppingen, Heilbronn, Mössingen, Honau, Ilsfeld, Oberndorf, Ohmenhausen, Rheinfelden, Schanbach, Sulzbach, Stuttgart, Trossingen, Ulm und Waiblingen im Zeitraum von 1927 und 1966. Da die Planzeichnungen fast ausschließlich im Maßstab 1:1 ausgeführt sind, gestaltete sich die Erfassung und Dokumentation recht schwierig. Die teilweise bis zu 7 m langen Papierbahnen werden im Landeskirchlichen Archiv nun aus Platzgründen in gerollten Zustand aufbewahrt.

Rudolf Yelin kam aus einer Pfarrer- und Künstlerfamilie. Er war der Sohn des Glasmalers Rudolf Yelin der Ältere (1864–1940) und der Bruder des Bildhauers Ernst Yelin (1900–1991). Nach seiner Ausbildung – zunächst an der Kunstgewerbeschule, dann bei der Glasmalerei Saile und schließlich an der Stuttgarter Kunstakademie – war er seit 1926 als selbständiger Kirchenmaler tätig. Nach dem Krieg lehrte er 24 Jahre lang, von 1946-1970, an der Stuttgarter Kunstakademie Glasmalerei. Zeit seines Lebens stand die sakrale Kunst im Mittelpunkt seines Schaffens.

Die ersten drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg markieren die wichtigste Epoche von Rudolf Yelins Werk. Der Wiederaufbau machte große umfassende Renovierungen und Kirchenneubauten notwendig. Bis Anfang der 1980er Jahre bestimmte Yelin, gemeinsam mit den künstlerischen Kollegen Adolf Valentin Saile und Wolf-Dieter Kohler maßgeblich die Fenstergestaltung für die evangelischen Kirchen in Württemberg und darüber hinaus.

Mit seinen theologisch ausgerichteten Bildprogrammen verstand sich Yelin in der Tradition der „christlichen Kunst“. Seine elementarisierten Figuren stehen in der Nachfolge des Expressionismus. Doch gerade dieser vornehmlich figurative künstlerische Ansatz lässt sein Werk heutzutage außerhalb des Mainstreams moderner Kunst erscheinen. Obwohl seine Glasfenster, Wandbilder und Altarwände heute noch die Räume von über hundert Kirchen zieren, ist Rudolf Yelin d. J. als Künstler im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit kaum mehr präsent.

Erfreulicherweise hat die Kunsthistorikerin Christa Birkenmaier im Jahr 2019 dem entgegengewirkt. In einer ansehnlichen, reich bebilderten Publikation hat sie das Leben und Werk dieses Künstlers nachgezeichnet, die großen künstlerischen und theologischen Entwicklungslinien herausgearbeitet und an ausgewählten Kirchen beschrieben. Ausführlich setzt sie sich mit seinen verschiedenen künstlerischen Lebensphasen auseinander, ordnet sein Schaffen innerhalb der christlichen Kunst ein, und spart auch nicht seine in der NS-Zeit entstandenen, vielfach sehr angepassten, Werke aus, von denen er sich in der Nachkriegszeit distanzierte. Weitere Autorinnen und Autoren komplettieren die Publikation mit begleitenden Texten und einem ergänzenden Bildteil, in dem alle verfügbaren baugebundenen sakralen Werke aufgeführt werden. Als großen Bonus enthält das Buch eine sehr hilfreiche „Yelin-Motiv-Quickfinder-Tabelle“, in der die einzelnen biblischen Motive, die mehrfach in Yelins Arbeiten auftauchen, einzelnen Kirchen und ihrem Entstehungsjahr zugeordnet werden – auch von Arbeiten, die, aufgrund von Zerstörung oder Renovierung inzwischen nicht mehr vorhanden sind. Durch diese Auflistung konnten mittlerweile auch manche der in der Musealen Sammlung aufbewahrten Planzeichnungen datiert oder auch nicht genau bezeichnete Motive einzelnen Kirchen zugeordnet werden.

LITERATUR:

Christa Birkenmaier (Hg.), Rudolf Yelin d. J. 1902-1991. Leben und Werk. Petersberg 2019

Landeskirchliche Zentralbibliothek: AQ 16 1050